Auf nach Danzig

Es mutet absurd an, dass der Spitzenreiter der Bundesliga in der Europa League auf dem letzten Gruppenplatz steht und am Wolfsberger AC zu scheitern droht. Während die Österreicher am Donnerstag ab 18.55 Uhr in Istanbul antreten müssen, steht für Borussia die vermeintlich schwierigste Partie beim Gruppenfavoriten und -tabellenführer AS Rom an. Da sich dieser zuletzt aber in keiner guten Form präsentiert hat und ihn zudem akute Verletzungssorgen plagen, sollte die Fohlenelf selbstbewusst ins römische Olympiastadion reisen. Dieses fasst über 70.000 Zuschauer (davon rund 5.600 im Gästebereich) und empfing im ersten EL-Heimspiel gegen Basaksehir gerade einmal 21.348 Menschen, sodass Borussias Fans ausreichend Platz und Gelegenheit haben werden, sich lautstark bemerkbar zu machen.

Diese Unterstützung wird die Elf von Marco Rose dringend nötig haben nach den indiskutablen Leistungen in den ersten beiden Spielen dieser Europa League. Mut machen sollten die letzten Auftritte in der Bundesliga, wenngleich die Ausbeute in den Spielen gegen Topteams bislang überschaubar ausfällt. Personell wird Marco Rose u. a. auf Alassane Plea und Raffael verzichten müssen. Lars Stindl wäre eine theoretische Alternative. Es ist aber damit zu rechnen, dass Rose ihn nach der langen Verletzung zunächst langsamer aufbauen und daher einen Dreiersturm aus Herrmann, Embolo und Thuram für die Startformation bevorzugen wird. Lazlo Benes könnte eine Verschnaufpause gegönnt und Florian Neuhaus eine neue Chance geboten werden. In der Abwehr verzichtet Rose freiwillig auf Matthias Ginter, der daher weiter durch Tony Jantschke vertreten wird, was diesem zuletzt hervorragend gelang.

Mit Platz 6 deutlich unter den eigenen Ansprüchen

Vom Spielerpotential befindet sich die Roma auf einem ähnlichen Top-Niveau wie Dortmund und Leipzig, gegen die Borussia zwar jeweils gut mitgehalten aber verloren hat. Allerdings ist es ihr im bisherigen Saisonverlauf noch nicht gelungen dies abzurufen. In den ersten 10 Pflichtspielen dieser Saison zeigte der Hauptstadtklub einzig beim 4:0 gegen Basaksehir eine rundum überzeugende Leistung. In der Serie A befindet er sich damit trotz eines relativ leichten Startpogramms nach acht Partien mit 13 Punkten auf einem unbefriedigenden 6. Platz. Zuletzt gab es ein fast schon peinliches 0:0 beim Tabellenletzten Sampdoria Genua, nachdem zuvor schon daheim gegen Cagliari und in Wolfsberg nur ein Remis erzielt wurde.


Damit liegt die Mannschaft aktuell auf demselben Rang, den sie auch zum Ende der vergangenen Spielzeit belegte und der den Ansprüchen des dreifachen italienischen Meisters nicht gerecht wird. Seit 1998 schloss die Roma jede Saison in der Serie A auf einem einstelligen Tabellenplatz ab. Nachdem der Verein gegen Ende des vorigen Jahrzehnts kurz vor der Insolvenz stand, erwarb 2011 ein US-amerikanisches Konsortium die Aktienmehrheit und bestimmt seitdem die Geschicke des Vereins. Für die Außenwirkung wurde mit Mia Hamm ein populäres US-Gesicht in den Vorstand berufen. Mit Hilfe der deutlich verbesserten finanziellen Möglichkeiten landete der Verein ab 2014 fünfmal in Folge in den Top 3, sodass die Mannschaft zuletzt regelmäßiger Gast in der Champions League war.

