Begeisternder Offensivfußball oder vogelwildes Harakiri? Die in der Vorsaison zeitweilig hochkochende Trainerdiskussion war nicht zuletzt eine Frage der bevorzugten Fußballphilosophie. Kann der von Schubert bevorzugte Angriffsstil einhergehen mit der unter Favre so viel beschworenen Kompaktheit? Die letzte Spielzeit bot dazu gemischte Erkenntnisse. Der vierte Tabellenplatz gab dem Trainer aber zunächst einmal Recht. Für die neue Saison tüftelt Schubert gerade in der Vorbereitung daran, dass sein Puzzle erneut möglichst bald aufgeht. Allzu lange sollte dies besser nicht dauern, denn die wichtigsten Spiele der Saison stehen gleich zu Beginn an, wenn sich in den beiden Play-Off-Spielen entscheidet, ob Borussia mit dem Einzug in die Champions-League die letztlich erneut hervorragende Saison 2015/16 wird krönen können.

Nichts symbolisiert die verrückte letzte Spielzeit besser als die Gegentorstatistik. Unter Lucien Favre mussten zunächst in den ersten 5 Ligaspielen 12 Gegentore geschluckt werden. Ein Graus für den Stabilitätsfanatiker und wahrscheinlich ein nicht unwesentlicher Grund für seinen vorzeitigen Abschied. André Schubert zog die richtigen Schlüsse, zog Lars Stindl in den Angriff und ließ Mo Dahoud dauerhaft neben Granit Xhaka in der Mittelfeldzentrale auflaufen. Bis zur Winterpause ließ sich der Gegentorschnitt so von zuvor 2,4 auf 1,3 pro Ligaspiel herunterfahren. Gleichzeitig führte der Schubert-Boom zu einem Offensivspektakel. Gegen Ende der Hinrunde ebbte die Hochphase aber ab und es folgte die erste schwierige Bewährungsprobe für den neuen Coach, der sich mittlerweile eine Festanstellung über (mindestens) 1 ½ Jahre verdient hatte. 21 Gegentore in den letzten 7 Pflichtspielen der Hinrunde sorgten für erste Zweifel an der langfristigen Eignung des Trainers, was sich zum Rückrundenstart fortsetzte. Negativer Höhepunkt war das 2:3 gegen den Hamburger SV am 21. Spieltag – ein Offenbarungseid für das einst so defensivstarke Team, das so langsam drohte, ins Mittelmaß der Tabelle durchgereicht zu werden.

Gerade noch rechtzeitig zog Schubert aber wieder die richtigen Schlüsse und vermittelte seiner Mannschaft, dass es ohne defensive Kompaktheit auf Dauer doch nicht geht. Zwar wurden weiterhin Personalfragen kritisiert, insbesondere der nicht immer fehlerfreie Elvedi und der abwanderungswillige Nordtveit schienen Schubert etwas sehr stark ans Herz gewachsen zu sein. Der Erfolg gab dem Trainer aber Recht. In den letzten 13 Saisonpartien mussten nur noch 12 Gegentore hingenommen werden. Ein Schnitt, wie er auch zu besten Zeiten unter Favre nur geringfügig unterschritten wurde.

Zur neuen Saison wird Schubert sich und sein Team jetzt ein weiteres Mal neu erfinden müssen. Mit Xhaka und Nordtveit sind zwei Stützen weggebrochen. Die Oldies Brouwers und Stranzl stehen für gelegentliche Einsätze endgültig nicht mehr zur Verfügung. Jannik Vestergaard, Christoph Kramer und Tobias Strobl verstärken dafür die Defensive. Offen ist zudem, welchen Beitrag die Talente wie z. B. Mamadou Doucouré oder Laszlo Benes schon in dieser Saison werden leisten können.

Im defensiven Mittelfeld wird Mo Dahoud voraussichtlich in eine offensivere Rolle rutschen als bisher, da Kramer ein defensiverer Spielertyp ist als Xhaka. Borussias neue Doppel-Sechs wird aber mit ziemlicher Sicherheit neue Laufrekorde in der Liga aufstellen, denn beide sind für ihre weiten Wege bekannt.

Auch Strobl, Christensen oder gar Jonas Hofmann sind Kandidaten für die Mittelfeldzentrale, wenngleich sie alle drei flexibel einsetzbar sind. Polyvalenz ist also auch unter Schubert weiter gefragt. Denn für die Besetzung der Dreier- oder Viererkette hat Schubert gleichfalls einige Möglichkeiten. Gerade in der Breite des Kaders zeigt sich Borussias imposante Entwicklung zu einem echten Spitzenteam. Wie offen das Rennen ist und dass jeder eine faire Chance hat, bezeugen die jüngsten Aussagen des Trainers, dass die zuletzt etwas unglücklichen Korb und Jantschke einen wichtigen Sprung nach vorne gemacht hätten. Inwieweit dies nur als Aufmunterung für die im Vorjahr zurückgefallenen Ex-Stammspieler gedacht war oder ob ihr Comeback in dieser Saison tatsächlich bevorsteht, bleibt abzuwarten.

