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Telekom-Cup, Uli-Hoeneß-Cup, Supercup, Audi-Cup. Die Zahl zu vergebener Titel in der Saison-Vorbereitung ist ebenso inflationär wie albern. Wo man sich früher vereinzelt über den Bregenz-Cup belustigte, lauert heute hinter jedem noch so belanglosen Testspiel ein so genannter "Cup", der dem Brimbamborium eine zwar völlig unangemessene, aber immerhin überhaupt irgendeine Bedeutung verleihen soll. Nicht ganz überraschend springen auch die Medien auf diesen Zug des Irrsinns auf und berichten allen Ernstes, Bayerns neuer Trainer habe bereits in der Vorbereitung eine Art Triple durch drei gewonnene Pokale erzielt.

Spätestens mit dem deutsch-deutschen Champions League Finale hat sich die öffentliche Aufmerksamkeit endgültig in die höchst einseitige Richtung verschoben, jede noch so geringfügige Meldung aus dem Umfeld des FC Bayern zu vermelden. Welche Folgen dies für den deutschen Fußball hat, werden die nächsten Jahre zeigen. Dass schon die Gegenwart nicht so rosarot aussieht, wie es einige gerne hätten, zeigen die dürftigen Ergebnisse deutscher Mannschaften in der Europa League. Am Beispiel der Borussia wird aber auch klar, dass die sich anbahnenden "spanischen Verhältnisse" genau solch ein Missverhältnis zwischen dünner Spitze und breitem Mittelmaß in der Liga geradezu herausfordern. Hatten doch die drei Topklubs des Landes vor Saisonbeginn die drei wichtigsten Spieler aus Gladbach verpflichtet. Ein legitimer Vorgang im Profisport, den man zu akzeptieren hat, solange man sich nicht am oberen Ende der Nahrungskette befindet. Nur klingt es vor diesem Hintergrund wie Hohn, wenn Bayern-Präsident Karl-Heinz Rummenigge arrogant einfordert, zukünftig sollten doch gefälligst auch die deutschen Teams in der Europa League bessere Ergebnisse abliefern.

Ebenso widersinnig sind die stetig wiederkehrenden Vorwürfe aus dem Land der Bajuwaren, all jene die auf die Gefahren der Entwicklung in der Liga hinweisen, wollten damit lediglich eine Neiddebatte auslösen. Wenn das Streben nach gesundem Wettbewerb automatisch Neid darstellt, dann haben die Herren Sammer, Rummenigge und Co. die Grundprinzipien einer sozialen Marktwirtschaft leider nicht durchdrungen.

Die Diskussion über spanische oder gar schottische Verhältnisse, wie von den Zweckpessimisten des BVB befürchtet, wird in der anstehenden Saison anhalten. Borussia könnte hierzu einen ganz wesentlichen Beitrag leisten, wenn es ihr gelänge, den großen Favoriten im ersten ernsthaften Pflichtspiel des neuen Coaches genauso zu ärgern, wie bei ihren letzten beiden Gastauftritten in den vergangenen beiden Spieljahren. Das 60minütige Testspiel im Rahmen des Telekom-Cups deutete aber bereits an, dass dies keine so leichte Aufgabe werden wird.

Der Kader des FC Bayern, der vor dieser Saison mit Götze, Kirchhoff und Thiago noch einmal signifikant verstärkt wurde, verfügt mittlerweile über mehr als zwei komplette Mannschaften auf internationalem Topniveau. Soll heißen: Selbst die Reserve des FCB würde in der Bundesliga keine größeren Probleme haben, einen sicheren Champions League Platz einzunehmen. Diese gewaltige Auswahl könnte gerade in der Saisonstartphase ein kleines Problem darstellen, solange Pep Guardiola noch auf der Suche nach der idealen Spielform seiner Mannschaft ist. Das Supercup-Spiel hat gezeigt, dass allzu gewagte Experimente gegen stärkere Gegner nach hinten losgehen können. Die Frage verbleibt bloß, wie viele Gegner national stark genug sind, um diesen FC Bayern selbst an einem schwachen Tag ernsthaft in Bedrängnis bringen zu können.

