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Nachdem gestern der Süden des Landes unter die Lupe genommen wurde, werden heute die beiden in der Bundesliga verbliebenen Vereine des Ruhrgebiets betrachtet. In Gelsenkirchen und Dortmund blickt man auf eine höchst erfreuliche Vorsaison zurück, deren Erfolge man trotz finanziell wenig rosiger Lage allermindestens wiederholen möchte.

 

 


FC Schalke 04

 

In München wird man wahrscheinlich noch einige Monate lamentieren, dass in diesem Sommer unverschämterweise eine Weltmeisterschaft stattgefunden hat, zu der sich einige Nationaltrainer die Dreistigkeit erlaubten, Spieler des FC Bayern zu nominieren. Die Holländer machten sich im Reich der Bajuwaren ganz besonders beliebt, indem sie ihren Superstar Arjen Robben mit mittelalterlichen Streckmethoden fitzwangen. Während die Oranjes hierfür im Finale durch eine feldhoff-artige Abschlussschwäche ihres Heilsbringers bestraft wurden, müssen die Bayern jetzt gleich mehrere Monate auf den eigentlich unverzichtbaren Star verzichten. Was die einen ärgert, freut die Konkurrenz. Denn nur bei einer längeren Schwächeperiode des großen Titelfavoriten haben Vereine wie Schalke 04 zumindest theoretische Aussichten auf den Gewinn der Meisterschaft. Praktisch müsste hierzu noch das Naturgesetz durchbrochen werden, nach dem der FC Schalke und Bayer Leverkusen aus Prinzip niemals den Bundesliga-Titel erhalten dürfen.

 

Im Vorjahr war man mal wieder kurz davor. Doch selbst eine nahezu perfekt verlaufene Spielzeit reichte nicht, um sich gegen die Elf von Louis van Gaal durchzusetzen. Anstatt auf dieser höchst erfolgreichen Spielzeit aufzubauen und den dort eingeschlagenen Weg gezielt weiterzugehen, wählte Trainergott Felix Magath eine unkonventionelle Alternative und krempelte die Mannschaft nahezu komplett um. All diese Veränderungen verblassten aber in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit als ER vorgestellt wurde.

 

Für kurze Zeit war ich versucht, einen Saisoncheck über Schalke 04 zu präsentieren, in dem der Name von Raul Gonzales Blanco keine Erwähnung findet. Dies wäre aber in etwa so, als wolle man in einer Abhandlung über die katholische Kirche nicht auf den Papst eingehen. Seit der Transfer des 33jährigen Reservespielers von Real Madrid bekannt gegeben wurde, wird dieses Event in ganz Fußball-Deutschland hochgejubelt, als habe man den Spaniern einen unverzichtbaren Stammspieler auf dem Höhepunkt seiner Karriere abgeworben. Die Begeisterung, mit der Fußball-Deutschland sich einzureden versucht, solche Transfers wie die von van Nistelrooy oder Raul würden den Qualitätsgewinn der Bundesliga bezeugen, ist ungefähr so rational wie die Umdeutung des 3. Platzes bei einer WM zu einem faktischen Titelgewinn. Es ist diesen (einstigen) Weltklassestürmern ohne jeden Zweifel zuzutrauen, noch ein bis zwei Jahre auf hohem Bundesliga-Niveau mitzuhalten. Es darf aber nicht übersehen werden, dass sie bei ihrem Ex-Verein nicht zuletzt wegen ihres fortgeschrittenen Alters und ihrer Anfälligkeit für Verletzungen keine Rolle mehr spielten. Früher wurden Österreich und die Schweiz belächelt, wenn sie alternden Bundesliga-Stars zu einem beschaulichen Karriereausklang verhalfen. Wenn Ähnliches jetzt – auf zweifelsohne höherem Niveau – bei uns geschieht, wird dies hingegen zur Mega-Sensation hochgepusht.

