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Sind die Deutschen eigentlich verrückt geworden? Da könnte das Land des Fußball-Weltmeisters einer Insel der Glücksseligkeit gleichen – und dann das! Eine Rücktrittswelle durchläuft das Land und schreckt den Gutbürger zwischen Gartenzwerg und Kartoffelsalat auf. Täglich wurde er in der vergangenen Woche von neuen Katastrophenmeldungen aufgeschreckt, die eine tiefe Verunsicherung in der Bevölkerung hinterließen und die Schlagzeilen der einschlägigen Fachpresse beherrschten. Den Anfang machte Wolfsburgs Schattenpräsident Martin Winterkorn.

Der Fairness halber sei erwähnt, dass Winterkorn seinen kolportierten Rücktritt nicht selbst antrieb, sondern vielmehr von anderer Seite in dessen Richtung gedrängt wurde. Auch wenn der erst 67jährige VW-Chef am Ende im Amt und der VfL Wolfsburg bemerkenswert gelassen blieb – die Saat war gelegt. Kaum hatte sich Deutschland von diesem ersten Schock erholt, machte ein viel bedeutenderes Gerücht die Runde: Jürgen Klopp trete von seinem Amt als Cheftrainer zum Saisonende zurück. Nun überschlugen sich die Ereignisse. Aufgeschreckt von dieser Nachricht verabschiedete sich zuerst Thomas Tuchel von seinem Interesse am abwechslungsreichen und aufregenden Cheftrainerposten beim HSV. Kurz darauf  erklärte Erfolgstrainer Peter Knäbel ebenfalls seinen Rücktritt und erweiterte die möglichen Optionen für den BVB. Nur wenig später wurde das Gerücht Gewissheit und Klopp gab auf einer herzbewegenden Pressekonferenz seinen Rücktritt bekannt. Wolfsburg, Hamburg, Dortmund – da wollte man auch in München nicht nachstehen. Zuerst deutete der FC Bayern seinen Rücktritt von den Champions League Ambitionen an, dann machte einer direkt Nägel mit Köpfen. Bayern-Chefarzt Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt trat nach nur 38 Jahren von seinem Posten zurück und mit ihm sein gesamter Stab. Das nun auch über einen Rücktritt von Supertrainer Pep Guardiola in das gelobte englische Land spekuliert wird, rundet das Bild ab. Fortsetzung folgt…

Im beschaulichen Rheinland ließ man sich von der aktuellen Rücktrittswelle hingegen nicht anstecken. Spiel für Spiel siegen sich die beiden Bundesligisten aus Mönchengladbach und Leverkusen gemächlich in Richtung Champions League bzw. deren Qualifikation. Der Gleichschritt, in welchem sie das tun, ist dabei wahrlich bemerkenswert. Schießt der eine ein Tor, trifft der andere garantiert fünf Minuten später. Verabschiedet sich der eine im Elfmeterschießen aus dem Pokal, tut es ihm der andere kurz darauf gleich. Da keiner dem anderen den Vortritt lässt, sind Rücktritte bei den rheinischen Rivalen ausgeschlossen. Sowohl im Wettbewerb und ganz besonders in der Trainerfrage, so sehr gewisse Pressemenschen Lucien Favre auch gerne nach Lüdenscheid schreiben würden. Nun hat die Borussia am vergangen Freitag einen Seitwärtsschritt gemacht. 0:0 hieß es am Ende in Frankfurt, womit man Leverkusen den Vortritt in der Tabelle ermöglichte. Dies ist einerseits ärgerlich, besonders weil man die Hausherren in der ersten halben Stunde sichtlich dominierte. Es ist andererseits gerecht, weil sich die Hessen in der Folge besser in die Partie bissen und dem Sieg in der zweiten Halbzeit ein wenig näher schienen, als die Borussen. Und es ist letztlich sogar ein bisschen erfreulich, weil man solche Spiele vor zwei Jahren wohl noch verloren hätte. Nur eins ist dieses Unentschieden nicht: Ein Beinbruch!

Zur Erinnerung: Die Borussia spielte gegen einen EuroLeague-Aspiranten, der zuletzt besonders durch seine Heimstärke bestach. Seit neun Spielen hat man in der Commerzbank-Arena nicht mehr verloren – nicht gegen Wolfsburg, nicht gegen Schalke und nun eben auch nicht gegen die Niederrheiner. Wer nach einem solchen Ergebnis bemängelt, der Favre-Truppe fehle der Plan B oder gar die Mini-Krise ausruft, gibt sich der Lächerlichkeit preis.  Manchmal gewinnt man Spiele eben genau deshalb nicht, weil der Gegner stark mitspielt. Das war Freitag der Fall. Das Unentschieden als einen unnötigen Rückschlag zu werten zeugt somit von einem mangelndem Respekt für die Leistung des Gegners. Wäre ein Sieg möglich gewesen? Natürlich. Besonders in der ersten halben Stunde drückten die Borussen dem Spiel ihren Stempel auf und hätten mit ein wenig Glück die Führung übernehmen können. Das man überhaupt diese halbe Stunde etwas wie Dominanz entfachen konnte ist ein Zeichen von Qualität, allerdings keinesfalls eine Selbstverständlichkeit. Das sich Frankfurt danach ins Spiel zurück kämpfte, zeugt im Übrigen auch von einer gewissen Qualität. Nur eben der des Gegners.

Was ist passiert? Die Borussia kämpft nun punktgleich mit Leverkusen um den begehrten dritten Platz, der zur Direktteilnahme an der Champions-League berechtigt. Vermutlich wäre es für Deutschland besser, die Borussen würden das Rennen gewinnen, da man in der Qualifikation, im Gegensatz zu Bayer, nicht gesetzt ist. Für solche Gedankenspiele wird man aber beim Konkurrenten niemand erwärmen können. So richten sich alle Blicke auf den 32. Spieltag, wenn die Kontrahenten aufeinander treffen. Eine gefährliche Konstellation, denn keiner der kommenden Gegner ist zu unterschätzen. Wolfsburgs Qualität ist in der Tabelle abzulesen, die Hertha ist seit dem Trainerwechsel eine Wundertüte, in Bremen hat man seit gefühlten Generationen nicht mehr gewonnen und gegen Augsburg überhaupt erst einmal in der Bundesliga. Es gilt also geduldig zu sein und von Spiel zu Spiel zu denken. Mit dieser Taktik ist die Borussia in der Vergangenheit gut gefahren. Mit dieser Taktik wird sie auch in der Zukunft erfolgreich sein.