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bayer04Wenn am Samstag zwei Bayernbezwinger aufeinander treffen, könnte man an ein Duell zweier Mannschaften mindestens mit Championsleague-Ambitionen denken, die eventuell auch auf mehr hoffen als auf zweite bis dritte Plätze. Stimmt fast. Während die Gladbacher rätseln, wie das mit dem Toreschießen noch mal ging, haben die Leverkusener ihren Gegentorschnitt der letzten Spiele auf drei senken können. Am Samstag sollte sich nun das Team für den Saisonendspurt in Position bringen, das sich als erstes von den letzten Ergebnissen erholt.


Nicht, dass die Borussen dabei große Desaster verkraften müssten. Sie sind nach acht Spielen das zweitbeste Rückrundenteam, was mit der grandiosen Hinrunde durchaus Schritt hält. Sie haben nur die letzten drei Spiele eben nicht gewonnen, bei einem erzielten Tor, darum ist der gegenwärtige Eindruck, dass die Verletzung von Patrick Herrmann doch einen größeren Bruch ins Spiel gebracht hat, als man das bei einer funktionierenden Mannschaft hätte vermuten sollen. Und natürlich ist das auch nicht die ganze Wahrheit. Zum Beispiel kam die Sternstunde des Sieges gegen Schalke zustande, als Huub Stevens sich entschloss, sein Image als Defensivpropagandist ein für alle Mal zu entsorgen und und fünf Offensive auf den Platz schickten, die ihren Kollegen beifällig beim verteidigen zusahen.

Bei Freiburg dagegen und geradezu extrem in Nürnberg hatten die Gladbacher es mit Teams zu tun, die nie die defensive Balance verloren und die versuchten, den Borussen mit deren eigenem Stil zu begegnen. Und nun stellen diese Borussen es fest, was es bedeutet, wenn Teams aus dem Tabellenkeller unter allen Umständen einen Punkt ergattern wollen. Auch wenn sie das aus den letzten Jahren (wir vermeiden "Jahrzehnte") ihrer jüngeren Vergangenheit kennen sollten, ist der Perspektivwechsel doch nicht so einfach. Und zum Teil ist es dann doch auch Herrmanns Ausfall. Denn der Außenspieler war in ständig steigender Form und hatte noch Torgefährlichkeit dazugewonnen. Damit liess sich kompensieren, dass Marco Reus Form seit einiger Zeit stagniert. In Stuttgart schaffte er es noch, mit seiner Klasse den Unterschied zu machen, indem er sie einfach nur ein paar Mal in 90 Minuten aufblitzen liess. Zuletzt aber gelingt ihm nicht nur wenig, auch so einfache Dinge wie nachsetzen bei Ballverlust und zügige Rückwärtsbewegung sind ihm abhanden gekommen. Nach allem, was Reus in zweieinhalb Jahren gezeigt hat, gibt es keinen Grund, seine Formschwäche mit seinem Wechsel  nach Dortmund in Verbindung zu bringen. Vielleicht ist es einfach nur die gesteigerte Aufmerksamkeit der Gegenspieler wenn die Ablenkung durch Herrmann fehlt.  Aber DASS Reus in den letzten Spielen so uneffektiv spielt wie noch nie bei Borussia steht wohl außer Frage.  Immerhin war das Spiel gegen Freiburg und die Rückkehr in die Sturmspitze wieder eine leichte Verbesserung.

Dringlicher noch als die Personalie Reus ist die von Tony Jantschke. Nicht dass man dem kleinen Energiebündel etwas vorwerfen könnte, der Rechtsverteidiger fehlt einfach nach seiner fünften gelben Karte und wirft damit die Frage nach seiner Vertretung auf. Der etatmäßig als Vertreter eingeplante Matthias Zimmermann bestreitet seine Karriere zur Zeit in der U23 und macht überhaupt nicht den Eindruck, als dass sein Einsatz am Samstag wahrscheinlich wäre. Havard Nordtveidt, der auf mehreren Positionen eingesetzt werden kann, wäre eine Alternative, dafür wären dann aber Abwehr und defensives Mittelfeld gleichzeitig neu zu formieren. Von den drei Innenverteidigern hätte Stranzl am ehesten die Möglichkeit, auch außen zu spielen; diese Variante scheint sich am meisten anzubieten.

