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Es ist doch eigentlich schon schlimm genug: Der Verein, an den man nolens volens sein Fußballherz verloren hat, taumelt angeschossen in die Winterpause und wird diese als Tabellenletzter erreichen. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Verein in dieser Spielzeit dort unten nicht mehr heraus kommt, außerordentlich groß.
Was braucht man in einer solchen Situation am allerwenigsten? Weitere Schüsse auf den taumelnden Leib, weder von vorne, noch unerwartet aus dem Hinterhalt. Aber genau die kommen in den vergangenen Tagen en masse.


Da ist zum einen die „Initiative Borussia", deren wahre Intention und Aufrichtigkeit kaum zu beurteilen ist, deren bisheriges Auftreten aber zumindest in der SEITENWAHL-Redaktion vorwiegend skeptisch begutachtet wird.

Zum anderen spuken seit einigen Tagen die Untoten aus Borussias mythenumwaberter Vergangenheit durch den Borussia-Park. Die Idole aus den 70ern sind in den vergangenen Jahren durch vieles aufgefallen, aber selten durch ernsthaftes Interesse an Borussia. In Zeiten der Krise aber hat jeder eine Meinung, jeder eine Lösung, jeder etwas zu sagen.

So meint sogar der Nationaltrainer Aserbaidschans, via BILD etwas zur Vereinspolitik der Mönchengladbacher Borussia beitragen zu müssen. Und Berti Vogts belässt es nicht bei Floskeln und Platitüden, wie der Mann, den die Boulevardmedien sonst immer herauskramen, wenn es ein bisschen Kontroverse um Borussia zu entfachen gilt. Vogts sagt also nicht, wie Effenberg, Dinge wie „Borussia gehört da unten nicht hin" und „es fehlen Drecksäcke". Vogts geht die aktuell Handelnden offensiv an – mit einer bemerkenswerten Mischung aus Dreistigkeit und Ahnungslosigkeit. Offen räumt er ein, keinen Einblick und keine Detailkenntnis zu haben, holzt aber lustig gegen Sportdirektor Max Eberl und Trainer Michael Frontzeck. Eberl „verstecke sich hinter dem Verein", meint Vogts, was auch immer er damit sagen will. Und zu Frontzeck, dessen Fähigkeiten als Trainer er zugibt, nicht beurteilen zu können, fällt ihm ein, dass es „nur mit Schulterklopfen" nicht gehe. Wer da vermeintlich wessen Schulter klopft, lässt der Kleinenbroicher im Ungewissen. Des weiteren lässt Vogts gekränkte Eitelkeit erkennen, dass seine Expertise seit seiner wenig glücklichen Zeit im Aufsichtsrat in Gladbach nicht mehr gefragt ist.

So viel Blödsinn auf einmal muss gekontert werden – und es ist nicht nur Max Eberls gutes Recht, es ist seine ureigene Pflicht, auf einen solchen persönlichen Angriff zu antworten. Eberl tat das höflich aber deutlich. Und handelte sich prompt die nächste Watschn eines 70er-Zombies ein.

Günter Netzer, seit vielen Jahren nicht mehr bereit, sich die Finger an seinem nur mehr mäßig glamourösen Ex-Verein schmutzig zu machen, steigt vom Rechtehändler- und Expertenolymp herab um seinem „Freund Berti" beizuspringen. Essenz seiner – ebenfalls via Boulevard getätigten – Aussage: der kleine erfolglose Flegel Max hat zu schweigen, wenn der große Berti Vogts spricht. Berti Vogts, der Terrier, der ja, bevor er linkisch-unbeholfen zunächst sein Image und dann seine Trainerkarriere in Grund und Boden rockte, für Borussia jahrelang die Knochen hingehalten habe. Auch Netzer betont, wie fern er vom Geschehen in Gladbach ist, wie unbeteiligt er sich die Entwicklung Borussias anschaut – um dann aber doch mal eben allen, die im und für den Verein aktuell tätig sind, kategorisch mehr oder weniger alle Fähigkeiten abzusprechen.

Leid tun kann einem da Rainer Bonhof. Der ist eine 70er-Legende, die sich im Gegensatz zu Netzer und Vogts nicht zu schade ist, für den Verein zu wirken. Einem Mann, der die Größe hatte, sich einige Zeit nach seinem Rausschmiss als Trainer wieder einzubringen, der offenbar persönliche Eitelkeiten hintenanzustellen bereit ist, um Borussia zu helfen. Bonhofs Versuche, die Wogen zu glätten und die Boulevard-Motzbeutel, mit denen er einst Titel nach Gladbach zu holen half, einzufangen, wurden von Netzer in aller Öffentlichkeit brüsk zurückgewiesen.

Wie geht man also um, mit den grantelnden Ex-Borussen? Ihr selbstgerechtes Geschwätz braucht kein Mensch. Es trifft einen Verein, der sich ohnehin am Abgrund befindet. Es reißt die Gräben, die sich da derzeit in Borussias Anhängerschaft auftun weiter auf. Es schadet allen und nutzt niemandem außer vielleicht den am Wohlergehen des Vereins nicht im geringsten interessierten Boulevardmedien.

Wir als Anhänger Borussias, als diejenigen, die, wenn alle Funktionäre, Manager und Spieler lange über alle Berge sind, immer noch an diesem Verein hängen, wir sollten uns von diesen Menschen nicht täuschen lassen. Wer weiß schon, ob es Vogts und Netzer um Borussia geht? Wie kann man sich sicher sein, dass es den mehr oder minder fußballinteressierten Wirtschaftsvertretern der „Initiative Borussia" um das Wohl des Vereins geht? Man sollte bei allem Impuls, aus dem Frust des Moments heraus Veränderungen zu fordern, immer eins einkalkulieren: es könnte durchaus sein, dass all diese Menschen etwas ganz anderes im Sinn haben: ihre Eitelkeit, ihre Macht, sich selbst.