Durch die historische Blamage gegen den Wolfsberger AC steht Borussia am kommenden Donnerstag, den 3. Oktober 2019 um 18.55 Uhr (live auf DAZN) beim zweiten Gruppenspiel in Istanbul bereits unter großem Druck. Gastgeber Basaksehir verlor sein erstes Spiel ebenfalls mit 0:4, wenngleich dies beim favorisierten AS Rom weit weniger überraschend. Beide Mannschaften benötigen daher einen Sieg, um sich realistische Chancen auf ein Weiterkommen zu bewahren. Borussia trifft dabei auf den türkischen Vizemeister, der so etwas wie das Anti-Wolfsberg darstellt: Medipol Basaksehir Futbol Kulübü, so der aktuelle Kommerzname des Klubs, verfügt über extrem hohe individuelle Qualität und Erfahrung durch eine Vielzahl an sichtlich gealterten Ex-Weltstars. Diese stellen den neuen Trainer aber vor das bislang noch nicht gelöste Problem, eine funktionierende Einheit zu bilden. Im Geiste ihres Größten Fans aller Zeiten Recep Tayyip Erdogan beschäftigt der Verein inmitten dieses höchst illustren Kaders zudem zwei mutmaßliche Verbrecher, die vor kurzem zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden sind.

Der türkische Staatschef, der mit Vereinspräsident Göksel Gümüsdag familiär verbunden ist, war auch an der Gründung des Vereins 1990 durch den damaligen Istanbuler Bürgermeister beteiligt. Seine Verbundenheit mit dem Verein drückt sich nicht zuletzt dadurch aus, dass der Verein die Rückennummer 12 nicht mehr vergibt, weil Erdogan diese beim Eröffnungsspiel des Stadions trug.

Aufstieg in die türkische Spitzenklasse

Sportlich begann die Erfolgsgeschichte im Jahr 2007 mit dem ersten Aufstieg in die höchste türkische Liga. Für sechs Jahre etablierte sich Basaksehir im Mittelfeld der Süper Lig, ehe 2012/13 der Abstieg folgte. Bis dahin war der Verein noch die Fußballabteilung der Betriebsmannschaft der Istanbuler Stadtverwaltung. Erst nach dem direkten Wiederaufstieg im Sommer 2014 wurde die Fußballsparte ausgegliedert und in ein unabhängiges Unternehmen umgewandelt, womit gleichzeitig die finanziellen Anstrengungen intensiviert wurden – u. a. mit der Unterstützung einiger staats-, d. h. Erdogan-naher Konzerne. Seitdem landete Basaksehir fünfmal in Folge unter den Top 4 der Süper-Lig und befindet sich mittlerweile auf Augenhöhe mit den international bekannten Istanbuler Vereinen. Dies wurde im vergangenen Jahr beinahe durch die Meisterschaft gekrönt, die ihnen Galatasaray erst am vorletzten Spieltag durch einen knappen 2:1-Sieg im direkten Duell abspenstig machte. Platz 2 war dennoch der größte Erfolg der bisherigen Vereinsgeschichte, der ihnen die Chance zur Qualifikation für die Champions League bot. Olympiakos Piräus erwies sich in den Ausscheidungsspielen aber als zu stark und gewann beide Partien, wodurch die Türken in der EL-Gruppenphase landeten.

Vernichtende Bilanz in Europa

Schon in den letzten Jahren war die Ausbeute im Europapokal höchst deprimierend. Seit 2015 wurde jede Qualifikation, ob zur Champions oder Europa League, gnadenlos versemmelt. Das 0:4 in Rom war bereits die 11. Niederlage im 21. internationalen Pflichtspiel. Nur dreimal blieb die Mannschaft siegreich – davon allerdings zweimal beim ersten Auftritt in der Europa-League Gruppenphase 2017, als Braga und Razgrad zumindest je einmal geschlagen werden konnten. Hinter diesen beiden landete Basaksehir damals auf Rang 3 seiner Gruppe, immerhin noch vor der enttäuschenden TSG Hoffenheim.

