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Pep Guardiola kommt aus einer Liga, die sich seit jeher fast ausschließlich über den Classico und die Erfolge ihrer Topklubs definiert. Die vielzitierten "spanischen Verhältnisse" implizieren eben nicht nur die allesüberragende Dominanz von Real und Barcelona, sondern auch den bewussten Wegfall der Chancengleichheit und des sportlichen Wettbewerbs. Die Hälfte der Fernsehgelder der gesamten Primera Division geht an die beiden Topklubs, in deren weltweiten Glanz sich die Spanier lieber sonnen als den kleineren Vereinen eine faire Chance zu gewähren. Dass es Atletico Madrid in dieser Saison durch eine finanzielle Harakiri-Politik gelingt, mitzuhalten, kann eher als bestätigende Ausnahme von der Regel angesehen werden.

Deutschland hingegen war lange Zeit stolz auf seine Bundesliga, in der es immer wieder Überraschungsmeister gab. Während ein Uli Hoeneß immerhin noch nach außen vorgab, am sportlichen Wettbewerb in der Liga interessiert zu sein, denkt die aktuelle Führungsriege um Guardiola, Sammer und Rummenigge nur noch an Erfolgsmaximierung um jeden Preis. Sie sind daher folgerichtig nicht interessiert an einer spannenden Liga. Um mit den internationalen Spitzenklubs mithalten zu können, muss der FC Bayern so aufgestellt sein, dass die Bundesliga im Normalfall dominiert wird.

Schon in der Vorwoche ermöglichte Guardiola der TSG Hoffenheim einen 3:3-Achtungserfolg in der Allianz-Arena. Es war der erste Punktverlust im heimischen Stadion nach über einem Jahr. Schon hier war die Ersatzbank besser besetzt als die Startelf. Schon dies hatte ein Geschmäckle, das aber noch im Rahmen des erträglichen war, da sich in jener Startelf immerhin noch 11 gestandene Bundesligaspieler wiederfanden, die bei jedem anderen Bundesligisten zu den Besten gehören würden.

Was sich Pep Guardiola jetzt aber in Augsburg leistete, überschreitet eindeutig die Grenze des Tolerierbaren. Nicht nur, dass sämtliche für Manchester benötigten Topspieler geschont wurden. Der Einsatz von 3 Regionalligaspielern dokumentiert eindrucksvoll, wie wenig Guardiola die Bundesliga und ihr sportlicher Wettbewerb interessiert. Schon vor dem Spiel hatte er verkündet, die Bundesliga sei vorbei und sein FC Bayern habe gewonnen. Welch bodenlose Ignoranz und Arroganz gegenüber den 17 anderen Vereinen, für die es in den kommenden Wochen noch um Existenzen geht. Wie sehr seine Spieler diese Denkweise verinnerlicht hatten, zeigte nicht nur das lustlose Auftreten in Augsburg, sondern auch die Aussage von Manuel Neuer, für den es in dieser Partie primär darum ging, keinen verletzten Spieler beklagen zu müssen.

Es ist am Ende einer Saison nichts Ungewöhnliches, dass Mannschaften, für die es um nichts mehr geht, leichter zu bespielen sind. Es wäre nicht einmal etwas dagegen einzuwenden, wenn einzelne Spieler gewisse Motivationsprobleme offenbaren und der Trainer das eine oder andere Experiment durchführen würde. Diese eindeutig proklamierte Dimension aber, dass einem der Wettbewerb der Liga am Allerwertesten vorbeigeht, muss die Bundesliga als Kriegserklärung verstehen.

Wer gehofft haben sollte, dass dies in den Medien einen entsprechenden Aufschrei nach sich zieht, der ist sich der dortigen Machtverhältnisse nicht bewusst. Die Medien haben spätestens seit dem deutsch-deutschen Champions-League-Finale Gefallen gefunden an den spanischen Verhältnissen. Die beiden beteiligten Topvereine werden entsprechend hofiert und ins Zentrum jeglicher Berichterstattung gestellt. So ist es z. B. wenig verwunderlich, dass schon gestern abend ein verharmlosender Kommentar auf Sport1 zu lesen war. Jener Website, die genau wie der dazugehörige Fernsehsender für eine unkritische Hofberichterstattung bekannt ist, die selbst dem Bayern-Magazin zu peinlich-anbiedernd wäre.

Dort wird insbesondere die Kritik von Armin Veh mit dem Argument zerpflückt, dass jener in dieser Saison ebenfalls in München mit einer B-Elf aufgetreten sei und damit letztlich dasselbe getan haben soll, was er heuer kritisiert. Zunächst einmal werden hier Äpfel mit Birnen verglichen, denn zwischen den beiden Handlungen besteht ein gravierender Unterschied. Veh hat in allererster Linie sich und seinem eigenen Verein geschadet, indem er die Partie abschenkte und somit die Resthoffnung auf einen glücklichen Punkt bei den damals noch unbesiegbaren Bayern vorab aufgab. Die Bayern hingegen hatten selbst nichts mehr zu verlieren und schadeten letztlich nur all jenen Vereinen, die mit dem FC Augsburg im Wettbewerb stehen. Während Frankfurt also auf seine besten Spieler verzichtete im klaren Bewusstsein, dass in München ohnehin nichts zu holen sein würde, schenkte der FC Bayern den Augsburgern drei ansonsten niemals realisierbare Punkte.

Noch wichtiger aber: Das damalige Verhalten von Armin Veh war letztlich nur eine andere Facette desselben Problems. Es war ein fatalistisches Einknicken vor der Dominanz des übermächtig gewordenen Marktführers.

Wenn die Bundesliga als sportlicher Wettbewerb überleben möchte, dann muss sie dringend ihre eigene Bedeutung aufwerten gegenüber der inzwischen zunehmend übermächtigen Champions League. Wenn Guardiola die Liga mit Pizza und Hamburger vergleicht, dann mag das zunächst humorig klingen. Es verdeutlicht aber eine Sichtweise, die in der Öffentlichkeit immer stärker um sich greift. Die pompös aufgezogene Königsklasse des europäischen Fußballs wird zunehmend zum Maß aller Dinge. Es ist keine Überraschung, dass die Top3-Teams der Liga genau jene Vereine sind, die seit Jahren in der Champions League vertreten sind und sich dort einen finanziellen Vorsprung verdient haben, der selbst mit bestem Management kaum noch aufzuholen ist. Die Bundesliga ist so auf dem besten Wege, sich und seinen Wettbewerb überflüssig zu machen.

Es sollte im Interesse aller wahren Fußballfans sein, dem entgegenzutreten und Lösungen zu suchen, die den zerstörten Wettbewerb wiederherstellen und die der völlig aus dem Ruder gelaufenen Vormachtstellung des FC Bayern Einhalt gebieten. Blickt man auf diese neuerliche Episode bajuwarischer Machtdemonstration und die darauffolgende öffentliche Berichterstattung, dann steht aber zu befürchten, dass es hierfür inzwischen schon zu spät sein könnte.