Nach dem FC Augsburg traf die Borussia am Mittwoch auf den zweiten “Angstgegner” innerhalb von 4 Tagen. Dass mit Horst Köppel ausgerechnet ein anderer ehemaliger “Interimstrainer” zuletzt 2005 die Schwabenelf besiegen konnte, sollte dabei ein gutes Omen sein und nach so vielen anderen dunklen Serien auch den Heimfluch gegen den VFB endlich beenden.

Bei Borussia kam wie erwartet der zuletzt gesperrte Stindl ins Team zurück, Hazard rutschte auf die rechte Außenposition und der zuletzt nicht überzeugende Traore musste auf der Bank Platz nehmen. Der Stuttgarter Trainer Kramny (in Insiderkreisen auch “Schwaben-Schubert” genannt) konnte wieder auf Didavi zurückgreifen, für den Maxim weichen musste. Auch der Ex-Borusse Lukas Rupp sah den Beginn des Spiels nur von der Bank; für ihn spielte Harnik.

Die Partie begann erwartet offen mit durchaus nach vorn spielenden Kehrwöchlern, die allerdings auβer einem Werner-Kopfball nach einem Freistoβ aus dem Halbfeld keine direkten Torchancen erspielten. Nach wenigen Minuten bekam die Borussia das Spiel mehr und mehr in den Griff, wobei besonders Thorgan Hazard gute Aktionen hatte. Hazard war es dann auch, der in 16. Minute den Torreigen eröffnete. Havard Nordveit muss sich wohl in den letzten Tagen alte Günter Netzer Videos angeschaut haben, denn wie er in dieser Szene über 40 Meter einen Traumpass genau in den Lauf des nach vorne preschenden Johnson auf der rechten Seite schlug, war schon auf dem Niveau des einstigen Bökelberg-Maestros. Johnson, sowieso einer der besten Borussen an diesem Abend, nahm den Ball exzellent mit, drang ungehindert in den Stuttgarter Strafraum ein, von wo aus er nahe der Grundlinie den zentral wartenden Hazard fand, der nur noch den Fuß hinhalten musste.

Nach diesem schönen Führungstor hatte die Borussia das Spiel ziemlich im Griff, ohne aber zunächst weitere Torchancen zu erarbeiten. Im Gegenteil gab es in der 26. Minute einen herben Rückschlag, als Wendt sich bei dem Versuch einen schnellen Angriff aus der Abwehr zu inszenieren  den Ball etwas zu weit vorlegte und dann das Bein überstrecken musste, um den notwendigen Pass zu spielen, wobei sich der Schwede am Oberschenkel verletzte und den Platz verlassen musste. Für ihn kam Hinteregger ins Spiel. Glücklicherweise verursachte dieser Ausfall keinen Bruch im Spiel der Gladbacher, die vor der Pause noch zwei erstklassige Chancen durch Stindl und Hazard versemmelten.

Nach der Pause hatte zunächst der Gast vom Neckar die erste Chance durch einen Kravets-Kopfball, den Sommer gut parierte. Ansonsten verbreitete die Überraschungsmannschaft der letzten Wochen für einen Angstgegner aber erstaunlich wenig Angst im Borussia-Strafraum, was auch daran lag, dass die Fohlen-Abwehr an diesem Tage erheblich konzentrierter wirkte als zuletzt. Besonders erfreulich war, wie man statt den der Ball wegzuschlagen, immer wieder die schnelle spielerische Lösung aus der Defensive suchte, was in vielen Szenen sehr ansehnlich gelang.

In der Folgezeit erspielte sich die Borussia eine Groβchance nach der anderen, aber zunächst vergab der am heutigen Tage etwas glücklose Stindl nach schöner Vorarbeit von Johnson. Kurz darauf hatten erst Raffael und dann Hazard innerhalb einer Minute die Möglichkeit die Führung zu erhöhen. Der nächste Angriff brachte dann aber endlich das erlösende 2:0, wobei die Stuttgarter die Szene eigentlich schon geklärt zu haben schien, bevor Raffael mit dem siebten Sinn ein Missverständnis zwischen Gentner und Torwart Tyton erahnte und mit seinem 11. Saisontor bestrafte.

Acht Minuten später kam es zum emotionalen Höhepunkt des Spiels, als der soeben eingewechselte Herrmann bei seinem Heim-Comeback von Dahoud wunderschön freigespielt wurde und eiskalt frei vor Tyton abschloss. Nun kochte der leider an diesem Abend nicht ausverkaufte Borussia-Park. In den Folgeminuten hätte der VFB so richtig unter die Räder kommen können, hatte dann aber Glück, dass die Borussia in der Schlussviertelstunde ein wenig den Fuβ vom Gas nahm.

In der Schlussminute fand ein toller Auftritt der Fohlenelf dann ihren würdigen Abschluss, als Herrmann von rechts kommend elegant den Ball in den freien Raum unmittelbar vor dem Stuttgarter Tor passte. Leider war keiner der Mannschaftskameraden dorthin durchgelaufen, was wohl auch “Weltmeister” Groβkreutz traurig fand, so dass er sich erbarmte und den Ball souverän selbst ins eigene Tor bugsierte.

Alles in allem ein sehr schöner Abend für alle Borussen. Mit der bislang besten Leistung in der Rückrunde unterstrich die Borussia, dass man zumindest im eigenen Stadion immer noch eine Spitzenmannschaft ist. Beruhigend auch die sehr konzentrierte Abwehrleistung an diesem Tage, die immerhin zum zweiten Nullspiel zu Hause in Folge führte. Trumpf war allerdings einmal mehr die Offensive in der vor allem Raffael, Johnson und Hazard glänzten, während Stindl nicht seinen besten Tag erwischt hatte. Xhaka und vor allem der sehr agile Dahoud zogen dahinter gekonnt die Fäden.

Allzu lange feiern darf die Borussia allerdings nicht, denn am Samstag geht es schon zum anderen 4:0-Sieger dieses Spieltags nach Wolfsburg. Es ist an der Zeit, dass die Fohlenelf auch auswärts mal wieder die Qualität abruft, die wir gegen Stuttgart bewundern durften. Angesichts der wenig konstanten Leistungen der traditionellen Konkurrenten aus Gelsenkirchen, Leverkusen und Wolfsburg und der Unerfahrenheit der Überraschungsteams aus Berlin und Mainz ist die Chance riesengroβ auch in diesem Jahr wieder an den ganz großen CL-Fleischtöpfen riechen zu dürfen. Das Potential dafür hat diese Mannschaft, sie muss es in den nächsten 10 Spielen nur häufiger abrufen.