 

Fernab davon steht ein Raul aber natürlich immer noch für hohe Qualität und sein Transfer kann als ein weiterer Geniestreich des Trainer-Magiers Felix Magath angesehen werden. Die Vorgabe, Kevin Kuranyi zu ersetzen, ist ihm für die kommende Spielzeit in jedem Fall zuzutrauen. Nicht zwingend von der reinen Torezahl, aber zweifelsohne wird das Offensivspiel der Schalker dank Raul besser anzusehen sein als in den vergangenen Jahren. Dies entspricht genau den Vorstellungen von Magath, der die höchst effizienten, aber langweiligen 1:0-Siege durch begeisternden Offensivfussball ersetzen möchte.

 

Ausgerechnet der Spieler, der zuletzt noch am ehesten diesen Ansprüchen gerecht wurde, könnte ein Opfer des angestrebten neuen Systems mit zwei echten Stürmern werden. Denn Jefferson Farfan ist ein klassischer Außenstürmer, für den beim neuen FC Schalke kein Platz zu sein scheint. Bessere Chancen darf sich hingegen ausgerechnet Edu machen. Jener Edu, der in Bochum sowie in Mainz gescheitert war und nach Südkorea abgeschoben wurde. Wenn ein Bundesliga-Scout seinem Manager einen solchen Spieler vorschlagen würde, dürfte er wohl fortan für die verbleibende Vertragslaufzeit nur noch maximal viertklassige Partien (also alles von der Regionalliga abwärts oder aber Spiele des 1.FC Köln) sichten. Felix Magath holte ihn im vergangenen Winter im Rahmen seiner reichlich skurrilen Einkaufstour dennoch und hat diesen Schritt bis heute nicht bereut. Ein weiteres Exempel für die unglaubliche Fähigkeit des Erfolgscoaches, selbst aus Schalke Gold zu machen.

 

Doch bei allen bisherigen Erfolgen geht der Meistertrainer ein hohes Risiko. Das bisherige System mit seiner starken Defensive legte immerhin den Grundstein zum sensationellen 2. Platz der Vorsaison. Mit Bordon, Westermann, Rafinha sowie Kuranyi haben die vier konstantesten Leistungsträger der vergangenen Jahre den Verein verlassen. Ob dieser Qualitätsverlust durch die hierzu teilweise noch zu verpflichtenden Neuzugänge aufgefangen werden kann? Ein Christoph Metzelder z. B. war schon zu Dortmunder Zeiten nicht immer unumstritten. Nach drei Jahren ohne Spielpraxis wird von ihm jetzt verlangt, ein Top-Innenverteidiger und Führungsspieler zugleich zu sein.

 

Eine Prognose zur neuen Spielzeit fällt angesichts der Runderneuerung schwer. Zumal der Verein von Real Madrid offensichtlich nicht nur aussortierte Spieler übernimmt, sondern auch die Grundhaltung, Schulden nur im äußersten Notfall zurückzahlen zu wollen. Knappe 30 Millionen Euro werden für weitere Einkäufe zur Verfügung gestellt, wodurch insbesondere die Kreativität im offensiven Mittelfeld gesteigert werden soll. Setzt man auf den kombinierten Raul-Magath-Faktor, so muss man die Schalker erneut als einen der schärfsten Konkurrenten für den FC Bayern erwarten. Rational betrachtet werden die Abgänge in der Defensive aber schwer wiegen, so dass man froh sein kann, erneut um die Champions-League-Plätze mitspielen zu dürfen. Mit einem anderen Trainer würde der bestehende Kader ohnehin maximal als Kandidat für die Europaliga durchgehen.

 

Borussia Dortmund

 

Mit den Erzrivalen aus Schalke mindestens auf Augenhöhe zu gelangen, dürfte das heimliche Saisonziel des BV 09 aus Dortmund sein. In der vorigen Rückrunde sah es für kurze Zeit aus, als sei dies vielleicht sogar schon gelungen. Am Ende musste man sich aber mit einem 5. Platz begnügen, was aber immer noch als großer Erfolg gewertet wurde. Immerhin war dies die beste Platzierung seit 2003, so dass im Signal-Iduna-Park erstmalig internationale Pflichtspiele des BVB stattfinden werden. Beginnen werden diese noch im August mit dem Gastspiel des FK Agdam Qarabaq. Der dritte der Unibank Premyer Liqasi in Aserbaidschan sollte selbst für die von einer notorischen Finalphobie geplagten Westfalen keine allzu große Hürde auf dem Weg in die Gruppenphase der Europaliga darstellen.

