Nur wenige Minuten trennten Borussia von einem Traumstart und dem ersten Sieg in Augsburg in der Bundesliga-Geschichte. Das hoch verdiente 2:2 kurz vor Spielende war aber die Konsequenz einer grottenschlechten zweiten Halbzeit, in der die Fohlenelf noch über den einen Punkt froh sein musste. So endete die Begegnung wie sie begonnen hatte, denn schon in der 1. Minute nutzte Augsburg Finnbogason eine Fehlerkette in Borussias Hintermannschaft. Es sollte nicht die letzte bleiben an diesem Nachmittag.

Im Anschluss an den frühen Rückstand blitzte in Halbzeit 1 aber auch wieder einiges an dem Positiven auf, das Borussia schon in der Vorwoche gegen den 1.FC Köln ausgezeichnet hatte. Per überragendem Doppelpass setzte sich Zakaria selbst in Szene und besorgte den schnellen Ausgleich. Ein weiteres technisches Highlight von Raffael wurde final von Oscar Wendt zur Führung genutzt. In dieser Phase der Partie deutete die Elf von Dieter Hecking an, über welche Qualitäten sie verfügt.

Im weiteren Verlauf der Partie ergaben sich einige weitere hochkarätige Situationen, die eine Spitzenmannschaft zur 3:1-Vorentscheidung genutzt hätte. Bei Thorgan Hazard z. B. fehlten kurz vor dem Halbzeitpfiff nur wenige Zentimeter, die dem Spiel einen anderen Verlauf gegeben hätten.

Anstatt der berüchtigten Fahrradkette folgte nach dem Seitenwechsel dann aber ein Sturmlauf wacker kämpfender Augsburger, dem Borussias Defensive nicht gewachsen war. Die eklatanten Lücken aus dem Köln-Spiel speziell auf den Außenbahnen setzten sich fort. In der Zentrale waren Vestergaard und Ginter ein ums andere Mal überfordert und mussten auf ihr Glück oder auf den mehrfach brillierenden Yann Sommer vertrauen, die sie lange Zeit im Spiel hielten.

Am Ende stand aber doch nur ein Punkt, der wenigstens nicht überdeckt, wie viel Arbeit noch vor dieser Mannschaft steht. Die 4 Punkte gegen dieselben Gegner, die dem HSV eine temporäre Tabellenführung ermöglicht hatten, dürfen nicht über die Mängel im Defensivverhalten hinwegtäuschen, die durch das offensive Spielsystem von Dieter Hecking gefördert werden. Speziell die Außenverteidiger sind allzu stark darauf bedacht, sich möglichst oft ins Offensivspiel einzubringen. Dies freut den neutralen Beobachter, der mit einem Chancenfestival belohnt wird. Auf lange Sicht kann dies aber allerhöchstens dann ein gutes Ende für Borussia nehmen, wenn die eigene Offensive den offenen Schlagabtausch häufiger nutzt als der Gegner. Dem steht wiederum die latente Torungefährlichkeit entgegen, da sich in der ansonsten stark besetzten Offensive kein echter Knipser befindet. Auch der in Augsburg fehlende Raul Bobadilla entspricht nur sehr bedingt diesen Ansprüchen. Es spricht für sich, dass die bisherigen Saisontore in der Liga allesamt durch Defensivakteure erzielt wurden.

Augsburg hatte anstatt eines Cordoba einen Cordova und war nicht nur deshalb ein stärkerer Gegner als die harmlosen Kölner. In den kommenden Monaten werden aber noch einige Mannschaften kommen, die über weit mehr Offensivpower verfügen, und die Borussias offenkundige Schwächen in der Defensive noch besser werden ausnutzen können. Dieter Hecking wird sich daher in der anstehenden Länderspielpause etwas einfallen lassen müssen, wie er seine Mannschaft stabiler ausrichten kann, damit der punktemäßig ordentliche Start nicht wie letztes Jahr im weiteren Saisonverlauf verpufft.