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So ganz gefunden hat Lucien Favre die richtige Mischung für seine Startelf noch nicht. „Balance“ ist das Zauberwort, das der Schweizer Fußballlehrer hierbei gerne in den Mittelpunkt stellt – und für gewöhnlich diesem Ziel jegliche Einzelinteressen unterordnet. Erfahrungsgemäß wird er sich auf seiner Suche auch nicht von dem durchaus vorhandenen Druck der bevorstehenden Aufgabe beirren lassen: Gegen Sarajevo steht für Borussia das in Hinblick auf Reputation und Finanzen vielleicht wichtigste Spiel der letzten beiden Jahre an. Zweifellos muss die Qualifikation für die Europa League-Gruppenphase gelingen, um nicht mit einer Enttäuschung in die neue Saison zu starten. Wie viel Experimentierfreude wird der Trainer zeigen, ohne die klare Favoritenrolle seines Teams zu gefährden?

Das Puzzle auf der Außenbahn

Mehr Qualität in der Breite bedeutet mehr Möglichkeiten – aber eben auch die Qual der Wahl, wenn die Automatismen noch fehlen. Gegen den VfB Stuttgart gelang auf der linken Bahn bereits vieles, so konnte das Duo Dominguez/Traoré die gewünschte Mischung zwischen defensiver Stabilität und Offensivkraft bereits phasenweise umsetzen. Anders auf der rechten Außenbahn: André Hahn hat noch Schwierigkeiten, seine Rolle im System zu finden, während der fleißige Julian Korb nicht immer die richtigen Entscheidungen beim Vorrücken bzw. Absichern auf der Seite trifft.

Was dies nun für Sarajevo bedeutet, weiß einzig und allein Lucien Favre. Möglich, dass er dort, wo es besser funktionierte, auf ein Einspielen des linkes Paares setzt und auf der rechten Seite einen kompletten Wechsel (Herrmann, Johnson) vornimmt. Genauso gut könnte aber auch mit Wendt (defensiv) und Johnson (offensiv) auf links eine ganz neue Option getestet werden. So oder so kann man sich bei der bloßen Fülle der verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten schon jetzt darauf einstellen, dass im Laufe der Saison verschiedene Varianten zum Einsatz kommen werden. Schonung, Verletzungen und Sperren werden ihr Übriges dazu beitragen.

Der Mann, den sie Weltmeister nennen

Nicht unwahrscheinlich ist ein Startelf-Debüt von Christoph „Weltmeister“ Kramer, dem dieses auch von sämtlichen Medien gebetsmühlenartig wiederholte Präfix offenbar dermaßen Selbstvertrauen verleiht, dass er von der ruhigen Arbeitsbiene über den Sommer zum potentiellen Wortführer und Kreativspieler zu mutiert zu sein scheint. Natürlich muss man diesbezüglich erst die Entwicklung der nächsten Wochen abwarten, doch sein Auftreten am ersten Spieltag war derart verheißungsvoll, dass sich viele Borussen-Anhänger wünschen werden, die verfügbaren Geldmittel nicht für einen neuen Stürmer, sondern für eine zumindest mittelfristige Bindung des ausgeliehenen Kramers einzusetzen.

Falls er startet, muss ein anderer Sechser aus dem Duo Xhaka/Nordtveit auf die Bank. Richtig überzeugen konnten bisher weder der nach wie vor fahrig wirkende Schweizer noch der zu häufig indisponierte Norweger. Für Xhaka sprechen seine bisweilen sehenswerten Offensivakzente, für Nordtveit der Kampfgeist – doch schon länger hofft man darauf, dass sich beide auch in dem jeweils anderen Bereich steigern können.

Torkrokodil mit Maulsperre – Chance für Hazard?

An Branimir Hrgota scheiden sich schon jetzt die Borussen-Geister. Die in der Favre-Ära eingetretene Gewohnheit spielstarker Angreifer a la Reus, Raffael oder Kruse hat dafür gesorgt, dass ein typischer Strafraum- oder „Abschlussspieler“, wie es Lucian Favre formuliert, bei einem Großteil der Zuschauer nur dann Akzeptanz findet, wenn er mindestens einmal pro Spiel trifft. Gegen Stuttgart gelang dies Hrgota erstmals in dieser jungen Spielzeit nicht – er vergab sogar eine nahezu 100%ige Gelegenheit. Und auch wenn er mit einigen gekonnten Ablagen gute Ansätze im Kombinationsspiel zeigte, lässt er über große Teile des Spiels schlicht die Präsenz vermissen, um als integraler Bestandteil der ersten Elf wahrgenommen zu werden.

