hertha berlinDie anschwellende Euphorie, die Chance auf den Rekord-Heimsieg, die plötzliche Kür Borussias zum offiziellen Kandidaten für die Deutsche Meisterschaft. Alles ist bereitet für ein weiteres Fußballfest im Borussia-Park. So rosig sieht es aus, dass es eigentlich fast nur schief gehen kann. Dass Hertha BSC Berlin keine Übermannschaft ist, davon konnte sich jeder am Mittwoch Abend überzeugen. Natürlich ist eine Niederlage gegen Bayern München kein Beinbruch, aber die Hertha hatte doch sehr wenig vom Spiel im eigenen Stadion. Die Kräfteverhältnisse waren klarer, als es das Ergebnis – 2:3 nach Verlängerung – aussagt. Andererseits belegt dieses Ergebnis eine der herausragenden Qualitäten der Berliner: Sie sind effizient. Daran dürften sich auch die Spieler der Borussia nur allzugut erinnern: In der Hinrunde kam man im Olympiastadion mit 2:4 unter die Räder. Eine Niederlage, die zwar unter dem Strich verdient war, allerdings hat Borussia in dieser Saison schon Spiele gewonnen, in denen sie weniger Chancen und Spielanteile hatte. Was gegen Bayern auch zu beobachten war: Berlin verteidigt gut. Borussia darf sich darauf einrichten, erneut eine dicht gestaffelte Abwehr bespielen zu müssen. Gut möglich, dass wie schon gegen Augsburg und in Schalke ein Geduldsspiel bevorsteht.

Kann Borussia darauf setzen, dass die 120 Pokalminuten den Berlinern am Samstag noch anzumerken sein werden? Tatsächlich sind sie im Spiel gegen die Bayern viel gelaufen. Eine Mannschaft, die vor allem über den Kampf kommt, braucht mehr Kraft. Womöglich rotiert Trainer Pal Dardai deswegen am Samstag etwas stärker als gewohnt. Sicher nicht dabei ist Außenverteidiger Valentino Lazaro. Der Österreicher ist wegen der fünften gelben Karte gesperrt. Der Ex-Kölner Lukas Klünter wird ihn aller Voraussicht nach ersetzen. Im Sturm hat sich Vedad Ibisevic, im Hinspiel noch doppelter Gladbachschreck, gegen Bayern erfolglos aufgerieben. Davie Selke könnte an seiner Stelle von Beginn an spielen. Mittelfeldmann Arne Maier fällt verletzt weiter aus.

Bei Borussia ist personell fast alles im grünen Bereich. Eine Trainingsverletzung von Denis Zakaria am Mittwoch erwies sich als harmlos. Der Schweizer steht am Samstag zur Verfügung. Ob er allerdings auch von Beginn an spielt, ist nicht gesagt. Florian Neuhaus dürfte gerade in einem Heimspiel gegen einen defensivstarken Gegner wieder erste Wahl sein. Weitere Änderungen an der Startelf sind kaum zu erwarten. Dieter Hecking neigt nicht dazu, Spieler für geschossene Tore oder gelungene Interviews zu belohnen oder gar öffentlichem Druck nachzugeben, wenn es um Personalfragen geht. Von daher dürfte Tobias Strobl seinen Stammplatz vor der Abwehr vorerst weiter sicher haben. Im Angriff muss sich Alassane Plea nach Aussage des Trainers trotz inzwischen doch einiger bestenfalls mäßiger Spiele in Reihe keine Sorgen machen, seinen Platz zu verlieren. Der Franzose hat zudem bewiesen, auch in Spielen, in denen er 89 Minuten kaum zu sehen ist, für das entscheidende Tor gut zu sein.

Die große Frage ist, ob es Hecking gelingt ,die Mannschaft immun gegen die zuletzt überall angestimmten Lobgesänge zu machen. Die oben erwähnte, medial vermittelte Rolle als Titelkandidat und die infolgedessen erblühten Meisterschaftsträume in Reihen der Anhängerschaft werden im Team nicht unbemerkt geblieben sein. Sich davon nicht anstecken zu lassen und wahlweise überheblich oder vor der eigenen Courage verängstigt ins Spiel gegen Berlin zu gehen, könnte am Samstag schon die halbe Miete sein.

Mögliche Aufstellung

Borussia: Sommer – Lang, Elvedi, Ginter, Wendt – Strobl – Hofmann, Neuhaus – Hazard, Stindl, Plea

Berlin: Jarstein – Klünter, Stark, Rekik, Plattenhardt – Skjelbred, Grujic – Kalou, Duda, Mittelstädt – Ibisevic

SEITENWAHL-Prognose

Christian Spoo: Die Geduld der Borussenfans wird auf eine harte Probe gestellt. Borussia tut sich schwer gegen eine gut gestaffelte Berliner Defensive. Am Ende geht aber einer rein. Irgendwie. 1:0.

Michael Heinen: Borussia knackt den Vereinsrekord und gewinnt das 13. Heimspiel in Folge. Gegen Hertha gibt es einen 2:1-Sieg.

Claus-Dieter Mayer: Ausnahmsweise fallen tatsächlich Tore in der ersten Halbzeit im Borussiapark, welche 1:1 endet. Danach ist alles wie immer und Borussia entscheidet das Spiel gegen immer müder werdende Berliner in den letzten 20 Minuten mit 3:1.