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Die zweite Woche des Seitenwahl-Bundesligachecks startet mit den einstmals größten Verfolgern des FC Bayern München, die in der letzten Saison die internationalen Ligaränge verfehlten. Während der FC Schalke 04 und Werder Bremen auf ein verlorenes Jahr zurückblicken, das man auf unterschiedliche Weise vergessen lassen möchte, ist man in Dortmund froh, wieder etwas mehr Anschluss an die Spitzengruppe gefunden zu haben.


Borussia Dortmund
 

Was war das am 23. Mai für ein Ende einer ansonsten allzu tristen Borussen-Saison! Die Erleichterung über den gesicherten Klassenerhalt mischte sich mit einer gewissen Häme über das Last-Minute-Aus der Dortmunder im Kampf um Europa. „Lieber Hamburg als der BVB“ schallte es den Gästen im Borussia-Park schadenfroh entgegen, die wie so oft in den vergangenen Jahren ein entscheidendes Spiel nicht gewinnen konnten. Kein Wunder eigentlich bei einem Trainer wie Jürgen Klopp, der schon in seinen Mainzer Jahren das tragische Scheitern perfektioniert hatte. Trotzdem ist es eben jener Klopp, der den BVB-Fans Hoffnung zurückgegeben hat. Der letzten Meisterschaft von 2002 war der finanzielle Kollaps und in den beiden vorherigen Spielzeiten der sportliche Absturz gefolgt. Dieser Negativtrend konnte gestoppt werden. Teilweise bekamen die Fans in der Südkurve des Signal-Iduna-Parks sogar wieder sehenswerten Fußball zu sehen sowie eine Mannschaft mit einem gewissen Identifikationspotential.  

Nach dem beeindruckenden Schlussspurt mit zwischenzeitlich sieben Siegen in Folge herrscht vor der neuen Spielzeit eine sehr positive Grundstimmung, wenngleich man im Verein nicht müde wird, auf die weiter angespannte Kassenlage und die (finanz-)stärkere Konkurrenz zu verweisen, die eine Forderung nach internationalen Plätzen angeblich utopisch erscheinen lässt. So viel Understatement war man von den einst so großspurig auftretenden Dortmundern nicht immer gewohnt. Nicht wenige Experten schätzen ihre Aussichten aber angesichts der positiven Ansätze der letzten Spiele sowie dem erstaunlich jungen und talentierten Kader weit positiver ein. 

Ge
rade in der Defensive wurde die einst verspottete Opa-Abwehr durch junges Blut ersetzt und gleichzeitig die Zahl der Gegentore von vormals 62 auf 37 reduziert. Neven Subotic gilt nicht nur wegen seiner 6 Saisontore als einer der begehrtesten Innenverteidiger der Liga. Mats Hummels wusste so sehr zu überzeugen, dass er vom FC Bayern für über 4 Mio. Euro abgelöst wurde. Trotz dieser immensen Summe wird er es schwer haben, einen Stammplatz zu ergattern, da sich Felipe Santana nach Startschwierigkeiten in der Rückrunde enorm steigerte.  

Probleme bereitet da eher die Verletzungsanfälligkeit von eigentlich unverzichtbaren Stammspielern wie Kehl, Owomoyela und Dede. Während der defensive Mittelfeldstratege aktuell z. B. Probleme mit den Adduktoren hat, wurde dem Brasilianer in einem Testspiel von Sebastian Schachten der Kiefer gebrochen. Daher legte der Verein in diesem Sommer Wert darauf, sich gezielt in der Breite zu verstärken. Mit Sven Bender kam ein U19-Europameister, der defensiv vielseitig verwendbar ist. Kevin Großkreutz kehrte etwas überraschend aus Ahlen zurück und zeigte in der Vorbereitung mit überzeugenden Vorstellungen, wie schnell er sich bei seinem Lieblingsverein eingewöhnen kann. Markus Feulner ist nach Subotic der nächste Topspieler, der Mainz für seinen ehemaligen Coach den Rücken kehrt. Auch wenn dies für den Aufsteiger eine größere Schwächung bedeutet als es den BVB stärkt, bietet der vielleicht beste Zweitliga-Mittelfeldspieler der Vorsaison eine Option für den etwas unkonstant spielenden Thomas Hajnal.  

