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Es gibt dankbarere Aufgaben als einen Saisonauftakt beim FC Bayern München. Nach dem frühen 0:2-Rückstand kamen sogar Befürchtungen auf, der Katastrophenstart aus dem Pokal könne sich sogleich in der Liga fortsetzen. Am Ende zog sich die Elf von Lucien Favre in der Allianz-Arena doch noch gut aus der Affäre und wurde sogar unter Wert geschlagen. Trotzdem sorgt die Niederlage für eine nicht zu unterschätzende Drucksituation vor dem anstehenden Heimspiel gegen Hannover 96. Angesichts der folgenden schweren Auswärtspartie in Leverkusen ist ein Sieg am Samstag abend alternativlos, um das Tabellenbild für die nächsten Wochen halbwegs erträglich zu gestalten.

Hannover 96

Ein Heimsieg gegen die im Vorjahr chronisch auswärtsschwachen Niedersachsen (13  Punkte) erscheint alles andere als unmöglich. Aber Vorsicht: Hannover 96 darf als eine der am meisten unterschätzten Mannschaften der Bundesliga gelten. Während Vereine wie Wolfsburg, Hamburg oder Stuttgart von Experten immer wieder als ernstzunehmende Europacup-Teilnehmer gewertet werden, fällt nur selten der Name Hannover. Dabei treten die Niedersachsen seit drei Jahren auf konstant hohem Niveau auf. Zweifelsohne mit leicht absteigender Tendenz, die sich in der vergangenen Saison nicht unwesentlich durch eine immense Verletztenmisere begründete. In der Vorbereitung setzte sich dies nahtlos fort, als zeitweise 13 Kaderspieler nicht zur Verfügung standen. Pünktlich zum Saisonstart hat sich die Lage im Lazarett aber wieder etwas beruhigt, so dass Trainer Mirko Slomka weitgehend aus dem Vollen schöpfen kann.

Im Bundesliga-Check hatten wir noch am ehesten Probleme in der Innenverteidigung ausgemacht, wo durch die lange Verletzung von Felipe und den Abgängen von Djourou und Eggimann nicht mehr allzu viel Qualität vorhanden zu sein schien. Die Probleme wurden im Verein erkannt und in dieser Woche durch den Kauf des Brasilianers Marcelo korrigiert. Für 3 Mio. Euro kommt der zweikampfstarke Innenverteidiger aus Eindhoven, wo er lange Stammspieler war, zuletzt aber u. a. vom Ex-Hamburger Jeffrey Bruma verdrängt wurde. Positiver Nebeneffekt: Mit Landsmann Felipe spielte er früher bereits zusammen, so dass ihm die Eingewöhnung leichter fallen sollte. Etwas zu denken geben sollte die Reaktion der PSV-Fans, die den Transfer im Internet recht freudig zur Kenntnis nahmen.

Gut vorstellbar, dass am Samstag eine runderneuerte Innenverteidigung im Borussia-Park aufläuft. Mit Sané wurde dort nämlich ein weiterer Spieler verpflichtet, dem direkt die Rolle des Abwehrchefs zugedacht wird. Bislang schlägt sich der Senegalese sehr ordentlich. Dennoch sollte die fehlende Eingespieltheit in der Hannoverschen Defensive Chancen bieten. Sofern Slomka auf Marcelo noch verzichten möchte, würde vermutlich wie schon gegen Wolfsburg Karim Haggui  in der Startelf stehen - jener Haggui, der sich vor vier Jahren beim legendären 5:3-Sieg Borussias mit zwei Eigentoren in die Geschichtsbücher der Bundesliga schrieb.

Weitere Schwachpunkte bei Hannover sind die Außenverteidiger, die in ihrer Defensivarbeit Defizite offenbaren. Zu dumm, dass Borussia das Spiel über die außen so konsequent vernachlässigt. Dennoch verfügt Borussia über die offensive Qualität, hier Lücken nutzen zu können, die Christian Pander und Hiroi Sakai bieten. Gerade gegen den langsamen Ex-Schalker sollte Patrick Herrmann seine Geschwindigkeit ausnutzen können. Mit Pocognoli und Schulz hat Slomka mindestens gleichwertigen Ersatz auf der Bank, denen er aktuell aber offensichtlich weniger zutraut. Insgesamt scheint Hannover damit defensiv in der Breite besser aufgestellt zu sein als in der Spitze.

