Ein bewegtes und alles in allem extrem erfolgreiches Borussen-Jahr neigt sich dem Ende entgegen. Schon 2014 war mit dem Einzug und Überwintern in die Europa League und einem 4. Tabellenplatz zum Hinrundenende höchst erfolgreich verlaufen. Mit knappen und teilweise glücklichen 1:0-Siegen in Stuttgart und gegen Freiburg begann das Jahr 2015 höchst effektiv, aber noch etwas holprig. Spätestens nach der ernüchternden Niederlage auf Schalke und dem bitteren Aus gegen den FC Sevilla hätte kaum jemand damit gerechnet, welchen Verlauf diese Saison im Folgenden nehmen würde. Befreit von der internationalen Doppelbelastung startete die Fohlenelf einen weiteren Erfolgslauf und blieb in der Bundesliga fortan bis zum letzten Spieltag ungeschlagen. Insbesondere die Siege in München, gegen Dortmund und Leverkusen gehörten zu den ganz großen Highlights des abgelaufenen Jahres. In der Rückrundentabelle wurde selbst der FC Bayern abgehängt, so dass Platz 3 hochverdient und beileibe nicht nur der Schwäche der Ruhrgebietsklubs aus Dortmund und Gelsenkirchen zuzuschreiben war.

Das Borussia zu einer absoluten Spitzenmannschaft die absolute Konstanz auf höchstem Niveau noch fehlt, zeigte sich dann zu Beginn der neuen Spielzeit. Geschwächt vom Verlust der beiden Nationalspieler Kruse und Kramer sowie des verletzten Martin Stranzl gelang es Erfolgstrainer Lucien Favre über Wochen nicht, eine geeignete neue Mischung zu finden. Nach 5 Niederlagen in Folge war er beim unglücklichen 0:1 in Köln auf einem guten Weg, als er die 19jährigen Christensen und Dahoud in die Startelf beorderte. Sie sollten sich zu Leistungsträgern der kommenden Monate entwickeln, die selbst Topspieler wie Stranzl und Kramer zeitweise komplett vergessen ließen. Leider verließ Favre nach der Demütigung im Derby die Geduld und der Mut, so dass er den Borussia-Park fluchtartig verließ. Zweifelsohne der sportliche Negativhöhepunkt des abgelaufenen Jahres aus Borussen-Sicht. Abgeschlagen am Tabellenende liegend übernahm - zunächst interimsweise - André Schubert , der einige wesentliche Änderungen vornahm. Stindl zog er auf die Kruse-Position vor, so dass Borussia nunmehr endgültig zum alten System zurückkehren konnte. Die Mischung stimmte, weil zudem mit Dominguez, Herrmann und Johnson drei ganz wichtige Spieler aus ihrer Verletzungspause genau rechtzeitig wieder fit wurden. Der neue Coach verordnete seiner durch den Trainerwechsel sichtlich geschockten und motivierten Elf ein aggressives Pressing, was sich in einem Sturmlauf gegen den FC Augsburg visualisierte. Vier Tore innerhalb der ersten 21 Minuten waren der erhoffte Befreiungsschlag und der Beginn einer unglaublichen Serie von 10 Bundesliga-Spielen ohne Niederlage. Der FC Schalke wurde gleich 2x innerhalb einer Woche besiegt, dem VfL Wolfsburg keine Chance gelassen sowie Frankfurt und die Überraschungself aus Berlin auf eigenem Platz jeweils deklassiert. International sorgte die Mannschaft mit tollen Auftritten gegen Manchester City und Juventus Turin für Aufsehen. Den beiden internationalen Topteams wurde ebenso auf Augenhöhe begegnet wie dem Europa-League-Sieger aus Sevilla, der im vorentscheidenden Showdown um Platz 3 mit 4:2 aus dem Borussia-Park geschossen wurde. Der absolute Höhepunkt ereignete sich aber 10 Tage danach mit dem hoch verdienten 3:1 über die vermeintlich unschlagbaren Bayern. Borussia hatte sich innerhalb von 2 Monaten vom aussichtslosen Tabellenende bis auf Platz 3 hochgearbeitet und schien unaufhaltsam auf die nächste CL-Qualifikation zuzusteuern.