Viel Erfahrung in Europa

Wie in der Liga so war auch das letztjährige Abschneiden in der europäischen Königsklasse unbefriedigend, verlor man doch bereits im Achtelfinale unglücklich gegen den FC Porto nach Verlängerung. In der Gruppenphase war hinter Real Madrid der zweite Platz errungen worden, wobei es im letzten Gruppenspiel eine Niederlage bei Viktoria Pilsen gab, weil die bereits qualifizierten Römer einige Stammspieler schonten. Gute Nachrichten also ggf. für den Wolfsberger AC, der in der letzten Partie ins Olympiastadion reisen darf. Umso wichtiger wird es für Borussia sein, in den beiden bevorstehenden Begegnungen gegen die Italiener zu punkten, um die Tabellenlage bis zum letzten Spieltag offen zu halten.

UEFA2017/18 konnte einer der größten Erfolge der römischen Vereinsgeschichte gefeiert werden, als durch ein begeisterndes 3:0 über den FC Barcelona (nach 1:4 im Hinspiel) das Halbfinale erreicht wurde. Dort hätte man das Kunststück beinahe wiederholt, einen Drei-Tore-Rückstand aus dem Hinspiel (2:5) daheim noch zu drehen. Das Team von Jürgen Klopp kam in Rom aber mit einem 2:4 und einem blauen Auge davon. Analog zur Borussen-Historie war der FC Liverpool auch für die Roma mehrfach der ultimative Stimmungskiller. Im Finale des Europapokals der Landesmeister 1983/84 gewannen die Reds nach Elfmeterschießen, weshalb die Roma bis heute auf einen internationalen Titel wartet.

Gegen deutsche Teams ist die Bilanz der Associazione Sportiva ausgeglichen. 16 Siegen stehen gleich viele Niederlagen und drei Unentschieden gegenüber. Zuletzt wurden 2015/16 gegen Bayer Leverkusen 4 Punkte (3:2 und 4:4) geholt. Im Jahr davor gab es gegen Bayern München eine historische 1:7-Pleite und damit ein Ausscheiden in der Gruppenphase.

Zum dritten Mal tritt der Hauptstadtklub in der Europa-League-Gruppenphase an. Bislang wurde diese stets als Spitzenreiter abgeschlossen. Acht Siege, fünf Remis und nur eine Niederlage in den Gruppenspielen deuten an, dass der Verein den Wettbewerb tatsächlich ernst nimmt, was nicht bei allen italienischen Topklubs stets der Fall ist.

Abschied von Vereinslegenden

Emotional mussten die Fans der Giallorossi in den vergangenen Jahren einiges durchleiden. Nachdem Vereinslegende Francesco Totti 2017 mit 40 Jahren seine aktive Karriere beendet hatte, verließ er den Verein vor dieser Saison endgültig, wobei er zwischenzeitlich als Manager tätig war, sich aber nicht ausreichend in die Vorgänge im Verein eingebunden fühlte. Zudem beendete mit Daniele de Rossi eine weitere Klubikone mit 36 Jahren seine Laufbahn. Mit Salah, Alisson und Rüdiger konnten in den letzten Jahren zudem einige Topstars nicht gehalten werden.

Eher unfreiwillig musste der in Sevilla ähnlich legendäre Monchi aufgrund der schwachen Vorsaison seinen Posten als Sportchef räumen. Seine zumeist perspektivischen Einkäufe, wie die von Zanioli, Cristante, Pastore oder Kluivert könnten sich allerdings in dieser Saison noch bezahlt machen. Auch Trainer Eusebio di Francesco überlebte den tabellarischen Rückfall im vergangenen Jahr nicht, sondern wurde noch im März 2019 durch Übergangstrainer Claudio Ranieri ersetzt. Zur neuen Saison sitzt nun der Portugiese Paulo Fonseca auf der Trainerbank. Der 46jährige hatte 2012 den FC Pacos de Ferreira auf Platz 3 und damit in die Qualifikationsrunde zur Champions League geführt, wodurch der FC Porto auf ihn aufmerksam wurde und ihn verpflichtete. Nach einem Pokalsieg mit Sporting Braga 2016 wechselte er in die Ukraine und führte Shakthar Donezk in den letzten Jahren dreimal in Folge zum Double. Dabei sorgte er in der Champions League für Aufsehen als er nach einem 2:1-Sieg über Manchester City als Zorro verkleidet zur Pressekonferenz erschien.

