Copyright: Ulrich Hufnagel/Hufnagel PR

Schon zum fünften Mal in dieser noch jungen Saison kassierte Borussia in der Schlussphase den Ausgleich und verspielte so bereits 10 Punkte (6 in der Liga, 4 in der Champions League). So unnötig wie bei diesem 1:1 des FC Augsburg war es aber zuvor kein einziges Mal gewesen, denn in den vier vorangegangenen Partien konnte das finale Remis immerhin als verdient angesehen werden. Diesen Samstag war das anders, denn Borussia hatte den deutlich unterlegenen und dazu noch dezimierten Gegner jederzeit im Griff und hätte die Partie längst früher entscheiden müssen. Der Fahrlässigkeit in der Chancenverwertung folgte dann aber in der 88. Minute ein kollektiver Aussetzer der ansonsten stabilen Defensive, wodurch die Elf von Marco Rose jetzt erst einmal den Anschluss an die vorderen Tabellenplätze verloren hat.

Dabei kann man der Mannschaft über weite Strecken gar nicht so viel vorwerfen. Nach der frühen Führung spielte sie souverän im Stil einer Spitzenmannschaft und versäumte es lediglich, den zweiten und dritten Treffer nachzulegen. Chancen hierfür gab es zuhauf – diese wurden aber insbesondere von Herrmann, Wolf und Embolo zunichte gemacht. Diese drei hatten gemeinsam ihre Chance bekommen, weil Plea corona-bedingt ausfiel und Marcus Thuram nach seinen Länderspieleinsätzen für Frankreich geschont werden sollte.

Doch dies darf nicht als Ausrede für die unnötigen Punktverluste herhalten. Denn eine gewisse Rotation ist in der laufenden Saison alternativlos und auch die zur Verfügung stehende Formation war stark genug, um Augsburg keine ernsthafte Chance zu bieten. Hannes Wolf z. B. war sehr engagiert und auffällig, was ihm nicht nur beim Trainer wieder einmal Fleißpunkte eingebracht haben wird. Im Ergebnis wirkten seine Aktionen dann aber immer wieder unglücklich. Der letzte Pass oder Abschluss war fast immer verkehrt, was in manchen Situationen schon fast tragisch anmutete. Es lässt sich schon erkennen, welche Ansätze Rose bei seinem Schützling sieht, den er aus gutem Grund aus Leipzig befreite. Bislang fehlt Wolf aber noch einiges, damit er seinen Mehrwert jetzt schon in die Mannschaft einbringen kann.

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Breel Embolo hatte vor dem 1:0 eine gute Aktion und lief sich auch später immer wieder gut in Szene. Im Abschluss versagten ihm aber einige Male kläglich die Nerven, was ihn von seinen effizienteren Sturmkollegen Thuram und Plea unterscheidet. Für ihn gilt – ebenso wie für Wolf oder Herrmann – dass kontinuierliches Unglück auf Dauer nicht mehr nur allein mit Pech zu erklären ist. Sie bieten zwar eine relativ hochwertige B-Offensive, aber eben auch einen deutlichen Qualitätsunterschied gegenüber dem Topsturm.

Das ist allerdings keine Schande und ihnen nur bedingt anzulasten: Einen auf 18-20 Positionen gleichwertigen Kader auf absolutem Topniveau kann sich Borussia leider (noch) nicht leisten, was in der aktuellen Saison einen besonderen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Großklubs darstellt. Wenn zu der engen Spielplantaktung und Dreifachbelastung, dann auch noch mehrere Corona-Fälle bei wesentlichen Stammspielern hinzukommen, ist das doppelt bitter.

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Hinzu kommt: Durch die Vielzahl an Negativerlebnissen in der Schlussphase besteht jetzt zunehmend die Gefahr einer sich selbst erfüllenden Prophezeihung. Bei knapper Führung wird in den Köpfen jedes Spielers der Gedanke an die vorangegangenen Erfahrungen herumspuken und beim einen oder anderen zu einer Verunsicherung führen, die eine Wiederholung dieses Erlebnisses wahrscheinlicher werden lässt. Es wird nicht leicht für das Trainerteam, dies aus der Psyche der Mannschaft herauszubekommen.

Letztlich sollte sich die Mannschaft von diesen Rückschlägen nicht zu sehr zurückwerfen lassen, sondern an die eigene Stärke glauben. Obwohl die Bundesligasaison bislang noch recht holprig verläuft, befindet man sich in Schlagdistanz zu den anvisierten Europapokalplätzen. Die Top4 sind bislang deutlich besser in Form und daher schon einige Punkte entrückt. Aber das war bereits zu Saisonbeginn klar: Damit es für die Champions-League reicht, benötigt Borussia eine gute Saison, in der sehr vieles richtig laufen muss. Bislang läuft leider noch einiges falsch, was sich aber in den kommenden Monaten noch ändern kann. Von den Mannschaften ab Platz 5 weist Gladbach die höchste Qualität auf. Am kommenden Mittwoch kommt ein Gegner in den Borussia-Park, gegen den die Mannschaft dies noch vor wenigen Wochen eindrucksvoll bewiesen hat. Die Saison ist noch lang und es wird noch einiges passieren: Aber auf lange Distanz setzt sich Qualität meist durch, sodass es keinen Grund gibt, vom Saisonziel eines Europapokal-Platzes auch nur einen Deut abzurücken.

 

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