Es ist schon irgendwie bezeichnend für die Saison der Borussia, dass es auch nach einem stinknormalen alltäglichen 2:0-Arbeitssieg gegen den FC Augsburg, den ein Europapokalkandidat normalerweise einfach stillschweigend abhakt, Grundsatzdiskussionen über die Leistung der Mannschaft gibt, vor allem wenn diese nicht nur in den sozialen Netzwerken statt finden, sondern angeführt werden von einem giftigen Wortwechsel des Sportdirektors mit einem Fernsehjournalisten. Dabei war die Frage des Skyreporters, ob denn Ergebnis und Leistung miteinander vereinbar seien, eine gar nicht so unberechtigte, vor allem wenn man sie nicht nur auf das Augsburgspiel sondern auf die gesamte bisherige Saison bezieht.

Nun ist die Borussia allerdings nicht das einzige Team mit höheren Ambitionen, das eine unausgeglichene Saison mit Aufs und Abs hinlegt. Die Konkurrenz aus Leipzig, Dortmund oder Schalke blieb an diesem Wochenende sieglos und fragt sich vermutlich auch immer wieder kopfkratzend, wo man denn nun eigentlich steht. Als Resultat ergibt sich ein leicht bizarres Tabellenbild, in dem der Zweite so wenige Punkte hat wie selten zuvor und nur einen Punkt vorm Tabellensiebten steht. Dass dieser Platz ausgerechnet von Borussias nächstem Gegner Eintracht Frankfurt belegt wird, gehört zu den Überraschungen dieser Saison. Zwar standen die Hessen vor einem Jahr zur Saisonhälfte schon einmal auf dem fünften Platz, holten aber in der Rückrunde nur noch 3 Siege und zählten vor Saisonbeginn zu den Mannschaften, die man eher im Abstiegskampf als im Rennen umd Champions-League-Plätze vermutet hätte.

So ist das Spiel am Freitag eines der vielen direkten Duelle um internationale Plätze, die die Borussia in dieser Rückrunde noch erwarten kann und der Gegner ist dabei eine ähnlich unangenehme Truppe, wie es der FCA am letzten Wochenende war. Die Frankfurter sind eines der zahlreichen Bundesligateams, die eine defensive Einstellung bevorzugen und lieber dem Gegner die Initiative überlassen. Dementsprechend liegen den Hessen Auswärtsspiele (man liegt in der Auswärtstabelle nur einen Punkt hinter Bayern auf Platz 2)  mehr als Heimspiele (in dieser Tabelle steht man auf dem Relegationsplatz) und kann sich insgesamt der zweitbesten Liga-Abwehr rühmen.

Personell kann Dieter Hecking bei dieser anspruchsvollen Aufgabe wieder auf seine Stammelf zurückgreifen. Die Christof Kramerlängerzeitig Verletzten Bobadilla, Strobl, Johnson und Taoré fehlen zwar weiterhin, aber Christof Kramer meldete sich zu Wochenbeginn gesund zurück und wird wohl am Freitag in den Kader zuückkehren. Auch wenn Michael Cuisance gegen Augsburg erneut ein starkes Spiel ablieferte, ist davon auszugehen, dass Kramer ihn in der Startelf ersetzt, da gerade gegen die robusten Frankfurter seine Zweikampfstärke und Erfahrung wichtige Faktoren sein könnten.  Thorgan Hazard absolvierte am Dienstag wegen muskulärer Probleme nicht das volle Training, momentan ist  aber von seinem Einsatz am Freitag auszugehen, so dass abgesehen von der Rückkehr Kramers mit der selben Startelf wie im Augsburg-Spiel zu rechnen ist. Erfreulich dabei, dass Patrick Herrmann sich wieder in die Stammelf zurück gearbeitet haben zu scheint. Auch wenn er noch nicht wieder die Torgefahr seiner besten Tage wiedererlangt hat, so waren sein Auftritte in den vergangenen Wochen doch solide und vermutlich wird er am Freitag erneut den Vorrang vor Hofmann oder Grifo erhalten.

