Warnung
  • JUser: :_load: Fehler beim Laden des Benutzers mit der ID: 84

Nachdem weite Teile der Hinrunde für Borussia nahezu ideal verliefen und man sich völlig zurecht im oberen Tabellendrittel einnistete, macht die Mannschaft derzeit unverkennbar ihre erste Flaute durch. Sicher, gegen die „Über“-Bayern und auch in Hannover kann man zweifellos verlieren, doch sind es über die Winterpause nun bereits vier Spiele in Serie, in denen das Team von Lucien Favre keinen Dreier mehr einfahren konnte. In keiner dieser Partien war die Leistung in irgendeiner Hinsicht katastrophal – und doch stand am Ende nicht nur kein Sieg, sondern auch die Erkenntnis, dass der Weg zum Bundesliga-Spitzenteam eben doch steiniger wird als kurzzeitig erhofft. Und jetzt steht mit Leverkusen auch noch der seit 1989 ungeschlagene „Heimangstgegner“ schlechthin vor der Tür, ein kompletter Fehlstart in die Rückrunde droht. Aber sind die Gründe für die Probleme der letzten Wochen vielleicht sogar ein Schlüssel zum Erfolgserlebnis am Freitagabend?

Borussia: Altbekannte Kritikpunkte…

Wenn mit Hannover 96  eines der stärksten Bundesliga-Heimteams der letzten drei Jahre trotz Auftaktsieg im Rücken gegen Borussia ausschließlich auf Konter spielt, mag das einerseits zwar die mittlerweile entwickelte Ballsicherheit und Dominanz adeln mit der Borussia agieren kann. Doch der Erfolg einer solchen Taktik macht ebenso deutlich, dass es dem VfL derzeit an den nötigen Mitteln fehlt, um ein solches Bollwerk schließlich entscheidend ins Wanken zu bringen.

Das Vermissen offensiver Durchschlagkraft oder zumindest eines aggressiven „Angriffsmodus“, wenn es mal eng wird, sind Probleme, die man schon aus den letzten beiden Jahren kennt – und die offenbar auch von immer mehr Gegnern verstanden werden. Wer es gegen Borussia erst gar nicht versucht, hoch zu stehen und mitzuspielen, hat – so scheint es – meist bessere Chancen als Teams, die es selber mit Offensivfußball versuchen – mit Ausnahme der Bayern versteht sich. Diese Behauptung hat zumindest in der aktuellen Form, in der sich die Vertreter der Offensivabteilung des VfL befinden, ihre Gültigkeit.

...individuelle Schwächephasen...

In einem System mit vier Offensivspielern ist es (überaschenderweise) suboptimal, wenn drei von diesen nicht ihre Normalform erreichen. Das Fehlen eines wenn schon nicht gut aufgelegten, dann zumindest effektiven Max Kruse, torgefährlicher Aktionen Patrick Herrmanns und der Ideen Arangos ist im 4-4-2 nicht zu kompensieren. Und so steht derzeit eben nicht nur die Frage nach der allgemeinen Flexibilität der Mannschaft, sondern vor allem der individuellen Verfassung einzelner Akteure im Raum.

Die drei Angesprochenen enttäuschten gegen Bayern und Hannover gleichermaßen. Ob dies nun mit der Psychologie von Nationalmannschaftsambitionen, internationalen Avancen oder unbefriedigenden Vertragsverhandlungen zu tun hat, oder einfach mit einem Formtief zu begründen ist, sei mal dahingestellt. Fakt ist, dass der Erfolg der ganzen Mannschaft eng verknüpft ist mit der Frage, ob und wie schnell die Nummern 7, 10 und 18 wieder ihre bereits gezeigten Leistungen abrufen können.

…und neue Optionen?

Wenn man etwas Positives aus der ernüchternden Partie in Niedersachsen mitnehmen möchte, dann die Auswirkungen der für Borussia und besonders ihren Trainer ungewöhnlich frühen und offensiven Wechsel. Böse Zungen mögen behaupten, Lucien Favre habe nur auf den Tag des Abgangs von Luuk de Jong gewartet, um nun zu – allgemein betrachtet – eher üblichen Wechseloptionen zu greifen. Aber in Wahrheit bot das Spiel in Hannover seit langem wieder eine Situation, in der Borussia gegen einen gleichwertigen Gegner mehrere Minuten zurücklag, – und einfach reagieren musste, um noch auf Punkte hoffen zu dürfen.

Neu daran waren eher die sichtbar-positiven Effekte, die sich durch die Einwechslung der immer noch jungen Hrgota, Younes und Mlapa ergaben. Während mit letztgenanntem, späteren Torschützen und der gleichzeitigen Auswechslung Xhakas zehn Minuten vor Schluss die volle Offensive eingeleitet wurde, brachten Younes und zuvor bereits Hrgota mehr Tempo und Zug in die Eins-gegen-Eins-Situationen. Dass Borussias beste und mutigste Phase der Partie, als man etwa von der 75. bis zur 85. Minuten wirklich Druck aufzubauen vermochte, leider durch fahrlässiges Abwehrverhalten beim Konter über Huszti und Diouf zum 2:0 konterkariert wurde, ist dabei besonders schmerzlich.