Verletzungssorgen

Fonseca pflegt einen offensiv-dominanten Ballbesitzfußball, was der Gegenpressing-Taktik von Gladbachs Rose entgegenkommen könnte. Aufpassen muss Borussia bei Standards, da die Römer einige sehr kopfballstarke Akteure und in Kolarov einen gefürchteten Freistoßschützen mitbringen. Hier könnte sich der Ausfall von Ginter dann doch bemerkbar machen, da Jantschke in der Luft überschaubare Qualitäten mitbringt.

Außerdem verfügen die Italiener über enormes Potential auf den Außenbahnen und mit Edin Dzeko über einen der torgefährlichsten Strafraumstürmer Europas. Jener wird nach einem doppeltenMarco Rose Bruch seiner Wangenknochen mit einer Spezialmaske ins Spiel gehen müssen. Auf ihn verzichten kann Fonseca schon deshalb nicht, weil sich sein Ersatz Nikola Kalinic in Genua verletzte und für die beiden Partien gegen Borussia ausfallen wird. Gleiches gilt für den bislang gesetzten Mittelfeldstrategen Bryan Cristante, sodass auch das defensive Mittelfeld durch den zusätzlichen Ausfall von Amadou Diawara arg geschwächt wird. Der bereits etwas länger am Mittelfußknochen verletzte Pellegrini könnte frühestens für das Rückspiel im Borussia-Park eine Alternative sein. Ersatz-Innenverteidiger Davide Zappacosta fällt mit Kreuzbandriss länger aus. Henrikh Mkhitaryan und Cengiz Ünder sind nach ihren Verletzungen zudem für das Hinspiel am Donnerstag zumindest noch fraglich, sodass die Roma mit einem arg gerupften Team in die Partie gehen wird.

Bei aller Unsicherheit über das Personalpuzzle, das Trainer Fonseca – auch mit Blick auf das bevorstehende prestigeträchtige Ligaspiel beim AC Mailand am kommenden Sonntag – zu lösen haben wird, gibt es zumindest in der Defensive einige Konstanten:

Offensivfreude beim Torwart und auf der Außenbahn

Im Tor ist Pau Lopez gesetzt, der derzeitig dritte Torwart der spanischen Nationalmannschaft hinter Kepa und de Gea. Der 24jährige kam zu Saisonbeginn für 23,5 Mio. € von Betis Sevilla, wo er sich in der vergangenen Saison ins Rampenlicht hielt. Eine einjährige Ausleihe nach Tottenham in der Saison 2016/17 verlief dagegen noch wenig erfolgreich. Inzwischen hat er sich aber deutlich gesteigert und ist bemüht, in Rom die großen Fußstapfen des Brasilianers Alisson zu füllen, was seinem Vorgänger Robin Olsen in der letzten Saison nicht gelungen war. Der 1,89 Meter große Lopez ist ein aktiver mitspielender Torhüter, der gut mit dem Ball umgehen und ins Aufbauspiel mit einbezogen werden kann. Durch sein offensives Libero-Spiel lockt er die Gegner gerne aus der Reserve, verursacht aber des Öfteren Elfmeter. Er ist sehr selbstbewusst und heißblütig, kann gut mit Druck umgehen, und hat zudem Stärken im 1-1.

Der auf der defensiven Außenbahn polyvalent einsetzbare Leonardo Spinazzola wurde zuletzt primär rechts benötigt. Der 26jährige stammt aus der Jugend von Juventus, von wo aus er innerhalb Italiens öfter verliehen wurde, ehe er zu Saisonbeginn für 29,5 Mio. € final nach Rom wechselte. Der 7fache Nationalspieler ist sehr schnell und technisch stark. Er gilt als guter Dribbler, wodurch man auf die Duelle mit Marcus Thuram gespannt sein darf. Auch seine Flanken sind ordentlich, allerdings ist er im Zweikampf eher schwach und kämpft nach einer längeren Knieverletzung 2018 immer noch um seine Bestform.