Mit dem Spiel in Manchester nahm dieses verrückte Borussen-Jahr dann noch eine weniger erfreuliche Wendung. Bis zur Halbzeit schien alles seinen erhofften Gang zu nehmen. Hoch verdient führte die Elf des inzwischen zum offiziellen Cheftrainer beförderten André Schubert mit 2:1, während sich Sevilla parallel gegen Turin schwer tat. Mitte der 2. Halbzeit gingen die Spanier glücklich in Führung, während die Engländer ihrerseits auf den Ausgleich drängten. Bis 10 Minuten vor Spielende hielt Borussia durch, um dann von der Offensivpower des Scheich-Klubs überrollt zu werden. Die folgenden 3 Gegentore waren ein Vorbote der kommenden Woche. 11 weitere sollten in den 3 abschließenden Spielen folgen, was das Ausscheiden aus beiden Pokalwettbewerben zur Folge hatte und eine demütigende 0:5-Niederlage in Leverkusen. Einige Spieler der jungen Mannschaft waren kräftemäßig ganz offensichtlich am Ende. Alternativen waren aufgrund der anhaltenden Verletztenmisere über die gesamte Hinrunde hinweg nur unzureichend vorhanden, so dass Schubert auf Rotation weitgehend verzichtet hatte. Umso beachtlicher der Kraftakt, mit dem die Mannschaft im letzten Spiel des Jahres einen mehr als nur versöhnlichen Abschluss bewerkstelligte. Ein 0:1-Rückstand wurde gegen einen höchst engagierten Aufsteiger aus Darmstadt in Unterzahl gedreht. Und selbst der neuerliche Rückschlag in Form des 2:2-Ausgleichs konnte beantwortet werden. Das letzte Tor von Oscar Wendt zum 3:2-Endstand besiegelte ein insgesamt überragendes Spieljahr und führte die Fohlenelf trotz einer wechselhaften Hinrunde auf den 4. Tabellenplatz. Es verschafft ihr zudem eine hervorragende Ausgangsposition für die Rückrunde und den bevorstehenden Kampf um die europäischen Plätze 3-7.

Die Mannschaft hat in den letzten 12 Monaten eindrucksvoll bewiesen, sich vor keinem Gegner verstecken zu müssen und zurecht im oberen Tabellendrittel der Liga etabliert zu haben. Die letzten Wochen haben aber ebenfalls gezeigt, wie brüchig die Erfolgsspur sein kann. Gerade für André Schubert wird 2016 zu einer weichenstellenden Herausforderung seiner noch jungen Karriere. Bislang hat er mit den allermeisten seiner Entscheidungen goldrichtig gelegen und fast immer die richtigen Antworten gefunden. Der Verlust der defensiven Stabilität in den letzten Partien wird ihm aber kaum gefallen haben und man darf gespannt sein, wie er darauf reagieren wird. Einen knappen Monat hat die Mannschaft nunmehr noch Zeit, sich von den Strapazen des Jahres zu erholen und auf die Rückrunde optimal einzustellen. Aufgrund der anhaltenden Verletzungen von Dominguez, Hahn und Herrmann sowie der ungewissen Situation des alternden Stranzl wird Schubert demnächst 2-3 neue Akteure begrüßen dürfen, mit denen er hoffentlich möglichst bald aufs neue die richtige Mischung zusammenstellen wird, damit auch das kommende Jahr 2016 ähnlich erfolgreich verlaufen wird wie das gerade abgelaufene.

Soweit der sportliche Rück- und Ausblick. Darüber hinaus wünscht das Seitenwahl-Team seinen Lesern ein frohes Weihnachtsfest und alles Gute für 2016, verbunden mit dem Dank für die anhaltende Treue, die sich auch nach mittlerweile 18 Jahren nicht abzunutzen scheint.