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Christoph Kramer ließ den Kopf hängen, als wäre seine Mannschaft soeben abgestiegen. Lucien Favre wirkte so geschockt, als hätte er vor Sekunden einen Verkehrsunfall beobachtet. Dabei beließ der Schlusspfiff von Manuel Gräfe, der diese Leere hinterließ, die Borussen nach sieben Spieltagen auf dem dritten Tabellenplatz und nicht etwa in Dortmunder oder Schalker Problemregionen. Trotzdem verursachen die fehlenden Punkte Schmerz und Ärger.

Verschmerzen konnte der verärgerte Favre dieses Fehlen durchaus nicht, woran er nach dem Spiel keinen Zweifel ließ. "Das ist absurd, das ist kein Fußball" ging der sensible Schweizer aus sich heraus. "Das kommt wahrscheinlich von jemandem, der nie in seinem Leben Fußball gespielt hat" und bekräftigte seine Ansicht zum Schluss mit seinem typischen "Das ist klar!" Zumindest, wie erbost Gladbachs Trainer war, war damit klar und keiner widersprach ihm. Und sollte er Michael Heinens Artikel dazu lesen , wird sein Ärger sicher nicht geringer. Zu sehr war dieser Elfmeter an den Haaren herbeigezogen, selbst die Mainzer waren restlos überrascht von Gräfes Entscheidung. Wer sich nach einer ausgezeichnet geführten Partie um die Punkte gebracht sieht, kann da schon mal die Contenance verlieren.

Wenn da nicht der kleine Schönheitsfehler in Gestalt einer riesigen Torchance wäre, die Raffael kurz vor Schluss vergab. Denn genau genommen war es dieser Umstand gewesen, der kurz vor dem Abpfiff plötzlich fast sichere und doch wieder verschenkte Sieg, der Spieler und Trainer so benommen gemacht hatte. Und dieses Gefühl, dass man Gräfes Patzer hätte korrigieren können und es nicht tat, dürfte noch einiges an Benzin in Favres Wutfeuer geschüttet haben. Über dieses Missverhältnis von Spiel und Ergebnis dürfen sich die Borussen genauso ärgern.

Dabei lief es einen guten Teil des Spiels lang so schön wie im Heimspiel gegen Schalke. Obwohl die Mainzer überaus defensiv antraten und ihr Tor mit einer Fünferkette abriegelten, legten sich die Borussen den Gegner zu Recht und spielten ihn gekonnt aus. Häufiger Ballbesitz in Verbindung mit viel Bewegung und ständigen Positionswechseln rissen immer wieder Lücken in die Mainzer Mauer. Raffael, Kruse und Herrmann rochierten mit immer neuen Passvarianten nach vorne, während die Mainzer teilweise staunend zusahen, wie aus den Räumen immer neue Gladbacher Spieler auftauchten. Eine Eloge auf das Spiel gibt es bei den Kollegen von 11 Freunde.

Und das schöne Spiel, in dem die Borussen ihre Pässe auf den Rasen malten, war keine leere Demonstration sondern ergab eine ganze Anzahl an guten bis besten Chancen. Doch entweder zielte Xhaka am Tor vorbei oder scheiterte Hazard am Mainzer Torwart Karius oder wurden die Bälle direkt auf den Schlussmann gezogen. Und zum Schluss scheiterte Raffael an sich selber. Nur Kruse hatte aus allen Chancen mit einer schnellen und präzisen Aktion ein Tor erzielt. Ein klarer Sieg wäre daher mehr als verdient gewesen und je nach eigenem Gemüt darf jeder für sich entscheiden, ob die Borussen an Manuel Gräfe oder dem eigenen Zielvermögen gescheitert sind. Favres Ankündigung vom Montag, Torschüsse trainieren zu wollen, weist jedenfalls auf einen selbstkritischen Umgang mit der Angelegenheit hin.

Wenn der erste Ärger verraucht ist, darf Borussias Cheftrainer mit einiger Zufriedenheit feststellen, dass seine Mannschaft nur drei Tage nach dem ebenfalls überlegen geführten und kräftezehrenden Spiel in Zürich die ausgeruhten Mainzer an die Wand gespielt hat. Das Kompliment von Kasper Hjulmand, Gladbach sei eine der stärksten Mannschaften Deutschlands, ist zum Teil sicher dänische Höflichkeit, zum anderen  Teil aber auch gerechtfertigt. Und sei es nur, weil andere der stärksten Mannschaften Deutschlands gerade nicht so spielen wie solche. Wenn die Borussen hingegen ins Rollen kommen, können sie mit ihrem fußballerischen Potential fast jeden Gegner einwickeln.

Gegen Mainz sah man besonders deutlich eine neue Variante, bei der Granit Xhaka mit nach vorne geht um die zurückgespielten Bälle direkt aufs Tor zu jagen. Auch da braucht es noch ein bisschen mehr Präzision, aber es gibt eine Weiterentwicklung im Spiel und beim Spieler. Zudem wurde das Gladbacher Angriffsspiel abgesichert durch eine tadellose Abwehrleistung, die den Mainzern kaum Chancen gestattete. Auch der Elfmeter kam nicht aus einer irgendwie zwingenden Szene heraus sondern aus einer Allerweltsflanke. Was dann doch wieder zu schlechter Laune angesichts des Ergebnisses führt. "Das ist klar!"