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{mosimage}Das Spiel von Borussia gegen Bayer Leverkusen dürfte jedem neutralen Beobachter einen höchst unterhaltsamen Nachmittag beschert haben: sechs Tore in abwechslungsreicher Folge, eine Mannschaft, die verdammt feinen Fußball spielt und Ereignisse, die bei den Kollegen von Fernsehen oder Boulevardpresse als Beispiel für die gerne beschriene „herrlich verrückte Bundesliga“ herhalten können: die 1:0-Pausenführung der bis dahin quasi nichtexistenten Borussia vorneweg. Aber auch als Fan von Borussia Mönchengladbach war man nach 90 Minuten wohl eher zufrieden als verärgert. Zufrieden über einen Punkt, der alles in allem nur als glücklich bezeichnet werden kann.

 


Dass nichts mehr so ist, wie in der vergangenen Saison und dass man sich daran auch besser nicht orientieren möge, ist tausendfach gesagt und geschrieben worden, und es ist auch richtig. Und trotzdem führt der Vergleich beider Heimspiele gegen Leverkusen einem sehr drastisch vor Augen, wie sehr sich die Dinge bei Borussia geändert haben. Spielte das Favre-Team den Gegner im Herbst 2011 noch an die Wand und musste sich über vergebene Großchancen und einen dummen Ausgleichstreffer kurz vor Schluss ärgern, läuft es heuer genau andersherum. Borussia ließ sich zeitweise an die Wand spielen, konnte sich über vergebene Chancen der Leverkusener freuen und schoss einen eher glücklichen Ausgleichstreffer kurz vor Schluss. Gerade die Unterschiede in der Spielanlage sind eklatant. Dennoch: unter dem Strich steht wie in der Vorsaison eine Punkteteilung – und was unter dem Strich steht, zählt.

 


 

Was aber ist „unser Spiel“ im Jahre 2013? Die Ansicht der Partien nach der Rückrunde gibt darüber kaum befriedigend Aufschluss. Dreimal dominierte Borussia, aber auf eine weitgehend fruchtlose Art und Weise. Trotz haufenweise Ballbesitz war das Team in Hoffenheim, 70 Minuten gegen Düsseldorf und in Nürnberg selten gefährlich und wenig kreativ. Wer nun glaubte, dieses Problem zeige sich nur gegen tief stehende Mannschaften, die sich aufs Verteidigen beschränken, der sieht sich jetzt eines besseren belehrt. Auch gegen eine Mannschaft, die das Spiel macht, kommt Borussia nicht zwangsläufig zu Gelegenheiten – die erste Halbzeit war die vielleicht einseitigste, die im Borussia-Park je gespielt wurde. Eine Analyse des Borussen-Offensivspiels in diesen ersten 45 Minuten verbietet sich beinahe – es fand ja nicht statt. Kurzpässe: fast alle zum Gegner. Lange Bälle: dito. Spiel durch die Mitte: bleibt hängen, Spiel über die Flügel: genauso.

 


 

Zu keinem Zeitpunkt konnte Borussia den Leverkusenern an diesem Samstag spielerisch das Wasser reichen. Das flotte und präzise Kurzpassspiel der Gäste war schön anzusehen, auch in die Zweikämpfe gingen die Leverkusener vor allem in der ersten Halbzeit mit mehr Aggressivität. Ohne Marc-André ter Stegen, die meist ordentlich agierende Abwehrkette, aber auch ohne den in strittigen Situationen zweimal sehr borussenfreundlich pfeifenden Schiedsrichter Knut Kircher hätte Bayer Borussia wohl schon zur Pause im Sack gehabt.

 


 

Mehr Mut und eine bessere Zweikampfbereitschaft ließen den zweiten Durchgang aus Gladbacher Sicht deutlich ansehnlicher erscheinen. Allerdings gab Borussia dafür die Stabilität in der Defensive streckenweise völlig auf. Drei Gegentreffer binnen 20 Minuten, mindestens zwei davon nach krassen Nachlässigkeiten in der Abwehr, sprechen eine deutliche Sprache.

