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bayer04 Das waren nicht nur Jubel und Freude, die die Gladbacher Spieler am Ende der Partie in Nürnberg förmlich überfluteten. Das war nicht nur eine Siegesfeier der Zuschauer, die die letzte halbe Stunde mindestens genauso schweisstreibend mitgekämpft hatten. Es war auch riesengroße Erleichterung und noch etwas mehr: So wie nach diesem Sieg muss sich jemand fühlen, der einem heranrasenden Zug so gerade in letzter Sekunde von den Gleisen springen konnte. Der Jubel mischte sich mit dem Gefühl, größerem Unheil entgangen zu sein.

So glücklich war der Sieg am Ende gewesen. Die Gladbacher Gegenwehr war von der Nürnberger Offensive der zweiten Halbzeit langsam aber unnachgiebig zusammengedrückt worden wie Deiche vom Hochwasser. Den letzten Durchbruch konnte Christofer Heimeroth kurz vor Schluss eben noch verhindern. Der mit Zähnen, Klauen und ganz ausnahmsweise zumindest partiellem Schiedsrichterglück errungene Sieg gibt Antworten und Fragen. Er gibt schon mal eine Antwort auf die vorderste und dringendste Fragen, nämlich ob die Abwehr durch das neue Personal verstärkt wurde. Bei aller gebotenen Vorsicht (nämlich in Anbetracht der Tatsache, dass es sich gerade um ein Spiel handelte, Nürnberg normal nur durch Schieber torgefährlich ist und ohne Gündogan spielen musste) lautet die Antwort: Sieht ganz danach aus.


Der entschlossen fightende Stranzl ist in dieser Form sicher eine Verstärkung, auch Nordtveit konnte gefallen, wird aber künftig eher nicht in der Innenverteidigung auflaufen. Stabiler also vermutlich ja, ob stabil genug sehen wir dann am Ende. Die Frage, die das Spiel aufwirft, lautet: Warum ist Borussia Mönchengladbach nicht in der Lage, die zweite Halbzeit so zu spielen wie die erste? Was läuft da noch so falsch wie in der Hinrunde? Wenn die Spieler die erste Halbzeit Gas geben bis zum Anschlag, erübrigt sich die Frage, aber Nürnberg hatte ja kein bisschen weniger getan. Dennoch gaben die Borussen trotz allen Kampfgeistes Meter um Meter preis, bis sie sich um den eigenen Strafraum versammelt fanden. Dieses Bild ähnelte leider zu sehr dem von zu vielen Spielen der Hinrunde, in denen die Gladbacher sich um den Lohn ihrer erzielten Tore brachte.


Dies ist nach der Abwehr das nächste, was sich dringend ändern muss, will die Borussia bis zum Ende der Saison ihre Chance wahren, auch nächstes Jahr Erstligist zu sein. Dringend, denn wenn wir Glück haben, wird die Saison noch lange eine Gratwanderung sein. Sollten wir dieses Glück nicht haben, sind wir den Grat abgerutscht, abgestürzt und abgestiegen. Wie dünn der Grat ist, zeigte erst der vergangene Sonntag, als die Kölner trotz Führung, Lattentreffer und Überzahl nur zu einem Unentschieden kamen. Hätten sie die Lauterer geschlagen, wie es sich andeutete und Heimeroth nicht am Vortag den Sieg festgehalten, gäbe es jetzt einen Abstand auf den Relegationsplatz von sieben Punkten. Solche Situationen wird die Rückrunde noch öfter bringen und eine oder zwei, die nicht komplett zu Gladbacher Gunsten ausfallen, können einen vielleicht vorentscheidenden Abstand auf die Rettung herstellen.


Nichts für schwache Nerven. Die Borussen erhoffen sich von Dantes bevorstehender Rückkehr eine weitere Stabilisierung der Abwehr. Vielleicht müssen sie dann nicht mehr darauf warten, wann das nächste Gegentor fällt sondern nur noch darauf, wer sich als nächster verletzt. Michael Frontzeck ließ die Antwort auf einen Einsatz Dantes völlig offen. Die Tendenz mag dahin gehen, dass er es vorzieht, nur vollständig fitte Spieler auf dem Platz zu sehen und Dante vielleicht für eine Einwechselung bereit hält. In der Hoffnung, dass sie besser verläuft als die letzte.


