Dank einiger richtiger Umstellungen in der Startelf, etwas Spielglück und der am Ende größeren individuellen Qualität auf dem Platz konnte Borussia mit dem 3:1 gegen den FSV Mainz 05 den befürchteten Fehlstart in die Rückrunde vermeiden und setzt ihre Siegesserie im Borussia-Park fort. Interessant wurde es dann noch in einigen Aussagen der Trainer nach dem Spiel – sowohl in Gladbach als auch in Frankfurt, wo RB Leipzig erstmals wieder einen Dämpfer hinnehmen musste. 

In die Clubs der Stadt sollten die Spieler an diesem Wochenende gehen, sagte Marco Rose auf der Pressekonferenz. Dass er so großzügig Freigang anordnete und auch erst Dienstag wieder zum Training bittet, lag natürlich auch am kurz davor beendeten, erfolgreichen Spiel. Borussia brannte zwar kein Feuerwerk ab, tat sich streckenweise sogar schwer, zeigte aber die richtige Reaktion nach der 0:2-Niederlage auf Schalke in der Woche zuvor. Auch wenn die Gäste aus Mainz erfreulich viel zum durchaus unterhaltsamen Spiel beitrugen, ging der Sieg für die Heimmannschaft mehr als in Ordnung. Dass Mainz‘ Trainer Achim Beierlorzer ein Unentschieden gerechter gefunden hätte, sei der Subjektivität seines Amtes entschuldigt. Die drei Punkte für Borussia waren, auch und vor allem mit Blick auf die Konkurrenz aus München, Leipzig, Dortmund und Schalke, extrem wichtig.  

Wie erwartet änderte Rose die Aufstellung im Vergleich zum Schalke-Spiel. Hofmann und Embolo mussten für Kramer und Stindl weichen, zudem rückte Nico Elvedi zurück in die Innenverteidigung und Fabian Johnson ersetzte den gelbgesperrten Stefan Lainer hinten rechts. Vor allem die Hereinnahmen von Stindl und Kramer zahlten sich aus, so war im Mittelfeld sichtbar mehr Stabilität und Ballkontrolle vorhanden, was etwas zu Lasten eines allzu aggressiven Pressings ging. Letztlich zeigte diese veränderte Herangehensweise nur, dass Rose durchaus bereit ist, von seinem Matchplan abzuweichen. Kramer und Stindl laufen zwar extrem viel, jedoch weniger aggressiv auf den ballführenden Gegenspieler als vielmehr in Räume, um angespielt zu werden (Stindl) oder um Löcher zu stopfen (Kramer). Dazu scheint, dass Breel Embolo effektiver wirkt, wenn er im Laufe des Spiels gegen einen müder werdenden Gegner eingewechselt wird.

Hervorzuheben ist, dass die Mannschaft den denkbar ungünstigen Start verkraftete und zurückschlagen konnte. Ein frühes 0:1 gegen einen defensiv agierenden Gegner nach einer Auftaktniederlage, das hätte durchaus Potenzial für eine aufkommende Krise gehabt. Zwar mussten zwei Standards und dazu eine bemerkenswert schläfrige Gäste-Abwehr herhalten, um das Spiel zu drehen, allerdings hatten sowohl Thuram (Lattentreffer) in der ersten Halbzeit als auch Embolo (Pfosten) in der zweiten jeweils Gelegenheit, das Spiel vorzeitig respektive aus dem Spiel heraus zu drehen und zu entscheiden. Am Ende waren es dann der wieder einmal überragende Yann Sommer und ein Geniestreich von Florian Neuhaus, die den verdienten Sieg klarmachten.

Natürlich bleibt viel Luft nach oben: Patrick Herrmann war bis auf seine Vorlage zum 2:1 unauffällig und fand keine Bindung zum Spiel, da er sich gegen tiefstehende Gegner nach wie vor schwertut. Fabian Johnson ist keine gleichwertige Alternative zu Lainer. Zudem hat die Mannschaft nach wie vor Probleme, Chancen aus dem Spiel heraus zu kreieren. Die Leichtigkeit und Dynamik, mit der in der Hinrunde teilweise gespielt worden war, fehlte auch gegen Mainz. Alassane Plea ließ sich oft auf die Zehnerposition zurückfallen und leitete Angriffe selbst ein, was für ihn und seine Ballsicherheit im Eins-gegen-eins spricht. Ebenso, dass Stindl dank seiner Spielintelligenz schnell merkte, wo er gebraucht wird und oft zwischen Zakaria und Kramer agierte, um im zentralen Mittelfeld Überzahl herzustellen.

Um bis zum Ende der Saison tatsächlich ganz oben dabei zu bleiben, wird es fitte und formstarke Außenverteidiger wie Lainer und Bensebaini brauchen, ebenso ein variableres Angriffsspiel. Es bleibt jedoch der positive Effekt, dass Borussia zumindest im eigenen Stadion die sogenannten Pflichtaufgaben bislang souverän und konstant löst. Ein Umstand, der dann schon für eine Spitzenmannschaft spricht.

Apropos Spitzenmannschaft. Dieses Attribut sprach Julian Nagelsmann seiner Mannschaft einmal mehr ab, der junge und unangenehm verbissen ehrgeizige Trainer von RB Leipzig wirkte nach der 0:2-Pleite in Frankfurt beleidigt bis genervt von seiner Truppe. Diese rhetorische Masche hatte Nagelsmann schon einmal angewandt nach einer Niederlage in der Hinrunde in Freiburg. Danach startete Leipzig eine beeindruckende Erfolgsserie, die bis zu diesem Wochenende anhielt.

Borussia ist nach diesen Ergebnissen wieder auf zwei Punkte an Leipzig herangerückt. Kommende Woche im direkten Duell wird sich also zeigen, welches Führungsmittel mehr Wirkung gezeigt hat: Der eigenen Mannschaft die Qualität absprechen - oder sie zum Feiern schicken.

Meinungen aus der SEITENWAHL-Redaktion:

Michael Heinen: Nach dem früher 0:1 war der Druck hoch, aber der Mannschaft ist es gelungen, sich im Laufe der Partie zu steigern und einen verdienten Sieg einzufahren. Auch wenn noch lange nicht alles gut war, galt es gegen Mainz in erster Linie die Punkte einzufahren.

Thomas Häcki: Ein hoch verdienter Sieg, auch in der Höhe. Die Borussia lässt sich von einem Rückstand nicht beeindrucken und beherrscht biedere Mainzer über die gesamte Spielzeit. Lediglich die mangelnde Chancenverwertung sorgt dafür, dass die Partie erst am Schluss entschieden wurde. Gegen Leipzig wird dies nicht reichen.

Christian Spoo: Die erste Halbzeit war die Fortsetzung vom Schalke-Spiel, obwohl der Gegner eine Klasse schwächer war. Nach der Pause fand das Team endlich besser in die Spur, wenngleich die maue Chancenverwertung ein Problem bleibt. Außerdem hätte es ohne Yann Sommer immer noch ein bitterer Nachmittag werden können. Fazit: Verdient, aber trotzdem etwas glücklich.