Die interessantesten Veränderungen ergaben sich aber im Sturm, wo der auch mit Mönchengladbach in Verbindung gebrachte Dimitar Rangelov anheuerte, der zuletzt in Cottbus mehr Tore (9) erzielte als seine Dortmunder Konkurrenten Valdez und Zidan (je 7). Einen lauten Aufschrei bei den Fans verursachte hingegen der Abgang von Publikumsliebling Alexander Frei in Richtung Basel. Seine Wertschätzung bei Jürgen Klopp war trotz seiner 34 Tore in 74 Spielen nicht ausgeprägt genug, um ihm einen Verbleib schmackhaft zu machen. Für ihn wurde mit dem 24jährigen Argentinier Lucas Barrios ein bemerkenswerter Ersatz gefunden. Die Erwartungshaltung ist enorm, darf er sich doch mit dem Titel „weltbester Erstliga-Torschütze“ schmücken, den er sich 2008 durch weltweit unerreichte 37 Tore in 38 Einsätzen für den Club Social y Deportivo Colo-Colo in Santiago de Chile verdiente. Wie sehr sich diese beeindruckende Leistung aus einer eher zweitklassigen Liga auf das deutsche Niveau übertragen lässt, wird bei Barrios ähnlich spannend zu beobachten sein wie bei unserem Raul Bobadilla.  

Insgesamt ist der BVB sehr solide und ausgeglichen aufgestellt und hat allen Grund, zuversichtlich in die neue Saison zu starten. Wenn es gelingt, die Flut an Unentschieden aus der Vorsaison zu vermeiden, dann besitzt der BVB allen Beschwichtigungen zum Trotz ordentliche Aussichten für eine Rückkehr aufs internationale Parkett. Einziger Knackpunkt hierbei werden die nicht minder starken Konkurrenten sein, von denen zwei höchst ambitionierte im Folgenden betrachtet werden.  


FC Schalke 04 

Damit kommen wir direkt zu den befreundeten Reviernachbarn aus Gelsenkirchen, die im Vorjahr zum größten Verlierer des Jahres mutierten. Mit Fred Rutten gelang es tatsächlich, einen noch farbloseren Trainer unter Vertrag zu nehmen als es zuvor Mirko Slomka gewesen war. Um ein weiteres Fiasko auf dieser Position zu umgehen, erklärte Präsident Schnusenberg die Trainersuche zur Chefsache und nach einigen peinlichen Absagen so ziemlich jedes denkbaren Kandidaten zauberte man einen echten Paukenschlag aus dem Hut. Ausgerechnet Meistertrainer Felix Magath erklärte sich bereit, das gemachte VW-Nest zu verlassen und ins weit unbequemere und riskantere Projekt Schalke einzusteigen. So schön es zu hören ist, dass es noch Menschen in diesem Geschäft gibt, für die zum echten Fussball echte Fans gehören. War es wirklich klug von Magath, ausgerechnet zu den chronisch finanzklammen Schalkern zu wechseln, die durch eine zuletzt arg fragwürdige Personalpolitik über etliche sportliche Baustellen verfügen?  

Immerhin hat er sich bei seinem neuen Verein in eine Position gebracht, in der er mit allumfassender Macht ausgestattet wurde. Die Schalker legten ihr Schicksal nach 51 Jahren ohne Meisterschaft voll in die Hände des Startrainers. Eine offensichtliche Verzweiflungstat des Vereins, wenngleich eine nicht wenig erfolgversprechende, wenn man sich die Vita des vermeintlichen Schleifers mit 3 Meisterschaften aus den letzten 5 Jahren anschaut. Magaths entsprechendes Gehalt zehrte allerdings auch die letzten Finanzreserven des Vereins auf, was die eingeschränkten Transferaktivitäten erklärt.  

