Was hätte es für ein Spiel werden können, wenn Borussia in dieser Saison ein bisschen konstanter wäre. Die Partie gegen Schalke, ein Top-Spiel am Samstag Abend, das seinen Namen ausnahmsweise wirklich verdient, hätte schon dazu dienen können, sich in den Champions-League-Plätzen zu etablieren und Luft zwischen sich und die Verfolger zu bringen. Leider aber zeigte Borussia nach den Siegen in Berlin und gegen Bayern in Wolfsburg zumindest zeitweise wieder ihr zweites Gesicht: Schläfrig, unaufmerksam, abwehrschwach. Schalke geht deswegen mit einem Punkt Vorsprung in das Duell und Borussia kann nicht unbedingt als Favorit in diesem Spiel gelten. Außerdem quälen Trainer Dieter Hecking Verletzungssorgen.

Schalke sei so etwas wie ein Lieblingsgegner Borussias sagen viele mit Blick auf die Statistik. In der Tat gab es in Mönchengladbach in den vergangenen zehn Jahren nur einmal eine Heimniederlage gegen die Gelsenkirchener (im Jahr 2013). In bitterer frischer Erinnerung ist Schalke den Borussen dennoch. Das 2:2, das Schalke in der Europa-League mit der tatkräftigen Hilfe des Schiedsrichters und eines Maulwurfs in Gladbach holte, bedeutete nicht nur das Aus in diesem Wettbewerb, es läutete auch die äußerst schwache letzte Phase der vergangenen Spielzeit ein.

Schalke und Gladbach sind dennoch seit geraumer Zeit Teams, die sich mehr oder weniger auf Augenhöhe begegnen, trotz äußerst unterschiedlicher finanzieller Voraussetzungen. Bis dato machte Schalke aus seinen Möglichkeiten allerdings vergleichsweise wenig, während in Mönchengladbach effizient mit den vorhandenen Mitteln gearbeitet wurde. In dieser Spielzeit scheint sich das aber zu ändern. Schalke ist 2017 in der Gegenwart angekommen. Auf einmal ist da mehr als ein mäßig funktionierender Haufen teurer Spieler. Seit Domenico Tedesco die Mannschaft trainiert, hat sie Struktur, ist eine Spielidee zu sehen. Und auch emotional scheint der nominell wie faktisch deutsch-italienische Trainer das Team zu packen. Das 4:4 in Dortmund ist der eindrucksvolle Beleg. Nicht wenige Fans von Borussia Mönchengladbach fragen sich, ob ihr Team zu einem solchen Kraftakt auch nur annähernd in der Lage wäre. Viel spricht nicht dafür.

Borussias Formkurve liegt weiterhin eine rätselhafte Formel zugrunde. Die einzige Konstante ist, dass es keine Konstanz gibt. Denkt man nach dem Spiel gegen die Bayern, dass die Abwehr sich jetzt endlich gefunden hat und die Mannschaft fortan wieder aus einer kompakten Defensive agieren kann, belegt sie mit den ersten 25 Minuten in Wolfsburg das genaue Gegenteil. Glaubt man, die Abschlussschwäche sei überwunden, legt die Mannschaft einen Auftritt hin, bei dem auch der Sportdirektor nachher konstatiert, man hätte noch drei Stunden weiterspielen können und hätte doch nicht getroffen. Dass Borussia trotzdem auf dem Champions-League-Quali-Platz steht, sagt viel über die Qualität der Liga als Ganzes. Es gibt in diesem Jahr außer den Post-Ancelotti-Bayern keine wirklich souveräne Mannschaft. Die einzige, die zumindest auf dem Weg dahin zu sein scheint, kommt am Samstag nach Mönchengladbach.

