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Es ist nicht davon auszugehen, dass Sebastian Deisler am Samstag im Berliner Olympiastadion zu sehen sein wird. Interessieren wird es ihn vermutlich aber schon, wenn am Samstag die beiden Vereine aufeinandertreffen, welche seinen Werdegang als Fußballer maßgeblich beeinflusst haben. Die Borussia, bei der er seine ersten Gehversuche in der Bundesliga machte, ist zu Gast bei dem Verein, wo das einstige deutsche Wunderkind zum Nationalspieler reifte. Sebastian Deisler war lange Zeit der wichtigste Transfer, der zwischen den beiden Vereinen getätigt wurde. Wehmütig denkt man in Berlin an diese Zeit zurück, als die Hertha das Vorzeigetalent dem übermächtigen FC Bayern vor der Nase wegschnappte und mit ihm in der Champions League für Furore sorgte. Für die Borussia war der Verlust hingegen die logische Folge einer langen Zeit des Missmanagements, welches im Abstieg endete.

Die Zeiten ändern sich. Wenn Schiedsrichter Dr. Drees die Mannschaften am Samstag auf den Rasen bittet, kommt die Borussia als „best oft the rest“ ins Olympiastadion. Das ist durchaus respektabel, wenn man sich vor Augen führt, wie weit der Abstand der Spitzenteams zum Rest der Bundesliga inzwischen geworden ist. Ob München, Leverkusen oder Dortmund: Alle drei Mannschaften dominierten Gladbach streckenweise nach Belieben. Dass es gegen das letztere Team am Ende zu drei Punkten reichte, wurde selbst an der Hennes-Weisweiler-Allee als Wunder angesehen.  Ist es also Glück, dass man derzeit auf dem vieren Platz steht? Nein, dies würde die Leistungen der Favre Elf sicher zu wenig würdigen. Da wäre zuerst die Offensive zu nennen, um welche die Borussia nicht ohne Grund vom überwiegenden Rest der Bundesliga beneidet wird. Bislang hat es noch kein Team geschafft, einen Zugriff auf die variablen Offensivaktionen zu bekommen. Zuletzt musste dies die Namenscousine aus Dortmund erfahren, welche fast über die gesamte Spielzeit keine gefährlichen Aktionen zuließ. Am Ende reichte jedoch eine sehenswerte Aktion, welche ihren Untergang einleitete. Keine Frage, die Neuzugänge Kruse und Raffael bereichern bislang das Offensivspiel und fügen sich hervorragend in das bereits bestehende Spielermaterial ein. Zu nennen wäre aber auch die Breite des Kaders. Hrgota, Younes, de Jong, und Mlapa warten auf ihre Chance, sich weiter zu empfehlen. Besonders der junge Schwede hat zuletzt mit zwei Joker-Toren für Aufsehen gesorgt. Die anhaltenden Diskussionen um die fehlenden Einsatzzeiten von Luuk de Jong müssen in diesem Zusammenhang gar nicht weiter erwähnt werden, zeigen sie doch, wie hoch die Qualität in Mönchengladbachs Sturm derzeit ist.

Sorgen macht hingegen die Defensive, nicht erst seit der Verletzung von Innenverteidiger Dominguez. Es mag anmaßend klingen, aber die Borussia hätte auch noch erfolgreicher sein können. Besonders auswärts verschenkte man durch Unkonzentriertheit Punkte, zuletzt in Augsburg, als man kurz vor Schluss den Ausgleich hinnehmen musste. In keinem dieser Spiele stellte man das bessere Team. Dennoch waren besonders die Niederlagen in Leverkusen und Hoffenheim ärgerlich, weil selbstverschuldet. Dies findet seine Begründung in einer zeitweise zu hohen Passivität im Gladbacher Spiel. Die Borussia versucht besonders auswärts das Spiel zu kontrollieren, üben dabei aber zu wenig Druck auf den Gegner aus. Kommen individuelle Fehler hinzu, ist der Rückstand oft eine Frage der Zeit. Dass es auch anders geht, zeigt die Tatsache, dass die Mannschaft nach Rückständen besser ins Spiel findet und zeitweise den dominanten Part übernimmt. Favres Mannschaft ist somit qualitativ gut besetzt, abgebrüht ist sie hingegen noch lange nicht. Und in diesem Punkt unterscheidet sie sich von den Spitzenteams.