Da kommt es ganz gelegen, dass auch die Leverkusener Spieler ersetzen müssen, in diesem Fall den verletzten Lars Bender. Der Zweikampfkönig im defensiven Mittelfeld ist für Bayer 04 kaum zu ersetzen, auch nicht durch Michael Ballack. Es bräuchte nur jemand Mutigen, der Ballack das auch sagt, denn dessen Selbstwertgefühl ist nach wie vor auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn. Seine persönliche Vergangenheitsbewältigung dreht sich im Moment um den Verlust seiner Spielführerwürde in der Nationalmannschaft, kann aber zu jedem Zeitpunkt wieder zum Themenkreis Leverkusen zurückkehren mit den Unterpunkten Verhältnis zum Trainer, mangelnder Respekt, falsche Versprechungen, ungerechte Behandlung. Um nur mal die wichtigsten zu nennen.

Und so schlendert der amtierende Vizemeister durch die Saison, mit wechselhaften Ergebnissen, einem immer wieder mal kippenden Trainer und einem missgelaunten Star. Eigentlich alles wie in Köln, nur langweiliger. Doch trotz der Höhen und Tiefen mit ordentlichem Ausschlag scheint Leverkusen auf dem Weg zu einer zumindest akzeptablen Saison, woran der erwähnte Sieg gegen Bayern einen gewaltigen Anteil hatte. Nur wenig später wurden die angehenden Himmelsstürmer von Barcelona derartig auseinandergenommen wie es einer deutschen Mannschaft seit Generationen nicht passiert ist. Und da das Debakel weniger auf Einzelversagen beruhte als auf einer unangemessen optimistischen Aufstellung, musste Robin Dutt wieder einen Schlag einstecken. Damit nicht genug geriet die direkte Wiedergutmachung bei den ganz und gar nicht barçahaften Wolfsburgern auch noch daneben.

Erneute Krise also bei Bayer? Eher nicht. Das Debakel in Barcelona taugt ohnehin nicht als Maßstab für Mannschaften, die nicht ähnlich gut sind wie Barcelona und das Spiel in Wolfsburg hätte nach 30 Minuten 2:0 oder höher für die Gäste aus Leverkusen stehen müssen, die Magaths UNO-Truppe einfach überrannten. Nur mangelnde Chancenverwertung brachte die Wolfsburger zurück ins Spiel und zum Sieg. Hätten die Leverkusener nur einen Punkt gerettet, wären sie mit den Borussen punktgleich in der Rückrunde und an diesem Maßstab muss sich jeder Gegner orientieren.

Mit einem Punkt in Leverkusen könnten die Borussen daher gut leben, umso mehr, als das weiter einen 8-Punkte Vorsprung bedeuten würde. In dieser Saison der kurzlebigen Prognosen gelten alle Angaben ohnehin immer nur für eine Woche; denken wir also weiter von Spiel zu Spiel.


Aufstellungen:

Borussia: ter Stegen; Stranzl, Brouwers, Dante, Daems; Wendt, Nordtveit, Neustädter, Arango; Hanke, Reus

Leverkusen: Leno; Schwaab, Friedrich, Toprak, Kadlec; Castro, Reinartz, Rolfes, Renato Augusto; Schürrle, Kießling

SEITENWAHL-Meinung

Michael Heinen: Es wird ein umkämpftes Spiel, das Leverkusen am Ende aber leider mit 1:0 für sich entscheidet.

Thomas Häcki: 1:0 für Leverkusen. Was bitte sonst?

Christian Spoo: Die Frage, ob Borussia nur wegen des Verhinderungsfußballs schwächerer Teams lahmt, oder ob es grundsätzliche Probleme gibt, wird am Samstag klar beantwortet. Es setzt die erste Klatsche, seit Lucien Favre im Amt ist. Leverkusen besiegt Borussia mit 4:1.

Christoph Clausen: Wieder ein Unentschieden, mit dem Borussia diesmal aber ganz gut leben kann. Durch ein 1:1 hält man die Laboranten von der anderen Rheinseite auf Abstand.

Christian Heimanns
: Beide Mannschaften sind dabei, sich wieder richtig zusammenzupuzzlen. Da bietet sich doch stark der Traditionstipp 2:2 an.