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Max Eberl hat über die Jahre hinweg Geduld gelernt. Geduld und die Fähigkeit, dieselben Antworten auf immer die selben Fragen geduldig zu wiederholen. Seit Wochen setzt er das Saisonziel auf einen einstelligen Platz fest und muss damit leben, dass ihm das seit Wochen auf "Europaleague Qualifikation" korrigiert wird. Nun ist ihm unverhoffte Hilfe zuteil geworden denn nach der Niederlage gegen Darmstadt in der ersten Hauptrunde des DFB-Pokals wird zumindest diese Frage Eberls Geduld in nächster Zeit nicht mehr strapazieren.

Vor dem Spiel schauten die Borussen nostalgisch, fast zärtlich auf das Stadion am Böllenfalltor. Nur die Haupttribüne ist überdacht und insgesamt passen 16.500 Zuschauer in das Stadion, das zwei bis drei Jahrzehnte vom modernen Fußball entfernt zu liegen scheint. Das Ding erinnert an den Bökelberg und an eine "gute alte Zeit".  Die Sommersonne brennt heiss auf den Platz und verpasst den Besuchern bei über 30° C hunderte von Sonnenbränden und zu Ehren des Besuchs aus der ersten Liga ist die Flutlichtanlage in der Mittagshitze das ganze Spiel über in Betrieb. 


Favre ersetzt einige Stammspieler des Vorjahres, namentlich die Teilnehmer der U21 EM, Herrmann, Nordtveit und Jantschke, für sie spielen Rupp, Korb und Kramer. Bei den Darmstädtern ist der frühere Bundesligaspieler von Eintracht Frankfurt, Marcel "hessischer Odonkor" Heller der prominenteste Spieler. Das Spiel beginnt dann aber nicht so, als wären in einem von den beiden Teams diverse Nationalspieler versammelt. Zäh schleppt sich das Geschehen in der Hitze über den Rasen und die Borussen müssen sich der höchst motivierten Spieler des Drittligisten erwehren. Und nach und nach verlagert sich das Geschehen sogar mehr Richtung ter Stegen, als den Gladbachern lieb sein kann. Ein Klasssenunterschied ist die ganze Zeit über nicht zu sehen.

Nach einiger Zeit wird das größte Problem der Borussen klar. Weder die Hitze, noch die Darmstädter sind es, sondern die Unfähigkeit, eigene Angriffe zumindest mit einem Torschuss abzuschließen. Der Ballbesitz am gegnerischen Strafraum scheint so lange beibehalten zu werden, bis der Gegner duschen gehen will und freiwillig den Weg zum Tor frei gibt; in etwa das scheint das Konzept zu sein. Je stärker die Nähe zum Tor gesucht wird, umso weniger ist ein Torschuss möglich und irgendwann geht der Ball verloren. Solche Szenen gab es letzte Saison schon, in der Vorbereitung auch und sie werden auch in der kommenden Saison zu sehen sein. Was fehlt, ist die Vorlage auf einen freien Mitspieler etwas weiter vom Tor entfernt, und ist das durchspielen auf die Grundlinie mit anschließender scharfer Hereingabe.

Max Kruse, der den Sturm merklich beleben soll, kommt zu den besten Schussgelegenheiten und schließt zumindest auch ab. Pech vor der Pause und Zimmermann im Darmstädter Tor nach der Pause hindern ihn am Tor. Raffael, der das Spiel bis zum Tor merklich beheben soll, liefert noch die beste Partie unter den Gladbachern. Er läuft viel, holt sich den Ball im Mittelfeld ab, und bringt ihn mit einigen Pässen und Dribblings vors Tor. Der Brasilianer ist eine Verstärkung für die Borussen und wird sein Geld über die nächsten Jahre wert sein. Gegen Darmstadt macht es sich bemerkbar, dass auf der rechten Seite Rupp bei allem Einsatz wenig brauchbares nach vorne zeigt. Patrick Herrmann wird dank seiner Schnelligkeit wohl auf diesem Platz gesetzt sein.

Seine Einwechslung gestern kurz vor der Verlängerung brachte leider nichts mehr. Die Borussen mussten froh sein, dass ein Tor der Darmstädter in der 86. Minute knapp im Abseits stattfand. Die erste Hälfte der Verlängerung ließ sich an wie die vorherige Partie, in der zweiten Hälfte hatten die Borussen endlich Konditionsvorteile, die allerdings wieder rechts und links vom Strafraum verebbten, ohne zwingende Torchancen zu bringen. Im Elfmeterschießen versagte erst Luuk de Jong, während sich ter Stegen verbissen immer näher an die nicht ganz sicheren Schüsse der Darmstädter heranarbeitete, bis er den vierten Schuss erwischte und den Gleichstand wieder herstellte. Hrgotas noch nicht da gewesener Versuch, einen in die Mitte gechipten Ball zu wiederholen, scheiterte an der Lattenunterkante. Und seine Mannschaft damit an einem Drittligisten.

Die Niederlage ist verdient, Darmstadt hätte gut schon in der regulären Spielzeit gewinnen können. Bei den Borussen zeigte Raffael noch die ansprechendste Leistung, dazu mit Abstrichen Kramer. Ter Stegen zeigte sich beim Elfmeterschießen stark und rettete in der regulären Zeit mindestens ein Mal das Unentschieden. Zu den größten Verlierern wurden nach dem Spiel die Fans der Borussia, von denen sich ein Teil vorgenommen hatte, die Leistung der Mannschaft weit zu unterbieten. Einige arbeiteten sich durch den Zaun zum Spielfeld, drängten hinaus und die wenigen Ordner zurück, andere brachen ein Tor auf und rannten hinterher. Die gewalttätige Geste zerfiel in einen Miniplatzsturm, der 10 Meter hinaus bis auf die Laufbahn führte und wieder zurück in den Block. 25 antrabende Polizisten behielten die Situation problemlos im Griff. Ein angemessener Abschluss der Gladbacher für ein richtig schlechtes Spiel.

Wenn aus diesem Spiel Lehren gezogen werden, dann vor allem für die Offensive. Die Suche nach einem gefährlichen Abschluss muss sich verbessern, mehr Schnelligkeit ins Spiel und in die Pässe. Und damit muss man hoffen, dass das Anfangsprogramm aus Bayern, Hannover, Leverkusen, Bremen und Hoffenheim einigermaßen vernünftig bewältigt wird. Zu diesen Überlegungen bekamen die heimreisenden Gladbacher noch ein wenig Lebenshilfe am Darmstädter Hauptbahnhof. Wo andere Hauptbahnhöfe mit einem sachlichen "Hauptbahnhof" beschriftet werden, zieht sich dort über die ganze Vorderfront ein Zitat von Büchner: "WIR ALLE HABEN ETWAS MUT UND SEELENGRÖSSE NÖTIG."