Als Fan einer Spitzenmannschaft wird man sich daran gewöhnen müssen, dass auch liebgewonnene Leistungsträger ihren Platz in der Stammelf schnell einmal verlieren können. Genauso kann es für Spieler wie Herrmann, Jantschke oder Korb aber wieder zurück in die Startelf gehen. Namen sind letztlich sekundär. Wichtig ist, dass Schubert möglichst schnell die richtige Mischung findet, die seinen bevorzugten Offensivstil mit einer unverzichtbaren Kompaktheit in der Defensive verbindet. In der Vorsaison ist es ihm nach Amtsübernahme und nach dem HSV-Spiel zweimal gelungen, dies in einer schwierigen Situation umzusetzen, so dass ihm ein entsprechendes Vertrauen auch für die neue Spielzeit gebührt.

Etwas zu groß war das Vertrauen allerdings, dass Borussias Fans in ihre Defensive vor Beginn der letzten Saison gesteckt hatten. Nach nur 26 Gegentoren in der Saison 2014/15, glaubte ein Großteil der Teilnehmer der Borussen-Umfrage 15/16, dass es dieses Jahr zwischen 24 und 32 werden würden. Nur drei Teilnehmer hingegen sahen mehr als 47 Gegentore als realistisch an. Mit berti1971 befand sich ein einziger im korrekten Bereich von 48-50.

Wie stabil wird sich Borussias Defensive präsentieren und wie viele Gegentore wird Borussia in der Bundesliga kassieren?

Eure Antworten vor Beginn der Saison 2015/16 im Überblick:

27-29 Gegentore (23,59%)

30-32 Gegentore (22,26%)

24-26 Gegentore (16,94%)

33-35 Gegentore (13,62%)

0-23 Gegentore (9,63%)

36-38 Gegentore (8,31%)

39-41 Gegentore (2,99%)

42-44 Gegentore (1,66%)

Je eine Stimme (0,33 %) entfiel auf 48-50, 54-56 sowie 57-59 Gegentore.


Eure besten Antworten im Überblick:

Top 1: berti1971:48-50 Gegentore“

Top 2: Vengo: „42-44. Unsere neue Abwehr muss sich finden, daher fangen wir uns mehr als letzte Saison ein.“

Top 3: fohlen64: „Stranzl wird nicht wieder an der Super-Hinrunde anknüpfen können, dazu fehlt Abräumer Kramer, sodass die Stabilität nicht so gelingt wie zuletzt. 44 Gegentreffer werden ein Beleg zunehmender Abwehrdefizite.“

cantforgetvladIvanov: „57-59. Einfach keine Ruhe reinzukriegen ins Spiel, und schon die deftige Niederlage im ersten Spiel gegen die falsche Borussia, die uns durch Reus leider so richtig eins eintucheln, bewirkt ein negatives Fahrwasser, aus dem der Defensivverbund nicht rauskommt.“

McMayer: „36-38. Stranzl wird verletzungsbedingt viel fehlen und die Abwehr darunter zunaechst leiden, sich durch einen starken Christensen dann aber fangen und mit 36 Gegentoren eine akzeptable Bilanz einfahren.“

Trust_in_Favre: „30-32. Es werden ein paar Gegentore mehr fallen in der Hinrunde weil BMG einen kleinen Stotterstart hinlegen wird.“

;-):  „30-32. Eine erstaunliche Konteranfälligkeit zu Beginn der Saison, beschert uns eine etwas schlechtere Bilanz als in der letzten Saison.“

 

Eure weniger guten Antworten im Überblick:

Flop 1: Hagosan28: „15 ... Neuer Rekord !“

Flop 2: RauteimHerzen: „Unsere Defensive steht stabil wie gewohnt und wird mit 19 Gegentreffern unter der 20-Tore-Marke bleiben. Insbesondere die Hinrunde wird mit nur 8 Gegentreffern besonders erfolgreich in dieser Hinsicht.“

Flop 3: Schildkröti: „0-23.Das System bleibt weiter stabil. Die Gegner werden aber mehr Respekt haben und daher vorsichtiger agieren. So werden es noch ein paar Tore weniger. Und gegen Augsburg spielen wir am letzten Spieltag auch nicht.“

rainer71: „Unter Favre ist die Abwehr immer stabil :-) Max. 23 Gegentore.“

Barne: „24-26.Wir werden die stabilste Abwehr der Liga haben.“

Schmakinho: 27-29 „Stabil, stabiler, Borussia!! Defensive Stabilität ist für Favre so wichtig wie für die Griechen die Euro-Euros!“


Eure kreativsten Antworten im Überblick:

klingone67: „27-29. Ein Schnitt von 0,8 Gegentoren pro Spiel ergibt 27,2 Gegentore. Das muss einfach reichen, ich bin nicht bereit, mehr dieser widerlichen Störungen zu ertragen.“

Fohlenelf: „0-23. Wenn wir Meister werden wollen, muss die Null stehen.“

ebbe: „wenn der stranzler min 60% der BL-Spiele bestreitet werdens 30. wenn nicht, 31 *g*.“