In der aktuellen Saison hat der Vizemeister bislang noch nicht so recht Tritt gefasst und erst eins seiner bislang acht Pflichtspiele gewinnen können. In der Süper-Lig rangiert er so mit 5 Punkten aus 5 Spielen nur auf Platz 12. Gegen Tabellenführer Fenerbahce deutete man aber seine Qualitäten an und lag lange Zeit in Führung, ehe der Lokalrivale das Spiel in der Nachspielzeit noch zu einem 2:1 drehte. Im nächsten Derby bei Besiktas reichte es diesen Montag ebenfalls nur zu einem 1:1. Die bekannten Stadtrivalen können dabei auf deutlich mehr Fanunterstützung zählen als der relativ unbeliebte Erdogan-Klub. Beim letzten Heimspiel, ein 1:1 gegen Sivasspor, verliefen sich gerade einmal 2.724 Zuschauer ins Fatih Terim Stadion, das insgesamt 17.300 Plätze fasst und in der kommenden Woche vermutlich in Gladbacher Hand sein wird.

Neuer Trainer tritt in große Fußstapfen

Die erfolgreichen letzten Jahre waren geprägt durch den historischen Kulttrainer Abdullah Avci, der den Verein bereits 2007 in die Süper-Lig geführt und ihn zwischenzeitlich für einen weniger erfolgreichen Versuch als türkischer Nationaltrainer kurzzeitig verlassen hatte. Vor dieser Saison wechselte Avci zu Besiktas und wurde durch seinen einstigen Co-Trainer bei der Nationalelf Okan Buruk ersetzt. Seitdem dieser den türkischen Verband 2013 verließ, war er bei sieben Vereinen und nie länger als eine Spielzeit tätig. 2018 feierte Buruk seinen bislang größten Triumph als Trainer und wurde mit Akhisar Belediyespor türkischer Pokalsieger. Als Spieler war der 55fache Nationalspieler Bestandteil der goldenen Generation, die 2000 ins EM-Viertelfinale und 2002 sogar ins WM-Halbfinale eingezogen war.

Mit seiner neuen Mannschaft pflegt er zumeist ein 4-5-1-System, in dem viele Spieler aber eine offensive Ausrichtung präferieren, sodass es je nach Sichtweise auch als 4-3-3 interpretiert werden kann. Personell wechselt Buruk bislang munter durch – allein schon durch zahlreiche Verletzungen bedingt, die seine alternden Ex-Stars immer wieder plagen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist daher schwer abzusehen, welche der großen Namen Borussia in der kommenden Woche gegenüberstehen werden. Auf folgende Kandidaten können sich Fußball-Nostalgiker aber potentiell freuen: 

Erfahrener Keeper mit Borussen-Makel

Stammtorwart Fehmi Mert Günok hat mit Borussia bereits schlechte Erfahrungen gesammelt. Zu seiner Zeit bei Fenerbahce war er zwar meist Ersatz hinter Volkan Demirel, durfte aber im sportlich wertlosen letzten Gruppenspiel der Europa League 2012 gegen Gladbach antreten, wo er im Duell der B-Mannschaften eine 0:3-Niederlage kassierte. Auch nach dem Wechsel zu Basaksehir 2017 musste er sich zunächst hinter Volkan Babacan einreihen, dem 36fachen türkischen Nationaltorwart, der seit 2014 das Tor des Erdogan-Klubs gehütet hatte, im Laufe des Jahres 2017 aber immer größere Schwächen offenbarte. Im Vorjahr stieg Günok daher mit stolzen 29 Jahren erstmals in seiner Karriere überhaupt zum Stammtorwart auf, und dies derart überzeugend, dass er inzwischen sogar erste Wahl in der Nationalelf ist. Der 1,96 Meter große Hüne hatte großen Anteil am Erfolg der Vorsaison, kassierte er in 34 Pflichtspielen doch gerade einmal 22 Gegentore. Er verfügt über gute Reflexe und strahlt durch seine Erfahrung viel Ruhe aus.

