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Hannover 96Nimmt man nur die nackten Zahlen, dann steht der Borussia ein hammerschweres Auswärtsspiel bevor. So schwach die Hannoveraner Ausbeute in der Fremde, so beeindruckend ist sie daheim: drei Spiele, drei Siege. Das relativiert sich etwas, wenn man sich die Spielverläufe genauer ansieht. Als souverän kann man nur den 2:0-Sieg gegen den HSV bezeichnen, der Mirko Slomkas Aus auf der Hamburger Trainerbank besiegelte. Die 96er starteten furios, schossen gegen eine teilweise konfuse Hamburger Abwehr schnell zwei Tore, zogen sich danach zurück und verteidigten den Vorsprung ohne größere Probleme. Eng bis glücklich dagegen waren die Siege gegen Schalke und Köln.


Gegen die Knappen verdiente Hannover sich das 2:1 zwar durch eine Energieleistung in der letzten halben Stunde. Vorher hatte das Team von Tayfun Korkut aber vor allem wenig geboten und konnte sich bei der nachlässigen Schalker Chancenverwertung dafür bedanken, dass es nicht längst uneinholbar zurücklag. Gegen Köln nutzte Joselu gleich die erste Chance des Spiels. Danach standen die 96er in der ersten Hälfte defensiv sicher, blieben nach vorne aber vieles schuldig. In der zweiten Hälfte spielten die Kölner Hannover phasenweise an die Wand, stellten sich im Abschluss aber dusselig an. Mit Kampf, Geschick, aber auch eine Menge Glück rettete 96 das 1:0 über die Zeit.

Hannover ist also kein übermächtiger, sicher aber ein unangenehmer Gegner. Schnelles Umschaltspiel aus einer sicheren Abwehr hatte Korkut als taktische Ausrichtung vor der Saison angekündigt. Bislang hat das mit der sicheren Abwehr sehr viel besser funktioniert als das schnelle Umschaltspiel. Die 96er stehen aufmerksam in der Ordnung, gewinnen viele Zweikämpfe und gehen ihre Gegner durch aggressives Pressing auf die Nerven. Vor allem durch die Mitte war das Team bislang kaum zu knacken und hohe Bälle sind eine sichere Beute der Verteidiger: Keine andere Mannschaft der Liga gewann in der Defensive so viele Luftduelle. Am ehesten waren die 96er über die Flügel, mit anschließenden flachen Hereingaben, in Schwierigkeiten zu bringen.

Dazu kommen defensivbetonte Aufstellungen: In den meisten Spielen bot Tayfun Korkut mit Joselu nur eine Spitze auf und verstärkte dafür das Mittelfeld. Mindestens eine Doppelsechs räumt vor der Abwehr auf, in Stuttgart waren es gar drei defensive Mittelfeldspieler. Kurioserweise bescherte die feigste Aufstellung der Saison den 96ern die meisten Gegentore: Bei Bayern München verteidigte hinter der Doppelsechs eine Fünfer-Abwehrkette, durch haarsträubende individuelle Fehler geriet man aber schnell deutlich in Rückstand. Hätten die Bayern nicht in der zweiten Hälfte mehrere Gänge zurückgeschaltet, die Niederlage hätte noch viel höher ausfallen können als 0:4.

Diese Niederlage, die zweite Auswärtspleite in Folge, schlug vor der Länderspielpause gehörig auf die Hannoveraner Stimmung. Dabei hatten noch vor Wochen manche, nach zwei Heimsiegen und einem ermauerten 0:0 in Mainz, von höheren Zielen geträumt. Dafür müssten sich die 96er aber vor allem offensiv erheblich steigern. Bislang beschränkte sich die offensive Herrlichkeit auf eine starke halbe Stunde gegen den HSV, zwanzig beherzte Minuten gegen Schalke und gelegentliche Einzelleistungen, vor allem durch Joselu. Ansonsten dominierten Ideenlosigkeit, Ungenauigkeiten und Kick’n’Rush.

Das mögen Anlaufschwierigkeiten sein, den größeren Umbaumaßnahmen in der Hannoveraner Offensive geschuldet. Hustzi, Diouf, Bittencourt und Rudnevs: So (in dieser Reihenfolge) hießen  die vier besten Scorer der letzten Saison. Nur Bittencourt ist noch da. Huszti zog es nach China, Diouf nach England, Rudnevs zurück nach Hamburg, dazu verließ Ya Konan den Verein. Um diese Lücken zu schließen, investierte 96 für seine Verhältnisse kräftig. Für fast zehn Millionen Euro wurden Joselu (aus Hoffenheim) und Kiyotake (aus Nürnberg) verpflichtet. Dazu kam ablösefrei der viermalige französische Nationalspieler Jimmy Briand von Olympique Lyon. Der viermalige französische Nationalspieler, der in der Offensive flexibel einsetzbar ist, war in Lyon in der letzten Saison zumeist nur Einwechselspieler, kam in der Summe aber dennoch zu 25 Einsätzen, bei denen er sechsmal das Tor traf.

