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Glaubt noch irgendjemand, dass Marc André ter Stegen seinen Vertrag bei Borussia Mönchengladbach verlängert? Nein, wenn die Entscheidung pro Borussia ausgefallen wäre, hätten Verein und/oder Spieler das längst stolz verkündet. Die Strategie lautet vielmehr: die schlechte Nachricht wird unmittelbar nach der Hinrunde verkündet, so dass sich bis zum Start der Rückrunde die Wogen geglättet haben und das Team die zweite Saisonhälfte auf das Wesentliche konzentriert absolvieren kann. Schauen wir den Tatsachen ins Gesicht: den jungen, extrem selbstbewussten Torwart zieht es weg. Aller Voraussicht nach wird er noch 18 Spiele für seinen Ausbildungsverein machen, bevor er einen Vertrag im Ausland unterschreibt. Hoffentlich gute Spiele. Und hoffentlich aber nur unter der Voraussetzung, dass die Ablöse stimmt.

 

Denn eines sollte man nicht vergessen: der Vertrag ter Stegens mit Borussia läuft nicht im kommenden, sondern erst im übernächsten Sommer aus. Da es dem Vernehmen nach auch keine Ausstiegsklausel gibt, ist es an Borussia, eine ordentliche Summe Geld aus dem Geschäft mit dem FC Barcelona oder welchem Verein sich der Torwart auch immer anzuschließen gedenkt, herauszuschlagen. Die Zahlen, die bislang in den spanischen Medien kolportiert werden, entlocken Max Eberl hoffentlich nur ein müdes Lächeln. Für acht bis zehn Millionen Euro sollte man einen Spieler vom Kaliber ter Stegens nicht hergeben – schon aus Prinzip.

Allerorten ist von der schlechten Signalwirkung zu lesen, die von einem Abgang der angeblichen Identifikationsfigur ter Stegen ausgeht. Das schlechte Signal, so die These, ist, dass Borussia selbst als Beinahe-Spitzenverein in einer der stärksten Ligen der Welt nicht in der Lage ist, Spieler zu halten, wenn die Angebote finanzstarker Konkurrenten aus dem In- und Ausland haben. Ganz so dramatisch ist es freilich nicht. Sollte ter Stegen wirklich zu Barcelona wollen, und nicht zu Barfuß Betlehem oder sonst einem Verein, bei dem man sich fragen muss, inwieweit er sich wirklich verbessert, hält sich die Signalwirkung in Grenzen. Auch ein Wechsel innerhalb der Bundesliga würde durchaus einige Fragen aufwerfen – wie seinerzeit beim unerwarteten Abgang Roman Neustädters nach Schalke. Sollte es aber das allseits erwartete Geschäft mit Barcelona geben, könnte man nur von einem schlechten Signal sprechen, wenn die Ablöse zu niedrig ausfiele – beispielsweise im Vergleich zu dem, was Bayern München einst für Manuel Neuer zahlte, dessen Vertragssituation die gleiche war. Das Signal in diesem Fall wäre: Borussenspieler sind billig zu haben, die Verantwortlichen in Gladbach sind weiche Verhandlungspartner. Auch wenn beispielsweise der Fall Dante nahelegt, dass eine solche Einschätzung nicht ganz ohne Grundlage ist, sollte man der Vereinsführung einen gewissen Vertrauensvorschuss gewähren und zunächst davon ausgehen, dass Max Eberl und/oder Stephan Schippers bereit sind, im Zweifelsfall hart zu bleiben und Marc André ter Stegen ohne satte Ablöse zum Erfüllen seines Vertrages zu  zwingen – und bitte ohne Beruhigungs-Gehaltserhöhung wie es Dortmund im Fall Lewandowski unschön vorgemacht hat. Von ter Stegen wäre in diesem Fall professionelles Verhalten zu erwarten und eine anständige weitere Saison im Borussentrikot, bevor er dann ablösefrei gehen darf, wo immer es ihn hinzieht.

Was ter Stegens Rolle als Integrationsfigur angeht, geben sich vermutlich weit weniger Borussenfans irgendwelchen Illusionen hin, als es die Presse und womöglich sogar der Verein selbst glauben. Marc André ter Stegen ist ein exzellenter Torhüter, das bezweifelt niemand. Kaum jemand aber verwechselt seine Herkunft mit Vereinsliebe. Der ambitionierte Jungprofi hat sich immer sehr sachlich und nüchtern verhalten, nie irgendwelche Sentimentalitäten gezeigt. Ranschmeiße an die Fans war seine Sache nicht, als Rautenküsser wurde er nie auffällig. Ter Stegen ist – und das ist keinesfalls als Kritik gemeint - ein Karriereprofi, der eine recht genaue Vorstellung davon hat, wo ihn sein Weg hinführen soll. Von daher ist allenfalls fraglich, ob der Schritt zum FC Barcelona nicht zu früh käme oder zu groß wäre. Aber das ist ter Stegens Problem, nicht das des VfL Borussia oder seiner Fans.

Im Verein wird sich vermutlich auch niemand jemals ernsthaft ausgemalt haben, ter Stegen könnte sich aus Dankbarkeit, Verbundenheit, Lokalpatriotismus oder anderen nicht-sportlichen oder nicht-pekuniären Gründen für einen Verbleib am Niederrhein entscheiden. Andersherum hat Borussia schließlich auch nie gezögert, Profis auszumustern, denen man tatsächlich ein Borussenherz unterstellen konnte oder die für den Verein jahrelang die Knochen hingehalten haben . Man frage nach bei Tobias Levels, oder beachte, wie die Gespräche mit dem dienstältesten Borussen und langjährigen Kapitän Filip Daems in der Winterpause verlaufen. Fußball ist nun mal für diejenigen, die „drinnen“ sind, ein Geschäft und nichts als ein Geschäft. Sentimentalität ist etwas für uns Fans und wir sollten uns hüten, unsere (im Grunde ohnehin irrationale) Vereinsliebe auf das kickende Personal auszuweiten.

Borussias Aufgaben im Fall ter Stegen sind klar: zum einen  wie dargestellt eine ordentliche Ablösesumme auszuhandeln und danach einen vernünftigen Ersatz zu verpflichten. Weil man im Verein professionell aufgestellt ist, läuft dieser Plan B, der in Wahrheit vermutlich von Beginn an der Plan A war, längst auf Hochtouren. Auf das Ergebnis dürfen wir gespannt sein.