Warnung
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Wenn der ungeschlagene Tabellen-Dritte auf den angeschlagenen Tabellen-Vorletzten trifft, dann sollte die Favoritenrolle klar verteilt sein. Tatsächlich tippen aber nur die wenigsten Experten darauf, dass die bessere Borussia die Serie der zuletzt 6 Erfolge in Folge (inkl. des 0:0-Siegs gegen die Bayern) ausbauen wird. Eher noch wird dem BVB zugetraut, die Negativserie von 5 Bundesliga-Niederlagen in Folge zu beenden. Auch die Seitenwahl-Redaktion ist sich in ihren Tipps einig, dass diese Statistiken nur die halbe Wahrheit sind und die 19 ein hartes Stück Arbeit wird.

Im vergangenen Jahr war die Ausgangslage umgekehrt, als beide Mannschaften am 8. Spieltag erstmals aufeinandertrafen. Damals blickte der BVB auf einen hervorragenden Saisonstart, der ihnen sogar die Tabellenführung und Träume von der Meisterschaft bescherte. 9 Punkte betrug der Vorsprung auf Borussia und entsprechend dominant trat man im Park auf. Das Ergebnis ist bekannt: Die bessere Borussia gewann – ein wenig glücklich – mit 2:0 und startete eine Aufholjagd, die sie bis zur Winterpause sogar einen Punkt vor die Dortmunder pushte. Dies sei all jenen entgegengehalten, die den BVB angesichts von aktuell 13 Zählern Vorsprung nicht mehr ernsthaft als Rivalen um die Champions-League-Plätze ansehen möchten und dabei die Schnelllebigkeit des Fußballs ignorieren.

Der absurde Negativlauf des BVB hat viele Ursachen und kann selbst von Psychologen nur unzureichend erklärt werden. Er ist aber keine BVB-Erfindung. Auch andere große Vereine haben es in der Vergangenheit immer wieder geschafft, ihrer überragenden Qualität zum Trotz, für längere Zeit das Siegen einzustellen. Selbst der FC Bayern München hatte in seiner Historie Spielzeiten, in denen er zwischenzeitlich ins untere Tabellenmittelfeld abrutschte. Noch im Vorjahr gelang es Bayer Leverkusen als vormaliger Meisterschaftsanwärter zu Beginn der Rückrunde eine Serie mit nur 1 Remis und 8 Niederlagen in 9 aufeinanderfolgenden Pflichtspielen abzuliefern. Die Werkself löste ihr Problem mit einem Trainerwechsel. Eine beim BVB weiterhin nicht vorstellbare Lösung, da Jürgen Klopp durch die überwältigenden Erfolge der letzten Jahre unter Artenschutz steht.

Aber auch so gilt die alte Fußballer-Weisheit, dass eine jede Serie irgendwann einmal zu Ende geht. Nachdem dies gegen vermeintlich schwächere Kontrahenten wie Köln, Hannover und Hamburg gründlich misslang, liegt nun die Hoffnung darauf, es könne gegen stärkere und ggf. mitspielende Mannschaften einfacher werden. In der vergangenen Woche ging allerdings auch dies nach hinten los. Das relativ knappe 1:2 beim FC Bayern überdeckt, wie deutlich die Unterlegenheit gegenüber dem einstigen Dauerrivalen gewesen ist. Schon im vielerorts hochgelobten ersten Spielabschnitt bewahrten sie einzig der an diesem Tag überragende Roman Weidenfeller und die Münchener Ineffizienz vor einem deutlichen Rückstand. Insgesamt wurden den Bayern 25 Torschüsse und fast 10 Großchancen gestattet. Die bessere Borussia hatte es mit einer deutlich vorsichtigeren taktischen Grundordnung verstanden, dem Rekordmeister nur 10 Torschüsse und überhaupt keine Großchance zuzulassen.