Neun Spiele in Folge hat Schalke nicht verloren. Zuletzt gab es zwar zwei Unentschieden, das erste davon fühlte sich aber für Mannschaft und Anhang eher an, wie eine Meisterschaft – auch wenn sich an ein solches Erlebnis in Gelsenkirchen jenseits der Seniorenheime kaum noch jemand erinnern kann. Das letzte Spiel der Schalker, das Heim-Remis gegen Köln, war schon eher ein kleiner Rückschlag, zumal Domenico Tedesco danach mit Kritik an der Spielweise nicht geizte. Schläfrigkeit attestierte der Trainer seiner Mannschaft. Er verband das aber mit der Erwartung, in Gladbach ein deutlich wacheres Team auf dem Platz zu sehen. Personell dürfte sich gegenüber dem Köln-Spiel bei Schalke nichts ändern. Leon Goretzka, vergangene Woche ohnehin nur Einwechselspieler, fällt für den Rest der Hinrunde verletzt aus. Alessandro Schöpf ist am Samstag Abend ebenfalls nicht dabei, aber auch er war zuletzt kein Teil der ersten Schalker Elf. In der Schalker Dreier-/Fünfer-Abwehr hat Nastasic den zuletzt formschwachen Kehrer verdrängt. Im Zentrum der Abwehr erlebt Naldo gerade seinen siebten Frühling. Der 35-jährige, vor dessen Standards Borussia hoffentlich gewarnt ist, verlängerte in dieser Woche seinen Vertrag um ein weiteres Jahr. In der Schalker Offensive schaut zur Zeit alles auf den jungen Amine Harit. Der Marokkaner ist der Shooting-Star der vergangenen Wochen. In Dortmund und gegen Köln machte er seine ersten Treffer, mit seiner Schnelligkeit und seinem technischen Können hat er auch schon vorher nicht unwesentlich zum Schalker Aufschwung beigetragen.

Die Verletzungssorgen bei Borussia wiegen ungleich schwerer als bei Schalke, zumal der Kader in Sachen Ersatz dünner aufgestellt ist. In der Defensive pfeift man schon fast aus dem letzten Loch, nachdem jetzt auch noch Fabian Johnson ausfällt. Auf der rechten Abwehrposition besteht damit keine Alternative zu Nico Elvedi. Matthias Ginter muss, was ihm nicht unlieb sein dürfte, zurück in die Innenverteidigung. Immerhin ist mit Christoph Kramer zu rechnen. Dieter Hecking äußerte sich zwar noch vorsichtig, der Spieler selbst aber erklärte sich nach einem erneuten Arztbesuch für einsatzfähig. Der Schädel brummt vorerst nicht mehr. Vorne stellt sich die Mannschaft wegen des Ausfalls von Patrick Herrmann quasi von selbst auf. Kryptisch waren die Einlassungen Heckings zur Personalie Thorgan Hazard. Der Belgier, zuletzt in anhaltend guter Verfassung, trainierte am Donnerstag nicht. Zu den Gründen wollte sich der Trainer explizit nicht äußern. Hazard selbst attestierte sich selbst in einem Gespräch mit Journalisten Spielfitness. Sollte Hecking den Belgier nicht aufbieten können oder wollen, müsste er experimentieren und zum Beispiel Raul Bobadilla auf Außen ausprobieren – in Augsburg hat er dort durchaus überzeugt.

Mögliche Aufstellungen

Borussia: Sommer – Elvedi, Ginter, Vestergaard, Wendt – Kramer, Zakaria – Grifo, Hazard – Stindl,  Raffael

Schalke: Fährmann – Stambouli, Naldo, Nastasic – Caligiuri, Oczipka – McKennie, Meyer – Harit, Konoplyanka – Burgstaller

SEITENWAHL-Prognose:
Christian Spoo: Die bessere Mannschaft gewinnt. Schalke setzt sich mit 2:0 durch und von Borussia ab.

Michael Heinen: Gegen Schalke sieht Borussia daheim traditionell gut aus. Auch in diesem Jahr gelingt ein ordentliches Spiel, das am Ende aber leider nur ein 2:2 einbringt. 

Thomas Häcki: Die Borussia bleibt konstant dabei, nicht einschätzbar zu sein. In einem unterhaltsamen 3:2 behält man die Oberhand und bleibt oben dran.

Claus-Dieter Mayer: Gegen den Lieblingsheimgegner der vergangenen Jahre gibt es nach einem taktisch geprägtem Spiel diesmal nu rein 1:1.