Es fällt schwer, in diesen Tagen mit den Gedanken zum Bundesliga-Alltag zurückzukehren. Nach den tragischen Ereignissen der vergangenen Woche möchte die DFL ein Zeichen setzen, sich nicht vom internationalen Terrorismus einschüchtern zu lassen und abhängig zu machen. So löblich sich dies anhört. Ganz so hoch wie diverse Verbandsvertreter sollte man das Festhalten am Spielplan nicht hängen. Das natürlicherweise bestehende Unbehagen vieler Fans kann ebenso wenig wegdiskutiert werden wie das aktuell erhöhte Risiko. Die Sicherheit muss letztlich über der Symbolik stehen und da sollte es völlig egal sein, ob bei der Absage eines mit konkreten Hinweisen bedrohten Spiels ggf. irgendwelche Idioten in Syrien oder anderswo in Freudentränen ausbrechen könnten. Für die Spiele am Samstag gibt es bislang zum Glück keine konkreten Gefahren-Hinweise. Daher erscheint die Entscheidung, den Spieltag auszutragen, aus jetziger Sicht trotz aller Bedenken richtig. Es sollte in allererster Linie aber als "normal" dargestellt und nicht zu einem weltpolitischen Symbol hochstilisiert werden. Die tragischen Ereignisse der letzten Tage dürfen nicht dazu führen, sich zukünftig nur noch von Panik und Hysterie leiten zu lassen und sämtliche Menschenaufläufe zu meiden. So wird die Partie von Borussia gegen Hannover unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen, aber hoffentlich friedlich stattfinden. Das Sportliche ist an diesem Wochenende ausnahmsweise einmal nur das Zweitwichtigste. Nichtsdestotrotz wäre es schön, wenn die Mannschaft von Cheftrainer André Schubert am Samstag in sportlicher Hinsicht ein wichtiges Zeichen setzen könnte.

Nach der Erfolgsserie von 6 Siegen in Folge war das 0:0 gegen Ingolstadt am letzten Spieltag ein erster Dämpfer in der Amtszeit des neuen Coachs. Neben der unfairen Spielweise der Schanzer, die durch den Schiedsrichter leider nur unzureichend unterbunden wurde, war das Resultat vornehmlich der offensichtlichen Müdigkeit einiger Gladbacher geschuldet. Lucien Favre hatte auf die kontinuierlichen englischen Wochen nicht ohne Grund mit entsprechender Rotation reagiert, was seiner Mannschaft die nötige Frische bescherte, um selbst in der Rückrunde noch einmal richtig aufzudrehen. André Schubert würde sich diese Möglichkeiten vermutlich wünschen. Zu Beginn seiner Interimszeit war eine eingespielte Mannschaft aber unverzichtbar, um die Verunsicherung der Stammelf aufzubrechen und die so dringlich vermisste Sicherheit wieder herzustellen. Als dies geschafft war, setzte das Verletzungspech wieder ein, so dass die (halbwegs gleichwertigen) Optionen auf der Bank nur noch sehr begrenzt sind.

In der Offensive wird daher mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die zuletzt bewährte Offensivreihe mit Traoré, Johnson, Stindl und Raffael auflaufen. Als erste Alternativen für spätere Wechsel bieten sich die derzeit latent unzufriedenen Thorgan Hazard und Josip Drmic an, die sich aber nicht allzu sehr grämen sollten. Angesichts von 8 Spielen in den kommenden 4 Wochen wird Schubert nicht darum herumkommen, ihnen adäquate Einsatzmöglichkeiten zu bieten, die sie besser nutzen sollten als bisher.

In der Defensive ist die Besetzung deutlich schwieriger zu prognostizieren. Anders als Alvaro Dominguez werden Julian Korb und Tony Jantschke nach ihren Blessuren wieder einsatzfähig sein. Bislang scheute sich Schubert nicht, angeschlagene Spieler direkt wieder auf den Rasen zu schicken, so dass beide in die Startformation zurückkehren könnten. Damit wäre der Weg frei für Havard Nordtveit, um im Mittelfeld den gesperrten Granit Xhaka zu ersetzen. Im Gegensatz zum norwegischen Nationaltrainer, der ihm in den entscheidenden Play-Off-Spielen gegen Ungarn sogar Zweitligakicker vorzog, weiß Schubert die Qualitäten seiner Allzweckwaffe zu schätzen. Auch Oscar Wendt und Andreas Christensen durften sich im direkten Länder-Duell für die wirklich wichtigen Aufgaben der nächsten Wochen schonen, was für sie persönlich bitter war, Borussia aber nur Recht sein konnte.

