Am Ende habe er nur gelacht. Alfredo Morales schüttelte amüsiert den Kopf über die Gladbacher Vorwürfe. Gerade hatte man die traumhafte Siegesserie von André Schubert beendet und als Außenseiter einen Punkt vom Niederrhein entführt. Dass Torhüter Özcan den Punkt mit einer Glanztat in der Nachspielzeit rettete, fiel dabei nicht ins Gewicht. Der Punktgewinn war ohne Frage verdient. Die Art und Weise, wie er zu Stande kam hingegen wenig ehrenvoll. Mit ständigen Provokationen zerstörten die Bayern von Beginn an das Kombinationsspiel der Hausherren, die nach einer Galavorstellung gegen Hertha nun auch den Neuling aus der Autostadt an die Wand spielen wollte. Daraus wurde nichts, auch weil der an diesem Tag schwache Schiedsrichter Fritz zeitweise die Übersicht verlor und die kleinen Attacken zu lange gewähren lies. Die Borussen schäumten über das unfaire Spiel ihres Gegners. Zu Unrecht, schließlich begannen sie selbst zu spät, den Aufsteiger unter Druck zu setzen. Was blieb, waren Enttäuschung und Wut. Dass diese am morgigen Samstag vergessen sind, darf nicht erwartet werden. Besonders nicht bei Granit Xhaka.

Ob Gladbachs Kapitän in der nächsten Saison noch das Borussen-Trikot trägt, darüber darf spekuliert werden. Erfreulicherweise sorgt dieser Umstand noch für wenig Gesprächsstoff. Viel zu dominant ist das gegenwärtige Tabellenbild. Mit der 5:0-Gala gegen Hertha haben die Borussen ein eindrucksvolles Zeichen gesetzt. Auch wenn der Sieg am Ende deutlich zu hoch ausgefallen ist, können die Tore den Borussen noch gute Dienste weisen. Drei Punkte entfernt von Platz drei, aber eben auch nur ein Punkt von Platz sieben. Der Kampf um die Fleischtöpfe Europas ist spätestens am vergangenen Wochenende in die entscheidende Phase gegangen. Nun gilt es zu punkten und nicht zu lamentieren. Das dürfte in Ingolstadt schwer werden, nicht nur wegen der Vorgeschichte. Zu Hause ist der Aufsteiger bislang solide, die letzte Heimniederlage stammt aus dem Dezember, als Fleischtopf-Konkurrent Leverkusen die Punkte zum Rhein mitnahm. Seitdem hamstert man Woche für Woche die nötigen Punkte, um sich im gesicherten Tabellenmittelfeld zu platzieren. Nicht schlecht für einen Neuling, der in der Rückrunde bislang sogar besser agierte als Wolfsburg oder Hertha.

Der Trumpf ist, wie könnte man es anders erwarten, die Defensive. Zweimal kassierte man vier Tore, einmal drei. Ansonsten bleiben Ingolstädter Spiele verhältnismäßig torarm. Mit durchschnittlich zwei Toren pro Spiel werden bei den Bayern die wenigsten Zuschauer von den Sitzen gerissen. Das liegt auch am Sturm. Nur Hannover traf in dieser Saison weniger und die bereiten ja bekanntlich grade ihre Beerdigung vor. Wenig Anspruch also an die Gladbacher Defensive? Man wird sehen. Viel wurde über sie in den vergangenen Wochen geschrieben. Eine neue Stabilität wollten gar einige Kommentatoren erkannt haben. Das ist alles nicht ganz falsch, allerdings fällt auch die Diskrepanz zwischen Auswärts und Heimspielen deutlich ins Auge. In dieser Spielzeit blieb man nicht einmal ohne Gegentreffer auf des Gegners Platz. Seit Schuberts Siegesserie gelang es nur noch einmal, mit nur einem Gegentreffer den Platz zu verlassen. Das ist zu viel für europäische Ambitionen, zumal noch vier Auswärtsspiele anstehen. Es ist also Zeit, erstmals seit Oktober wieder mit einem Sieg aus der Fremde heimzukehren.

Die Ansätze sind dabei durchaus sichtbar. In Wolfsburg und Schalke trat das Team dominant auf, belohnte sich am Ende aber nicht. Die darauf folgenden Heimspiele waren dann wieder ein Zeichen der eigenen Stärke. Es stimmt also in der Mannschaft. Schmerzlich vermissen dürfte man Raffael, für den ein Einsatz in Ingolstadt noch zu früh ist. Allerdings wurde er gegen Berlin stark ersetzt. Borussias Offensive ist eben nicht nur von einem Spieler abhängig, sondern profitiert von einer breiten Qualität. Die wird auch den Aufsteiger vor Probleme stellen, welche er nicht alleine mit kratzen, beißen und provozieren unterbinden kann. Es ist also den Rheinländern dringend angeraten, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen und sich nicht von den Spielchen des Gegners aus dem Konzept bringen zu lassen. Wenn man dies schafft, wird sich der Erfolg auch wieder einstellen. Bei der aktuellen Tabelle sollte dies aber besser früher als später beginnen.

 

Ingolstadt: Özcan – daCosta, Matip, Hübner, Bauer – Roger – Groß, Christiansen – Hartmann, Lezcano, Leckie

Borussia: Sommer – Elvedi, Nordtveit, Christiansen, Wendt – Xhaka, Dahoud – Hahn, Johnson – Stindl, Hazard

 

TIPPS:

Thomas Häcki: Irgendwann geht auch die Auswärtsserie zu Ende. Die Zeit könnte ausgerechnet in Ingolstadt reif sein. Die Borussen nehmen mit einem 3:1 Sieg eindrucksvoll Revanche.

Christoph Clausen: Fies, ekelig, unangenehm. Klingt nach Keuchhusten oder Mundgeruch, ist aber Ingolstadt. Gegen Zeitspiel, Fallsucht und Provokationen setzt sich eine stabilisierte Borussia diesmal dank ihrer spielerischen Klasse durch, ohne dabei den Kampf zu vergessen. Endlich wieder ein Auswärtssieg (2:0).

Christian Spoo: Ein unansehnliches Spiel geht zu Ende, ohne dass es einen Sieger gäbe. Mit dem 1:1 können beide leben, vorausgesetzt Borussia gewinnt die folgenden beiden Spiele.

Michael Heinen: Borussia ist in guter Verfassung und es wird einfach mal wieder Zeit für einen Auswärtssieg. In Ingolstadt siegt die Fohlenelf mit 2:1.

Uwe Pirl: Es wird sehr schwer, das ist klar. Da wir gegen Schalke verloren haben und Schalke wiederum klar gegen Ingolstadt, wäre alles andere als ein haushoher Ingolstädter Sieg eine faustdicke Überraschung. Dagegen spricht: Je länger eine Serie (hier: Auswärtsspiele ohne Sieg) dauert, desto wahrscheinlicher ist ihr Ende. Das überwiegt - ich rechne mit einem 3:1-Auswärtssieg für Borussia.