 


 

Die Defensivabteilung, zuletzt häufig Borussias Punktegarant, zeigte sich gegen Leverkusen höchst anfällig. Das Spiel zeigt: in diesem Mannschaftsteil darf die Konzentration zu keinem Zeitpunkt nachlassen. Vor allem die Fehlerquote der „Sechser“  war erschreckend hoch, die Rückkehr von Havard Nordtveit brachte nicht die erhoffte Stabilität, Alexander Ring zeigte sich, wie in der Vorwoche Lukas Rupp, der Aufgabe nicht gewachsen, Granit Xhaka konnte sich während seines Kurzeinsatzes nicht ansatzweise empfehlen.

 


 

Die Kreativabteilung, vor der Pause nicht vorhanden, wies im zweiten Durchgang Licht und Schatten auf: Tolga Cigerci war ein Totalausfall, der ein erstaunliches Geschick hat, aussichtsreiche Situationen durch Zögerlichkeit oder falsche Entscheidungen zunichte zu machen. Juan Arango zeigte einmal mehr, wie wichtig er für seine Mannschaft ist: seine Maßflanke auf Luuk de Jong zum 2:1, seine Direktabnahme nach feinem Freistoß von Havard Nordtveit und seine Freistoßvorlage zum 3:3 belegen erneut: Im Zweifelsfall ist der Venezolaner ein Mann, von dem immer Entscheidendes kommen kann.

 


 

Die Flanke auf de Jong und dessen mustergültiger Kopfball zeigen auch: dieser Stürmer, der vermeintliche Top-Einkauf des vergangenen Sommers, funktioniert nur genau so. Für das Konterspiel ist de Jong ob seiner Tempodefizite kaum geeignet. Als „Wandspieler“ fehlt ihm die Ballsicherheit: er ist in dieser Rolle der schlechtere Hanke. Im Strafraum aber, gut eingesetzt, kann der Niederländer eine wirklich gefährliche Waffe sein. Warum Lucien Favre bisher kaum Neigung zeigt, das Spiel Borussias so auszurichten, ist kaum zu verstehen. Für die Spielweise, derer sich Borussia in dieser Saison meist befleißigt, taugt de Jong im Grunde nicht, wenngleich sein Wille, sich Bälle im Mittelfeld zu holen, durchaus lobenswert ist. „Warum probieren wir de Jong nicht mal auf der Sechs?“ kalauerte man im Block, als der spätere Torschütze Anfang der zweiten Halbzeit eine Balleroberung und –weiterleitung hinlegte, für die man Tolga Cigerci oder später Granit Xhaka vermutlich eine erfreuliche Entwicklung attestiert hätte.

 


 

Uneingeschränkt erfreulich ist die Entwicklung von Patrick Herrmann, der zuletzt stets der gefährlichste Angreifer war und nicht zufällig jetzt alleine die teaminterne Torschützenliste anführt. Ärgerlich dagegen ist die Verletzungsmisere in der zweiten Reihe. Nach Peniel Mlapa verletzte sich jetzt Branimir Hrgota – nach der Abschiebung des Igor de Camargo hat Borussia gegen Lazio Rom mit Mike Hanke nurmehr einen Reservestürmer zur Verfügung, Neuzugang Sven Michel sorgt in der U23 zwar für Furore, er wurde aber auch zunächst für diese Mannschaft und das Ziel Klassenerhalt in der Regionalliga geholt. Zudem gab Lucien Favre erst vor wenigen Tagen wenig charmant zu Protokoll, nicht zu wissen, um wen es sich bei diesem Michel handelt.

 


 

Zweimal Lazio Rom, der an diesem Wochenende triumphal aufspielende HSV und der Deutsche Nochmeister BVB Dortmund sind Borussias nächste Gegner. Eine Spielidee, mit der man diese Gegner bezwingen kann, ist nicht in Sicht. Borussia braucht weiterhin hohen Willen, Kampfbereitschaft, Effizienz und nicht zuletzt auch großes Glück, um nach diesen vier Spielen noch Hoffnung auf die Teilnahme am internationalen Geschäft auch in der kommenden Saison zu haben.