Dennoch: Wenngleich nicht unbedingt damit zu rechnen ist, dass wir sehr kurzfristige Wechsel in der Startelf sehen werden, bleibt die positive Andeutung, dass im Kader durchaus offensive Alternativen vorhanden sind und auch ein gewisses Vertrauen verdienen.

Wechsel in der Defensive

Konkrete Veränderungen wird es gegen Leverkusen zwangsläufig in der Abwehr geben: Julian Korb ist gelbgesperrt, zudem droht auch Kapitän Martin Stranzl auszufallen.Als erste Option für die Rechtsverteidigerposition gilt dabei überraschend Harvard Nordtveit, aus durchaus nachvollziehbaren Gründen: Schließlich wird Tony Jantschke von Lucien Favre (trotz seines erstmalig gegen Diouf auffällig geworden Körpergrößen-Handicaps) wohl dauerhaft als Innenverteidiger eingeplant und Lukas Rupp, der im Trainingslager rechts hinten ran durfte (oder musste), fehlt wohl die Zweikampfhärte für einen schnellen Sprung in die Viererkette der Borussia. Stranzls möglicher Ausfall dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit durch Alvaro Dominguez kompensiert werden.

Leverkusen: Mini-Krise überwunden?

Zwar kann Leverkusen mit 13 Punkten Rückstand nun wirklich nicht mehr als „Bayernjäger“ bezeichnet werden, aber insgesamt stellten sie hinter den Münchnern lange Zeit das konstanteste Team – bis zum Ende der Hinrunde. Seitdem verhagelten drei Niederlagen in Serie die Bilanz, eine davon noch vor zwei Wochen in Freiburg. Überhaupt stehen den vielen guten Spielen der Leverkusener in dieser Saison einige außergewöhnlich schwachen Auftritte gegenüber – so verlor man gegen die Kellerkinder Bremen und Frankfurt, holte sich eine 0:5-Klatsche in Manchester ab und blamierte sich zuvor bereits in Braunschweig. Der hart erkämpfte Sieg gegen Stuttgart am letzten Wochenende soll wieder die Wende einleiten.

Das Spiel von Bayer 04 ist auf Angriff ausgerichtet, in einer Spielart des 4-1-4-1 stürmen nicht nur Stefan Kießling und die ihn flankierenden, offensiven Außen (in Bestbesetzung Son und Sam), sondern meist auch zwei Mittelfeldspieler und beide Außenverteidiger mit. Dennoch bleibt die Defensive dabei häufig erstaunlich kompakt, was wohl weniger an der bloßen Präsenz des ehemaligen Abwehrspezialisten Sami Hypiä auf der Trainerbank liegt, sondern vor allem auf seine Taktik sowie die Erfahrung und Laufarbeit des Mittelfeldgespanns um Rolfes, Bender, Castro oder Reinartz zurückzuführen ist. Bei gleicher Torausbeute hat Leverkusen somit vier Tore weniger als Borussia kassiert – Bestwert hinter den Bayern.

Offensive Bayer-Elf: Gefahr und Chance für Borussia

Was bedeutet das für das Spiel am Freitag? Es wäre eine große Überraschung, wenn Leverkusen Borussia vergleichbar mit Hannover oder Mainz das Feld überlassen würde – realistischer ist ein von den Spielanteilen offenes Spiel wie gegen Schalke oder Wolfsburg. Wenn Borussia nicht wachsam bleibt oder die erneut umgestellte Abwehr sich schwer tut, dann droht hier erstmals eine Heimniederlage gegen einen Gegner auf Augenhöhe. Andererseits: Eine offensive, aber noch nicht ganz gefestigte Bayer-Mannschaft könnte den derzeit suchenden Borussen die Möglichkeit geben, sich das notwendige Selbstvertrauen gegen ein Spitzenteam zurückzuholen. Außerdem ist es endlich an der Zeit, die unsägliche Heimserie gegen die Truppe aus der Chemiestadt zu beenden – nach einem Vierteljahrhundert allemal.

Voraussichtliche Aufstellungen:

Borussia: ter Stegen – Nordtveit, Jantschke, Dominguez (Stranzl), Wendt – Xhaka, Kramer – Herrmann, Arango (Hrgota) – Raffael, Kruse

Leverkusen: LenoHilbert, Toprak, Spahic, Can – L. Bender (Reinartz) – Castro, Rolfes – Sam, SonKießling    

 

Seitenwahl-Prognose:

Christian Grünewald: Alles ist möglich. Auch ein 2:2.

Michael Heinen: Nach 25 Jahren wäre es mal wieder Zeit für einen Heimsieg gegen Leverkusen. Die Statistik und die aktuelle Formkurve spricht aber eher für ein 1:1.

Christian Spoo: Fehlstart. Krise. Tristesse. Eine weitere Niederlage würde das Stimmungsbarometer im Borussia-Park in extreme Tiefen drücken. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf und weil die Mannschaft allemal gut genug ist, wird Leverkusen am Freitag mit 3:1 besiegt.

Christoph Clausen:Gladbacher Spiele gegen Leverkusen haben einen inneren Drang zum 2:2. So auch am Freitag.

Christian Heimanns: Nach dem unglücklichen Start in die Rückrunde gibt Favres Team alles und wird gegen Leverkusen richtig gut spielen, um in der Schlussphase durch ein Tor von Sam 0:1 zu verlieren. Und das Stadion singt "25 years of hurt".