Teuerster Neuzugang ist Ex-Borusse Lewis Holtby, der mit 17 nach Aachen wechselte und dort im Vorjahr den Durchbruch in Liga 2 schaffte. Er soll gemeinsam mit dem Tschechen Jan Moravek mithelfen, das Vakuum im offensiven Mittelfeld zu schließen, wo sich zuletzt Ivan Rakitic mehr schlecht als recht mühte. Die hier fehlende Kreativität, die einen zentralen Bruch in der Kette zwischen Defensive und Offensive verursachte, wurde von Rutten durch tölpelhafte Aufstellungen mit wahlweise 2-4 defensiven Mittelfeldspielern kompensiert. Dies führte dazu, dass zeitweise ein gebürtiger Abwehrspieler wie Heiko Westermann zum offensivstärksten Akteur mutierte und der technisch allzu beschränkte Kuranyi genau wie seine Offensivkollegen regelmäßig in der Luft hing.  

Den fragwürdigen Künsten jenes im Sturmzentrum konkurrenzlosen Kevin Kuranyi ist man seit Jahren auf Gedeih und Verderb ausgesetzt. Mit Jefferson Farfan wurde im Vorjahr zwar eine teure Alternative verpflichtet, die aber lieber über die Außen kommt und dort nie über zweifelsohne brilliante Ansätze hinausgekommen ist. Allzu gerne hätte sich Magath wohl schon in dieser Saison eine Verstärkung in diesem Bereich herbeigesehnt. Hierzu fehlte aber schlichtweg das Geld, das man einzig durch einen Verkauf von Keeper Manuel Neuer hätte einnehmen können. Nach dessen Auftritten bei der U21-EM wollten die Bayern liebend gerne 20 Millionen Euro überweisen, um das Problem Rensing ein für alle mal zu beseitigen. Doch der Identifikationsfaktor, für den Neuer als waschechter Schalker steht, wird von Magath höher gewichtet als etwaige Notwendigkeiten in der Offensive.  

So wird man auch in der kommenden Saison auf Schalke vornehmlich von der besten Defensive des Landes schwärmen und über den Rest den Mantel eines allerhöchstens gequälten Kuranyi-Lispelns hüllen. Wenn man sieht, dass selbst ein Marcelo Bordon, der noch vor Jahresfrist als vermeintlich bester Innenverteidiger der Liga galt, seinen Stammplatz eingebüßt hat, dann kann man die dortige Qualität ebenso absehen wie an der unerreichten Anzahl von nur 35 Gegentoren. Wenn einige Experten die Knappen als Anwärter für das internationale Geschäft sehen, so erklärt sich dies allein durch jene hervorragende Defensive; noch viel mehr aber durch das Vertrauen in die Fähigkeiten des Erfolgstrainers Wolfgang Magath.   


SV Werder Bremen 

Im Mai 1999 war es eben jener Schalke-Coach, der drei Spieltage vor dem Ende auf Platz 15 liegend den SV Werder Bremen verließ und einem gewissen Thomas Schaaf das Feld überließ. Inzwischen sind 10 Jahre vergangen und während Magath in der Zwischenzeit vier erfolgreiche Stationen hinter sich gelassen hat, heißt der Coach bei Werder immer noch Thomas Schaaf. Daran änderte auch seine bislang schwächste Saison nichts, in der nur ein enttäuschender 10. Platz heraussprang. Neben Arminia Bielefeld war man zudem der einzige Verein, der gegen unsere Borussia einen einzigen Punkt erzielen konnte.  

Das Erreichen des UEFA-Cup-Finales und der Gewinn des DFB-Pokal verbunden mit der jeweiligen Demütigung des Erzfeindes aus Hamburg trösteten über dies ein wenig hinweg. Dennoch war die Befürchtung in den letzten Jahren selten so groß, die lange gepflegte Rolle als Bayern-Jäger Nr.1 an andere Mannschaften abtreten zu müssen. Jahrelang konnte man die Abgänge prominenter Spieler durch geniale Transfers kompensieren. Doch die bemerkenswerten Scouting-Erfolge fielen in der jüngsten Vergangenheit seltener aus.  

