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Die Winterpause der Fußballbundesliga geht zu Ende und der Höhepunkt des nächsten Spieltages ist bereits das erste Spiel am nächsten Freitag Abend. Dann besteht eine der seltenen Möglichkeiten, dass der überirdische Fußballkonzern Bayern München einen oder gar drei Punkte abgibt, und zwar wenn er bei Borussia Möchengladbach gastiert. Was hat dazu geführt, dass der letztjährige Tabellenachte jetzt als Dritter der Rangliste da steht und mit seiner imponierenden Heimbilanz auch dem bayrischen "Erster Alles" Respekt einflößt?

Über allem steht diese Heimtabelle, die bei den Borussen acht Siege und ein Unentschieden ausweist. Eine ähnliche Leistung gab es zuletzt 1976/77 und zur Belohnung am Ende den Meistertitel. Damit dürfte es dieses Jahr schwierig werden, aber es veranschaulicht ganz gut die regelrecht historische Größenordnung dieser Hinrunde. Die Tatsache, dass der Bökelberg eine Heimfestung ist und die Gegner nirgendwo mehr Tore kassiert haben, ist natürlich die Grundlage für den stolzen 3. Tabellenplatz, aber wir wollen einmal die Gründe hierfür unter die Lupe nehmen.

Der Vergleich mit den so verschiedenen Teams der selben Borussia von letztem Jahr und von vor zwei Jahren drängt sich auf. In der Vorsaison gab es viel statisches Spiel, das in der Hinrunde durch Arangos sensationelle Tore aufgewertet wurde. Warum das dieses Jahr anders ist, dürfte offensichtlich und bekannt sein. Mit Raffael und Kruse konnte Max Eberl dem Trainer zwei Spieler zur Verfügung stellen, die alles für modernen Fußball und das Spiel bei eigenem Ballbesitz mitbringen. Der ungemein bewegliche und laufstarke Kruse gilt dem "Kicker" als zweitbester deutscher Stürmer in der Bundesliga. Und er verleiht der spielfreudigen Offensive einen zielstrebigen Abschluss. Acht Tore und sieben Vorlagen sind seine Bilanz, die außer Reus lange Zeit kein Stürmer in Mönchengladbach erzielt hat.

Raffael wiederum gilt meistens als zweite Spitze, als "Neuneinhalber", oder vielleicht doch eher als "Neunkommasiebenfünfer". Oder sowas in der Richtung. Seine Leistung kann man kaum überbewerten, er hat in dieser Hinrunde das Maximale aus seinen beachtlichen Fähigkeiten herausgeholt. Da ist zuvorderst einmal die Tatsache, dass Raffael mit dem Ball am Fuß spielend leicht einen oder zwei Gegner stehen lassen kann und danach immer den Blick für den Mitspieler und das Gefühl für den Moment hat, den Kollegen steil zu schicken. Damit alleine wäre er schon einer der auffälligen Spieler in der Liga. Dazu kommt ein hohes Laufpensum, taktisches Verständnis und Biss, wenn es darum geht, den Ball zurückzuholen. Beispielhaft für den Vorrundenraffael steht die Szene in Hamburg, als der Brasilianer den hilflosen Lasse Sobiech an der Eckfahne regelrecht überfällt und ausraubt und Kruse die fällige Vorlage ins Tor hebt. Zudem hat Raffael neun Tore selber erzielt.  Er ist Herz und Seele dieser Mannschaft und so gut wie noch nie.

Die beiden überaus lauffreudigen und "laufklugen" Neueinkäufe Kruse und Raffael sorgen dafür, dass Arangos Passfähigkeiten besser im Spiel sind als im letzten Jahr. Für den Venezolaner muss es eine Freude sein, seinen Mitspielern den Weg durch die gegnerischen Reihen zu weisen. Man kann nur hoffen, dass Borussias Chefgenetiker das Projekt "Arango als 24jährigen klonen" bald erfolgreich abschließt.

Hinter der Offensive stehen einige Spieler, deren gute oder verbesserte Leistungen genauso wichtig für den guten Lauf waren. Am auffälligsten waren dabei die beiden defensiven Mittelfeldspieler Xhaka und Kramer. Nachdem man das jetzt schon 30 mal so gelesen hat, mag das nicht mehr sensationell sein, letzten August wäre es das durchaus gewesen. Granit Xhaka, dessen Einstand in der Bundesliga mit vielen Gegentoren gefeiert wurde, hat seine erste Saison zur Selbstfindung genutzt. Und verstanden, dass er die offensive Rolle aus seinen Zeiten beim Schweizdominator FC Basel hier nicht mehr spielen kann. Endlich bringt er seine Physis richtig auf den Platz, geht konsequent und meist erfolgreich in die Zweikämpfe und wenn es sein muss, brennt er Effenberg-Gedächtnisgrätschen auf den Rasen, dass die Funken nur so sprühen. Und das ist sicher noch nicht das Ende der Entwicklung. Da ist durchaus noch Platz für mehr von seinen Schüssen, die aus 30 Meter Entfernung ein Tor zerkleinern können.

