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HSVDieser Schrei ist in die Filmgeschichte eingangen. Nancy geht auf Dr Bennell zu und grüßt lächelnd den Vertrauten und Mitstreiter. Der aber zeigt mit ausgestrecktem Arm auf sie und lässt einen grässlichen, entmenschlichten Schrei hören. Und in diesem Moment weiß sie, dass auch Bennell ausgetauscht wurde.

Die Cineasten unter unseren Lesern wissen längst Bescheid: Der Film ist „Invasion of the Body Snatchers“, ein Science-Fiction Klassiker aus dem Jahr 1978, mit Donald Sutherland als Dr Matthew Bennell. Der Inspektor der Gesundheitsbehörde von San Francisco entdeckt einen außerirdischen Mikroorganismus, der die Menschen im Schlaf befällt und ein Duplikat ihres Körpers erstellt. Der Originalkörper zerfällt zu Staub und das Duplikat tritt an seine Stelle, äußerlich identisch, aber ohne jede menschliche Regung.

Bisher hat Lucien Favre noch nicht geschrien. Man fragt sich aber inzwischen, ob auch die Borussen von einem außerirdischen Mikroorganismus befallen sind. Ein Klassenunterschied beim 0:4 in Dortmund, einfachste Gegentore gegen Mainz und in Bremen, klaffende Löcher zwischen den Mannschaftsteilen, Verunsicherung allerorten, Tabellenletzter, die Borussen nur noch Hüllen ihres früheren Selbst. Invasion of the Body Snatchers. Soweit die trostlose Variante.

Die trostreichere zieht Gelassenheit aus der Rückschau. So tat es Martin Stranzl, der Hoffnungsträger, der doch kein Wunderwuzzi sein will. Stranzl verweist zu Recht darauf, dass die Borussia auch in der letzten Spielzeit mit sehr mäßigen Leistungen startete und damals nur mit reichlich Glück dennoch zu punkten kam. Und in der Tat: Gegen Mainz und Bremen wären bei etwas besserer Chancenverwertung auch sechs Punkte möglich und nicht einmal unverdient gewesen.

WunderwuzziWären. Das Trostpotenzial des Konjunktivs ist begrenzt. Überzeugender ließe sich die Angst vor den Körperfressern mit einem Sieg im Indikativ bekämpfen. Diesem Auftrag wird sich ein zumindest in Teilen auch äußerlich verändertes Team widmen. „Die Rückkehr des Wunderwuzzis“ (auch ein verheißungsvoller Filmtitel) in der Abwehr ist ersehnt, Granit Xhakas absurde Gelb-Rot-Sperre so ärgerlich wie Patrick Herrmanns Verletzung. Beiden freilich bietet die Zwangspause Gelegenheit das Original ihres Körpers wiederzufinden. Stindl/Nordtveit scheint die wahrscheinlichste Variante auf der Doppelsechs, Dahoud in offensiver und Jantschke in defensiver Rolle sind Alternativen. Im Sturmzentrum scheint es André Hahn hinauszulaufen, dessen Wucht und Leidenschaft der gebeutelten Borussia aktuell wohl besser zu Gesicht stehen als spielerische Raffinesse. Das bei der Schweizer Nationalelf gestärkte Selbstvertrauen eines Josip Drmic allein dürfte ich noch nicht für einen erneuten Startelfeinsatz qualifizieren.

Auf der Gegenseite stehen am Freitag die Untoten von der Alster. Der Hamburger SV hat in den letzten beiden Jahren in geradezu herzzerreißender Weise um den Abstieg gebettelt, irgendwie hat es dann aber doch nicht geklappt. Weil man nun notgedrungen in der ersten Liga bleiben muss, will man es dieses Jahr mal mit dem Gewinnen versuchen. Das klappte, vielleicht zur eigenen Überraschung, auch im ersten Heimspiel der Saison gegen defensiv vogelwilde Stuttgarter.