Offensiv wiederum sind Spitze und Breite beiderseits sehr gut besetzt - zumindest wenn einige der chronisch verletzungsanfälligen Akteure fit bleiben. Leon Andreasen ist hier an vorderster Front zu nennen, der seit 2008 deutlich mehr Zeit in Reha-Einrichtungen als auf dem Spielfeld verbracht hat. Das Stehaufmännchen der Liga ist aber dafür zu bewundern, wie er sich immer wieder zurückkämpft. Im vergangenen Jahr war er an den ersten Spieltagen eine der herausragenden Figuren der ganzen Liga und man möchte sich nicht ausdenken, wo Hannover hätte landen können, wenn er die gesamte Saison verletzungsfrei überstanden hätte. Am 5. Spieltag folgte dann aber der obligatorische Kreuzbandriss, der ihn bis zum letzten Spieltag außer Gefecht setzte. In diese Saison startete er wieder genauso furios. Beim 2:0 über Wolfsburg in der vorigen Woche war er Torschütze und bester Mann im zentralen Mittelfeld.

Auch Szabolcs Huszti wurde in seiner Karriere immer wieder durch Verletzungen zurückgeworfen. Wenn er spielt, gehört er aber zu den besseren seiner Zunft. Da sowohl Andreasen als auch Huszti am Samstag spielfähig sein werden, muss Borussia gehörig auf der Hut sein, im zentralen Mittelfeld die Hoheit zu bewahren. Denn auch die übrigen Hannoveraner Mittelfeldspieler sind nicht zu verachten. Lars Stindl wurde im vorigen Jahr von Borussia als Neustädter-Nachfolger vergeblich umworben. In der Offensive haben Edgar Prib und Leonardo Bittencourt insbesondere in Liga 2 für Furore gesorgt. Prib konnte dies in der Vorsaison auch im Oberhaus weitgehend bestätigen. Dennoch steht hinter beiden ein kleines Fragezeichen, ob sie konstant auf Topniveau agieren können. Sollte ihnen dies nicht gelingen, so stehen mit Hoffmann, Schmiedebach und Schlaudraff noch einige Alternativen parat, die ihre Klasse auf gehobenem Bundesliganiveau bereits nachgewiesen haben.

Im Angriff muss Slomka weiter auf Ya Konan verzichten, so dass an Mame Biram Diouf kein Weg vorbei führt. Der Senegalese hat in bislang 39 Bundesligaspielen 18 Tore erzielt und fühlt sich daher zu Höherem berufen. Da sein Vertrag zum Saisonende ausläuft und er bislang wenig Interesse an einer Verlängerung gezeigt hat, wird er aller Voraussicht nach seine Abschiedsvorstellung im Borussia-Park geben. Auf die 8 Millionen Euro, die z. B. Stoke City in diesem Sommer noch gezahlt hätte, wird der Verein nächstes Jahr verzichten müssen.

Systemtechnisch spielt Hannover mit einem 4-4-1-1-System, wo der polyvalente Prib hinter Diouf agiert, im Offensivspiel aber von den 4 dahinter gelagerten Mittelfeldspielern sowie den beiden Außenverteidigern wirkungsvoll unterstützt wird. In Mönchengladbach wird die Mannschaft zwar versuchen, aus einer sicheren Abwehr heraus zu agieren. Es ist aber nicht zu erwarten, dass sie auf reine Spielzerstörung aus sein werden. Dafür sollte das Selbstbewusstsein ob der eigenen Qualitäten ausgeprägt genug sein.

Wie hoch diese Qualitäten tatsächlich sind, ist aktuell nur schwer einzuschätzen. Dafür haben in Abwehr und zentralem Mittelfeld zu viele Veränderungen stattgefunden. Mit Abdellaoue, Djourou, Eggimann, Rausch und Pinto haben eine Reihe Kaderspieler den Verein verlassen, wurden aber durch interessante Neuzugänge ersetzt. Wenn all diese einschlagen, könnte selbst die ansonsten etwas vermessen klingende Forderung des Vereinspatriarchen Martin Kind realisierbar sein, um die Plätze 3-6 mitspielen zu wollen. Da Borussia insgeheim ähnliche Träume verfolgt, wird die Partie auch mit Blick auf den weiteren Saisonverlauf höchst bedeutsam.

