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Es tut der in den letzten Jahrzehnten arg geschundenen Borussen-Seele gut, dass der Verein in der Öffentlichkeit endlich wieder so wahrgenommen wird, wie es dem eigenen Selbstverständnis entspricht. Die positive Berichterstattung über den hervorragenden Saisonstart und die mediale Zuspitzung auf das Duell der beiden aktuellen Topklubs der Liga (siehe auch unseren Vorbericht) haben sich Mannschaft wie auch Fans verdient. Lucien Favre weist zurecht darauf hin, dass die 16 Punkte aus den bisherigen 8 Spielen vollauf gerechtfertigt sind und dem aktuellen Leistungsvermögen entsprechen. Trotz alledem: Diese Mannschaft ist vieles, aber leider kein wirklicher Bayern-Jäger.

Nicht erst die furchterregende Bilanz des Rekordmeister in den vergangenen drei Spielen, die mit 17:1 Toren fulminant absolviert wurden, hat endgültig klargestellt, dass es in diesen Jahren keine wirkliche Konkurrenz zu den Bayern gibt und geben kann. Der BVB war dem zuletzt noch am ehesten nah gekommen. Durch gezielte Transfers ist es dem Primus von der Isar aber gelungen, die Distanz auch auf dem letzten verbliebenen Verfolger schier unerreichbar auszubauen. 25 und 19 Punkte betrug der Vorsprung in den letzten beiden Spielzeiten. Dieses Jahr sind es bereits 13 nach nur 8 Partien.

Den Bayern ist es gelungen, die Konkurrenz innerhalb der Bundesliga vollständig auszuschalten. Die dazu notwendige Strategie gezielter Transfers – bevorzugt beim jeweiligen Hauptkonkurrenten – ist wahrlich nicht neu. Der große Unterschied: Inzwischen geht es um exorbitant viel mehr Geld. Wo Borussia stolz ist, wenn mal ein Umsatz von 100 Mio. Euro erzielt werden kann, da verkündet der FC Bayern inzwischen schon ein Ergebnis von über 500 Mio. Euro. Der Kredit für das neue Stadion in Höhe von 346 Mio. Euro wurde innerhalb von 10 Jahren vollständig abbezahlt, so dass zukünftig noch einmal 25-30 Mio. Euro jährlich in den Verein fließen. Die garantierten Einnahmen der Champions League betragen jedes Jahr mindestens 50-60 Mio. Euro. Dies ist aber nur ein Bruchteil dessen, was die Aufmerksamkeit einbringt, die sich in diesem „Königswettbewerb" erzielen lässt. Für Sponsoren und sonstige Geldgeber ist ein Verein nur dann so richtig attraktiv, wenn er ihnen Medienpräsenz garantiert. Diese wiederum wird zunehmend nur noch jenen Topklubs aus der Champions League gewährt - und hier ganz besonders dem deutschen "Vorzeigeverein" aus München.

Die Bundesliga hat den Zeitpunkt versäumt, diesen über Jahrzehnte sich entwickelnden Prozess aufzuhalten oder umzukehren. Dies ginge heute nur noch sehr bedingt über eine massive Umverteilung der Champions-League-Gelder zugunsten der kleineren Vereine. Doch nur die wenigsten Player im deutschen Fußball trauen sich eine Konfrontation mit den Großklubs. Zu einflussreich besetzt insbesondere der FC Bayern wesentliche Posten in den Verbands-Gremien wie auch in den Medien.

Genau diese Medien kreieren jedes Jahr aufs Neue das Zerrbild der vermeintlichen „Bayern-Jäger", also jenen Klubs, die mit zunehmend größerem Abstand gerade in der Tabelle hinter dem Rekordmeister rangieren. Mit diesem Marketing-Gag soll zumindest noch ein klein wenig Rest-Spannung in der Liga vorgetäuscht werden, was regelmäßig schon weit vor der Winterpause ad absurdum geführt wird.

Diese schöne neue Welt gilt es nicht zu bejammern, sondern zu akzeptieren. In einer einzelnen Partie kann es durchaus einmal gelingen, den großen Bayern ein Bein zu stellen – wobei das höchste der Gefühle zumeist in der glücklichen Erlangung eines Punktgewinns besteht. Borussia ist bei optimalem Spiel und mit etwas Glück sehr wohl zuzutrauen, auch gegen die Bayern zu bestehen und am Sonntag zu punkten. Aber selbst wenn dies geschehen sollte und der Rückstand im Idealfall zwischenzeitlich auf nur einen Punkt schrumpft, so wäre dieses Glücksgefühl des „Bayern-Jagens" nur von sehr kurzer Dauer. Auf Sicht gesehen ist die Dominanz der Bajuwaren zu groß, was sich spätestens zur Winterpause in einem Vorsprung von mindestens 8-10 Punkten vor Platz 2 widerspiegeln wird.

Für Borussia kann es nur darum gehen, im Kampf um die Plätze dahinter den aktuellen Vorsprung so gut wie möglich zu behaupten. Mit Ausnahme der Bayern – und mit Abstrichen dem BVB – verfügt kein Bundesligist über einen Bundesliga-Kader, der hochwertiger besetzt ist als jener der Gladbacher. Dass es Borussia gelingt, mit der ebenfalls finanziell überlegenen Konkurrenz mitzuhalten und sie aktuell sogar hinter sich lässt, ist den Vereinsverantwortlichen kaum hoch genug anzurechnen. Den allerletzten Schritt, auch noch den Rückstand auf die Bayern aufzuholen, wird aber selbst das Erfolgsduo Favre/Eberl angesichts der vorherrschenden Rahmenbedingungen nicht erzielen können.