Auswärts ging es bislang daneben, allerdings weniger deutlich, als insgeheim vielleicht vorher befürchtet. Die Niederlage in München war zwar am Ende deutlich, vorher hatte die Defensivtaktik der Hanseaten die Bayern aber lange zermürbt. In Köln konnte Bruno Labbadias Truppe über eine halbe Stunde lang sogar vom Sieg träumen und stand erst nach einer abstrus unberechtigten roten Karte gegen Spahic nebst ebenso unberechtigtem Elfmeter mit leeren Händen da. Hier wie schon gegen Stuttgart bewies die Mannschaft aber große Moral und hätte in der Schlussminute trotz Unterzahl beinahe noch ausgeglichen.

Diese Qualität ließ der HSV in der letzte Saison oft vermissen und vielleicht liegt in ihr die entscheidende Errungenschaft seit der Amtsübernahme Bruno Labbadias: Die Hamburger fallen nach Rückschlägen nicht mehr auseinander und sind nicht vor dem Schlusspfiff besiegt. Zudem stehen sie in der Defensive insgesamt stabiler, wobei insbesondere Djourou immer noch fürs Spannungsmoment sorgt. Als Hauptstabilisator gilt Kacar, der wegen Spahics Sperre in die Innenverteidigung rückt. Im offensiven Mittelfeld ist ein Neuzugang zu erwarten: Aaron Hunt, der nach eigenem Bekunden beste Erinnerungen an Gladbach hat, weil ihm gegen den VfL sein erstes Bundesligator überhaupt glückte. Eines reicht dann aber auch. Die letzten Trainingsberichte aus Hamburg deuten darauf, dass Ilicevic und Gregoritsch, die Neuerwerbung aus Bochum, die Flügel besetzen und Lasogga davor als Stoßstürmer agieren wird. Er wird auch auf Flanken der offensivfreudigen Außenverteidiger Diekmeier und Ostrzolek hoffen.

Die Borussia hofft derweil, dass es am Ende die Gäste schreien. Dafür braucht es keiner extraterrestrischen Unterstützung. Eine Rückbesinnung auf das, was die Mannschaft in der letzten Saison so stark gemacht hat, würde ausreichen. Wie leicht sich das dahin schreibt.

Aufstellungen:

Borussia Mönchengladbach: Sommer – Korb, Jantschke, Stranzl, Wendt – Nordtveit, Stindl – Traore, Hazard – Raffael, Hahn.
Hamburger SV: Drobny – Diekmeier, Djourou, Kacar, Ostrzolek – Ekdal, Holtby – Gregoritsch, Hunt, Ilicevic – Lasogga.

Schiedsrichter: Tobias Welz.
Assistenten: Rafael Foltyn, Sven Jablonski.
Vierter Offizieller: Arne Aarnink.

SEITENWAHL-Meinungen:

Christoph Clausen: Gegen ein hanseatisches Bollwerk haben verunsicherte Borussen ihre Mühe und Not. Nach dem heftig umzitterten 1:0-Erfolg ist die Erleichterung groß.

Michael Heinen: So wichtig die Partie am Freitag sein wird, so schwer ist sie einzuschätzen. Schon in den letzten Jahren hat sich der HSV in Gladbach meist gut verkauft, so dass es auch dieses Jahr wieder ein hartes Stück Arbeit wird. Es wird schwer, aber trotzdem gewinnt Borussia mit 2:1.

Christian Spoo: Ein schönes Spiel erwartet für Freitag Abend vermutlich niemand. Gut so, dann ärgert sich auch keiner über die vorsichtige Borussia und den limitierten HSV. Umso mehr freuen sich Borussias Anhänger über die nach 90 Minuten erwürgten drei Punkte. Borussia gewinnt 2:1.

Thomas Häcki: Tippen wir mal nicht nur auf Platz, sondern direkt auf Sieg. Der Bock wird umgestossen, die Borussia gewinnt mit 3:1. Es wird der erhoffte Befreiungsschlag, mit jeder Minute kehrt mehr Sicherheit zurück. Held des Abends wird Drmic mit 2 Toren. Eberl betont seine Wertigkeit, der Boulevard hat es schon immer gewusst und Drmic sowieso. Wie klingt das?