An seiner Stelle könnte grundsätzlich auch Allesandro Florenzi auflaufen, der angesichts der Verletztenmisere aber vermutlich eher im rechten Mittelfeld benötigt wird. Der Teamkapitän war 2016 EM-Teilnehmer und kommt bereits auf 34 Länderspiele. 2015 sorgte er beim 1:1 in Barcelona für Furore, als er Marc-Andre ter Stegen aus 40 Metern Entfernung überwand. Der 28jährige spielt gerne lange Bälle, die aber nicht immer so zielgenau ankommen wie an jenem Abend in Katalonien. Dafür fängt er aber gerne Pässe des Gegners ab und eignet sich daher gut für das Umschaltspiel. Auch seine Flanken sind durch den dankbaren Abnehmer Dzeko stets gefährlich. Seine Schwächen liegen dagegen im Tackling und im Kopfballspiel.

Auf der linken Abwehrseite ist derzeit Aleksandar Kolarov gesetzt. Der 33jährige ist eine Waffe bei Distanzschüssen und Freistößen, die er auch aus größerer Entfernung gefährlich aufs Tor bringt. Im Vorjahr traf er 8 Mal in der Serie A und diese Saison auch schon dreifach – davon zweimal per direktem Freistoß. Der 86fache serbische Nationalspieler und zweifache WM-Teilnehmer war von 2010 bis 2017 bei Manchester City und hat daher bereits vier Pflichtspiele gegen die Fohlenelf absolviert. Da er zuvor auch schon bei Lazio aktiv war, gilt er bei einigen Roma-Fans als umstritten, nicht aber bei seinem Trainer.

Kopfballstarke Innenverteidigung

Mit 323 Einsätzen in der Premier League nicht weniger erfahren ist Innenverteidiger Chris Smalling, der sich nach einer Verletzung zum Saisonstart zuletzt zum Abwehrchef entwickelt hat. Der 29jährige ist 31facher englischer Nationalspieler und spielte neun Jahre lang für Manchester United, ehe er zu dieser Saison zur Roma wechselte. Mit seinen 1,94 Metern ist er ebenso kopfball- wie zweikampfstark. Technisch ist er dagegen eher schwach und daher für die Spieleröffnung wenig geeignet.

An seiner Seite hat sich in den letzten Wochen etwas überraschend Gianluca Mancini festgespielt. Auch er ist mit 1,90 Metern ein ziemlicher Hüne und daher kopfballstark. Außerdem verfügt er über ein gepflegtes Kurzpassspiel. Der 23jährige geht sehr aggressiv in die Zweikämpfe und an die Grenze des Erlaubten, die er nicht selten überschreitet.

Mancini hat zuletzt den zuvor gesetzten Argentinier Federico Fazio verdrängt, der 1,95 Meter groß und damit – völlig überraschend – sehr kopfballstark und gefährlich bei Standards ist. Im Vorjahr erzielt er so immerhin fünf Treffer. Seine Schnelligkeitsdefizite macht der WM-Teilnehmer von 2018 durch ein ordentliches Stellungsspiel wett. Bis zur Genesung von Smalling galt er als Abwehrchef und Führungsspieler. Je nach Verletztenlage könnte er am Donnerstag auch ein Kandidat fürs defensive Mittelfeld sein, wo personeller Notstand herrscht.

Ebenfalls in die Reserverolle verdrängt wurde Juan Jesus. Der 28jährige Brasilianer ist mit seinen 1,85 Metern so etwas wie der Zwerg unter den römischen Innenverteidigern. Er wäre zudem eine Alternative für die Linksverteidigung, falls Kolarov geschont werden sollte. Er ist ein zweikampfstarker, solider Backup, der aber nicht nur im Kopfballspiel Schwächen aufweist.