Starke rechte Außenbahn

Die einzige Konstante in den Aufstellungen der bisherigen Saison bildet neben dem Torwart die rechte Außenbahn ab, die defensiv von einem Ex-Schalker besetzt wird. Junior Caicara war dort 2015 zwei Jahre lang beschäftigt und damit Teamkollege von Breel Embolo. Die extreme Anfangseuphorie konnte Caicara in seinem zweiten Jahr nicht mehr bestätigen. Er wurde von Nastasic verdrängt und verließ den Verein daher 2017 in Richtung Istanbul, wo er sich direkt einen Stammplatz erkämpfte, den er seitdem nicht mehr hergegeben hat. Der Brasilianer mit bulgarischem Pass interpretiert seine Rolle als Rechtsverteidiger sehr offensiv und zeichnet sich dabei durch seine Schnelligkeit, Technik und Athletik aus. Defensiv ist er hingegen anfällig und mit seinen 1,73 Metern ist er kein Kopfballungeheuer.

Sein regelmäßiges Pendant auf der rechten Seite heißt Edin Visca und ist der derzeit stärkste Spieler im ganzen Kader. Dank der imposanten Bilanz von 13 Toren und 14 Vorlagen wurde er im vergangenen Jahr zum Spieler der Süper-Lig gewählt. Auch im Jahr davor gehörte er mit 9 Toren und 16 Vorlagen bereits zu den Erfolgsgaranten. So verwundert es nicht, dass er das Interesse vieler europäischer Spitzenklubs geweckt hat, und außerdem auch das vom VfL Wolfsburg und Schalke 04. Für die bosnische Nationalmannschaft hat der 1,72 Meter kleine Visca in den letzten Jahren 48 Länderspiele absolviert, darunter zwei Kurzeinsätze bei der Weltmeisterschaft 2014. Wie die Statistiken bereits erahnen lassen, hat Visca seine Stärken in der Offensive, wo er die anfällige linke Seite der Fohlen vor gehörige Probleme stellen könnte. Probleme bekommen er und Caicara wiederum, wenn sie selbst unter Druck gesetzt werden, da ihnen das defensive Spiel weit weniger liegt.

Französischer Altstar verteidigt links

Auf der linken Seite starten wir unseren Gang durch das Istanbuler Kuriositätenkabinett mit einem dreifachen englischen Meister, der noch 2016/17 39 Pflichtspiele für Manchester City absolviert hat. Der Franzose Gael Clichy wurde 2003 als Talent von seinem Landsmann Arsene Wenger zum FC Arsenal gelockt, wo er seine große Karriere startete, die insgesamt 325 Spiele in der Premier League umfasst. 20 Länderspiele, je eine EM- und WM-Teilnahme sowie 73 Spiele in der Champions League deuten an, über wie viel Erfahrung Clichy verfügt. Mit seiner Passsicherheit und seiner Zweikampfstärke gehört er in der türkischen Liga immer noch zu den Leistungsträgern. Nicht nur die sich langsam häufenden Verletzungen deuten aber auf sein mit 34 Jahren inzwischen fortgeschrittenes Alter hin.

Um den Franzosen in seinem hohen Alter gelegentlich zu entlasten holte Basaksehir zu Saisonbeginn Aziz Behich zurück in die Türkei, der bereits von 2013 bis 2018 Stammspieler bei Ligakonkurrent Bursaspor gewesen war. Sein einjähriges Gastspiel beim PSV Eindhoven war dagegen wenig erfolgreich – in der gesamten Eredivisie-Saison 2018/19 stand er bei vier Kurzeinsätzen insgesamt ganze 70 Spielminuten auf dem Platz. Mit seinen 1,70 Metern hat der in Melbourne geborene 28jährige wie viele seiner Mannschaftskameraden Defizite im Kopfballspiel. Er gilt aber als technisch relativ stark und erkämpfte sich so seinen Weg in die australische Nationalmannschaft, für die er bislang 35 Länderspiele absolvierte, darunter 2018 bei der WM alle drei Vorrundenspiele.

