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Stefan Effenberg. Leitwolf, Kapitän, Nationalspieler, Anführer. Aber auch: Boulevardliebling, Phrasendrescher, Reality-Soap-Darsteller. Wenn Journalisten markige Worte zum aktuellen Fußballgeschehen haben wollen, dann ist Stefan Effenberg der Mann, den man fragt. So wie Udo Lattek, wie Mario Basler oder einst Max Merkel.

In Mönchengladbach hat man den ersten Stefan Effenberg nicht vergessen. Sein zweites Gastspiel am Bökelberg ging einher mit den letzten zählbaren Erfolgen (rechnet man die Aufstiege aus der Zweiten Liga nicht mit): DFB-Pokalsieg 1995, UEFA-Cup-Qualifikation 1996. Diese Erfolge, mindestens, wünschen sich die meisten zurück. Viele dieser Anhänger sehen in Stefan Effenberg das Symbol für den Erfolg. Kehrt „Effe“ nach Gladbach zurück – vielleicht bringt er Pokalsiege und die Qualifikation für das internationale Geschäft mit.
Aber leider liegen die genannten Erfolge 15 Jahre zurück. Den Effenberg von damals, den Fußballer, gibt es nicht mehr. Effenberg II, der Lautsprecher von zweifelhaftem Format, das ist wohl eher der, den man heute bekommt, wenn man Effenberg ins Haus holt.

 

 

Das ahnte wohl auch die jetzige Klubführung, die in der Vergangenheit die Avancen des im „echten“ Fußballgeschäft seit Jahren unbeschäftigten Ex-Internationalen stets abwies. „Als Freund Borussias ist er immer willkommen, einen Job für ihn gibt es nicht“. So sagte es sinngemäß Präsident Rolf Königs vor einigen Jahren einmal bei einer Jahreshauptversammlung.


Jetzt hat Stefan Effenberg einen anderen Weg gewählt, um zurück ins Geschäft zu kommen. Als Kandidat der Initiative Borussia" bietet er sich an, verspricht in einem leicht bizarren handschriftlichen Brief an die Fans allerlei Unkonkretes, will vor allem vieles „anders“ machen und negiert die Notwendigkeit wirtschaftlich vernünftigen Handelns. Persönlich will er die Fans überzeugen, bei der nächsten Mitgliederversammlung Ende Mai für die Anträge der „Initiative Borussia“ zu stimmen.

 

 

 

Die will die Vereinssatzung ändern, vordergründig um mehr Einfluss für die Mitglieder des Vereins zu generieren. Im Endeffekt wird es darum gehen, dass die „Initiative“ selbst die entscheidenden Posten mit ihren Mitgliedern oder Unterstützern besetzen kann – zum Beispiel mit einem Sportdirektor Stefan Effenberg. Über die konkreten Forderungen und ihre möglichen Folgen wird an anderer Stelle, zeitnah zur Jahreshauptversammlung, zu berichten sein. Eine entsprechende eingehende Analyse wird die Seitenwahl-Redaktion liefern, wenn der sportliche Teil dieser unerfreulichen Saison vorbei ist. Dasselbe gilt im Übrigen für die Anträge der sogenannten „Mitgliederoffensive“ des CDU-Politikers und Vertriebenen-Jungfunktionärs Michael Weigand.

 

 

 

Zurück zur "Initiative": ihren eigentlich erst für Mai angekündigten Wahlkampfcoup hat sie jetzt gelandet. Die Personalie Effenberg wird allerorten diskutiert, oft aufgeregt und emotional. Es ist sicher nicht zu hoch gegriffen, festzustellen, dass die Fragen „Effenberg, ja oder nein“ und „Initiative ja oder nein“ die Anhängerschaft von Borussia seit heute noch mehr spalten, als vorher schon.

