(hjg) Borussia Dezember 1998: Tabellenplatz 18, fast schon den Anschluß ans Mittelfeld verloren. Man bleibt den Nachweis der Erstligatauglichkeit ein ums andere Mal schuldig, schadet dem Image des Vereins und enttäuscht die treuen Fans. Wie soll man sich als Fan nun verhalten? Ein vieldiskutiertes Thema, für das es keine Patentlösung zu geben scheint. Die einen rufen zum Boykott auf, andere lassen resignierend die Köpfe sinken. Wer jedoch überlegt, welche Erlebnisse ihm die Borussia in vielen Jahren geschenkt hat? Der Gladbacher Generationenvertrag funktioniert leider noch nicht so, wie er es eigentlich sollte.

Sicherlich ist es schwer, sich nach diesen herben Enttäuschungen und nach den teilweise schweren Niederlagen zu motivieren. Doch man sollte sich der Tatsache bewußt sein, daß man der Mannschaft und somit auch dem Verein nur schadet, wenn man sich nun gegen alles und jeden am Bökelberg ausspricht. Ein echter Fan, wie ich ihn definiere, steht jetzt zur Borussia. Er soll nicht zu den Spielern stehen, sondern zu dem, was für ihn das Erlebnis "Borussia Mönchengladbach" ausmacht. Geht in Euch und überlegt, wie Ihr zu den Fohlen gekommen seid. Da ich davon ausgehe, daß der Anteil der sogenannten Schönwetterfans bei uns sehr gering ist, haben die meisten einen anderen guten Grund, sich mit dem Gladbach-Schal auf den Weg zu einem Spiel zu begeben.

Ich bin in Mönchengladbach aufgewachsen; ich habe mich ab Mitte der 70er frech in die Nordkurve gestellt und mich als kleiner Junge heiser gesungen. Was war ich stolz, wenn die Heiserkeit auch am Montag morgen noch da war und ich meinen zwei Meter langen Gladbach-Schal als Verzierung ans Ende des Tisches in der Schule legte und die Enden fast bis auf den Boden reichten. Machen die Kids das heute noch so? Die Schals der 90er sind kürzer und nicht von Oma gestrickt. In meiner Schulklasse saß im übrigen die spätere Ehefrau von Stefan Effenberg, die uns Jungs damals eher gelangweilt zu ein oder zwei Spielen begleitete.

Und ich habe sie fast alle gesehen ... del´ Haye, Simonsen, Kleff, Wimmer, Wittkamp, Ringels, Gores, Rahn, Wuttke, Krauss, Lienen, Bruns, Belanow, Dahlin, Hochstätter, Lupescu, Vogts, Criens, Hannes, Kamps und viele mehr. Das ist für mich die Borussia und nicht der aktuelle Tabellenstand und schon gar nicht das, was 1998 auf dem Platz geschieht. Nichts währt ewig; einmal wird es vielleicht auch uns treffen. Doch dann werde ich mich nicht von der Borussia abwenden. Sie hat mir soviel gegeben, wie eine Mannschaft in zwei oder drei Jahren nicht kaputtmachen kann.

Niemandem ist damit geholfen, daß alles nur noch negativ geredet wird. Ich wünsche mir Situationen wie in der vergangenen Saison nach dem Spiel gegen Duisburg, als der Abstieg besiegelt zu sein schien. Ganz Deutschland hat damals auf die Gladbacher Fans geschaut und diesen Respekt gezollt. So muß es wieder sein, auch wenn es schwerfällt und wenn es kostspielig ist. Wenn alle gemeinsam nach dem letzten Strohhalm greifen, wird daraus vielleicht der rettende Ast.

You´ll never walk alone ...