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Die Stimmung bei Borussias Fans gleicht in dieser Saison einer Sinuskurve. Zuverlässig ist sie nach Heimspielen weit oben, nach Auswärtsspielen dann wieder tief unten. Über die vermeintliche Heimstärke und das angebliche Auswärtsdeppentum ist hinlänglich berichtet worden. Die Fakten lassen sich tatsächlich nicht wegdiskutieren: alle Heimspiele wurden gewonnen, auswärts gab es bislang ein mageres Pünktchen. Demzufolge ist am Sonntag ein Heimsieg gegen Eintracht Frankfurt vorprogrammiert – inklusive Stimmungshoch im Nachgang. Oder?

Den gemeinen Borussia-Fan interessieren Resultate, deswegen war es den meisten nach dem Abpfiff egal, dass der 2:0-Heimsieg über Borussia Dortmund höchst glücklich zustande kam. Dass Dortmund die Gladbacher 80 Minuten dominiert und davon 45 Minuten geradezu an die Wand gespielt hatte, war nur noch eine Fußnote im allgemeinen (und verständlichen) Glückstaumel. Wenn überhaupt noch über die mäßige Leistung gerade der Offensivkräfte gesprochen wurde, dann hieß es „am Ende zählen drei Punkte“ oder „da fragt am Ende keiner mehr nach“.

Eine Woche später war die Laune dann wieder im Keller – in diesem Fall aber durchaus zurecht. Was die Favre-Elf in der zweiten Halbzeit der Partie bei Hertha BSC zeigte, ließ selbst den optimistischsten Anhänger an der Berechtigung eventueller Träume vom internationalen Geschäft zweifeln.

Dabei hatte Berlins Trainer Jos Luhukay schon vor der Partie angedeutet, dass er seine Lehren gerade aus dem Spiel Borussias gegen Dortmund gezogen hatte. Er hatte gesehen, wie man den Gladbachern Probleme bereitet: früh den Gegner anlaufen und so im Spielaufbau stören, den für das Offensivspiel wichtigsten Spielern durch konsequente und teilweise durchaus grenzwertige Behinderung die Freude am Spiel nehmen, beim Angriff eher über die als Schwachpunkt im Gladbacher Defensivspiel ausgemachten Außenpositionen kommen, als durch die Mitte. Auf diese Weise konnte in dieser Spielzeit schon mancher Gegner Borussia in Schwierigkeiten bringen. Es wäre naiv, zu glauben, dass Armin Veh das noch nicht gemerkt hat oder dass Eintracht Frankfurt nicht das Personal hat, um ebenso zu agieren.

Erschwerend für Borussia kommt die prekäre Personalsituation in der Defensive dazu. Gegen Dortmund war Martin Stranzl der Turm in der Schlacht. Gegen Frankfurt fällt der Abwehrchef aus, nachdem er in Berlin innerhalb kürzester Zeit zwei an Lächerlichkeit kaum zu überbietende gelbe Karten gesehen hat. Das Wehklagen über das substanzfreie und im Fall der zweiten gelben Karte offensichtlich persönlich motivierte Handeln des Schiedsrichters Drees ist letzten Endes müßig, fest steht, dass Lucien Favre die Abwehr erneut umbauen muss, nachdem schon der zweite etatmäßige Innenverteidiger Alvaro Dominguez ersetzt werden musste. Wurde der Ausfall des Spaniers von Borussias Fans noch achselzuckend hingenommen – schließlich gibt es mit Roel Brouwers einen annähernd gleichwertigen und zudem noch höchst beliebten Ersatz – ist vor dem Frankfurt-Spiel jedem klar, dass es ein Problem gibt. Denn mit Havard Nordtveit fällt gleich auch noch der für den jetzt eingetretenen Fall vorgesehene Backup für die Innenverteidigerposition aus. Lucien Favre muss also improvisieren. Wie erwartet hat der Trainer angekündigt, einen Außenverteidiger nach innen zu ziehen. Zwei Varianten bieten sich an: entweder Kapitän Filip Daems rutscht wieder ins Team und bildet mit Brouwers das Innenverteidigerpärchen, dass schon vor sechs Jahren in der zweiten Liga zusammenspielte – seinerzeit durchaus zufriedenstellend, allerdings eben eine Klasse tiefer. Allerdings plagt sich auch Daems mit Verletzungsproblemen, so dass seine Einsatzfähigkeit am Donnerstagabend noch nicht feststand. Die Alternative wäre, Brouwers Tony Jantschke an die Seite zu stellen und stattdessen Julian Korb als Rechtsverteidiger auflaufen zu lassen. Diese Variante beinhaltet zweifelsfrei mehr unbekannte Größen, weil Jantschke in der Bundesliga bisher nicht Innenverteidiger gespielt hat und Julian Korb ein kompletter Liga-Rookie ist. Dennoch bleibt wohl bis kurz vor dem Spiel offen, mit welchem Defensivpersonal Borussia die Partie angehen wird. Der Rest der Mannschaft stellt sich – auch wegen der Verletzung Nordtveits – quasi von alleine auf. Dass die zuletzt schwächelnden Arango und Herrmann ersetzt werden, scheint ob des inzwischen überdeutlichen Unwillens Favres, zu experimentieren, nahezu ausgeschlossen – zumal sich Alternativen zu den beiden nicht wirklich aufdrängen.