Bei den Frankfurtern ist erstaunlich, wie wenig Aufhebens um das monatelange Fehlen von Alex Meier gemacht wird. Die Main-Ikone und langjährige Lebensversicherung der Eintracht wird nach 3 Fuβoperationen wohl in den nächsten Wochen erst wieder ins Training einsteigen. Trotz des Mantras seines einstigen Mentors Lucien Favre ebenso etwas in der Versenkung verschwunden ist der Ex-Gladbacher Branimir „Vergessen Sie nicht“ Hrgota, der in dieser Saison erst zu 132 Spielminuten in der Bundesliga kam. Der Hauptgrund, dass weder Meier noch Hrgota in Frankfurt groβ vermisst werden, heiβt Sebastian Haller. Der 23-jährige Franzose, der im Sommer von Utrecht zu den Hessen kam, hat sich als ein sehr guter Einkauf erwiesen und ist zusammen mit Sturmpartner Ante Rebic für die Hälfte der bisherigen Saisontore der Eintracht zuständig.  Ein weiterer wichtiger Neuzugang für die Frankfurter in dieser Saison ist Kevin-Prince Boateng im defensiven Mittelfeld. Dieser Transfer mag zwar zunächst mehr als Publicity-Gag oder Verzweiflungmaβnahme belächelt worden sein, aber Boateng scheint in Frankfurt so etwas wie einen dritten Frühling zu erleben. Mit seiner Körperlichkeit passt er durchaus in das zweikampf-geprägte Spiel der Mainstädter, hebt aber mit seinen technischen Fähigkeiten das spielerische Niveau der Eintracht um einiges. Fundament des Frankfurter Spiels ist jedeoch die starke Abwehr, die gegen Gladbach allerdings auf Chef David Abraham verzichten muss.

Fredi Bobic (in Zusammenarbeit mit Bruno Hübner) und Niko Kovac scheinen bei der Eintracht zur Zeit das Kunstück wiederholen zu wollen, dass Jörg Schmadtke und Peter Stöger im Vorjahr mit dem FC Köln schafften: mit einer guten Einkaufspolitik, taktischer Cleverness und mannschaftlicher Diszpilin unter mittelmässigen Voraussetzungen das Optimum rauszuholen. Dass diese Leistung nicht unbemerkt bleibt, zeigen die Gerüchte, die Kovac als Heynckes-Nachfolger in München ins Spiel bringen, auch wenn das Beispiel Weinzierl die Bayern warnen sollte, dass aus geringen Mitteln das Beste machen und ein Spitzenteam trainieren zwei sehr verschiedene Dinge sind.

Für die Borussia bedeutet das Spiel am Freitagabend auf jeden Fall einen echten Härtetest. Man sollte sich dabei nicht von der schlechten Heimbilanz der Kovac-Truppe blenden lassen: Nach zwei Heimniederlagen zu Saisonbeginn gegen Wolfsburg und Augsburg haben nur die Bayern und Leverkusen noch im ehemaligen Waldstadion mit jeweils knappen Siegen gewonnen. Frankfurtspiele sind in dieser Saison sowieso eng: der 3:1 Sieg in Wolfsburg war das einzige Eintrachtspiel dass 17/18 mit mehr als einem Tor Unterschied ausging. Der VFL sollte vor allen darauf achten, sich nicht wie beim Spiel in der Hinrunde von den rustikal zu Werke gehenden Hessen den Schneid abkaufen zu lassen. Hoffen wir also dass, die Borussia wie von Christian Spoo an dieser Stelle in seiner mittlerweile legendären Wutrede nach dem Derby gefordert, die Überraschungsmannschaft aus Frankfurt selber überraschen kann in dem sie bislang verborgene „Cojones“ offenbart.

 

Mögliche Aufstellungen:

Borussia: Sommer – Elvedi, Ginter, Vestergaard, Wendt – Zakaria, Kramer – Hazard, Hermann – Stindl, Raffael

Eintracht: Hradecky - Salcedo , Hasebe , Falette   -  Wolf , Mascarell , Chandler -  Boateng , Gacinovic - Haller, Rebic

 

Seitenwahl-Tipps:

Claus-Dieter Mayer: Es wird kein schönes aber intensives Spiel, indem sich letztendlich Gladbacher Spielkultur und Frankfurter taktische Disziplin die Waage halten: 1:1.

Thomas Häcki: Nach dem Verfolger ist vor dem Verfolger. Um gegen die schwer zu bespielbaren Hessen zu bestehen, bedarf es einer ähnlich konzentrierten Leistung wie gegen Augsburg. Nur mit "Eiern" wird man ein zufriedenstellendes 1:1 erreichen können.

Uwe Pirl: Leider sind aber die Eier irgendwo zwischen Mönchengladbach und Frankfurt aus dem Bus gefallen. Frankfurt zeigt die gewohnt bissige Leistung und gewinnt 2:0. Borussias Mentalität bleibt rätselhaft.

Michael Heinen: Frankfurt ist heimschwach, aber formstark. Borussia ist Borussia - unberechenbar und launisch. Es spricht viel für ein Unentschieden - 1:1.

Christian Spoo: Die Geister, die ich rief, gehen mir inzwischen ziemlich auf die Eier, Kollegen ;-) - in Frankfurt bekommt unsere ovulare Metaphorik allerdings leider wieder neues Futter. Borussia verliert ein unterirdisches Fußballspiel mit 0:2.