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Max Eberl äußerte vor wenigen Wochen die Hoffnung, in dieser Saison das Borussen-Triple zu realisieren, nämlich drei Jahre in Folge einen einstelligen Tabellenplatz zu erzielen. Betrachtet man die jüngere Vergangenheit des Vereins, so wäre dies zweifelsohne ein Meilenstein, der aber bei einer Wiederholung des Vorjahresergebnisses nur von den wenigsten als ein solcher identifiziert würde. Die Chance auf ein kleines Triple bietet sich der Elf von Lucien Favre bereits an diesem Freitag. Wenn Borussia tatsächlich beim großen FC Bayern besteht, so wäre dies dort die dritte Auswärtspartie ohne Niederlage in Folge. Eine Mini-Serie, wie sie die Gladbacher in ihrer gesamten Bundesligahistorie noch nie bewerkstelligen konnten. Überhaupt ist die Bundesliga-Statistik beim großen Erzrivalen der 70er Jahre ziemlich mau. Von 45 Partien konnte Borussia nur zwei siegreich gestalten. Zehnmal langte es immerhin noch zu einem Punktgewinn.

Es gibt nicht viel, was für einen ähnlich erfolgreichen Saisonstart wie in den vergangenen beiden Jahren spricht, als Gladbach Hoffenheim sowie die Bayern jeweils besiegte. Am ehesten dürfen noch Hoffnungen in Lucien Favre gesetzt werden, dem es gegen starke Gegner oftmals gelungen ist, taktische Meisterleistungen abzuliefern und der Pep Guardiola und dessen Art Fußball spielen zu lassen, so gut kennt wie kaum ein anderer Fußball-Experte. Die Frage wird nur sein, ob es aktuell überhaupt ein Gegengift gegen die überragende Klasse des Rekordmeisters geben kann.

FC Bayern München

Ähnlich wie Lucien Favre auf der Gegenseite hat Pep Guardiola die Fußballwelt zuletzt mit seinen überraschenden Aufstellungen verwirrt. Daher weiß niemand so recht, welche Vorstellungen der neue Super-Coach zum Saisonstart umsetzen wird. In den letzten Testspielen deutete sich eine gewisse Richtung an, die er dann beim Pokal in Rehden gleich mal wieder verließ. Trotzdem weist vieles darauf hin, dass Guardiola - ebenso wie sein Gegenüber auf der Borussen-Trainerbank - ein System ohne echten Stoßstürmer präferiert. Mario Mandzukic wäre in einem solchen nur noch Edeljoker und Thomas Müller dürfte sich in vorderster Front ausleben. Gegen Borussia könnte sich Guardiola aber wie schon in Rehden erneut für den Kroaten entscheiden.

Fernab ihres besten Torschützen tummeln sich in der Bayern-Offensive mit Robben, Ribery, Kroos, Müller und Schweinsteiger eine Vielzahl brandgefährlicher Akteure, so dass die Gladbacher Defensive alle Hände voll zu tun haben wird, ihren Keeper weniger stark beansprucht zu sehen als beim Abschlussspiel der Vorsaison oder zuletzt im Telekom-Cup.

Unabhängig von der letztlich gewählten Aufstellung auf beiden Seiten wird es einer gehörigen Steigerung der Gladbacher Stabilität bedürfen, die direkt zum Ligastart der größt vorstellbaren Prüfung unterzogen wird. Selbst aus der Bayern-Abwehr droht Ungemach, denn die Außenverteidiger Lahm und Alaba sind als Paar weltweit unerreicht und bei ihren offensiven Vorstößen als Flankengeber und Weitschussschützen zu beachten. Mit Martinez wurde zuletzt ein gelernter Mittelfeldspieler in die Innenverteidigung zurückgezogen, um bereits von hinten heraus die Spieleröffnung in kreative Hände zu geben. Ein Opfer dieser Umstellung könnte ausgerechnet der zuletzt so unumstrittene Dante werden, dessen manchmal etwas leichtfertige Spielweise bei Guardiola verpönt ist. Unter dieser Vorgabe wird sich der Brasilianer schwer tun, seinen bislang sicher geglaubten Stammplatz gegen die nicht minder starken Martinez und Boateng zu behaupten.

Vielleicht spielen aber dann doch alle drei, wenn Martinez zurückkehrt auf seine angestammte Position im defensiven Mittelfeld, wo der erkrankte Thiago einmal mehr auszufallen droht. Der spanische Neuzugang ist ein Meister des tödlichen Passes, dies allerdings durchaus in beide Richtungen, was bei konsequentem Dagegenhalten auch manches Mal dem Gegner zugute kommen kann.