Im Signal-Iduna-Park, wo Borussia im Vorjahr 2:1 gewann und damit eine Serie von zuvor 7 BVB-Siegen in Folge brach, wird Lucien Favre eine ähnliche taktische Grundausrichtung wählen wie gegen die Bayern. Aus der schwächeren 1. Halbzeit sollte allerdings gelernt werden, um sich nicht zu sehr in die eigene Hälfte zurückdrängen zu lassen. Auch in den schwächeren Spielen der letzten Wochen ist es dem BVB oftmals gelungen, enormen Druck zu entwickeln. Die Anzahl der Torchancen ist weniger das Problem als die Nutzung selbiger. Nur der HSV ist weniger effizient im Abschluss. Da dieselben Spieler es in der Champions League deutlich besser machen und in der Vergangenheit auch in der Liga deutlich besser gemacht haben, spricht vieles für ein temporäres Kopfproblem, das sich jederzeit lösen kann. Türöffner könnte ausgerechnet ein Ex-Borusse sein, denn Marco Reus nähert sich mit 4 Toren aus den letzten 5 Spielen so langsam wieder seiner Topform. Nachdem er inzwischen aber seinen buddhistischen Affenjubel-Zyklus erfolgreich abgeschlossen hat, darf er es gegen seine ehemaligen Kollegen gerne wieder etwas ruhiger angehen lassen. Ganz aktuell muss er es ohnehin sehr ruhig angehen lassen, da er ebenso wie Roman Weidenfeller Magen-Darm-Probleme hat und für das Spiel am Sonntag ggf. sogar auszufallen droht.

Borussia wird defensiv ähnlich kompakt und aufmerksam stehen müssen wie gegen die Bayern. Die schnellen Angriffe der Dortmunder sind für jeden Verein der Welt nur ganz schwer zu verteidigen. Der zum Edel-Joker degradierte Ciro Immobile mag der gefährlichste Torjäger des Vereins sein. Seine Spielweise bremst aber das Geschwindigkeitsspiel des BVB ein wenig aus, so dass es schwer werden dürfte, ihn ins bestehende System zu integrieren. Lucien Favre löste ein ähnliches Problem in der vergangenen Saison, indem er Luuk de Jong trotz zwischenzeitlich ordentlicher Torbilanz opferte. Dies sowie der Zukauf von weiteren Tempospielern wie Traoré und Hahn ermöglichten den aktuellen Erfolg. Denn auch Borussia steht mittlerweile für Tempofußball, so dass am Sonntag vermutlich das schnellste Spiel der Saison bevorstehen wird.

Bei allen nötigen Warnungen vor dem derzeit schlafenden BVB-Riesen gibt es auch gute Gründe, zuversichtlich in die Partie zu gehen. Fernab des weit größeren Selbstbewusstseins entscheidet bei zwei offensivstarken Teams am Ende oftmals die Defensive über den Ausgang der Partie. Hier präsentierten sich die Dortmunder zuletzt extrem anfällig und müssen zudem den Ausfall des Abwehrchefs hinnehmen. Ohne Hummels konnte dem Druck der Bayern nicht mehr standgehalten werden. Neven Subotic ist nach diversen Verletzungen inzwischen ein Schatten vergangener Tage. Erik Durm muss in seiner zweiten Profisaison erst noch den Nachweis erbringen, dass er nachhaltig auf internationalem Top-Niveau mithalten kann. Vereinzelt herausragenden Leistungen stehen eine Reihe fehlerhafter Partien gegenüber, die daran zweifeln lassen, dass er schon jetzt so gut ist wie ihn die Öffentlichkeit und auch der Bundestrainer sehen.

Ilkay Gündogan wäre grundsätzlich ein wichtiger Stabilitätsfaktor im defensiven Mittelfeld und zudem – neben Hummels und Reus – einer der inzwischen gar nicht mehr so zahlreichen „Unterschiedsspieler“ des BVB, die sie in der Vergangenheit gegenüber ihrer nicht-bayerischen Konkurrenz heraushoben. Nach einer 18monatigen Spielpause hinkt aber auch der Deutsch-Türke seiner Form weit hinterher. Gegen Gladbach wird er sich wohl erneut auf der Bank wiederfinden, da an seiner Stelle Altstar Sebastian Kehl den letzten Frühling erlebt. Ähnlich wie Martin Stranzl auf der Gegenseite profitiert Kehl von seiner Erfahrung und ist einer der wenigen Leistungsträger, die auch in der Krise konstant funktionieren.

Während Klopps mutige Offensiv-Taktik gegen die Bayern unklug gewesen ist, ist ihm mit dem jüngsten Verzicht auf Rotation ein guter Schachzug zu bescheinigen. Gegen Galatasaray spielte dieselbe Elf, die schon nach Hummels-Verletzung gegen die Bayern auf dem Platz stand. Es ist davon auszugehen, dass auch am Sonntag keine Veränderung vorgenommen werden wird. Rotation mag ein probates Mittel sein, um die Tücken der Dreifachbelastung langfristig abzumildern. In einer solch akuten Krisensituation ist es aber wichtig, an Sicherheit zu gewinnen. Dies gelingt am besten mit einer eingespielten Mannschaft, die sich über kleine Erfolgserlebnisse Selbstbewusstsein zurückholt.