 

Die brenzlige Phase, in die man sich durch etliche Lizenzbetrügereien hineinmanövriert hatte und die zwischenzeitlich gar die Existenz des Vereins in Gefahr brachte, scheint endgültig überstanden. Die Perspektiven sind gut angesichts einer sehr jungen, entwicklungsfähigen Mannschaft und eines zur Region passenden Trainers. Finanziell hinkt man den Konkurrenten um die internationalen Bundesligaplätze zwar noch etwas hinterher. Mit Robert Lewandowksi konnte man aber immerhin einen 5-Millionen-Einkauf tätigen, auf den einige Vereine neidisch blicken. Der 21jährige Torschützenkönig der polnischen Liga gilt als größtes Offensivtalent seines Landes. Kann er in Deutschland an seine Torgefährlichkeit anknüpfen, so könnte er mit Lucas Barrios eines der besten Sturmduos der Liga stellen.

 

Jener Argentinier war mit 19 Ligatoren die große Entdeckung der Vorsaison, was ihm im April die paraguayische Staatsbürgerschaft und damit verbunden den Platz im WM-Angriff neben Nelson Valdez einbrachte. In Dortmund sonnte man sich diesen Sommer dann auch nicht ohne Stolz in den Erfolgen des WM-Viertelfinalisten, obwohl diese nicht unbedingt durch überragende Sturmleistungen zustande kamen. Valdez und Barrios blieben beide ohne Torerfolg und lieferten eher durchwachsene Leistungen ab. KgaA-Geschäftsführer Watzke träumte dennoch davon, Nelson Valdez sei ihm Spiel gegen Spanien „der beste Mann auf dem Platz“ gewesen. „Ein solcher Mann“, so schlussfolgerte er, „müsse doch eigentlich sogar noch weit mehr als die geforderten 5 Millionen Euro wert sein.“ Die Antwort auf die Frage, warum man selbst aber „einen solchen Mann“ so dringend und unbedingt loswerden möchte und ihn wie Sauerbier in ganz Europa anbietet, konnte ihm nicht entlockt werden. Aktuell sieht es so aus, als solle der paraguayische Karim-Matmour-Klon für ca. 4 Millionen Euro zu Hercules Alicante in die spanische Liga wechseln.

 

Offensiv ist der BVB mit Barrios und Lewandowski sowie mit Neu-Nationalspieler Großkreutz ordentlich aufgestellt. Dahinter verfügt man mit Sahin, Blaszczykowski sowie dem japanischen Neuzugang Kagawa über einige brauchbare Optionen. Als Prunkstück gilt aber die Defensive, wo vor zwei Jahren die "Opa-Abwehr" (Kovac/Wörns) durch eine "Bubi-Verteidigung" (Hummels/Subotic) abgelöst wurde, was die Zahl der Gegentore nahezu halbierte. Im defensiven Mittelfeld hofft man auf ein Comeback des zuletzt dauerverletzten Sebastian Kehl oder aber auf den endgültigen Durchbruch des ehemaligen Löwen-Talents Sven Bender.

 

Insgesamt besticht der BVB durch einen ausgeglichenen, vernünftig zusammengestellten Kader, der sich hinter den meisten anderen Teams im oberen Tabellendrittel nicht zu verstecken braucht. Sofern es der jungen Mannschaft gelingt, die Dreifachbelastung durch ihre internationalen Auftritte wegzustecken, so erscheint es trotz der großen Konkurrenz möglich, sich wieder in den oberen Regionen festzusetzen. Mit etwas Glück ist ebenfalls nicht auszuschließen, die Saison sogar vor dem FC Schalke 04 abzuschließen.