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Drittbeste Mannschaft der Hinrunde, drittschlechteste nach einem Drittel der Rückrunde, das ist der Status bei Borussia Mönchengladbach. Ob die Krise einzelne Spieler oder die Mannschaft als Kollektiv betrifft, ist kaum auszumachen und auch nicht wichtig. Seit dem "schlechtesten Rückrundenstart der ihrer Bundesligageschichte" begleitet die  Borussia jede Woche neu eine Form von "schlechtester".

Nun ist diese Krise aller Voraussicht nach nicht so bedrohlich, dass die Gladbacher sich bald in das diesjährige Abstiegswettrennen der Traditionsvereine einreihen würden. Für Mönchengladbacher Verhältnisse ist es damit kaum eine Krise, oder vielleicht die am wenigsten bedrohliche Krise seit der bescheidenen Rückrunde 1988, um mal mit einer Art Superlativ dagegenzuhalten. Nur, wenn nach unten noch nicht viel zu befürchten ist, geht dafür nach oben etwas verloren. In diesem Fall die glänzende Ausgangsposition im Kampf um europäische Qualifikationen für die nächste Saison und damit die Chance, im Aufbau der Mannschaft eine Stufe weiterzukommen. Und auch wenn es akut mehr ärgerlich als gefährlich ist, im ständig härter werdenden Wettbewerb mit firmen- und mäzenfinanzierten Vereinen geben solche Rückschläge ein  Stück Zukunft her.


Dabei gibt nicht nur die Suche nach den Ursachen des Tiefs Rätsel auf, schon diese Krise an sich ist merkwürdig. Neben der unvermeidbaren Niederlage gegen Bayern die sehr vermeidbare in Hannover und statt der glücklichen Siege der Hinrunde die unglücklichen Unentschieden in Bremen, mit dem  späten Ausgleich, gegen Hoffenheim, nach 2:0 Führung und in Braunschweig, beim Eigentorschießen der Torleute. Keine richtige Klatsche, aber auch kein richtig gutes Spiel und vor allem kein Sieg.


Gerade nach dem letzten Spiel in Braunschweig sind die Rätsel noch größer geworden. Hätte man vorher die Diagnose stellen können, dass nur ein Sieg fehlt, damit der Knoten platzt und das Spielerische wieder in die Reihe kommt, so muss man im Rückblick sagen, dass das wohl das schlechteste Spiel in der Rückrunde war. Keine Spur irgendeiner Verbesserung, trotz Pfostenschuss und nicht gegebenem Tor zum Spielende.


Dieses diffuse und den größeren Teil des Teams umfassende Leistungsloch macht die Suche nach der Ursache nicht leichter. Keine Verletzungssorgen, keine Champions-League Desaster, keine Überforderung durch Pokal, so schön das wäre, oder Europa League Spiele, kein allgemeiner Qualitätsmangel. Die Überlegungen, dass Arango durch den auslaufenden Vertrag in einem mentalen Tief steckt und die Mannschaft mit nach unten zieht, sind eher etwas für Verschwörungstheoretiker. Was man stattdessen in Betracht ziehen sollte, ist der mögliche Ersatz für Arango oder für andere Stammspieler. Es gibt kaum einen.


Auch wenn Lucien Favre kaum eine Gelegenheit ausgelassen hat, Branimir Hrgota zu erwähnen, so hat der junge Schwede kaum eine Gelegenheit genutzt, sich bei seinen Einsätzen als Flügelspieler zu profilieren. Trotz Talent und Schnelligkeit fehlt ihm das kreative Potential, um von der Außenseite aus das Spiel zu beleben. Da wäre Oscar Wendt eher vorzuziehen, der aber durch Verletzung gerade verhindert ist. Oder Amin Younes, auch wenn er in der U21 Nationalelf gerade auf der 10er Position gespielt hat. Aber diese Möglichkeit scheint sich Favre nicht aufzudrängen und man darf davon ausgehen, dass es dann Gründe dafür gibt.

Analoge Feststellungen muss man für fast jede Position treffen und damit Jürgen Klopps Feststellung vom Beginn der Saison widerlegen, der von zwei kompletten Bundesligateams bei der Borussia gesprochen hatte. Die Mannschaft spielt oft stark verbesserungswürdig, aber der Druck von der Bank, dem einen oder anderen eine schöpferische Pause zu gönnen, scheint nicht vorhanden zu sein. Umso ärgerlicher, dass Favre am Samstag in einem Bereich ändern muss, der ihn wenig Nutzen bringen kann und wo die Alternativen noch enger sind, nämlich im defensiven Mittelfeld. Die Gelbsperren von Xhaka und Kramer bringen Nordtveit ins Team, dessen Partner vermutlich Torben Marx sein wird. Man darf vermuten, dass damit die Chancen steigen, Augsburg in einem 10.000 Meter Lauf zu schlagen, aber am Samstag soll Fußball gespielt werden.