Zur neuen Saison ist der Abgang von Superstar Diego nach Turin zu verkraften, was man u. a. mit einem gewissen Marko Marin zu lösen versucht. Ob der defensiv noch verbesserungsfähige Zauberzwerg aber schon jetzt soweit ist, die hohen Erwartungen an einen 8,5 Mio. Neuzugang zu erfüllen und ob er durch die defensiv mäßigen Außenverteidiger Fritz, Pasanen oder Boenisch ausreichend gut abgesichert werden kann? Bei der U21-EM stand er jedenfalls schon einmal im Schatten eines zukünftigen Teamkollegen. Mesut Özil zeigte ihm dort eindrucksvoll auf, dass er ihm in der Entwicklung bereits einen Schritt voraus ist. Der Ex-Schalker ist zugleich der andere Hoffnungsträger, auf dessen Schultern das Diego-Erbe abgeladen werden soll.  

Um den beiden Youngstern ein wenig Druck zu nehmen, einigte man sich mit dem FC Bayern München auf eine Rückkehr des dort als wenig hilfreich angesehnen Tim Borowski. Seine beste Zeit, die ihm damals auch eine WM-Nominierung einbrachte, liegt inzwischen bereits 3 Jahre zurück. Seit dem Sommermärchen 2006 blieb er u.a. durch zahlreiche Verletzungen weit hinter den Erwartungen zurück.  

Sorgen bereitet der Sturm, wo im Vorjahr einzig Claudio Pizarro als feste Größe angesehen werden konnte. Markus Rosenberg spielte eine bescheidene Runde und wurde von Hugo Almeida verdrängt, wofür der Portugiese wiederum nicht einmal überragen brauchte. So bemüht sich Klaus Allofs weiter darum, Pizarro zu einem akzeptablen Preis von Chelsea loszueisen. Gut möglich, dass es wie im Vorjahr zu einem Last-Minute-Transfer kommt, der sich gerne bis zu einem Termin nach dem 16.8. hinziehen darf. Kommt es zu überhaupt keiner Einigung, so wird Schaaf auf die Fähigkeiten des dann einzigen Neuzugangs im Sturm vertrauen müssen. Der 22jährige Bolivianer Marcelo Moreno galt einst in Südamerika als Riesen-Talent, machte aber im Vorjahr bei Schachtar Donezk dem Titel dieses heutigen Bundesligachecks alle Ehre.  

Werder Bremen ist allein schon durch seine (jüngere) Historie ein ebenso logischer Anwärter auf die internationalen Plätze wie die beiden Ruhrgebietsvereine mit ihrem gewaltigen Fanpotential. Diese etablierten Vereine stehen jedoch allesamt vor der schwierigen Situation, von Vereinen herausgefordert zu werden, die von spendablen Gönnern unterstützt werden und sich dadurch erhebliche Wettbewerbsvorteile verschaffen. Wo Felix Magath in den letzten beiden Jahren von VW 60 Mio. Euro für Neuzugänge geschenkt bekam, muss er sich heuer seinen Etat um 8 Mio. Euro kürzen lassen. Ein erneutes Scheitern der drei Klubs in der kommenden Saison könnte die Kräfteverhältnisse im deutschen Fussball endgültig in eine andere Richtung verlagern, wie auch immer man dies als objektiver Beobachter bewerten möchte. 


Seitenwahl-Prognose: 

Michael Heinen: Dortmund 6-8, Schalke 4-6, Bremen 3-5

Christoph Clausen: Dortmund: 6-10, Schalke: 3-6, Bremen: 3-6.
Christian Spoo: Dortmund 4-8, Schalke 5-8, Bremen 3-6

Mike Lukanz: Dortmund 6-8, Schalke 3-6, Bremen 4-7

 

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SEITENWAHL Bundesliga-Check 2009/2010: Die Fragezeichen

SEITENWAHL Bundesliga-Check 2009/2010: Der 1. FC Köln

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