Klopp-Kritiker führt die erfahrene Innenverteidigung an

Acht Jahre zuvor schlug bereits die große Stunde von Mannschaftskollegen Martin Skrtel, der bei der WM 2010 Stammspieler der slowakischen Nationalelf war und u. a. die Italiener mit 3:2 besiegen half. Von 2008 bis 2016 war der 103fache Nationalspieler als Innenverteidiger eine Stütze beim FC Liverpool, musste dann aber gehen, nachdem er Jürgen Klopp auf Instagram als „Dickhead“ ziemlich treffend charakterisiert hatte. Es folgte der Wechsel in die Türkei zu Fenerbahce, wo er direkt einen festen Platz in der Stammelf erwarb, ehe er in diesem Sommer zu Atalanta Bergamo wechselte. Nach einem neuerlichen Streit mit dem Trainer wurde der Vertrag aber bereits drei Wochen später einvernehmlich aufgelöst. So war der Weg frei für Basaksehir, wo der inzwischen bereits 34jährige direkt in seinem ersten Spiel verletzt ausgewechselt wurde. Inzwischen kehrte er aber als Abwehrchef in die Startelf zurück, sodass Borussia auf einen erfahrenen, kompromisslosen Verteidiger treffen wird, der mit seinen 1,91 Metern zudem über die im Team dringend benötigte Kopfballstärke verfügt.

Gleiches gilt für Alexandru Epureanu, der nur zwei Zentimeter weniger misst als Skrtel und auch sonst nicht ganz die Klasse seines berühmten Mitspielers mitbringt. Der 32jährige ist mit 89 Länderspielen immerhin Rekordnationalspieler von Moldawien und hatte in den letzten drei Spielzeiten einen Stammplatz in der Istanbuler Innenverteidigung inne, ehe ihn Ende letzter Saison eine Entzündung im Knie stoppte, von der er erst vor kurzem wieder genesen ist. Mit seiner Erfahrung verfügt er über ein sehr ordentliches Pass- und Stellungsspiel.

Von den Kapverdischen Inseln kommt Carlos Ponck, der zuvor von Benfica Lissabon an verschiedene Ligakonkurrenten verliehen worden war und es so auf 96 Einsätze in Portugals 1. Liga brachte, ehe er zu Saisonbeginn nach Istanbul wechselte. Der 24jährige hat 12 Länderspiele für seine Heimat absolviert und ist mit 1,83 Metern etwas weniger hünenhaft als seine vorher beschriebene Konkurrenz in der Innenverteidigung.

Adäquate Abwehr-Alternativen alternder Altstars

Falls insbesondere Skrtel und/oder Epureanu nicht einsatzfähig sind, bietet sich in Mahmut Tekdemir eine weitere Alternative für die zentrale Abwehrreihe. Das Eigengewächs hat seit 2008 fast durchgängig einen Stammplatz im defensiven Mittelfeld belegt. In der Vorsaison wurde der 1,78 Meter-Mann mit seinen mittlerweile 31 Jahren zunehmend weiter hinten eingesetzt und bietet hier zumeist solide Leistungen ab. Seine Erfahrung aus 280 Süper-Lig-Spielen blieb auch dem türkischen Nationalcoach nicht verborgen, der ihn bereits 12 Mal einsetzte – zuletzt noch im Juni beim 2:0 in der EM-Qualifikation über Frankreich.

Mehmet Topal teilt mit Tekdemir das Schicksal, als originär defensiver Mittelfeldspieler zuletzt vermehrt in der Innenverteidigung aushelfen zu müssen. Mit seinen 33 Jahren sammelte er in 290 Süper-Lig-Einsätzen viel Erfahrung, vornehmlich bei Galatasaray und Fenerbahce, von wo er diesen Sommer zu Basaksehir wechselte. Von 2010 bis 2012 absolvierte er in Valencia zudem 43 Spiele in La Liga. Der 1,87 Meter große Türke war bis zum letzten Jahr eine Stütze seiner Nationalelf, für die er 81 Länderspiele absolvierte und die Europameisterschaften 2008 und 2016 bestritt. Topal gilt als kopfballstark und passsicher, ist beidfüssig und verfügt zudem über einen guten Schuss, der ihn gelegentlich aus der zweiten Reihe abziehen lässt.

