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Mit berechtigtem Stolz verkündet Borussia, nach einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens Repucom als drittbeliebtester Fußballklub Deutschlands zu gelten. Solche Statistiken, bei denen es elementar auf die Art der Fragestellung ankommt, sind zwar stets mit Vorsicht zu genießen. Es ist aber ein gutes Zeichen, dass der Verein trotz weitgehender Abwesenheit vom europäischen Fußball in den letzten Jahrzehnten immer noch Vereine wie Schalke oder Bremen hinter sich lassen kann.

5,1 % der Befragten gaben an, dass Borussia Mönchengladbach ihr liebster Klub Deutschlands sei. Dass ein solch relativ geringer Wert schon für den 3. Platz reicht, liegt daran, dass die vorderen beiden Plätze von den Platzhirschen aus München (27,5 %) und Dortmund (20,6 %) dominiert werden. Mithin fast 50 % der fußballinteressierten Deutschen scheinen sich also jetzt schon primär für einen der beiden Großklubs zu interessieren. Ein Trend, der sich in der medialen Berichterstattung widerspiegelt, wobei zu hinterfragen wäre, was hier Ursache und was Wirkung darstellt.

Gerade die letzten Tage werden die Zahlen eher noch verstärkt haben, die einen jeden Fußballfan erschrecken sollten, der sich eine Zukunft mit mehr als nur zwei öffentlich wahrgenommenen Vereinen wünscht. So beachtlich die Leistungen des BVB und der Bayern in der Champions League sein mögen. Das System dieses Wettbewerbs als gigantische Geldbeschaffungsmaßnahme für die europäischen Topklubs geht zu Lasten aller anderen Vereine. Es erzeugt einen für den nationalen Wettbewerb tödlichen Kreislauf aus sportlichen Erfolgen, exorbitanten Geldflüssen aus der Champions League, entsprechender Öffentlichkeitswirkung mit dazugehörigen Sponsoring-, Merchandisingeinnahmen und Fanzuwächsen. Daraus ergeben sich wiederum Möglichkeiten, bei halbwegs professionellem Vereinsmanagement den Markt und die Konkurrenz dermaßen abzugrasen, dass der sportliche Erfolg für die Zukunft weitgehend abgesichert werden kann. Die nationalen Überlegenheit der Bayern liegt eben nicht an den härteren Arbeitsbedingungen, wie Matthias Sammer in all seiner Arroganz vermutlich selbst glaubt, sondern ganz vornehmlich an diesem pervertierten System, das voll auf die internationale Leistungselite ausgerichtet ist. Wenn z. B. der BVB für einen Ergänzungsstürmer wie Ramos ohne große Mühe 11 Mio. Euro nach Berlin überweisen kann, sagt dies einiges über die Chancengleichheit in der Liga aus.

Es ist höchst lobenswert, wie Borussias Verantwortliche in den letzten Jahren den Anschluss an das obere Tabellendrittel geschafft haben und aktuell dabei sind, sich in diesen Regionen zu etablieren. Selbst mit bester Vereinsarbeit aber wird man unter normalen Umständen in nicht allzu ferner Zukunft an natürliche Grenzen stoßen. Die Champions-League bietet den Topvereinen die Möglichkeit über direkte Einnahmen und mit dem Erfolg verknüpfte Sponsoringgelder einen jährlichen Finanzvorteil von mindestens 60-70 Mio. Euro gegenüber Borussia zu verdienen. Dies bietet keine Garantie für Erfolg, denn selbst 27 Mio. teure Stars können sich als Fehleinkäufe entpuppen. Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr hoch, dass die Spitzenklubs diesen Vorteil niemals in Gänze verspielen werden. Dafür müssten nämlich schon jedes Jahr 2-3 solcher möglicher Mega-Transfers  in den Sand gesetzt werden.

Die breite Öffentlichkeit hat sich mit diesem Szenario ohnehin bereits abgefunden und scheint sich daran nicht allzu sehr zu stören. Der Glanz internationaler Spitzenklasse ist zu verlockend, um dafür dem Verlust der Chancengerechtigkeit hinterherzutrauern. Die Tatsache, dass einige Topklubs inzwischen gleich 20-25 Topstars im Kader haben, die dann wiederum den anderen Vereinen nicht zur Verfügung stehen können, lässt die Kluft zwischen den Vereinen auch optisch offensichtlicher erscheinen als noch in früheren Jahren. So ist es wenig verwunderlich, dass der Fußball, den die Bayern und teilweise der BVB zelebrieren, deutlich schöner anzusehen ist als so mancher Rumpelfußball in unteren Tabellengefilden. Der Erfolg in Verbindung mit dem schönen Spiel und der hohen Öffentlichkeitswirkung führt ganz folgerichtig dazu, dass sich gerade heranwachsende Fußballfans primär für die Marktführer interessieren. Es bedarf schon einiger, meist väterlicher Überzeugungsarbeit, seinem Kind die Vorzüge eines Daseins als echter Borusse schmackhaft zu machen, wenn es in den Medien und auf dem Schulhof fast ausschließlich von den "Champions-League-Helden" penetriert wird.

Doch Wehklagen hilft letztlich ebenso wenig weiter wie es überhaupt noch Sinn macht, nach Lösungen zu suchen. Um das Szenario zurückzudrehen und wieder echten Wettbewerb zu generieren, wäre eine knallharte Umverteilung der Champions-League Gelder an die Europa League sowie an die nationalen Ligen nötig. Hierzu fehlt aber die Bereitschaft der Großklubs ebenso sehr wie die Traute der kleineren Vereine, die sich stattdessen lieber artig bedanken, wenn ihnen gelegentliche Almosen hingeworfen werden. Die Neuverteilung der TV-Auslandsgelder oder aber der TV-Einnahmen im DFB-Pokal sind letztlich nicht einmal Peanuts im Verhältnis dazu, was in der Champions League umgesetzt wird und dienen einzig der Befriedung der Basis. Dies allerdings mit überraschend durchschlagendem Erfolg.

Fans "kleinerer" Vereine werden sich mit der Situation wohl oder übel abfinden müssen, dass die "guten, alten Zeiten" vorbei sind und z. B. ein Borussen-Fan immer mehr als Exot gelten wird. Gladbach ist in den letzten Jahren geschickt darin, sich bei den besten Spielern zu bedienen, die für einen Schritt zu den Bayern oder zum BVB noch nicht weit genug sind. So angelte man sich zuletzt z. B. Max Kruse und André Hahn. Nehmen solche Spieler eine allzu gute Entwicklung, so ist absehbar, dass sie über kurz oder lang dann eben doch den nächsten Schritt gehen. Trotzdem ist dies der wohl erfolgversprechendste Weg, um sich direkt hinter den absoluten Topteams an der Spitze des restlichen Feldes zu etablieren. Wenn dies dann irgendwann sogar auch einmal in der Bundesliga-Endtabelle zu einem 3. Platz reichen sollte, wäre dies immerhin ein kleines Trostpflaster für die in den letzten Jahrzehnten so geschundene Fanseele. Die Kritik am System Champions League und seiner ungerecht einseitigen Geldverteilung würden wir übrigens auch dann noch aufrechterhalten.