 

 

 

Was macht die jetzige Vereinsführung? Sie hält weiter still. Von Anfang an scheint es die Politik der derzeit Verantwortlichen zu sein, die Angriffe der „Initiative Borussia“ auszusitzen. Auf Stammtischniveau  hatte der Mitinitiator der „Initiative“ Norbert Kox bei einer Informationsveranstaltung im Februar in Richtung Max Eberl ausgeteilt, hatte unhaltbare Behauptungen über angebliche private Verflechtungen und ihren Einfluss auf die Vereinspolitik aufgestellt. Der Konter aus der Geschäftsstelle blieb aus. Auch alle weiteren Aktivitäten der „Initiative“ blieben weitgehend unkommentiert.

 

 

 

So ist es auch heute. Mit dünnen Worten kommentiert Borussia das Geschehen, die etwas gestiegene Hoffnung auf den Klassenerhalt nach dem Sieg gegen Dortmund ins Feld führend:„Dies scheint nicht jedem zu passen. Wem Borussia wirklich am Herzen liegt, der geht in dieser Situation, drei Wochen vor dem Saisonende, nicht mit solchen Themen an die Öffentlichkeit“, lässt sich Vizepräsident Rainer Bonhof zitieren. Und auch seine Präsidiumskollegen bekunden, der Kampf um den Klassenerhalt sei derzeit wichtiger als der Kampf gegen die Angriffe der "Initiative".

 

 

 

Ob diese Strategie die richtige ist, ist schwer zu sagen. Borussia überlässt der Opposition die Hoheit über die Schlagzeilen – die die „Initiative Borussia“ allerdings dank offenbar engster Verbindungen zu einem der beiden den Verein begleitenden Boulevardblätter ohnehin gepachtet hat. Dennoch geht das Präsidium das Risiko ein, dass die Debatte eine Eigendynamik entwickelt, die sich am Ende nicht mehr kontrollieren lässt.

 

Andererseits ist es womöglich klug, sich nicht von Norbert Kox und seinen Mitstreitern auf deren niedriges Debattenniveau herunterziehen zu lassen. Munition für Konterangriffe auch auf die handelnden Personen der „Initiative“ sollte das derzeitige Präsidium ausreichend in petto haben.

 

 

 

Mit dem Hinweis auf den unfassbar destruktiv gewählten Zeitpunkt des Effenberg-Manövers hat Borussia schlicht recht. Der mögliche Abstieg in die Zweite Liga spielt der Opposition in die Karten. Ungern möchte man den Herren, denen Borussia angeblich so eng am Herzen liegt (so eng, dass Norbert Kox auf der erwähnten Info-Veranstaltung angab, er habe gerade nachgeschlagen, wann Borussia zuletzt einen internationalen Titel geholt hat) unterstellen, sich um ihrer Bestrebungen willen den Abstieg zu wünschen. Der Zeitpunkt des Effenberg-Coups aber lässt diesen Verdacht nicht eben kleiner werden.

 

 

 

Dass sich Stefan Effenberg vor diesen Karren hat spannen lassen, sollte allen, die in ihm immer noch den 95er-„Effe“ sehen, zu denken geben. Dass er sich mit der Kampagne der „Initiative“ und ihrer Unterstützer gemein macht, spricht – wie die Präsentation seiner „Kandidatur“eher dafür, dass es Effenberg II ist, der da einen, vielleicht den für sich einzigen, Weg hinein ins Bundesligageschäft sieht. Ob er, einmal angekommen, ein guter Sportdirektor sein könnte, darüber lässt sich trefflich streiten, was unter anderem im Seitenwahl-Forum ja auch schon geschieht. An dieser Stelle würden entsprechende Überlegungen den Rahmen sprengen, zumal jede Antwort mangels Expertise pure Spekulation wäre.

 

Tatsache aber ist: Effenberg und die "Initiative" haben Unruhe gestiftet. Sie haben auch bei den Fans und den Journalisten den Fokus weg vom Dortmund-Sieg und dem Kampf um den Klassenerhalt hin zur drohenden Schlammschlacht um die Macht im Verein gelenkt. Sie haben Borussia einen Bärendienst erwiesen - ob gewollt oder ungewollt sei dahingestellt.