Ein weiterer Altstar und einige Talente im zentralen Mittelfeld

Neben den vielseitigen Tekdemir und Topal verfügt Basaksehir im defensiven Mittelfeld über weitere namhafte Kandidaten – wie z. B. einen ehemaligen Teamkollegen von Yann Sommer und Breel Embolo aus der Schweizer Nationalmannschaft. Gökhan Inler gehörte mit seinen 89 Länderspielen bis 2015 zum festen Inventar der Nati, und absolvierte dabei eine Europa- und zwei Weltmeisterschaften. Nachdem er zwischen 2007 und 2014 noch Stammspieler in Udine und Neapel gewesen war, hat er die allerbesten Zeiten mit seinen 35 Jahren inzwischen weit hinter sich gelassen und wurde von Basaksehir daher nicht einmal mehr auf die Liste der für die Europa League zulässigen Spieler berufen, sodass er gegen Borussia nicht wird auflaufen dürfen.

Der Kader hat aber nicht nur überalterte Ex-Stars zu bieten, sondern auch eine Handvoll brauchbarer Talente. Okechukwu Azubuike z. B. ist erst 22 Jahre alt und kann im zentralen Mittelfeld bereits auf 45 Spiele in der Süper-Lig und einen Kurzeinsatz für die nigerianische Nationalmannschaft verweisen. Der 1,70 Meter kleine Azubuike war 2018 vermutlich der sportlichen Perspektive wegen zum ägyptischen Hauptstadtklub Pyramids FC gewechselt, wo er aber nur kurz verweilte und bereits Anfang dieses Jahres nach Rizespor zurück in die türkische Liga wechselte. Da er dort positiv auf sich aufmerksam machte, lieh ihn sich Basaksehir zu Saisonbeginn mit Kaufoption aus.

Er wird im zentralen Mittelfeld u. a. Irfan Can Kahveci herausfordern, der sich letztes Jahr in seiner zweiten Saison in Istanbul einen Stammplatz erkämpft hatte und sich damit für die türkische Nationalmannschaft empfahl (12 Länderspiele). Mit seinen 24 Jahren hat der kampfstarke Can immerhin schon 143 Spiele in der Süper-Lig auf dem Buckel.

Ein weiteres Talent im zentralen Mittelfeld der Istanbuler hat bereits Bundesligaerfahrung: Der in Karlsruhe geborene Berkay Özcan machte 20 Spiele für den VfB Stuttgart in Liga 1 und war Anfang 2019 kurzzeitig Stammspieler beim HSV. Dort weckte er das Interesse sämtlicher türkischen Großklubs und wurde schließlich diesen Sommer zum Vizemeister verliehen. Der 21jährige ist ein dribbelstarker Techniker, der im vergangenen Jahr bereits drei Kurzeinsätze für die türkische Nationalmannschaft hatte und von dem sich der Verein in der Zukunft einiges verspricht. Zuletzt fiel er allerdings mit Pfeifferschen Drüsenfieber aus.

Mit Tunay Torun (ehemals HSV, Hertha, Stuttgart) und Milos Jojic (ehemals Dortmund und Köln) stehen zwei weitere Ex-Bundesliga-Spieler bei Basaksehir unter Vertrag, die aber in den Überlegungen von Trainer Buruk keine Rolle mehr spielen und für die Europa League genau wie Inler nicht spielberechtigt sind.

Im offensiven Mittelfeld steht dagegen mit Danijel Aleksic ein 28jähriger Serbe bereit, der Anfang des Jahrzehnts für eine Saison in Fürth spielte und es in der 2. Bundesliga auf 16 Spiele brachte. Auf seiner Reise durch Europa führte es ihn außerdem nach Serbien, Italien, Frankreich, Polen, Schweiz und 2018 in die Türkei. Nach einem erfolgreichen Jahr bei Malatyaspor kaufte ihn der saudi-arabische Klub Al-Ahli in diesem Sommer für 3,8 Mio. Euro, nur um ihn nach einem Spiel, bei dem er sogar das einzige Tor zum 1:1 markiert hatte, und nach weniger als zwei Monaten ablösefrei an Basaksehir abzugeben. Grund: In Saudi-Arabien sind nur 5 Ausländer pro Team erlaubt und der Scheich wollte gerne noch ein paar neue Spielfiguren ausprobieren. Der zweifache serbische Nationalspieler verfügt über einen ordentlichen Schuss und zeichnet sich daher für gefährliche Freistöße verantwortlich – eine Qualität, die Borussia gewaltig zusetzen kann, wie wir seit vorigem Donnerstag wissen.