Und zwar gegen eine Mannschaft, bei der Wörter wie "schlechtester" seit einiger Zeit nicht in Gebrauch sind. Kleiner Lacher gefällig? Voilà: "Ein Jahr ist um und Augsburg ist wieder ein allseits anerkannter Abstiegskandidat.. ..Und realistisch betrachtet muss man sagen, dass das weniger eine Frage chronischer Unterschätzung ist, wie sie mancher Verein erfährt sondern eher eine der Kaderbeurteilung." Diese Sätze standen vor der Saison bei einem anerkannten und respektierten Fanzine von Borussia Mönchengladbach zu lesen. Nun, man kann nicht nur Fachpersonal beschäftigen.
Der FC Augsburg fliegt auf einer Wolke der Freude und der Euphorie, wie sie auch anders qualifizierte Propheten nicht vorhersehen konnten. Der Mannschaft gelingt zur Zeit so gut wie alles, angefangen mit dem Rückrundenstart des 2:2 in Dortmund, das den Vizemeister kräftig ins Schwitzen brachte bis zum fröhlichen Abschießen der Abstiegskämpfer jeweils auswärts und jeweils mit vier Toren in Stuttgart und Freiburg. Zur Belohnung gibt es mit Andre Hahn den ersten Nationalspieler beim FCA seit Helmut Haller - das war noch, bevor Borussia Mönchengladbach groß wurde, also wirklich, WIRKLICH lange her. Mehr kann man sich bei der Puppenkiste nicht wünschen.

Für jeden, der ein paar Worte über Augsburg verlieren muss, ist Hahn dabei ein höchst dankbares Bild für den ganzen Verein. Ohne ein einziges Juniorenländerspiel in Löws Auswahl gerutscht, und sei es nur, um den dort Etablierten vor der WM etwas Angst zu machen. Jahre lang unterschätzt und unter dem Radar der Bundesligavereine dennoch in die höchste Klasse gerutscht, mangelnde technische Klasse durch ein Höchstmaß an Einsatz und Schnelligkeit wettgemacht, das kann für Andre Hahn wie für den FC Augsburg gelten. Und ist es nicht ein Zeichen, dass Hahn sein erstes Bundesligator im Hinspiel gegen die Borussia erzielte? Nein, hoffentlich ist es das überhaupt nicht.

Auf Seiten von Borussia Mönchengladbach muss man sich schon ziemlich bescheuert vorkommen, um zu sagen: Dieser Gegner kommt zu einem schlechten Zeitpunkt, und das bei einem Heimspiel. Und trotzdem ist es so. Die fußballerischen Ansätze haben den Borussen in der Rückrunde wenig gebracht und wurden immer durch eigene Fehler rasiert. Durch seinen Kampf und Einsatz ist Augsburg dazu für jeden Gegner sehr unbequem, der seine spielerischen Mittel nicht mit völliger Selbstsicherheit auf den Platz bringt, wovon bei den Gladbachern zur Zeit keine Rede sein kann. Aus Gladbacher Sicht wird das Spiel am Samstag vielleicht nicht schön werden. Aber aufregend.

Aufstellungen

Borussia: ter Stegen; Korb, Stranzl, Jantschke, Daems; Marx, Nordtveit; Herrmann, Raffael, Arango; Kruse

Augsburg: Manninger; Vogt, Callsen-Bracker, Klavan, Orstzolek; Baier; Hahn, Moravek, Altintop, Werner; Milik

SEITENWAHL-Meinung

Thomas Häcki: Nachdem man sich zuletzt mit kriselnden Vereinen messen durfte, kommt nun zur Abwechslung ein derzeit richtig starker Gegner. Der Borussia werden beim 0:3 deutlich die Grenzen aufgezeigt. Danach hängt der Haussegen endgültig schief und Veränderungen liegen (endlich) in der Luft.

Christoph Clausen: Wieder ein enges Spiel mit einer nervösen Borussia. Aber mit dem einen entscheidenden Fehler weniger und so einem über die Zeit gezitterten 1:0-Sieg.

Michael Heinen: Das wichtige Spiel gegen Augsburg bietet leider immer noch nicht die Wende zum Guten. Mit dem am Ende sogar noch schmeichelhaften 0:0 dümpelt Borussia vielmehr weiter vor sich hin.

Christian Spoo: Das 1:1 gegen Augsburg wäre ernüchternd, wäre man nicht längst ernüchtert. Sehen wir's positiv: es ist ein Punktgewinn, weil der Gegner über 90 Minuten die besser Mannschaft gewesen sein wird.

Christian Heimanns: Das 1:1 gegen Augsburg sieht nicht gut aus. Und das sieht immer noch besser aus, als es tatsächlich ist.