Gelingt es Borussia, die Bayern im eigenen Stadion unter Druck zu setzen, so könnte die Partie einen interessanten Verlauf nehmen. Allerdings darf nicht unterschlagen werden, wie schwer es ist, gegen diese Armee an Weltklasse-Spielern Druck auszuüben. Lucien Favre mahnt daher zurecht an, dass vieles vom Tempo im Spiel der Borussen abhängen wird. Nur wenn seine Elf hinten wie vorne gedankenschnell reagiert, sich selbst keine Schwächen erlaubt und die wenigen der Bayern so konsequent ausnutzt wie vor 83 Tagen beim Saisonausklang, besteht eine realistische Chance, aus München einmal mehr etwas mitzunehmen.

Borussia:

Dass es nicht unmöglich ist, wies Borussia selbst nach bei jenem 3:4 im vergangenen Mai. In den ersten 15 Minuten wurden die übermächtigen Bayern geradezu überrannt. Selbst in Rehden brauchte der Triple-Sieger eine ganze Weile, ehe er so richtig ins Rollen kam. Borussia sollte also nicht den Fehler machen, gleich von Spielbeginn an vor Ehrfurcht zu erstarren und sich dem scheinbar Unausweichlichen ausgeliefert zu sehen. Der maßlos übertriebene mediale Hype rund um die vermeintlich unschlagbare Super-Elf mit ihrem noch viel unschlagbareren Super-Coach sollte als ein solcher durchschaut werden. Auch die Bayern erwischen gelegentlich einen schwachen Tag und Borussia sollte über ausreichend Qualität verfügen, um sie an einem solchen zumindest gehörig ärgern zu können. Wichtig wird es zudem sein, im Falle eines Gegentores nicht die Ordnung aufzugeben. Im Finale des Telekom-Cups fiel die Mannschaft nach ansehnlichem Beginn mit dem 0:1 in sich zusammen, so dass anschließend nahezu jede Chance zu einem Treffer führte.

Allerdings setzte Favre damals nicht seine beste Elf ein, ein Vorgehen, dass er zum Unmut einiger Fans im Pokal noch einmal wiederholte. Insbesondere der Verzicht auf Patrick Herrmann überraschte, da dieser gerade im Offensivspiel signifikante Vorteile gegenüber Lukas Rupp mitbringt. In den letzten Jahren vermochte es Herrmann des Öfteren die Bayern zu ärgern. Da Rupp für den Ligaauftakt nicht einmal im Kader steht, sollte der Weg geebnet sein für die Rückkehr des einstigen U21-Nationalspielers.

Auf der gegenüberliegenden Seite war Branimir Hrgota einer der Verlierer des Pokalspiels. Seinen unsäglichen Fehlschuss muss er sich vorwerfen lassen. Bei Favre hat der Schwede aber einen solch guten Stand, dass er weitere Chancen erhalten wird. In München ist mit einer Rückkehr von Juan Arango zu rechnen, der insbesondere bei Freistößen gebraucht wird. Auch wenn Favre dies ein wenig zuwider ist, so bieten Standards noch eine der besten Chancen, in der Allianz-Arena zum Torerfolg zu kommen.

In der Sturmspitze konnte sich das System ohne echten Stürmer in Darmstadt nicht bewähren. Max Kruse mühte sich zwar redlich und erarbeitete sich immerhin die beiden besten Torgelegenheiten - jeweils nach langem Pass von Martin Stranzl. Es erscheint aber fraglich, ob man dem Ex-Freiburger einen Gefallen damit tut, ihn alleine ins Sturmzentrum zu verfrachten. Wenn Favre dies allerdings schon in Darmstadt als geboten ansah, dann gibt es wenige Gründe, dies im schweren Spiel beim FC Bayern zu ändern. Zumal Luuk de Jong in den knapp 45 Minuten nach seiner Einwechselung keine Argumente für einen Startelfeinsatz sammeln konnte.

Die Besetzung des defensiven Mittelfelds ist erfreulich umstritten. Beim 3:4 zuletzt mühten sich Havard Nordtveit und Granit Xhaka redlich, wirkten aber im Gespann überfordert, die Defensive gegen die Münchener Angriffswelle zu stabilisieren. Ein ähnliches Bild, wenngleich nur selten so dramatisch, bot sich in vielen Partien, wenn die beiden renommiertesten 6er gemeinsam auf dem Platz standen. Von daher ist es Lucien Favre zu raten, es nicht ausgerechnet zum Ligastart erneut mit diesem Duo zu versuchen. Christoph Kramer bot in Darmstadt zudem keine so schlechte Leistung, dass man ihn zwingend aus dem Team nehmen müsste. So könnte es sein, dass Granit Xhaka weniger aus Leistungs- als aus spieltaktischen Gründen, wieder auf die Bank zurückkehrt, da Havard Nordtveit noch eher die in München dringend benötige taktische Disziplin und defensive Stabilität mitbringt als der forsche Schweizer.