Ersatzgeschwächtes defensives Mittelfeld

Im defensiven Mittelfeld sollte eigentlich der 24jährige Bryan Cristante zum Einsatz kommen, der in seinem zweiten Jahr bei der Roma zuletzt den Durchbruch geschafft zu haben schien, jetzt aber erst einmal verletzungsbedingt zurückgeworfen wird. Noch schwerer wiegt der Ausfall von Amadou Diawara aus Guinea, der für seine 22 Jahre schon extrem erfahren ist und bereits 84 Spiele in der Serie A vorweisen kann. Mit seinem überragenden Passspiel kann er Abwehrreihen gut überspielen und ist für ein schnelles Umschaltspiel sehr geeignet, sodass er Borussias manchmal etwas träge Defensive leicht hätte in Bedrängnis bringen können. Die Riege der verletzten Mittelfeldspieler komplettiert Lorenzo Pellegrini, der etwas offensiver ausgerichtet ist als die beiden zuvor genannten Spieler. Mit seinen 23 Jahren sollte er in dieser Saison den nächsten Karriereschritt machen und zum Topspieler aufsteigen. Nach 4 Torvorbereitungen in den ersten vier Partien wurde er durch seine Verletzung gebremst. Als Box-to-Box-Spieler ist er sehr dynamisch, konditionsstark, passsicher und beidfüssig stark bei Fernschüssen. 

An ihrer Stelle führt jetzt im defensiven Mittelfeld am französischen U21-Nationalspieler Jordan Veretout kaum ein Weg vorbei. Der 26jährige wurde vom AC Florenz zunächst ausgeliehen, muss im nächsten Jahr aber für 19 Mio. € gekauft werden. Er bringt im Vergleich zu den verletzten Talenten Pellegrini und Diawara mehr Erfahrung mit und ist ein technisch starker Spielmacher.

An seiner Seite könnte Javier Pastore auflaufen (müssen), der grundsätzlich eher im offensiven Mittelfeld beheimatet ist und 2018 für 24,7 Mio. € aus Paris kam. Für PSG hatte er 269 Spiele absolviert ehe er durch den Kaufrausch des Katar-Klubs seinen Stammplatz verlor. Ein ähnliches Schicksal widerfuhr ihm in dieser Saison bei der Roma u. a. durch den Transfer von Henrik Mkhitaryan. Pastore ist ein eleganter Techniker mit Stärken im Dribbling und bei potentiell tödlichen Pässen. In der Luft hat er trotz seiner 1,87 Meter Schwächen. Auch er war zuletzt verletzt, konnte in Genua aber in den Kader zurückkehren und wurde dort bereits nach 8 Minuten für den seinerseits verletzten Cristante eingewechselt.

Junge Wilde im offensiven Mittelfeld

Die Rolle im zentralen oder linken offensiven Mittelfeld füllte zuletzt Nicolo Zaniolo aus, der in der Vorsaison eine der wenigen positiven Überraschungen war und sich am 2. Weihnachtstag mit einem Sololauf von der Mittelinie ähnlich wie einst Marco Reus bei Borussia in die Herzen der Fans spielte. Fast noch beliebter als er selbst ist seine Mutter Francesca Costa, die in Italien als Instagram-Star gilt und für die der Begriff MILF einst erfunden wurde. Ihr 20jähriger Sohn gab im März bereits sein Debüt für die Nationalmannschaft, wenngleich er bislang primär für die U21 eingeplant ist. In Italien wird er teilweise schon als Nachfolger von Andrea Pirlo und bei der Roma von Totti gehandelt, weshalb es bereits Interesse von Real, Tottenham, Juventus und den Bayern gegeben haben soll, ihn im letzten Sommer zu verpflichten. Ein vermeintliches 50 Mio.-Angebot des deutschen Rekordmeisters soll die Roma aber abgelehnt haben. Zaniolo ist spielfreudig, technisch stark und kreativ. Für sein Alter ist der Linksfuß zudem erstaunlich abgeklärt. Das Kopfballspiel kann der 1,90 Meter große Youngster aber noch verbessern. Außerdem spielt er für einen Spieler mit seinen Qualitäten erstaunlich unfair, sodass er im Vorjahr 11 Gelbe Karten kassierte. Sollte auch noch der angeschlagene Dzeko ausfallen, müsste Zaniolo vermutlich als „falsche 9“ noch weiter vorne agieren. Für einen „Stürmer“ ist er aber bislang noch zu wenig torgefährlich.