Die aktuelle Euphorieblase bietet aber weitere Gefahren. Pep Guardiola wird von den Medien derart in den Himmel gehoben, dass die Fallhöhe nicht zu unterschätzen ist. Wie schnell sich der Wind drehen kann, hat zuletzt ein Louis van Gaal festgestellt, der 2011 noch als der perfekte Übertrainer galt, um nur wenige Monate später zum überheblichen Volltrottel abgestempelt zu werden. Ähnlich erging es einst z. B. Otto Rehhagel, Jürgen Klinsmann oder Giovanni Trapattoni. Das Erbe, das Jupp Heynckes hinterlassen hat, ist so gewaltig, dass selbst ein Guardiola sich schwer tun wird, es angemessen fortzusetzen. Das Double aus Meisterschaft und Pokal wird ohnehin als selbstverständlich vorausgesetzt. In der Champions League ist nach drei Finaleinzügen aus den letzten vier Jahren wenig Spielraum für Steigerungen.

Die Planungen des Spaniers sehen daher vor, seiner so erfolgreichen neuen Mannschaften durch die ihn auszeichnende Spielweise seinen Stempel aufzudrücken. Zwar beteuerten die Verantwortlichen immer wieder, dass sich der neue Trainer an den Verein und das vorhandene Spielermaterial anpassen werde. Die Experimente in den bisherigen Testspielen sprechen aber eine andere Sprache. Thomas Müller als zentrale Spitze aufzubieten und damit auf einen klassischen 9er zu verzichten. Martinez als spielstarken Innenverteidiger und spielintelligente Leute wie Thiago oder Lahm auf der 6 auszuprobieren. Dies alles erinnert doch sehr an den FC Barcelona und an Guardiolas Vorstellungen vom idealen Fußball. Wer weiß, wie sehr auch Lucien Favre dieser Spielphilosophie verfallen ist, sollte ein umso schärferes Auge darauf richten, wie erfolgreich diese Versuche beim FC Bayern verlaufen werden.

Gerade der Transfer von Thiago kann im weiteren Saisonverlauf noch zu interessanten Diskussionen führen. Der Spanier ist zweifelsohne ein begnadeter Fußballer mit hervorragenden Anlagen. Seine Fehlpassquote ist für einen Spieler auf diesem hohen Niveau aber ebenso beachtlich, was sich die Mannschaft in bedeutenden Spielen kaum wird leisten können. Nicht ohne Grund kam er bislang in Barcelona nicht über den Status eines Edelreservisten hinaus. Es wird spannend zu beobachten sein, wie Stars der Kategorie Schweinsteiger, Kroos oder Martinez reagieren, wenn ihnen der junge Spanier auf der Königsposition im zentralen Mittelfeld dauerhaft vorgezogen wird und der Trainerliebling dort dann entscheidend patzt.

Bei Mario Mandzukic wetzt der Boulevard jetzt bereits die Messer. Denn obwohl mit Mario Gomez der bislang größte Konkurrent gewechselt und Robert Lewandowski nicht hinzugekommen ist, könnte Bayerns zuletzt bester Torschütze einen Großteil seiner Zeit auf der Bank verbringen. Thomas Müller und Mario Götze bieten sich gleich beide an, eine rein spielerische Offensive in vorderster Front anzuführen. Beim FC Barcelona gelingt dies aufgrund der Weltklasse eines Lionel Messi. Fraglich aber, ob sich der FC Bayern einen Gefallen tut, auf einen Torjäger wie Mandzukic zu verzichten. Die letzten Testspiele gegen Sao Paolo oder Manchester City deuteten an, dass sich so zwar durchaus eine Vielzahl hochkarätiger Chancen kreieren lässt, die aber dann nicht zwangsläufig alle genutzt werden.

In den allermeisten Partien wird die überragende Klasse der Spieler ausreichen, damit es auf nationaler Ebene - unabhängig von der jeweiligen Aufstellung - zu einem Sieg reicht. Viele Niederlagen der Bayern werden die Fußball-Fans daher auch in dieser Saison kaum miterleben können. Ob es noch einmal eine Steigerung zu den zuletzt 91 Punkten geben kann, mag bezweifelt werden.  Es kann aber nicht ignoriert werden, dass die Abstände von Rang 1 auf 3 in den letzten beiden Jahren mit 17 bzw. 26 besorgniserregend hoch ausgefallen sind und auch in diesem Jahr nur der BVB überhaupt eine realistische Chance besitzt, dem Triple-Sieger Paroli zu bieten.