Wer geglaubt hatte, die armselige Vorstellung der Fohlenelf in Ingolstadt wäre eine unrühmliche Ausnahme gewesen und würde die Mannschaft von André Schubert wachrütteln, der wurde an diesem Freitagabend eines Schlechteren belehrt.  Grausam, peinlich, unwürdig. Schönere Attribute lassen sich für den Auftritt in Hannover nicht finden. Der abgeschlagene Tabellenletzte, der vor der Partie ganze 6 Punkte aus 14 Heimspielen geholt hatte, siegte hochverdient mit 2:0.

Der Trainerwechsel scheint die Niedersachsen beflügelt zu haben, die gegenüber den desaströsen Pleiten unter Thomas Schaaf deutlich verbessert auftraten. Dies darf aber nicht über die unverschämte Unleistung der Gladbacher hinwegtäuschen, die sämtliche Grundtugenden für ein erfolgreiches Fußballspiel vermissen ließen. Schon allein die Körpersprache, die sie von Beginn an den Tag legten, machte früh in der Partie deutlich, dass man nahtlos an die gewohnten Auswärtsleistungen anknüpfen wollte. Eine Halbzeit lang durften die Fans darauf warten, dass die Mannschaft endlich aus ihrer Lethargie aufwacht und sich wieder ihrer so oft gezeigten Stärken besinnt. Die Hoffnung starb aber kurz nach dem Seitenwechsel, als der 19jährige Waldemar Anton eine Fehlerkette über Dahoud, Christensen, Wendt und Sommer zum 0:1 auszunutzen verstand.

Ein Aufbäumen der Gäste folgte aber selbst danach nicht. Ganz im Gegenteil: Hannover spielte jetzt noch befreiter auf und führte die vermeintliche Spitzenmannschaft phasenweise vor. Das 2:0 war nur folgerichtig und hätte nicht einmal das Ende bedeuten müssen.

Das unnötige Schönreden der Niederlage in Ingolstadt verpuffte somit völlig wirkungslos. Dieselbe Mannschaft, die noch vor kurzem Schalke und Hertha dominiert hatte, präsentiert sich in den letzten Wochen komplett spiegelverkehrt. Zum dritten Mal in dieser Saison scheint sie so in eine Krise zu schlittern und es ist blanker Hohn, dass trotz inzwischen 13 Niederlagen und  11 Auswärtspunkten (davon einer in der Rückrunde) überhaupt noch eine Chance auf einen Einzug in den internationalen Wettbewerb besteht. In der Rückrundentabelle dümpelt Borussia auf einem tristen Mittelfeldplatz dahin, der die Achterbahnfahrt widerspiegelt, mit der sich die Mannschaft über die Runden wurschtelt.

Die ärmste Sau des Abends war Martin Stranzl, der überraschend sein Comeback als Abwehrchef und Kapitän gab und einen der ganz wenigen Lichtblicke des Abends darstellte. Er stemmte sich mit gewohntem Einsatz gegen die Niederlage. Wie schon in der Hinrunde gegen den HSV konnte er sie letzten Endes aber nicht verhindern. Zu schwach und leidenschaftslos präsentierten sich seine Mitspieler.

Die Aufstellung, die Schubert vorgenommen hatte ist dabei ebensowenig entscheidend wie seine Auswechselungen. Borussia war von der ersten Minute an nicht auf dem Platz. Defensiv ließ man zwar gar nicht so viele Torchancen zu, war aber in den entscheidenden Momenten wieder einmal zu weit weg vom Gegner und fing sich so wieder einmal zwei Auswärts-Gegentore.

In der Offensive lief ohnehin überhaupt nichts zustande. Hazard war ebenso wie der eingewechselte Traoré immerhin noch bemüht, was aber in allzu brotloser Kunst ausartete. Von Raffael und vom Heimkehrer Stindl war über 90 Minuten so gut wie gar nichts zu sehen. Oscar Wendt war als Totalausfall so schlecht wie man ihn lange nicht gesehen hat. Mo Dahoud konnte nicht nachweisen, wie er im kommenden Jahr in die Fußstapfen des vermutlich abwandernden Granit Xhaka treten möchte. An seiner Seite bot Christensen eines seiner schwächsten Spiele im Borussen-Dress.

Vier Spieltage vor dem Ende muss Borussia einige Lehren aus dem zuletzt Dargebotenen ziehen. Die Mannschaft ist mental ganz offensichtlich nicht gefestigt genug für höhere Ansprüche. Ihr spielerisches Potential haben sie oft genug unter Beweis gestellt. Sie nehmen sich aber immer wieder Phasen, in denen ihnen teilweise wochenlang überhaupt nichts gelingt. So war die Saison bekanntlich schon gestartet. So setzte es sich nach dem überragenden Erfolg gegen die Bayern fort. Das 5:0 über Hertha scheint der Mannschaft erneut den Kopf verdreht zu haben. Offensichtlich glaubte man nach diesem Husarenstreich, Teams wie Ingolstadt und Hannover im Vorbeigehen besiegen zu können. Dieser Glaube hielt aber jeweils nur solange bis man bemerkte, dass sich diese Klubs tatsächlich wehren und dass man sich zudem noch in einem fremden Stadion befand.

Nach einer solchen Vielzahl enttäuschender Spiele wird sich auch eine Diskussion über den Trainer nicht vermeiden lassen. Dies mag zum Teil unfair sein, da schon Lucien Favre mit demselben Phlegma seines Teams zu Saisonbeginn überfordert war und es gerade in der Phase zwischen dem Wolfsburg- und Berlin-Spiel einige positive Ansätze zu erkennen gab. Gerade defensiv agiert die Mannschaft nicht mehr so vogelwild wie zuvor, was eine gewisse Lernbereitschaft beim Trainer unterstreicht. Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass der junge Coach bislang keine brauchbare Lösung für das allzu unkonstante Auftreten seiner Elf gefunden hat. Abgerechnet werden sollte erst zum Saisonende, aber dabei ist nicht nur der Tabellenplatz, sondern auch das Entwicklungspotential zu beachten. Hier ist gerade in der Rückrunde bislang zu wenig Positives zu beobachten, was eben auch der Trainer mit zu verantworten hat.

Es ist davon auszugehen, dass auch die Verantwortlichen bei Borussia dies erkannt haben und über alternative Lösungen für das kommende Spieljahr nachdenken. Dass diesen Sommer u. a. mit Weinzierl oder Hasenhüttl einige bundesligaerprobte Trainer auf den Markt zu kommen scheinen, die anderswo über Jahre hinweg beachtliche Leistungen abgeliefert haben, bessert die Aussichten für Schubert nicht unbedingt. So sehr man ihm dafür danken muss, Borussia vom Tabellenende nach oben und in jedem Fall allermindestens in sichere Tabellengefilde geführt zu haben. Die Verantwortlichen müssen die Zukunft des Vereins im Blick behalten und letztlich abwägen, wie aus ihrer Sicht in den kommenden Jahren der größtmögliche Erfolg erzielt werden kann. Nach den jüngsten Vorstellungen bestehen leider Zweifel, dass Schubert hierfür tatsächlich die beste Wahl sein wird.

Immerhin: Nächste Woche geht es wieder in den Borussia-Park, wo die Mannschaft zuletzt regelmäßig stark spielte. Allerdings wartet dort mit Hoffenheim ein Angstgegner und das Team der Stunde, das ähnlich wie Hannover - und streng genommen auch Borussia - unter einem älteren, ehemaligen Erfolgstrainer in Abstiegsgefahr geraten war und erst unter einem Jungtrainer wieder aufblühte.