Ein weiterer berühmter Sohn ist auf der linken oder rechten Außenbahn zuhause. Justin Kluivert ist aber nicht nur Patricks Zögling, sondern mit seinen 20 Jahren inzwischen auch schon eine feste Größe bei der Roma. Er wechselte im Sommer 2018 für 17,25 Mio. € von der niederländischen in die italienische Hauptstadt. Klein Kluivert ist beidfüssig, schnell, stark im Dribbling und im Passspiel. Ausbaufähig ist bislang noch seine Torgefährlichkeit. Auch für ihn gilt wie für Zaniolo, dass die Roma im Normalfall nur eine Zwischenstation sein dürfte für einen späteren Wechsel zu einem (noch) größeren Verein.

Angeschlagene Kandidaten für das offensive Mittelfeld

Weniger Perspektive, aber dafür mehr Erfahrung bringt der 31jährige Diego Perotti mit, der auf Linksaußen eine Alternative darstellt, sofern Ünder und Mkhitaryan beide ausfallen. Der 5fache argentinische Nationalspieler wurde in seiner Karriere selbst immer wieder durch Verletzungen zurückgeworfen. Er gilt als starker Dribbler, der dadurch viel gefoult wird. Torgefährlich wird er dabei aber nur selten: In 113 Spielen für die Roma markierte er lediglich 26 Treffer – davon die Hälfte per Elfmeter.

MickynochwasTorgefährlicher ist bekanntlich Henrikh Mkhitaryan, der dies in Donezk, Dortmund und Manchester über viele Jahre unter Beweis gestellt hat und Anfang September für ein Jahr nach Rom verliehen wurde, da er sich in England zuletzt nicht mehr wohl fühlte. Als kreativer Filigrantechniker sollte er in Italien besser zurechtkommen. In seiner Dortmunder Zeit traf er – genauso wie Teamkollege Dzeko – in fünf Spielen gegen Borussia dreimal. Seinen Wechsel nach Deutschland erzwang er 2013 mit seinem streitbaren Berater Mino Raiola dadurch, dass er das Trainingslager schwänzte. Drei Jahre später wiederholte sich die Geschichte als es ihn nach England zog. Raiola berief sich auf eine mündliche Zusage des BVB zu einem Wechsel, die es laut Watzke nie gegeben haben soll. Ein „herrlicher“ Vorgang, der in der Dortmunder Vereinsgeschichte alles andere als einzigartig ist.

Mkhitaryans Einsatz am Donnerstag ist ebenso fraglich wie der von Cengiz Ünder, der  2017 für 14,25 Mio. € von Gruppengegner Basaksehir kam und sich in Rom bislang noch nicht durchgängig als Stammspieler bewähren konnte. Trotzdem wurde der verletzungsanfällige Türke voriges Jahr bei den Bayern als Robben-Nachfolger gehandelt. Der 22jährige Linksfuß ist torgefährlich, hat aber noch Schwächen im Defensivspiel. Er spielt manchmal etwas eigensinnig, ist aber mit seinen 1,73 Metern schnell und quirlig.