Mit einem Bein im Knast

Die Riege der alternden Ex-Stars, die in der Defensive vornehmlich durch Clichy, Skrtel, Inler und Topal repräsentiert wird, treiben die Istanbuler im Angriff endgültig auf die Spitze – zuvorderst mit einem ehemaligen Megatalent, der in seiner brasilianischen Heimat einst als Nachfolger von Ronaldo und Rivaldo auserkoren war. 2007 war Robinho Torschützenkönig und bester Spieler der Copa America und holte sich mit Real Madrid den ersten von zwei spanischen Meistertiteln. 2010 konnte er dann bei der Weltmeisterschaft in seinen vier Spielen mit zwei Toren nicht wirklich die extremen Erwartungen erfüllen, womit ein schleichender Abstieg seiner Karriere begann. Trotzdem reichte es für insgesamt 100 Länderspiele, in denen er 28 Tore erzielte sowie für einige Jahre bei Manchester City und dem AC Mailand, mit dem er 2011 auch noch die italienische Meisterschaft einfuhr. Nach einem kurzen Gastspiel beim chinesischen Dauermeister Guangzhou Evergrande kehrte er 2016 zurück nach Brasilien und bestimmte fortan abseits des Platzes die Schlagzeilen. 2017 wurde er nämlich erstinstanzlich zu 9 Jahren Haft verurteilt für die vermeintliche Vergewaltigung einer Albanerin zusammen mit 5 weiteren Tatverdächtigen. Da dies in Mailand geschehen sein soll, war Robinho vorige Woche aus Angst vor einer Verhaftung nicht zum Start der Europa League nach Rom gereist. Bis er seine Haftstrafe ggf. doch noch antreten muss, soll der inzwischen 35jährige den türkischen Vizemeister bereichern. In der vergangenen Rückrunde gelang ihm das mit 17 Spielen und 4 Toren mittelprächtig. Zu seinen besten Zeiten galt er aber als schneller Techniker mit gekonnten Dribblings, der seine Stärken als hängende Spitze am besten ausspielen konnte.

Mit etwas Pech kann sich Robinho demnächst eine Zelle mit Mitspieler Arda Turan teilen, der ebenfalls zu einer Gefängnisstrafe von 2 Jahren und 8 Monaten verurteilt worden ist, allerdings auf Bewährung. Turan hatte im Oktober 2018 einem türkischen Popsänger die Nase gebrochen und war ihm anschließend ins Krankenhaus hinterhergefahren, um ihn dort mit einer Waffe zu bedrohen. Ein Jahr zuvor war seine Nationalelfkarriere nach 100 Länderspielen abrupt geendet, weil er einen Journalisten zu strangulieren versucht hatte. Im Mai 2018 wiederum griff er während eines Ligaspiels in der Türkei den Linienrichter an und wurde anschließend für 10 Spiele gesperrt. Bei so viel Charakterstärke überrascht es nicht, dass bei seiner Hochzeit im März 2018 niemand geringerer als Recep Tayyip Erdogan sein Trauzeuge war.

Das größte Verbrechen hatte Turan allerdings bereits 2016 begangen, als er für den FC Barcelona in zwei Champions-League-Spielen gegen A German Team vier Treffer markierte. Insgesamt kam er in 55 Pflichtspielen für Barca nur auf 15 Tore, weshalb er dort von 2015 bis 2018 nie wirklich über die Rolle als Ergänzungsspieler hinauswuchs. Daher wurde der inzwischen 32jährige bis zum Ende dieser Saison nach Istanbul verliehen, wo er von 2006 bis 2011 bei Galatasaray seine beste Zeit hatte. Erfolgreicher war er anschließend bei Atletico Madrid, mit denen er 2012 die Europa-League gewann und 2014 ins Champions League Finale einzog. Viermal war der 1,77 Meter große Turan Türkeis Fußballer des Jahres. Inzwischen lebt er aber vornehmlich vom Standing aus alten Tagen.

