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Die Enttäuschung im Borussia-Park nach dem Schlusspfiff des Spiels gegen Schalke war greifbar. Eine merkwürdige Leere machte sich im Gemüt der Borussen-Fans breit. Die Hoffnung auf eine weitere Spielzeit in der Euro-League war endgültig dahin, das war das Eine. Das Andere aber war ein Gefühl, ein Spiel verloren zu haben, das man nicht nur nicht hätte verlieren dürfen, sondern eben auch nicht hätte verlieren müssen. Trotz durchwachsener eigener Leistung hätte Borussia gegen Schalke 04 gewinnen müssen. Zu allem Überfluss taugen auch die Erkenntnisse aus diesem Spiel angesichts des unmittelbar bevorstehenden Saisonendes kaum noch dazu, aus ihnen irgendwelche Lehren zu ziehen.

 

Versuchen wir uns dennoch an einer Analyse. Und zwar zunächst dessen, was gut war, an jenem Freitagabend. Das Defensivverhalten war in der ersten Halbzeit exzellent, in der zweiten immer noch akzeptabel. Allein beim Gegentor ließen sich Stranzl und Marx von Julian Draxler vernaschen und Tony Jantschke war bei diesem Angriff grundfalsch postiert.

Ansonsten machte die Viererkette ihren Job meist sehr ordentlich, das Sechser-Duo Marx/Xhaka funktionierte nach hinten mehr als zufriedenstellend.

Ein Aspekt des Borussen-Spiels, der die Zuschauer nach dem Spiel bei aller Enttäuschung Milde walten ließ, war die Rückkehr sichtbarer Leidenschaft, sichtbaren Willens. Fast alle Spieler legten die viel beschriebene „Galligkeit“ an den Tag, suchten Zweikämpfe, gingen auf die zweiten Bälle. Die abwartende, passive Haltung, mit der das Team in Spielen wie gegen Greuther Fürth oder zuletzt auswärts fast immer die eigenen Fans in Wallung brachte, war gegen Schalke nicht zu sehen.

Schließlich ist zu konstatieren, dass die Umstellung auf das Offensivsystem Mlapa/Hanke der Mannschaft insgesamt zugute kommt. Die Erklärung ist schlicht: Es ist 1:1 das einstmals mit Marco Reus praktizierte System. Die Spieler wissen, was sie zu tun haben.

Trotzdem ging das Spiel verloren und so kommt man nicht umhin, zu prüfen, woran es lag. Bleiben wir zunächst in der Defensive: Mit zunehmender Spielzeit, als die Mannschaft sichtlich auf die eigene Führung drängte, schlichen sich im Aufbauspiel wieder Schlampigkeiten ein, vergaßen gerade die Offensivspieler, dass sie 90 Minuten lang auch die Aufgabe haben, des Gegners Spiel zu unterbinden. Dennoch kam Schalke kaum zu nennenswerten Torgelegenheiten, was auch der eigenen mäßigen Leistung zuzuschreiben ist.

Verloren ging das Spiel aber vielmehr vorne. Denn das Offensivspiel der Borussia war zwar bemüht, aber wenig zielführend.

Granit Xhaka wollte es sichtbar „allen zeigen“, was ihn an diesem Tag zu einem anständigen defensiven Mittelfeldspieler machte. Nach vorne suchte er ein bisschen zu oft den direkten Abschluss, wenngleich einer seiner Versuche immerhin den Torbalken touchierte. Doch auf der Leistung der letzten drei Spiele kann der Schweizer aufbauen, mit Xhaka wird auch in der kommende Spielzeit zu rechnen sein.

Entscheidender dafür, dass Borussia torlos blieb, war, dass die Außenspieler weiterhin unter ihren Möglichkeiten bleiben. Patrick Herrmann scheint den Kopf so sehr voller Ausstiegsklauseln zu haben, dass er auf dem Platz das schuldig bleibt, das eine solche erst interessant für ihn macht. Juan Arango zeigte sich im Vergleich zu den letzten Spielen verbessert, aber er ist noch lange nicht wieder in der Form, die ihn in der Hinrunde so unverzichtbar machte. Auch vor seinen sonst so gefürchteten Freistößen muss man als Borussenfan derzeit nicht in gespannter Erwartung die Luft anhalten.

Das größte Malus im Offensivspiel aber war die Leistung von Peniel Mlapa. Der spielt zwar den Reus, er ist aber keiner, nicht einmal ansatzweise. Wie schon in Wolfsburg legte der U21-Nationalspieler bemerkenswerte Mängel in Sachen Spielverständnis und Handlungsschnelligkeit an den Tag. Mlapa läuft viel, Mlapa will viel, er macht aber nahezu alles falsch. Er startet in den falschen Momenten, trennt sich wahlweise zu früh oder zu spät vom Ball, spielt ab, wenn er schießen sollte, und schießt, wenn er passen sollte. Mlapa ist ein junger Spieler, der sehr gute Anlagen mitbringt. Zum vollwertigen Bundesligaspieler fehlt ihm aber noch eine Menge. Allein seine Schnelligkeit qualifiziert ihn derzeit zum Stammspieler an der Seite von Mike Hanke.

Wenn Borussia mit dem derzeitigen Personal das „alte System“ spielen will, gibt es in der Tat wenig Alternativen im Kader, wobei Branimir Hrgota nach seiner Einwechslung deutlich klüger mitspielte. Zum Torerfolg fehlten aber auch dem jungen Schweden die Clever- und Coolness. Zu seiner größten Chance kam er gar nicht erst, weil er einen von Arango wundervoll in die Gasse gespielten Pass nicht antizipierte und stattdessen nach links weglief.

Mike Hanke spielte im Rahmen seiner Möglichkeiten und der, die ihm sein irrlichternder Sturmpartner bot, vernünftig. Die Renaissance des Ausgemusterten ist bemerkenswert. Man darf gespannt erwarten, wie und mit wem Lucien Favre in der kommenden Saison anzugreifen gedenkt. Sollte es weiterhin das jetzt praktizierte Spiel sein, womöglich dann mit Max Kruse in der Reus-Rolle, erschließt sich der Verzicht auf Hankes Dienste zunächst nicht, es sei denn, er wird höherwertig ersetzt. Womöglich aber will Lucien Favre auch den bedauernswerten Luuk de Jong zum „Neuneinhalber“ umschulen, wie er es schon mit Hanke tat – oder es steht noch ein Neuzugang ins Haus, der die Möglichkeiten im Offensivspiel entscheidend erweitert.

Und deswegen ist es fast müßig, aus dem vorletzten Heimspiel der Saison im Borussia-Park Lehren ziehen zu wollen. Die Mannschaft wird in der kommenden Saison vermutlich anders spielen und sie wird personell auf entscheidenden Positionen verändert sein. So bleibt nach dem 32. Spieltag das Gefühl, dass mit Blick auf die Tabelle zwar alles im „grünen Bereich“ ist und dem entspricht, was die Verantwortlichen vor der Saison prognostiziert haben. Es bleibt aber eben auch eine gewisse Leere, weil alle gespürt haben – und das nicht nur an diesem Freitagabend – dass ein bisschen mehr definitiv drin gewesen wäre.