Lucien Favre hingegen wird mit ziemlicher Sicherheit wieder eine Rotation rückwärts betreiben. Er könnte aber erstmals in dieser Saison dieselbe Formation ins Rennen schicken, die er bereits in der Vorwoche gegen Hoffenheim aufgeboten hat. Die Viererkette mit Dominguez und Korb auf den Außenbahnen erscheint defensiv am verlässlichsten. Vorne konnten Traoré und Hazard wenig Argumente dafür sammeln, 3 Tage nach dem mäßigen Limassol-Spiel eine neuerliche Chance von Beginn an zu erhalten. Das Duo Hahn/Herrmann harmoniert noch etwas besser miteinander und sollte gegen stärkere Kontrahenten gesetzt sein. Eine Steigerung mahnte Favre zurecht von den Zentrumsstürmern an. Max Kruses bisherige Saisonleistung ist weniger zu beanstanden als jene von Raffael, der noch zu viele Großchancen liegen lässt und nicht ganz an die überragende Form der Vorsaison anknüpft. Dies ist aber zweifelsohne ein Jammern auf ganz hohem Niveau.

In den ersten 18 Spielen hat Borussia mehrere Herausforderungen erfolgreich bewältigt. Zunächst wurde gegen eine Reihe schwächerer Gegner gut gepunktet und in den meisten Partien gelang es, selbst tiefstehende Mannschaften auszuhebeln und Torchancen sowie Tore zu kreieren. In den letzten Wochen bestand die Mannschaft dann ebenso erfolgreich gegen stärker eingeschätzte Teams aus der oberen Tabellenhälfte und etablierte sich so verdient an der Tabellenspitze. Vor der nächsten Länderspielpause steht nunmehr noch die Herausforderung an, gegen einen angeschlagenen Boxer mit potentiell gewaltiger Offensivpower zu bestehen und ungeschlagen zu bleiben, damit sich nach dem Duell Angeschlagen gegen Ungeschlagen am Sonntag abend die noch viel schönere Überschrift „Abgeschlagen gegen Ungeschlagen“ formulieren lässt.

Dortmund: Weidenfeller – Piszczek, Subotic, Sokratis, Durm – Bender, Kehl – Mkhitaryan, Kagawa, Reus – Aubameyang

Borussia: Sommer – Korb, Jantschke, Stranzl, Dominguez – Hahn, Kramer, Nordtveit, Herrmann – Raffael, Kruse

SEITENWAHL-Tipps

Michael Heinen: „Leider hat alles ein Ende, und meist kommt dies im ungünstigsten Moment. Ausgerechnet beim BVB gibt es die erste Saison-Niederlage, die mit 0:3 gleich noch richtig heftig ausfällt. Die bessere Borussia ist und bleibt aber trotzdem die aus Mönchengladbach.“

Thomas Häcki: „Rekord gebrochen! Das Problem mit positiven Serien ist nur, dass sie oft gegen kleine Vereine beendet werden. Und ein solcher empfängt am Sonntag die Borussia.
Am Ende sind mit dem 1:1 beide zufrieden. Die kleine Borussia aus Lüdenscheid hat einen Achtungserfolg, die beliebte aus Mönchengladbach den Fortbestand der Serie.“

Christoph Clausen: „Ein Spiel mit besonders hohem Unsicherheitsfaktor. Auf der einen Seite die Niederlagenserie der Dortmunder in der Liga, auf der anderen das unbestreitbare Potential des Kaders und die doch eher souveränen Leistungen in der Champions League. Man sollte erwarten, dass die 09er früher oder später auch wieder in die Liga sie selbst werden. Nur wie früh oder spät, ist völlig offen. Für Sonntag: Sagen wir Unentschieden. 1:1.“

Christian Spoo: „Hochmut kommt vor dem Fall. Dortmund gewinnt mit 2:1.“

Christian Heimanns: "Eine schwierige Aufgabe für die richtige, ältere und bessere Borussia. Mannschaften im Abstiegskampf können durchaus einmal über sich hinauswachsen. Am Sonntag halten sich Dortmunder Anrennen und Mönchengladbacher Konter bei einem 1:1 die Waage."