stuttgart neuMitte Mai, vorletztes Spiel der Saison und Borussia Mönchengladbach hat noch die Chance, sich für einen internationalen Wettbewerb zu qualifizieren. Normalerweise wäre die Borussenwelt vor dem vorletzten Spieltag in der Situation einigermaßen in Ordnung und man würde den letzten beiden Spielen und den noch offenen Entscheidungen entgegen- und mit der Mannschaft mitfiebern.

In diesem Jahr ist aber vieles anders. Das betrifft nicht nur die Abwesenheit von Zuschauern in den Stadien. Das betrifft auch nicht in erster Linie den Umstand, dass der internationale Wettbewerb, für den Borussia Mönchengladbach sich noch qualifizieren kann, nur die sogenannte Conference League ist, also die dritte Liga der europäischen Klubwettbewerbe. Auch damit könnte man wohl leben, hätte man das Gefühl, dass über den Verlauf der Saison hinweg alles für ein besseres Ergebnis getan worden wäre. Aber genau das ist der Punkt, warum in diesem Jahr die Saison seit einigen Wochen irgendwie ausplätschert – die Vielzahl an Enttäuschungen, die den Eindruck dieser Saison dominieren und dabei die herbstlichen Highlights wie Donezk, Mailand oder Madrid und die wenigen guten Spiele in der Bundesliga klar überdecken, die Art und Weise, wie manche Niederlage zustande gekommen ist, erwecken eben nicht den Eindruck, als habe sich jeder mit voller Energie auf ein gemeinsames Ziel fokussiert.

Über viele Punkte – sei es das mangelnde kollektive Defensivverhalten, sei es die beängstigende Abwesenheit von Sprints und intensiven Läufen (also genau das, was der Trainer angeblich predigt), sei es die zeitweise Einfallslosigkeit, wenn Pressing im Spiel nach vorn nicht funktioniert, sei es die Emotionslosigkeit, fast schon Gleichgültigkeit, mit der das alles von Teilen der Protagonisten hingenommen wird – muss man nach der Saison reden (auch wenn den einen oder anderen Passanten das alles nicht mehr interessieren wird).

Vorher steht aber erst einmal das Spiel gegen den VfB Stuttgart auf dem Programm. Dort ist die Stimmung anders. Als Aufsteiger in die Saison gestartet darf der aktuelle 10. Tabellenplatz durchaus als Erfolg gewertet werden und das wird er auch. Dem Verein kam für seinen fußballerischen Ansatz im Laufe der Saison die verdiente Anerkennung zu. Obwohl Pellegrino Materazzo sicherlich auch das eine oder andere Angebot oder wenigstens Anfragen erhalten haben dürfte, blieb dem Verein aufgrund der frühzeitigen Verlängerung ein Trainertheater erspart. Dem gegenüber dreht sich das Personalkarussell im Team recht munter – nach den feststehenden Abgängen von Gonzalo Castro und Kempf und der Vertragsverlängerung von Mangala ranken sich Gerüchte derzeit hauptsächlich um Kobel, dessen mögliche Nachfolger sowie Sasa Kalajdzic. Alles das wird vermutlich auf das Spiel am Samstag wenig bis keinen Einfluss haben. Stuttgart kann frei aufspielen und wird trotz einer langen Verletztenliste (u.a. Coulibaly, Klimowicz, Mangala und Wamangituka) eine konkurrenzfähige Mannschaft auf den Platz bringen, die bereits in der Hinrunde bewiesen hat, dass sie Borussia Mönchengladbach ärgern kann.

Bei Borussia Mönchengladbach heißt es dagegen: Alle Mann an Bord! Zu rechnen ist damit, dass Lars Stindl wieder in die Startelf rückt. Ob das auch für Plea und Kramer gilt, wird man sehen, Prognosen sind hier schwierig, weil sie die Zukunft betreffen. Folgt die Mannschaft der Choreographie der letzten Wochen, wäre nach dem peinlichen Auftritt gegen Bayern München am Samstag mal wieder eine etwas bessere Leistung dran. Ob sich Trainerteam und Mannschaft dazu noch einmal aufraffen können oder wollen, wird man sehen.

Der SEITENWAHL-Tipp:

Uwe Pirl: Es wird besser als gegen Bayern. Borussia wird Tore schießen. Da man aber das Defensivverhalten auch in Bundesligaspiel 33 der Saison nicht in den Griff bekommt, werden auch Gegentore fallen. Das ergibt ein für neutrale Zuschauer unterhaltsames 2:2.

Christian Spoo: Borussia geht das Spiel ernsthafter an als das letzte. Schon weil es gar nicht weniger ernsthaft geht. Stuttgart ist aber keine Laufkundschaft und gegen Kalajdzic kann auch Matthias Ginter mal schlecht aussehen. 2:2.

Thomas Häcki: Am Samstag ist wieder Dr. Jekyll zu Gast im Borussia Park und die Fohlen erspielen sich einen blitzsauberen 3:0 Erfolg. Mr. Hyde ist dann für das Finale in Bremen vorgesehen.

Michael Heinen: Sofern der Kölner Keller nicht wie im Hinspiel etwas dagegen hat wird sich Borussia für das Bayern-Debakel rehabilitieren und den VfB mit 2:1 schlagen.

Claus-Dieter Mayer: Das 1:1 gegen Stuttgart wird so langweilig, dass Teile des Betreuerstabs das Stadion vorzeitig verlassen "um dem Verkehr zu entgehen".

Christian Grünewald: Borussia hat noch Ziele ausgegeben, für den VfB geht es um nichts mehr. Das muss für einen Sieg reichen. 4:1.