Noch beträchtlicher ist der Aufstieg von Christoph Kramer. Ähnlich wie Havard Nordveidt sind für ihn die 90 Minuten eines Fußballspiels eine Möglichkeit, seine überschüssige Kondition auf dem Rasen abzulaufen. In jedem Spiel hat er am Ende die meisten Kilometer auf dem Tacho. Aber er hat es überraschend schnell geschafft, Nordtveidt auf die Bank zu verdrängen, weil er mit dem Ball am Fuß mehr technische Möglichkeiten hat als der Norweger. Er setzt seine Laufstärke auch so ein, dass er sich bei eigenen Angriffen wirkungsvoll mit einschaltet und nicht nur mitläuft. Die guten Leistungen der beiden jungen Sechser konnte man sich vor der Saison allenfalls erträumen und sind ein ganz wesentlicher Bestandteil des momentanen Erfolges. Gerade bei Kramer muss man sich vor Augen halten, dass der 22jährige aus der zweiten Liga kommt und direkt 17 Bundesligaspiele am Stück gemacht hat. Sein so bejubelter Mannschaftskollege aus Bochumer Zeiten Leon Goretzka durfte in Schalke acht Spiele machen und begutachtet mit Roman Neustädter zusammen die Ersatzbank.

Auch in der Abwehr hat sich etwas getan. Nachdem die Borussia einige Zeit lang das Glück hatte, mit Stranzl, Dominguez und Brouwers drei starke Innenverteidiger zu haben, die praktisch immer zur Verfügung stehen, musste dieses Jahr improvisiert werden. Verletzungspech sorgte dafür, dass Favre seine Überlegungen ausdehnen musste und etwas überraschend kam er auf die Lösung, Tony Jantschke in die Innenverteidigung zu beordern. Und ging damit gleich zwei Risiken ein: Wie würde der 1,77 große sich bei Luftduellen schlagen, die ihm an der Außenlinie sonst nicht blühen? Und wie würde sein Vertreter Julian Korb sich in der Bundesliga schlagen? Immerhin war Korb nur wegen dem Lizenzentzug für den MSV Duisburg bei Borussia geblieben, statt in die 2. Liga zu gehen.
Der Erfolg gab Favre auf ganzer Linie Recht. Jantschke erwies sich als sicherer Innenverteidiger, der seinen Biss in den Zweikämpfen dort genauso gut zur Geltung bringen kann. Und Korb überzeugte derart auf der rechten Abwehrseite und mit gelegentlichen Vorstößen, dass man in Duisburg vermutlich noch einmal die Hände wringt. Was bei dieser Erfolgsgeschichte nicht untergehen sollte: Die Konstante in der Innenverteidigung ist Martin Stranzl, der seine jungen Kollegen bestens für die Bundesliga ausbildet. Eine eisenharte Säule in der Abwehr, deren erst nicht geplante Vertragsverlängerung sich voll und ganz auszahlt.

Und dann gibt es noch die Planstelle linke Abwehrseite, auf der Borussia den Oscar gewonnen hat, seitdem der Inhaber dort erstmals seit Jahren nicht Filip Daems heisst. Oscar Wendt hat sich volle zwei Jahre genommen um sich seinen Stammplatz als linker Verteidiger zu erobern (was auch einiges über den tadellosen Profi Daems mit seinen 35 Jahren aussagt). Hin und wieder wünscht man sich auch immer noch in den Zweikämpfen ein bisschen mehr Daems, wenn Wendt sich zu offensiv orientiert zeigt. Aber der viel höhere Ballbesitz, den die Borussen dieses Jahr haben, bringt den Schweden vorne mehr zur Geltung. Drei Tore aus dem Feld sind der Lohn und für einen Außenverteidiger überdurchschnittlich gut.

Fehlt noch etwas? Ja, der Torwart. Marc-Andre ter Stegen wird hier nicht mehr besprochen. Und zwar keineswegs, weil er seinen Vertrag nicht verlängert, sondern weil er seit seinem ersten Bundesligaeinsatz mit damals 18 Jahren die gleichen, starken Leistungen bringt. Dieses Jahr so wie vor einem, zweien, zweieinhalb Jahren. Und auch die nächsten 15, aber die dann wohl nicht mehr bei uns.

Nachdem dieser Beitrag dazu diente, die Leistungen der einzelnen Spieler zu bejubeln, geht es am Dienstag weiter mit Überlegungen für die Rückrunde.