Bliebe noch die Besetzung der Viererkette, wo Roel Brouwers ein Platz auf der Bank droht, obwohl er in den letzten beiden Jahren alle vier Bundesliga-Spiele gegen die Bayern höchst erfolgreich bestritt. Die einzig offene Frage besteht darin, ob Favre den zuletzt unzufriedenen Tony Jantschke zurückbeordert oder Julian Korb eine weitere Chance bietet. Korb war in Darmstadt erschreckend offensivschwach, ließ aber in der Defensive wenig anbrennen. Ihm könnte zugute kommen, dass Favre voraussichtlich nicht allzu viele Änderungen vornehmen möchte. Maximal 1-2 pro Partie, so war seine Aussage noch vor wenigen Wochen, wobei er etwaige Umstellungen aufgrund von Verletzungen ausnahm. Misst er sich an seinen eigenen Worten, dann dürfte Jantschke noch eine weitere Woche auf seinen Saisonstart warten müssen. Was aber angesichts der alternativen Aussicht, einem Franck Ribery zu begegnen, keine so große Strafe darstellen muss.

Die Aufstellung der Borussia wird aber nicht primär darüber entscheiden, wie das Spiel am Freitag abend verläuft. Die elf Spieler, für die sich Favre am Ende entscheidet, werden allesamt ihr Optimum herausholen müssen an taktischer Disziplin, bedingungsloser Laufbereitschaft und gesundem Selbstbewusstsein. Respekt ist angebracht vor dem starken Gegner, vor dem die Borussen aber nicht überehrfürchtig erstarren sollten. Viele Gegner begehen gegen den FC Bayern genau diesen Fehler, die vermeintliche Übermacht bereits zu Spielbeginn in ihren Köpfen zu verankern, was die Gedanken schnell lähmt und zu einer sich selbst erfüllenden Erwartung ausartet. Lucien Favre wird alle Hände voll zu tun haben, um diese Gedanken aus den Köpfen seiner Spieler zu entfernen. Gelingt ihm dies, so könnte der Ligaauftakt spannender verlaufen als es sich so manche Experten vorstellen - was auch die Redakteure dieser Website einbezieht, wie die unten stehenden Tipps belegen.

 

FC Bayern: Neuer - Lahm, Martinez, Boateng, Alaba - Schweinsteiger - Robben, Kroos, Müller, Ribery - Mandzukic

Borussia: ter Stegen - Jantschke, Stranzl, Dominguez, Daems - Kramer, Nordtveit - Herrmann, Raffael, Arango - Kruse

 

SEITENWAHL-TIPPS

Michael Heinen: "Wenn es schlecht läuft, kann es ein ganz bitterer Abend werden, an dem über 200 Länder weltweit mitansehen, wie Borussia vom Triple-Sieger auseinandergenommen wird. Ganz so schlimm wird es (hoffentlich) nicht kommen, aber ein letztlich ungefährdeter Sieg ist leider zu erwarten. Da selbst Manuel Neuer dieses Mal nicht patzt, gewinnen die Bayern am Ende mit 3:0."

Christian Grünewald: "Ob die Bayern nun rotieren oder nicht: Bisher erfüllen sie den Hype um ihren Neu-Trainer und sind offensiv nahezu unberechenbar. Zudem werden viele Bajuwaren Borussias Lucky Punch zwei Jahre zuvor nicht vergessen haben. Es ist somit zu hoffen, dass die Favre-Truppe nach der Pokalpleite den Schaden zumindest begrenzen kann. Ein 0:2 in München wird von den Guardiola-hörigen Medien geradezu wie ein Sieg gefeiert."

Christian Spoo: " Verunsicherte Borussen bekommen in München kein Bein auf den Boden. Das vielgehypte Guardiola-Bundesliga-Debut gerät dadurch zum Schützenfest. Borussia ist mit der 1:6-Niederlage noch gut bedient."

Christoph Clausen: "Telekom-Cup-Endspiel- und Pokal-geschädigt ist meine Devise für Freitag: "Bloß keine Klatsche". Das 0:3 der Borussia in München zählt noch nicht dazu."

Christian Heimanns: "Verrückte Welt: Borussia ist seit 2 Spielen in München ungeschlagen, holte dabei auch einen Sieg heraus, dennoch tippen alle Buchmacher und überhaupt eigentlich alle auf einen hohen Sieg der Bayern. Verstehe wer will. Ein 2:0 muss für die Hausherren reichen, danach kann für die Borussen die Saison beginnen."

Thomas Häcki: "Wer gegen einen Drittligisten nicht gewinnen kann, schafft es gegen die beste Mannschaft Europas erst recht nicht. Die Bayern gewinnen locker mit 3:0 und haben nur bis zum 1:0 (geringe) Schwierigkeiten. Wenigstens muss sich die Borussia diesmal nicht vorwerfen lassen, ein Plus beim Ballbesitz nicht genutzt zu haben."