Womöglich könnte Hrgotas Fremdeln mit dem Stil der Mannschaft einen ersten Startelf-Einsatz für Thorgan Hazard begünstigen. Der junge Belgier spielte eine eher unauffällige Vorbereitung, war aber gegen den VfB nach seiner Einwechslung sofort voll da. Mit seiner technischen Qualität und Beweglichkeit würde der gelernte offensive Mittelfeldspieler die Stürmerposition wohl ähnlich interpretieren wie der noch verletzt fehlende Kruse, sich die Bälle also häufiger selbst hinten abholen – womöglich aber auf Kosten einer konsequenten Besetzung des Strafraums.

Auch hier steht wie in allen Mannschaftsteilen die Frage im Raum, wie viel Lucien Favre an der Startelf ändern kann und möchte. „Schonung der Stammspieler“ kann zu Saisonbeginn zumindest kaum als Argument angeführt werden – zumal offensichtlich noch nicht alle Positionen fest vergeben sind. Als mahnendes Beispiel für zu viele Änderungen kann das 0:0 in Limassol Anno 2012 herhalten – fast hätte man dort mit einer B-Elf schon früh das Weiterkommen in der EL verspielt. Andererseits: Damals hatte Borussia nicht ansatzweise eine vergleichbare qualitative Breite zur Verfügung wie heute. Doch egal wer letztlich zum Einsatz kommt, alle im Umfeld der Borussia erwarten nach dem 3:2-Sieg in Sarajevo das Weiterkommen – am besten mit einem Sieg.

Der Gegner FK Sarajevo

Dass die Mannschaft des FK Sarajevo durchaus ansehnlichen Fußball spielen kann, hat man im Hinspiel gezeigt. Die von Borussia großzügig gebotenen Räume nutzten die Bosnier zu mehr als einer guten Handvoll starker Offensivszenen, bei denen der VfL einige Male Glück hatte, nicht sogar mit mehr als zwei Gegentreffern nach Mönchengladbach zurückzureisen. Es wurde aber auch deutlich, dass es hinten schnell brennt, wenn der Ball über zwei, drei Stationen schnell vor das Tor der Bosnier befördert wird.

Mut macht dem Außenseiter vor allem die eigene Bilanz der diesjährigen Europa League-Qualifikation – in beiden Runden konnte man jeweils das Auswärtsspiel gewinnen und sich so überhaupt erst für das Aufeinandertreffen mit Borussia qualifizieren. Ob die angekündigte Anreise von rund 300 „Anhängern“ des mit Sarajevo befreundeten Ostvereins Dynamo Dresden allerdings eine Rolle spielt, wird wohl eher eine Frage für Polizei und Sicherheitskräfte, als für die sportliche Entscheidung über den Einzug in die EL-Gruppenphase.

 


Vorrausichtliche Aufstellungen:

Borussia:Sommer – Korb, Stranzl, Jantschke, Dominguez (Wendt) – Xhaka, Kramer (Nordtveit) – Herrmann (Hahn), Traoré (Johnson) – Raffael – Hrgota (Hazard)

Sarajevo: Bandovic – Berberovic, Tatomirovic, Dupovac, Puzigaca – Radovac , Cimirot – Okic, Stojcev, K. Velkoski – Bilbija


Seitenwahl-Tipps:

Christian Grünewald: Es darf nichts mehr anbrennen und es wird nichts mehr anbrennen: Borussia siegt mit 3:1.

Michael Heinen: Borussia ist noch nicht durch. Borussia ist noch nicht durch. Borussia ist noch nicht durch. Es hilft vielleicht, es dreimal zu schreiben, bevor sich irgendjemand nach dem 3:2 im Hinspiel zu sicher fühlt. Es wird am Donnerstag noch einmal ein hartes Stück Arbeit. Nach holprigem Start und dem überraschenden 0:1 beginnt das große Zittern, das aber erfolgreich überstanden wird. Der mühsame 2:1-Sieg bringt am Ende den so wichtigen Einzug in die Gruppenphase.

Thomas Häcki:Auch gegen Sarajevo stottert der Borussen-Motor merklich. Jedoch sind die Fortschritte ebenso deutlich wahrnehmbar. In einem souveränen, aber wenig berauschenden Spiel wird die Einzug in die Gruppenphase mit einem 3:1 Erfolg sicher gestellt.

Christoph Clausen:Mit Christoph Kramer zieht wieder mehr Stabilität ins Mittelfeld ein. Das und eine diesmal wieder bessere Chancenauswertung reicht für einen insgesamt nervenschonenden 2:0-Erfolg.

Christian Spoo: Von Spiel zu Spiel ist ein Aufwärtstrend zu beobachten. Der hält auch am Donnerstag an. Borussia schlägt Sarajevo mit 3:1 und zieht in die Gruppenphase ein.