Erste Alternativen bieten sich defensiv durch zwei junge Spieler. Im defensiven Mittelfeld könnte Schubert sich trauen, neben Dahoud auf Marvin Schulz zu setzen - eine Kombination, die am 1. Spieltag in der Innenverteidigung nicht ganz so gut funktionierte. Etwas vorgezogen könnten die beiden aber ein interessantes Duo abbilden. Ebenso spannend wäre es, wenn Nico Elvedi in der Innenverteidigung zu seinem Startelf-Debüt im Borussen-Dress kommen würde. Die routiniertere Alternative hierzu hieße Roel Brouwers.

Für welche Aufstellung auch immer sich Schubert entscheidet: Borussia geht eindeutig als Favorit in die Partie gegen einen angeschlagenen Gegner, der zuletzt höchst unbeständig auftrat. Nach der Heimniederlage gegen Berlin steht Ex-Borusse Michael Frontzeck einmal mehr vor einer schwierigen Situation und braucht dringend Punkte, um seinen wackligen Trainerposten behalten zu dürfen. Zuletzt sprang ihm seine Mannschaft gerade in solch prekären Situationen immer wieder mit unerwarteten Erfolgen zur Seite. Gerade auswärts machte die Mannschaft in dieser Saison einige Male positiv von sich reden, was sie auch am Samstag bestätigen möchte.

Einen Dämpfer erhielt dieses Vorhaben unter der Woche als bekannt wurde, dass Mittelfeldstratege Kiyotake verletzungsbedingt ausfällt. Der Japaner hatte einst schon im Dress des 1.FC Nürnberg im Borussia-Park brilliert, was er nun aber erst frühestens in der kommenden Saison wiederholen kann. Auch Leon Andreasen ist nach seiner Handverletzung, die er sich übrigens nicht im Spiel gegen den 1.FC Köln zugezogen hat, weiter angeschlagen, wird voraussichtlich aber auflaufen können.

Es steht zu befürchten, dass die Niedersachsen eine relativ defensive Ausrichtung wählen werden und es somit zu einem neuerlichen Geduldsspiel für Borussia kommt. Durch die wiederhergestellte Frische ist es der Fohlenelf aber zuzutrauen, diese Aufgabe besser zu meistern als vorletzte Woche und mit einem Sieg das klare Zeichen zu setzen, sich weiter im oberen Drittel der Tabelle festzusetzen.

Borussia: Sommer - Korb, Jantschke, Christensen, Wendt - Traoré, Nordtveit, Dahoud, Johnson - Stindl, Raffael

Hannover: Zieler - Sakai, Marcelo, Schulz, Albornoz - Bech, Schmiedebach, Sané, Karaman, Klaus - Sobiech

SEITENWAHL-Tipps

Michael Heinen: Die letzten 4 Heimspiele gegen Hannover wurden allesamt gewonnen. Diese Serie setzt sich am Samstag mit dem 2:1-Erfolg fort.

Christoph Clausen: Klare Verhältnisse in der Gladbacher Trainerfrage, klare Verhältnisse auch auf dem Platz. Borussia schlägt Hannover mit 3:0.

Christian Spoo: Hannover stellt Borussia nicht vor ernsthafte Probleme. Die Ingolstadt-Taktik beherrschen die Frontzeck-Schützlinge nicht perfekt, sie verlieren mit 0:2.

Christian Heimanns: Mit dem Fehlen weiterer Stammspieler wird die Saison für Borussia nicht leichter. Wenn auch nicht so schwer wie für Hannover, daher sollte es zu einem 2:0 Sieg reichen.

Thomas Häcki: Das sieht nach einem klaren Sieg aus. Und genau das ist das Problem. Hannover verkauft seine Haut teurer als viele erwartet haben und verliert nur unglücklich mit 2:1.