Ehemalige Bundesliga-Stars als Ergänzungsstürmer

Turan kommt vornehmlich über die linke Offensivseite und steht hier in Konkurrenz zu Eljero Elia, der ebenfalls nicht gerade als einfacher Charakter gilt. Bei Werder Bremen wurde er einst suspendiert, nachdem er öffentlich seine Unzufriedenheit geäußert hatte. 2016 saß er zudem wegen einer Schlägerei eine Nacht im Gefängnis. Dabei begann seine Karriere verheißungsvoll als er 2009 für damals noch horrende 9 Mio. € von Twente Enschede zum damals noch ernst zu nehmenden HSV wechselte. Bei den Hanseaten wechselten sich zwar sein Genie und Wahnsinn bereits ab. Nichtsdestotrotz holte ihn Juventus 2011 in die Serie A, wo er sich aber nicht durchsetzte und bereits ein Jahr später zurückkehrte in die Bundesliga, zum SV Werder. Elia war eines der Sinnbilder für Klaus Allofs verloren gegangenen Transfer-Riecher, der entscheidend war für den sportlichen Niedergang des vormaligen Spitzenklubs.

Obwohl Elia in seiner bisherigen Karriere sein Talent durch Undiszipliniertheiten nie so recht ausschöpfen konnte, brachte er es auf 30 Länderspiele für die Niederlande, wobei er 2010 immerhin 49 Minuten im WM-Finale auf dem Platz stand. 2011 verlor er seinen Platz im Nationalteam und kehrte 2018 für zwei Kurzeinsätze zurück, weil er zwischenzeitlich bei Feyenoord Rotterdam gute Leistungen gezeigt hatte. Seit 2017 setzt er seine Qualitäten als dribbelstarker Techniker in Istanbul ein, wo er in den letzten Jahren zumeist gesetzt war, wenn er nicht – wie zuletzt mal wieder – verletzt ausfiel.

Im Sturmzentrum lauert mit Demba Ba ein weiterer Ex-Bundesligist. Der 34jährige Senegalese ist dank seiner 1,89 Meter kopfballstark und ein klassischer Knipser, auf den auch in der Schlussphase einer Partie immer noch Acht gegeben werden sollte. Seine internationale Karriere begann 2007 als ihn die TSG Hoffenheim für 3 Mio. Euro aus Belgien transferierte, mit ihm aufstieg und furios in der 1. Bundesliga durchstartete. In 106 Spielen für Hoffenheim markierte Ba insgesamt 50 Tore, womit er sich zu Höherem berufen fühlte. Um seinen Wechsel nach England zu erzwingen, verweigerte er 2011 die Reise ins Hoffenheimer Trainingslager und wurde anschließend vom Sohn der herzensguten Mutter Hopp für West Ham freigestellt. Insgesamt kam er dort, in Newcastle und bei Chelsea auf 99 Einsätze und 43 Tore in der Premier-League, wobei er in London zuletzt nur noch Ergänzungsspieler war. Es folgten die Stationen Besiktas und Shanghai ehe er im Januar 2019 bei Basaksehir landete und in den ersten sieben Spielen gleich fünfmal traf. Danach verlor er aber aufgrund ständiger Verletzungen bald seinen Stammplatz und wurde zuletzt vornehmlich als Edeljoker eingesetzt.

Die jüngere Konkurrenz zu den großen Stürmernamen

Die meisten Spiele im Mittelsturm kann in dieser Saison bislang Enzo Crivelli vorweisen, ein 24jähriger Franzose, der einst aus der Jugend von Girondins Bordeaux emporstieg und nach weiteren Stationen beim SC Bastia, SCO Angers und SM Caen vor dieser Saison nach Istanbul wechselte. In 125 Spielen in der Ligue 1 markierte er 23 Tore, war insgesamt aber selten unumstritten. Er ist weniger der ganz große Torjäger als vielmehr jemand, der die Bälle gerne verlängert und für seine Mitspieler ablegt.