Angeschlagene Torgefahr im Sturm

Weiter geht es mit den angeschlagenen Offensivkräften, und zwar mit dem vielleicht wichtigsten Spieler im Kader: Edin Dzeko ist auch mit seinen 33 Jahren immer noch einer der torgefährlichsten Spieler Europas. Statistisch trifft er in jedem zweiten Spiel und ist in 2/3 aller Spiele an einem Tor beteiligt. Dank seiner 1,93 Meter ist der bosnische Rekordnationalspieler kopfballstark, aber auch auf dem Boden weiß er stets, wo das Tor steht. 2010 war er in der Bundesliga und 2017 in der Serie A Torschützenkönig. Durch sein Alter ist er nicht mehr der allerschnellste und hält sich mit der Defensivarbeit gerne zurück. Zudem ist er manchmal undiszipliniert, so Anfang des Jahres, als er beim peinlichen Viertelfinalaus in der Coppa Italia (1:7 in Florenz) den Schiedsrichter bespuckte. Eigentlich hätte er am letzten Wochenende in Genua noch geschont werden sollen, was aber durch die Verletzung seines Vertreters, dem von Atletico Madrid ausgeliehenen Nikola Kalinic, nur bis zur Halbzeit gelang. Inwieweit ihn die Maske beeinträchtigen wird, dürfte eine der spannendsten Fragen für den kommenden Donnerstag sein, da ein Edin Dzeko in Bestform stets eine gefährliche Waffe darstellt.

Betrachtet man die nationalen Auftritte beider Teams in den letzten Wochen, müsste Borussia gar als Favorit in die Begegnung gehen. Allerdings verfügt die Roma über weit größere internationale Erfahrung und ist selbst ersatzgeschwächt immer noch ein harter Brocken – selbst für den Bundesliga-Spitzenreiter.

Roma: Lopez – Spinazzola, Mancini, Smalling, Kolarov – Veretout, Pastore – Florenzi, Zaniolo, Kluivert – Dzeko

Gladbach: Sommer – Lainer, Jantschke, Elvedi, Wendt – Kramer, Neuhaus, Zakaria – Herrmann, Embolo, Thuram

Seitenwahl-Tipps

Michael Heinen: Unter normalen Umständen sollten die international erfahrenen Römer im eigenen Stadion eine Nummer zu groß sein für die neuformierte Borussia. Nach den Erfahrungen der letzten Wochen ist die Partie aber völlig offen und dem Team von Marco Rose bieten sich alle Chancen – wenn sie sich in der Europa League endlich einmal so präsentiert wie zuletzt in der Bundesliga. Dies gelingt, weshalb es am Ende zu einem 1:1-Achtungserfolg reicht, der die Hoffnung auf ein Überwintern am Leben hält.

Mike Lukanz: Jaja, Europa League ist ja auch noch. Reisen nach Rom sind immer klasse, es gibt viel zu sehen, leckeres Essen, gute Weine und Kaffee. Nach dem 0:2 gegen abgezocktere Gastgeber ist das Thema Europacup dann auch wieder vobei, bevor es angefangen hat. Kann ich noch einmal die Bundesligatabelle sehen, bitte?

Claus-Dieter Mayer: Endlich kann die Borussia auch in der Europa League eine überzeugende Leistung hinlegen und der AS Rom braucht beim 1:0-Heimsieg nicht nur eine Menge Routine, sondern auch etwas Glück. Das Jammer danach sollten sich die Fohlen jedoch sparen, denn das Weiterkommen in der EL wurde gegen Wolfsberg und in Istanbul verpasst und nicht in Rom.

Uwe Pirl: Das Wechselspiel geht weiter. Einer guten Leistung in der Bundesliga folgt eher durchwachsenes in Europa. Nach der 0:2-Niederlage in Rom kann man sich auf die Bundesliga konzentrieren.

Thomas Häcki: Beeindruckend, wie die Borussia in der ewigen Stadt auftritt und den spinnenden Römern die Stirn bietet. Leider reicht das 0:0 nicht wirklich und das germanische Dorf am Niederrhein schwebt in größter Gefahr.

Christian Spoo: Die Europapokalborussia gibt sich die Ehre. Nach dem 0:3 in Rom können die Fans ihr DAZN-Abo getrost kündigen.