Der Gegner aus Leverkusen


Trotz der Niederlage gegen den souveränen Fastmeister aus Dortmund ist man in Leverkusen mit der Saison zufrieden. In der Spitzengruppe und nur einen Punkt hinter ihrem zweiten Platz, bringt die Mannschaft eine Saison, die zwar nicht völlig begeistert, den Ansprüchen aber größtenteils gerecht wird. Sie spielt sehr stabil, zwischen den Heimspielen gegen Dortmund und Mönchengladbach gab es nur eine weitere Niederlage in der Liga (und eine im Pokal). Aber die 12 verschiedenen Torschützen überdecken, dass im einst so gefährlichen Angriff der Wurm steckt. Rückkehrer Sam ist mit 6 Treffern der torgefährlichste Spieler; die einstige Sturmhoffnung für Leverkusen und Deutschland Helmes denkt gerade über einen Wechsel nach Wolfsburg nach, Nationalspieler Kiessling hat in 6 Spielen 2 mal getroffen.


Solche Detailbeobachtungen gehen im Moment aber ein wenig unter, denn die mediale Aufmerksamkeit ist einem anderen Thema gewidmet und zwar dem gleichen, wie zu Beginn der Saison: Michael Ballack. Wenn man unterm Bayerkreuz gehofft hat, dass der einstige Ausnahmespieler für Leverkusen wieder das gleiche sein könnte wie für die Nationalelf, so werden die Hoffnungen nicht enttäuscht: Hier wie dort nervt Ballack einfach dadurch, dass er da ist. Die Kehrseite seines Stardaseins ist eben, dass er kaum aus dem Gips sein muss, schon wollen ihn Medien aller Art auf dem Platz sehen, oder wenigstens darüber berichten, wann es soweit ist und warum jetzt noch nicht.


Und selbst wenn er wieder völlig hergestellt ist, hat er eine enorme Konkurrenz vor sich. Neben Rolfes, der in körperlich guter Form jederzeit Khedira Druck machen kann für den Posten in der Nationalelf, spielt Arturo Vidal, das dynamische Kraftpaket. Aller Voraussicht nach wird Heynckes den Borussen aus Mönchengladbach nicht den gleichen Gefallen tun wie denen aus Dortmund und den Chilenen auf der Bank lassen. Beim derzeitigen Leistungsstand bleibt Ballack daher nur, sich mit Rolfes und dem Benderzwilling um den Posten neben dem überragenden Bayer-Spieler der Vorrunde zu bewerben. Das wird alles andere als leicht.


Und so hat diese Spielzeit trotz ihrer positiven Erscheinung nicht nur für Ballack sondern für alle Leverkusener auch einen faden Beigeschmack. Wenn man ihnen im Sommer gesagt hätte, dass Bayern München sich nicht für den Titelkampf bewirbt, hätten viele wohl die Chemietechniker als ersten Meisterschaftskandidaten genannt. Und wenn es jetzt am Ende zu Platz 2 reicht, wird sich in Leverkusen die Erkenntnis breit machen, dass "zufrieden" nur die kleine Schwester von "Meister" ist.


Aufstellungen:


Borussia: Heimeroth; Levels, Nordtveit, Stranzl, Daems; Reus, Marx, Neustädter, Idrissou; de Camargo, Hanke


Leverkusen: Adler; Castro, Reinartz, Hyypiä, Kadlec; Sam, Vidal, Rolfes, Renato Augusto. Kießling, Derdyiok



SEITENWAHL-Meinung

Christoph Clausen: Es wäre schön, wenn am Sonntag alle guten Gladbacher Dinge drei wären, gern im dreifachen Wortsinn: drei Punkte, drei Saisonsiege gegen Leverkusen, der dritte mit 3:0. Aber ich fürchte, so wird es nicht kommen. Realistischer ist, dass man am Ende das 1:1 mit Mann und Maus verteidigen muss


Thomas Häcki: Beim letzten Heimsieg gegen Leverkusen war Helmut Kohl noch Bundeskanzler und die Freien Radikalen Regierungspartei. Nun ist es seine Ziehtochter und der Koalitionspartner der Gleiche. Warum soll also ausgerechnet jetzt bei der heimsieglosen Borussia alles anders laufen? Die Voraussetzungen haben sich nach dem Nürnbergspiel ja auch nicht geändert. Das 1:1 bringt die Mannen um Michael Frontzeck nicht wirklich weiter, macht aber auch (noch) nichts kaputt.


Christian Heimanns: Hoffen wir, dass es der Konkurrenz an diesem Spieltag nicht besser ergeht als uns. Wenigstens steht nach dem 2:2 gegen Leverkusen wieder ein Auswärtsspiel an.

Michael Heinen: Aller guten Dinge sind 3? Leider nein. Nach dem klaren Sieg im ersten Spiel und dem Remis nach 120 Minuten im zweiten setzt es im dritten Anlauf eine bittere 1:2-Niederlage

Christian Spoo: Ein Sieg, ein Unentschieden (wenn man das Elfmeterschießen abzieht) - was Borussia in den Duelen gegen Leverkusen in dieser Spielzeit noch fehlt, ist eine Niederlage. Die gibt es am Sonntag. Borussia hält 70 Minuten wacker dagegen, verliert am Ende aber mit 0:2.