Joselu ist nach jetzigem Stand ein guter Griff. Zumindest phasenweise konnte der Deutsch-Spanier durch technisch gutes und sehr bewegliches Spiel gefallen. Gegen Schalke und Köln erzielte er jeweils den Siegtreffer, gegen den HSV legte er Sobiech das 2:0 auf. Daneben stehen aber auch manch vergebene Großchancen, besonders schmerzlich der verpasste Ausgleich in Stuttgart. Schleppend geriet der Einstand von Hiroshi Kiyotake, der zumeist zentral hinter Joselu agiert. Zuletzt lobte Trainer Korkut zwar auffällig die Fortschritte des Japaners im Training – ob Aufwärtstrend oder Zweckoptimismus, wird man am Samstag sehen.

Offen ist, ob Joselu wieder als einzige Spitze vor einer offensiven Dreierreihe aufläuft oder im Zweiersturm mit Artur Sobiech. Im offensiven Mittelfeld setzt vor allem Leonardo Bittencourt auf der linken Außenbahn Impulse. Für Kapitän Lars Stindl kommt ein Einsatz zu früh, bei Egdar Prib ist das noch offen. Ansonsten kommt für das offensive Mittelfeld neben Kiyotake vor allem Briand in Frage, der Ex-Gladbacher Jan Schlaudraff dagegen hat bei Korkut bislang schlechte Karten.

Im defensiven Mittelfeld muss Hannover wohl auf Leon Andreasen verzichten, so dass Manuel Schmiedebach und Ceyhan Gülselam gesetzt sind. Letzterer spielte in der vergangenen Saison noch bei Galatassaray Istanbul, wo er auf gut hundert Ligaspiele und einige Kurzeinsätze in der Champions League gekommen war.

In der Abwehr kann Korkut wohl wieder aus den Vollen schöpfen. Rechts hat Hiroki Sakai damit seinen Platz sicher, in der Mitte Marcelo und Christian Schulz. Links streiten sich Christian Pander und Miiko Albornoz. Beide waren im bisherigen Saisonverlauf mit fast unheimlicher Regelmäßigkeit immer wieder abwechselnd verletzt. Der chilenische Nationalspieler Albornoz, der bei der WM ohne Einsatzzeit blieb, hat auch einen schwedischen Pass und kam für 1,5 Millionen von Malmö IF. Albornoz ist ein Linksverteidiger mit ausgeprägtem Vorwärtsdrang und wurde von Tayfun Korkut auch schon mehrfach im linken Mittelfeld aufgeboten.

Thorgan HazardBorussia steht eine Partie ins Haus, die sich zur Kopie der enervierenden Unentschieden in Köln und gegen Mainz entwickeln könnte, ein zähes Geduldsspiel gegen ein dichtes Abwehrbollwerk also. Das Spiel gegen Mainz hat allerdings auch gezeigt, dass Borussia weit genug ist, um auch in solchen Spielen Lösungen zu finden: Hätte man im DFB-Handelfmeterroulette nicht wieder Pech gehabt, hätten Hazard oder Raffael ihre hochkarätigen Torchancen genutzt, es wäre ein ungefährdeter Sieg auch gegen einen Gegner möglich gewesen, der seine Hauptaufgabe in der Fußballverhinderung begreift.

In Hannover muss Lucien Favre auf den erkrankten Christoph Kramer verzichten, Nordtveit ist die wahrscheinlichste Alternative. Über die Einsatzfähigkeit weiterer Nationalspieler will Lucien Favre nach dem Abschlusstraining entscheiden. Am wenigsten Erholungszeit hatte Ibrahima Traoré, der erst am heutigen Donnerstag vom Länderspiel Guineas in Ghana zurückkehrt. Patrick Herrmann und vor allem Thorgan Hazard konnten beim Testspiel gegen den FSV Frankfurt Punkte sammeln, der Belgier war allerdings zuletzt angeschlagen.

Aufstellungen:

Hannover 96: Ziegler – Sakai, Marcelo, Schulz, Pander – Schmiedebach, Gülselam – Briand, Kiyotake, Bittencourt – Joselu.
Borussia M’gladbach: Sommer – Korb, Stranzl, Jantschke, Dominguez – Xhaka, Nordtveit – Hahn, Herrmann – Raffael, Kruse.

SEITENWAHL-Meinung:

Christoph Clausen: Die Gladbacher schwanken nach dem zähen 0:0 in Hannover. Ein Erfolg, weil man auch im achten Saisonspiel ohne Niederlage blieb? Oder ein Rückschlag, weil man erneut gegen einen konsequent mauernden Gegner den Lucky Punch verpasste?

Michael Heinen: In Hannover tut sich Borussia bekanntlich oft schwer. So auch am Samstag, wenn das unglückliche 1:2 die erste Saison-Niederlage besiegelt.

Christian Spoo: Borussias mangelnde Effizienz vor dem Tor bleibt auch am achten Spieltag das große Manko. Über die erste Saisonniederlage darf sich deswegen niemand beklagen. Mit 1:2 fällt diese Niederlage knapp aus und gibt die Kräfteverhältnisse auf dem Platz nicht annähernd wieder. Punkte gibt's trotzdem keine.

Christian Heimanns: Bei der Vorhersage für das Ergebnis in Hannover gibt es gute Gründe, eine Niederlage oder ein Unentschieden zu tippen. Wie meine Kollegen bereits erläutert haben. Das kann insgesamt nur bedeuten, dass Borussia 2:1 gewinnen wird. Bis demnächst auf diesem Kanal.