Passivität wird man sich aber in Berlin nicht leisten dürfen. Der Aufsteiger ist für seine Verhältnisse hervorragend in die Saison gestartet und belegt verdientermaßen den sechsten Platz. Glaubt man dem Umfeld, hätte es auch gerne mehr sein dürfen. So herrschte bereits Krisenstimmung, als man drei Bundesligaspiele in Folge nicht gewann und in Kaiserslautern aus dem Pokal ausschied. Dabei hatte die Hertha in allen Spielen eine ansehnliche Leistung geboten und jeweils das bessere Team gestellt.  Die Krise ist mittlerweile ad acta gelegt worden. Ein Heimsieg gegen Mainz und ein beachtenswertes, wenn auch glückliches, Unentschieden in Hannover zeugen von der augenblicklichen Stärke des Hauptstadtvereins. Jos Luhukay ist für viele dabei der Garant des Erfolges. Dem Niederländer ist es gelungen, aus der einstigen Skandaltruppe ein Team zu formen, in dem jeder für den anderen kämpft. Das war in Berlin nicht immer selbstverständlich. Natürlich kommt der Teambildung dabei Luhukays Eigenart zu Gute, sich vornehmlich bei ihm bereits bekanntem  Personal zu bedienen. So waren ihm alle Neuzugänge bereits aus vorherigen Trainerstationen bekannt. Aber auch die Integration dieser Spieler in das bereits vorhandene Personal zählt zu seinen Stärken. Dass der Aufstiegsheld Ronny sich zudem öfter auf der Bank als in der Startformation wiederfindet, zeigt auch, dass die Niederländer nach Leistung und nicht nach Namen aufstellt.

Drei ihrer vier Heimspiele konnte die Hertha bislang gewinnen und legte den Grundstein für ihren derzeitigen Gewinn somit im Olympiastadion. Unterschätzen darf man sie daher nicht, ein passives Spiel würde den Hauptstädtern entgegenkommen. Ihr Spiel läuft über den Kampf. Lässt man der Hertha dabei zu viel Raum, läuft man Gefahr förmlich überrannt zu werden. Dies mussten zuletzt Frankfurt (1:6) und Mainz (1:3) erfahren. Eine Übermannschaft ist der Aufsteiger aber nicht. Hält eine Mannschaft aggressiv dagegen, fehlt den Berlinern meist die Inspiration, dem Spiel den Stempel aufzudrücken. Hinzu kommt eine oftmals mangelnde Chancenverwertung, die den Club um den verdienten Ertrag bringt. Die Borussia ist also gut beraten, nicht auf das Glück der letzten Begegnung zu vertrauen, sondern von Beginn an offensiv dagegen zu halten. Verzichten muss man dabei neben Dominguez auch auf Havard Nordtveit. Der Norweger laboriert derzeit an einer Sprunggelenkverletzung und wird Lucien Favre nicht zur Verfügung stehen. Für ihn wird Kramer zum Einsatz kommen. Wenig Bedenken haben alle Beteiligten beim ersten Einsatz von Roel Brouwers von Beginn an. Aber dessen Qualität kennen ja sowohl Favre als auch Luhuhay.

 

Hertha BSC: Kraft - Pekarik, Lustenberger, Langkamp, van den Bergh - Hosogai, Skjelbred - Allagui, Ben-Hatira, Schulz - Ramos

Borussia: ter Stegen - Jantschke, Stranzl, Brouwers, Wendt - Kramer, Xhaka - Herrmann, Arango - Raffael, Kruse

 

SEITENWAHL TIPPS:

Thomas Häcki: Unterschätzen darf man diese Hertha nicht. Nach dem Dortmund-Sieg ist das aber leicht gesagt. Insofern gibt es beim 1:3 in Berlin ein böses Erwachen.

Christian Grünewald: Ein Auswärtssieg wäre nicht nur mit Blick auf die Tabelle wichtig, sondern würde auch die wieder aufkeimende "Auswärtsdeppen"-Debatte aus den Köpfen von Fans und Spielern verbannen. Daher setze ich auf Wunschdenken: Borussia gewinnt 2:1.

Christian Spoo: Wann, wenn nicht jetzt? Zum Entsetzen der Seitenwahl-Community prognostiziere ich einen umkämpften, aber nicht unverdienten 2:1-Sieg unserer Borussia.

Christoph Clausen: Aus dem Spiel heraus trennen sich die jeweils ehemaligen und jetzigen Clubs von Jos Luhukay und Lucien Favre mit 1:1. Nicht eingerechnet ist das Handelfmeter-Roulette.

Christian Heimanns: Berlin spielt mit und meist nicht ganz so wie Bayern oder Leverkusen. Klingt, bei allem Respekt vor dem fußballerisch ansehnlichen Aufsteiger, nach einer Gelegenheit, den allseits geforderten Auswärtsdreier einzufahren. Allerdings tippt Kollege Spoo bereits auf Auswärts(!)sieg(!). Damit er Samstag abend alleine damit glänzt, wähle ich ein 2:2.

Michael Heinen: Wenn es gelänge, den Dortmund-Sieg in Berlin zu bestätigen, wäre das ein Meilenstein für Borussia. Leider gelingt dies nur im Konjunktiv, denn bei der heimstarken Hertha reicht es nur zu einem 1:1.