Mit Eintracht Frankfurt kommt die Überraschungsmannschaft der vergangenen Saison in den Borussia-Park. In dieser Spielzeit macht die Eintracht die Erfahrung, die Borussia ein Jahr vorher gemacht hat: die Mehrfachbelastung Liga, Pokal und internationaler Wettbewerb ist tatsächlich eine Belastung. Obwohl das Team vor der Saison sinnvoll verstärkt wurde, konnten die Ausfälle eben doch nicht in allen Fällen kompensiert werden. Während international und im Pokal bisher dennoch alles gewonnen wurde, läuft es für die Eintracht bisher in der Liga nicht wirklich rund.

Nach dem für Mannschaft und Fans gleichermaßen schockierenden Saisonauftakt – einer 1:6-Niederlage bei Aufsteiger Hertha BSC – geriet das Team zwar nicht komplett aus dem Tritt, allerdings verlor die Eintracht gleich mehrfach Punkte in Spielen, die sie durchaus hätte gewinnen können – wie erst am vergangenen Spieltag im Heimspiel gegen den 1.FC Nürnberg, eine Woche zuvor beim SC Freiburg und auch gegen den Hamburger SV. Jeweils führte Frankfurt bis kurz vor Schluss und sah wie der sichere Sieger aus – musste sich aber letzten Endes mit einem Punkt begnügen.

In der Europa-League allerdings ist das Sechzehntelfinale nach dem gestrigen Sieg über Maccabi Tel Aviv schon so gut wie erreicht, aus dem 2:0-Sieg lassen sich jedoch kaum Lehren für Sonntag ziehen. Für Frankfurt war es ein besseres Trainingsspiel, Tel Aviv war – zumal lange nur zu zehnt – kein ernstzunehmender Gegner.

Deutlich wurde einmal mehr, dass die Frankfurter Außenverteidiger Jung und Oczipka, sofern man sie lässt, fleißig mit nach vorne gehen. Am Sonntag werden deswegen Patrick Herrmann und Juan Arango auch defensiv gefordert sein. Die Frankfurter Abwehr im allgemeinen war nicht gefordert, die Innenverteidigung aus Bamba Anderson und Carlos Zambrano stellt allerdings gegen „echte“ Gegner so etwas wie die Achillesferse der Mannschaft dar.

Im Offensivspiel agierte Frankfurt gegen Tel Aviv, wenngleich fast in Bestbesetzung, häufig schlampig. In Strafraumnähe fehlte die Konsequenz, die entscheidenden Pässe kamen häufig nicht an. Zugleich zeigte sich mehr als deutlich, wie wichtig die Rückkehr von Alex Meier ist: der genesene Kopfballspezialist machte anderthalb Tore – beide Male mit dem Kopf. Beim 1:0 musste Kadlec den Ball noch vom Pfosten in die Maschen bugsieren. Der erst kurz vor Ablauf der Transferperiode verpflichtete Tscheche hat die Erwartungen bislang erfüllt. Vier Tore in der Liga und zwei in der Euro-League sprechen eine klare Sprache.

Für Borussia könnte am Sonntag entscheidend sein, sich über außen nicht allzu oft übertölpeln zu lassen und Standardsituationen für Frankfurt so weit wie möglich zu vermeiden.

 

Aufstellungen

Borussia: ter Stegen – Korb, Jantschke, Brouwers, Wendt – Kramer, Xhaka – Herrmann, Arango – Raffael, Kruse

Frankfurt: Trapp – Jung, Zambrano, Anderson, Oczipka – Russ, Rode – Flum, Barnetta – Meier, Kadlec

Schiedsrichter: Zwayer (Berlin)

 

Seitenwahl-Prognose

Christoph Clausen: Welche Serie reißt zuerst? Die des Heimmeisters oder die des Auswärtsgrauens? Das 1:1 gegen Frankfurt gibt die Antwort.

Christian Grünewald: Die Umstellungen in der Innenverteidigung der Borussia sind weniger problematisch als die fehlende Balance der beiden offensiven Außen. Steigern sich Arango und Herrmann nicht endlich wieder, wird es gegen die europäischen Überflieger aus Frankfurt schwer. Reißt die Heimserie, grüßt das Mittelmaß: Frankfurt siegt 2:1.

Thomas Häcki: Nach dem glücklichen Sieg gegen Dortmund und der Nichtleistung in Berlin riecht es förmlich nach einer Bodenlandung. 0:2, danach ist der Katzenjammer groß.

Michael Heinen: Daheim hui, auswärts pfui. Dieser Trend wird irgendwann einmal beendet werden müssen. So schön es wäre, wenn es noch eine Woche auf sich warten lassen könnte. Ich fürchte, es reicht an diesem Wochenende nur zu einem 1:1 gegen die Wundertüte aus Frankfurt, die nicht so leicht zu schlagen sein wird wie die letzten Heimgegner.

Christian Spoo: Hochstimmung nach Heimspielen. Dieses schöne Gefühl werden wir uns am Sonntag abgewöhnen müssen. Für Borussia reicht es nur zu einem mühsamen 1:1.

Christian Heimanns: Eine ordentliche Herbstdepression erfasst die Heimspieltipps. Nach dem 2:1 Sieg der Borussen sieht aber alles wieder freundlicher aus.

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