schalkeDie Länderspielpause hat das Bundesliga-Gefühl abgewürgt. Bevor man sich als Fan richtig eingegroovt hatte, ging es erneut nur um „Die Mannschaft“, Stakeholder-Oli und der Bundestrainer bestimmten die Schlagzeilen und als Borusse fragte man sich allenfalls, woher man nochmal diesen Nico Schulz kennt, der da gegen Peru das Siegtor erzielte. Immerhin dürfte Abwehrchef Matthias Ginter weiteres Selbstbewusstsein getankt haben, er scheint im Nationalteam jetzt Stammkraft zu sein. Wenn Borussia am Samstagabend gegen Schalke 04 antritt, kann das nur hilfreich sein. Vom Ergebnis der Partie hängt wesentlich ab, ob der Saisonstart als gelungen bezeichnet werden kann.

Ein recht überzeugender Auftritt gegen Leverkusen, in Augsburg zumindest nicht verloren. So ganz klar ist nicht, wo Borussia zur Zeit steht. Von vier gespielten Halbzeiten war nur eine wirklich überzeugend. Ob der Neustart nach der gefühlt verkorksten Vorsaison gelungen ist, wird man nach der Partie gegen Schalke vermutlich besser wissen. Schalke zuhause ist mit Blick auf die jüngere Geschichte in etwa das Gegenteil von Augsburg auswärts. Gegen die Gelsenkirchener war man im Borussia-Park häufig erfolgreich. Die letzte Niederlage ist fünf Jahre her, seit dem Wiederaufstieg hat Borussia achtmal zuhause gegen Schalke gewonnen. Die letzten beiden Partien endeten unentschieden, wobei das Remis in der Euro-League mehr weh tat, als alle Niederlagen zusammen. Die Voraussetzungen für einen weiteren Erfolg stehen mit Blick auf den missratenen Saisonstart der Schalker recht gut. Der Vizemeister, der in der vergangenen Saison mit seinem Spiel die Frage aufgeworfen hat, warum um alles in der Welt der Fußball in seinem Mutterland als „Beautiful Game“ bezeichnet wird, hat zweimal verloren. Leichtsinnige Ballverluste in der Eröffnung und zu wenig kompaktes Verteidigen hat Trainer Domenico Tedesco als die Hauptgründe für die Pleiten in Wolfsburg und gegen Berlin ausgemacht. Zudem müsse sich die Mannschaft nach dem Abgang von Stammspielern wie Kehrer und Goretzka und dem Last-Minute-Kauf von Sebastian Rudy noch finden. Ob die Länderspielpause dazu angetan war, wird man sehen. Zwölf Schalker waren mit ihren Nationalmannschaften unterwegs. In Gladbach fehlt Tedesco neben den Langzeitverletzten Oczipka und Stambouli der rotgesperrte Yevhen Konoplyanka. Matija Nastasic ist dagegen wieder dabei, der DFB hatte seine Rotsperre nach dem VR-Chaos-Spiel in Wolfsburg reduziert. Das gewohnt unruhige Schalker Umfeld zieht angesichts der beiden Auftaktpleiten schon Parallelen zur Ära Weinzierl, die vor zwei Jahren ähnlich begann und dann recht schnell ein Ende fand. Dazu besteht aber freilich kein Anlass. Tedesco hat eine klare Idee vom Fußball, die ist nicht schön aber in der Regel erfolgreich und ist nicht so anspruchsvoll, dass Neuzugänge sie nicht schnell adaptieren können sollten.

Dieter Hecking jedenfalls glaubt nicht an grundlegende Probleme beim Gegner. Er hält den FC Schalke 04 für stärker als sein eigenes Team. Zumindest vom Kader her sei Schalke „ein Stück weit“ besser aufgestellt, als Borussia. Nur mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung habe seine Mannschaft eine Chance. Er will offenbar nicht den Gedanken aufkommen lassen, Schalke sei wegen der zwei Auftaktniederlagen ein angeschlagener Gegner. Dass Hecking explizit auf die zweit Halbzeit gegen Leverkusen Bezug nimmt und von seinen Spielern fordert, dort anzuknüpfen, zeigt, dass der Trainer begriffen hat, dass es viel zu früh ist, von einem gelungenen Saisonstart für Borussia zu sprechen. Sollte es gelingen, den Vizemeister zu besiegen, erst dann hätten solche Lobpreisungen in halbwegs firmes Fundament. Dass Hecking medial wegen der mehrfachen Umstellungen in Augsburg zum „Taktik-Tüftler“ erklärt wird, wird ihn selbst kalt lassen. Einen schiefgegangenen Versuch nach kurzer Zeit zu korrigieren, spricht für gesunden Pragmatismus, nicht für hohe Kunstfertigkeit.

Gegen Schalke wird die Mannschaft wieder im neuen Standard-System antreten. Offene Fragen gibt es allenfalls insofern, als dass sich Hecking auf der einen oder anderen Position wird entscheiden müssen. Ist der als Stammkraft eingeplante Nico Elvedi nach seiner Verletzung schon wieder ein Kandidat für die erste Elf? Stellt es ein Risiko dar, den gefühlten Führungsspieler Christoph Kramer ein weiteres Mal auf die Bank zu setzen? Welchen der in ihren Nationalteams erfolgreichen Nachwuchsspieler Neuhaus und Zakaria bringt man von Beginn, wenn Jonas Hofmann doch offenbar der gesetzteste Spieler nach Yann Sommer ist? Und wird Raffael doch noch pünktlich zum Spiel gegen seinen Ex-Verein fit? Antworten darauf gibt es am Samstag gegen 17:30 – und eine Stunde später wird es dann ernst. Guter Saisonstart oder mäßiger, Mittelmaß oder oben mitspielen, die Weichen werden gegen Schalke gestellt.

Mögliche Aufstellungen

Borussia: Sommer – Beyer, Ginter, Jantschke, Wendt – Strobl – Hofmann, Neuhaus – Johnson, Plea, Hazard

Schalke: Fährmann – Sané, Naldo, Nastasic – Caligiuri, Baba – Rudy  Harit, Bentaleb – Burgstaller, Uth

SEITENWAHL-Prognose

Christian Spoo: Ein hässliches Spiel ohne Sieger und ohne Tore. Die Frage, wohin die Reise für Borussia gehen kann, bleibt unbeantwortet.

Michael Heinen: Acht der letzten zehn Heimspiele gegen Schalke konnten gewonnen werden. Diese Serie ist es wert, ausgebaut zu werden. Borussia siegt 2:1.

Claus-Dieter Mayer: In den letzten Jahren hat Schalke im Borussia-Park nur wenig holen können, und das bleibt auch so. Dieter Heckings Mannen (really? Red.) schießen die Knappen (hang on, Red.) mit 4:1 (2xPlea) in eine nicht mehr zu verleugnende Krise.

Thomas Häcki: Pleiten, Pech und Pannen begleiteten die letzten Spiele gegen die Knappen. So auch diesmal. Die Borussia spielt überlegen, lässt aber die Punkte liegen. 1:1.

Uwe Pirl: Gibt Borussia mal wieder den Aufbaugegner für die angeschlagene Konkurrenz? Nein, tut sie nicht. In einem umkämpften und wenig attraktiven Spiel gewinnt Borussia 2:1.