Ähnlich wie im Vorjahr kam Bayer Leverkusen kurz vor Saisonschluss  zum vorentscheidenen Spiel um  Gladbachs Europapokaschicksal in den Borussiapark. Angesichts der hohen Bedeutung dieses Spiels für den VFL und der Tatsache daβ die Pharma-Kicker den dritten Platz bereits vor Anpfiff sicher hatten, hätte man mit einer vorsichtigen Borussia und einem abwartenden Leverkusen in einem von Taktik gepräegtem Spiel rechnen können. Vor einem Jahr wäre das vermutlich auch genauso gewesen, aber was den 54 010 Zuschauern im ausverkauften Stadion an der Hennes-Weisweiler-Allee geboten wurde war ganz im Gegenteil eine Kurzzusammenfassung all dessen was André Schubert von seinem Vorgänger unterscheidet: Statt taktischer Disziplin wurde ein zeitweilig atemberaubender Schlagabtausch geboten, bei  dem beide Abwehrreihen groβzügig mithalfen den Unterhaltungswert des Spiels keinesfalls durch allzu konzentrierte oder disziplinierte Arbeit zu mindern.

Der Anfang gehörte klar der Borussia, die schon in der ersten Minute durch Wendt in Führung hätte gehen können, der aber nur den Pfosten traf; in der 10. Minute vergab Traoré dann eine erstklassige Konterchance. Im Gegenzuge zeigte  Bayer dann aber, dass man durchaus gewillt war mitzuspielen, als zunächst Kruse (Latte) und danach Calhanoglu Riesenchancen hatten. In der 20. Minute machte die Werkself es dann aber besser und spielte eine viel zu passive Borussenabwehr auf engem Raum gekonnt aus; Chicharito passte in den Lauf von Aranguez, der frei vor Sommer verwandelte.

Borussia war danach zwar weiterhin bemüht, aber der anfängliche Elan war weg und Leverkusen schien das Spiel gut im Griff zu haben. So war es dann auch weniger spielerische Brillanz als der hartnäckige Einsatz des sonst oft etwas glücklosen Traorés, der den Ausgleich vorbereitete: Der Guinese erkämpfte sich Bayer-Strafraum einen Ball zurück, den anschliessenden Schuss konnte Leno nur vor Hahns Beine abwehren, der den Abpraller flach ins Tor wuchtete. Auch wenn es wohl Untersuchungen gibt, die beweisen dass der angeblich so wichtige Ausgleich kurz vor der Halbzeit in Wirklichkeit nicht wichtiger ist als ein Ausgleich zu irgendeiner anderen Zeit ist, war die Halbzeitpause damit für alle Borussenfans doch eine gute Runde angenehmer. Im zweiten Durchgang war man dann auch bemüht das Spiel endgültig zu drehen, vergab aber diverse Chancen. Mitte der zweiten Halbzeit bekam Leverkusen das Spiel wieder besser unter Kontrolle, und hatte durch Calhanoglu auch eine gute Chance selbst wieder in Führung zu gehen.

Als sich die Borussensfans schon mit dem Gedanken vertraut machten, das letzte Saisonspiel in Darmstadt mit dem Rechenschieber in der Hand zu verfolgen, sorgte Hahn mit seinem zweiten Treffer für die Befreiung. Wendt hatte in typischer Manier den Ball von aussen flach in den Strafraum gespielt, wo zunächst Stindl verpasste, dann aber Hahn mit einem harten Schuss zum 2:1 verwandelte. Nun tobte der Borussiapark und die Freude wurde noch gröβer als klar wurde dass auf Grund der Patzer von Schalke und Hertha der vierte Platz für die Borussia praktisch fest steht. Der letzte Höhepunkt des Spiels war die Einwechslung Martin Stranzls kurz vor Ende, der ebenso wie Brouwers, Hinteregger, Hrgota und Nordtveit vor dem Spiel feierlich verabschiedet wurde.

Nach einer wahren Achterbahnfahrt-Saison hat die Borussia damit die drittbeste Platzierung der letzten 20 Jahre erzielt. Wie wichtig die beiden Tore von Hahn wirklich sind, wird sich erst im August bei den Play-Off-Spieln zur Champions League herausstellen, aber hier und jetzt gilt es erstmal dem Team, Trainer und anderen Betreuern ein Riesenkompliment auszusprechen, dafür dass sie nach dem verkorksten Saisonstart noch diese hervorragende Platzierung erzielt haben. Dass dies mit nur 52 Punkten  und (bislang) ohne Auswärtssieg im Jahr 2016 möglich war, soll die Freude nicht trüben, aber doch klar machen, dass im Gegensatz zum Vorjahr auch ein wenig Glück und das Versagen anderer (Wolfsburg, Schalke) zu diesem schönen Abschluss beigetragen haben. Ein Auswärtssieg nächste Woche in Darmstadt wäre ein gutes Gegenargument gegen mögliche kritische Stimmen man sei ja nur “Dusel-Vierter” geworden.