Borussia

Bei allen Lobpreisungen des Gegners braucht sich Borussia ganz bestimmt nicht zu verstecken. Die Elf von Lucien Favre sollte defensiv stärker besetzt und zudem eingespielter sein als die Gäste, die mit 62 Gegentoren im Vorjahr die drittschwächste Abwehr der Liga stellten. In der Offensive wird abzuwarten bleiben, ob sich bei Borussia eher die Leistung aus Darmstadt oder München fortsetzt. Beide Spiele haben aber so gut wie nichts gemein mit dem, was kommenden Samstag gefragt sein wird. Hannover ist selbstverständlich nicht so überragend wie die Bayern, wird sich aber auch nicht so abwartend präsentieren wie die hessischen Amateure.

In der Aufstellung sind von Favre keine großen Überraschungen zu erwarten. Wahrscheinlich ist sogar, dass dieselben 11 Spieler auflaufen, die in der Allianz-Arena beginnen durften. Kleinere Fragezeichen bieten nur die Spieler, die unter der Woche international tätig waren. Juan Arango z. B. musste noch in der Nacht zu Donnerstag in Südamerika antreten, so dass ihn die bekannten Reisestrapazen schlauchen könnten. Für ihn stünden Younes oder Hrgota bereit. Viele Fans würden sich gerade zuhause wünschen, dass Max Kruse auf die Außenbahn rückt, damit vorne der Weg für einen echten Stoßstürmer namens Luuk de Jong frei wird, was Favre bislang kategorisch ausschließt. Es ist zweifelsohne ein gewagtes Spiel, auf ein spielerisches (Halb-)Angriffsduo Raffael und Kruse zu vertrauen. Gegen die Bayern sah das aber so schlecht nicht aus, weshalb davon auszugehen ist, dass Favre zunächst weiter an den beiden festhält.

Granit Xhaka tankte beim 1:0-Sieg seiner Schweizer über Brasilien Selbstvertrauen, wenngleich er selbst einen eher unauffälligen Abend verlebte. Sein aktuell größter Konkurrent auf der offensiven 6er Position ist Havard Nordtveit, der für Norwegen nur eine halbe Stunde im Einsatz war. Nach den guten Erfahrungen aus München ist hier aber erst recht kein Tausch zu erwarten, wie auch in der Viererkette alles beim Alten bleiben dürfte.


Borussia:
ter Stegen - Jantschke, Stranzl, Dominguez, Daems - Herrmann, Kramer, Xhaka, Raffael, Arango - Kruse

Hannover: Zieler - Sakai, Marcelo, Sané, Pander - Bittencourt, Andreasen, Stindl, Prib, Huszti - Diouf


SEITENWAHL-Tipps

Michael Heinen: "Borussia muss gewinnen und Borussia wird gewinnen. Nach hartem Kampf verdient sich die Mannschaft einen mühsamen 2:1-Sieg. Und das dieses Mal ganz ohne Eigentor."

Christian Spoo: "Borussia zieht Selbstbewusstsein aus dem ordentlichen Auftritt in München. Entsprechend dominiert das Team die Partie gegen Hannover. Ein Torfestival wird es freilich nicht. Am Ende müssen wir trotz klarer Überlegenheit zittern, bevor wir uns über einen 2:1-Sieg freuen dürfen."

Christian Grünewald: "Wenn der Kollege Spoo schon auf Sieg tippt, muss etwas im Busch sein - so ist zu hoffen, dass man die guten Ansätze aus München in gefährliche Torszenen umwandeln kann - zumindest einmal. 1:0 für Borussia."

Christoph Clausen: "Der letzte Auftritt lässt auf ein attraktives Spiel hoffen. Wenn das vermehrte Torschusstraining der letzten Tage gefruchtet hat, könnte am Ende ein 4:2 herausspringen."

Thomas Häcki: "Grundsätzlich ist bei dieser Begegnung fast alles möglich. Wenn aber die gesamte seitenwahl-Redaktion für Gladbach tippt, geht das Spiel fast sicher in die Hose! Ich versuche mal zu retten, was zu retten ist und tippe aus taktischen Gründen ein 1:1. Wenn wir gewinnen, war es natürlich mein Verdienst."

 

Christian Heimanns: "Die einen gewinnen gegen 9 Mann, die anderen verlieren in Bayern. Ein 2:0 Sieg der Borussen zeigt, was  beides wert war."

 


Hannover 96 vor der Saison im Bundesliga-Check