Ein aus Borussen-Sicht hoch interessanter Spieler ist Fredrik Gulbrandsen, der ebenfalls vor dieser Spielzeit nach Istanbul wechselte, nachdem er vom Boulevard zwischenzeitlich mit Borussia in Verbindung gebracht worden war. Dies hatte aber vornehmlich damit zu tun, dass er zuletzt unter Marco Rose bei RB Salzburg gespielt und dort in 107 Partien 32 Tore markiert hatte. Letztes Jahr war er besonders im Europacup erfolgreich, nämlich fünfmal in neun Spielen. Seine Stärken liegen u. a. im Dribbling. Der 27jährige hat sich trotz seiner jüngsten Erfolge in Österreich noch nicht nachhaltig für die norwegische Nationalmannschaft empfehlen können, für die er 2014 und 2016 nur drei Kurzeinsätze absolvierte. Zu Saisonbeginn war er auch bei Basaksehir noch nicht sonderlich gefragt. In Rom und bei Besiktas spielte er zuletzt aber von Beginn an, und bereitete im Lokalderby den Führungstreffer von Crivelli vor.

Wundertüte Basaksehir

Während beim Wolfsberger AC ziemlich genau vorherzusehen war, wie die Mannschaft sowohl personell als auch taktisch auflaufen würde, ist Basaksehir eine echte Wundertüte. Der türkische Vizemeister wird den Anspruch haben, als Favorit in die Heimpartie zu gehen – ganz besonders diese bizarre Ansammlung von Egozentrikern, die sogar über mehr Länderspiele, WM- und EM-Einsätze sowie Straftaten verfügt als der Kader des FC Bayern München. In der vergangenen Saison gelang es Erfolgstrainer Avci, diese individuell (einst) hochklassigen Einzelkämpfer zu einer funktionierenden Einheit zusammenzuschweißen, die daher knapp vor der türkischen Meisterschaft stand. Seinem Nachfolger ist dies in dieser Saison bislang noch nicht gelungen, zumal der Kader noch einmal kräftig durcheinander gewürfelt wurde und die Stars alle ein weiteres Jahr älter geworden sind.

Es ist schwer einzuschätzen, wer am kommenden Donnerstag überhaupt zur Verfügung stehen wird. Gegen die Roma fehlten z. B. Robinho, Skrtel und Elia. Sollten die Stars weitgehend fit sein, so ist ihnen in einem einzelnen Spiel vieles zuzutrauen. Mit ihrer großen Erfahrung sind sie solche Endspielsituationen gewohnt und können Borussia daher vor eine große Herausforderung stellen. Aufpassen müssen die Gladbacher speziell auf ihrer linken Abwehrseite, wo ihnen mit Visca Istanbuls Topspieler begegnen wird. Vor der Gefährlichkeit eines Turan wird man die Borussen-Fans nach den Erfahrungen aus 2012 nicht mehr explizit warnen müssen.

Allerdings braucht sich Borussia vor diesem Gegner ganz bestimmt nicht zu verstecken, denn anders als es bei diesen Namen noch vor 5-10 Jahren der Fall gewesen wäre, verfügt Borussias Kader aktuell über eine höhere Qualität. Zudem kommt es Marco Rose und seiner Spielidee entgegen, dass die Türken aktiv um Spielkontrolle bemüht sein sollten, in ihrer Defensive aber gerade bei schnellen Gegenangriffen sehr anfällig sind. Wenn Borussias Trainer seine Mannschaft taktisch klug einstellt, es ihr gelingt, den überalterten Gegner mit schnellem Angriffsfußball müde zu spielen und die Stürmer dann auch noch ihre Chancen etwas effizienter nutzen als zuletzt, sollte ein Auswärtssieg im Bereich des Möglichen sein.

Potentielle Topelf: Günok – Caicara, Skrtel, Epureanu, Clichy – Visca, Tekdemir, Topal, Robinho, Turan – Crivelli