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Auf eins ist bei Borussia seit Jahren stets Verlass. Kommt es zu einer wichtigen Auslosung, werden der Fohlenelf regelmäßig die stärkst-möglichen Gegner zugelost. So war es auch an diesem Donnerstag, als am Ende nur noch die sportlich unangenehmste Gruppe D übrig blieb. Während sich der VfL Wolfsburg gegen PSV Eindhoven, Manchester United und ZSKA Moskau berechtigte Hoffnung auf Platz 2 machen darf, wird es für Borussia nicht nur aus Sicht von Lucien Favre sehr, sehr schwer werden. Doch zu großes Wehklagen sollte es nicht geben. Die Spiele gegen Juventus Turin (A - 21.10.15, H - 3.11.15), Manchester City (H - 30.9.15, A - 8.12.15) und dem FC Sevilla (A - 15.9.15, H - 25.11.15) bieten den Fans herrliche Auswärtsfahrten und dem Team interessante sportliche Herausforderungen. Sollte es Borussia gelingen, möglichst bald wieder in Tritt zu kommen und an die Leistungen aus der letzten Rückrunde anzuknüpfen, dann brauchen sie sich selbst vor diesen international hochkarätigen Gegner nicht zu verstecken. Die Erwartungshaltung ist gering und aus dieser Position heraus sind der Fohlenelf in den letzten Jahren schon so einige unerwartete Überraschungen gelungen. Eins steht fest: Auch in Manchester, Turin und Sevilla wird man an diesem Donnerstag keine Freudensprünge gemacht haben, als das letzte Los gezogen wurde. Um die Gegner besser einschätzen zu können, blicken wir schon einmal auf das Wesentliche, was dort in den kommenden Monaten auf Borussia und ihre Fans zukommen wird.

Mit Manchester City wartet einer der finanzstärksten Vereine Europas, der wie kein zweiter für die Perversion des zunehmend durchkapitalisierten Fußballs steht. Bis vor 7 Jahren war City nicht mehr als der kleine Lokalrivale von United, der konstant im Mittelfeld der Liga umherdümpelte. Dies änderte sich erst 2008, als sich der Klub an die Abu Dhabi United Group verkaufte. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten beweist Hauptanteilseigner Scheich Mansour Bin Zayed Al Nahyan inzwischen, dass Geld eben doch Tore schießt - wenn man nur genügend davon hat. 2010 gab es mit Platz 3 die erste Teilnahme an der Champions -League. Seitdem hat sich die Mannschaft in den englischen Top 3 fest etabliert. 2011 wurde der erste Premier-League-Titel nach 44 Jahren gewonnen, dem 2014 der zweite folgte. 2013 wie auch in der letzten Saison reichte es jeweils "nur" zum 2. Platz in der Liga.

In der Champions League sind die ganz großen Erfolge bislang aber ausgeblieben. Bei den ersten beiden Auftritten 2011 und 2012 machte sich die Milliarden-Truppe gar zum Gespött als sie in der Gruppenphase jeweils ausschied. 2012/13 reichte es in der damaligen "Hammergruppe" mit Dortmund, Real Madrid und Ajax Amsterdam zu läppischen 3 Punkten. In den letzten beiden Jahren ging es immerhin bis ins Achtelfinale, da man die Gruppe jeweils hinter dem FC Bayern als 2. abschloss. Beide Male folgte dann aber das Aufeinandertreffen mit dem FC Barcelona, das jeweils mit 2 Niederlagen verloren ging. Dass Manchester nicht unschlagbar ist, wiesen sie noch im Vorjahr nach, als sie es auf lediglich 8 Punkte brachten und u. a. gegen ZSKA Moskau daheim 1:2 verloren sowie in der russischen Hauptstadt nicht über ein 2:2 hinauskamen. Warum sollte Borussia Vergleichbares an einem guten Tag nicht auch gelingen können?!

In die aktuelle Premier League Saison ist City hervorragend gestartet. Mit 3 Siegen und 8:0 Toren steht die Mannschaft von Trainer Manuel Pellegrini an der Tabellenspitze und konnte u. a. den FC Chelsea daheim im City of Manchester Stadium (55.097 Zuschauer) mit 3:0 bezwingen und in Everton mit 2:0 siegen. Bereits jetzt wurden für diese Saison 129 Mio. Euro in den Kader investiert - u. a. 62,5 Mio. Euro für Stürmer Raheem Sterling sowie 44,6 Mio. für Innenverteidiger Nicolas Otamendi (vormals FC Valencia). Die kolportierten bis zu 80 Mio. Euro, die demnächst noch für Kevin de Bruyne nach Wolfsburg fließen werden, sind da noch gar nicht mit einberechnet. Das von der UEFA so hochgehangene Financial Fairplay wird in Manchester u. a. dadurch  umgangen, indem Hauptsponsor Etihad Airways für sein finanzkräftiges Engagement (466 Mio. Euro über 10 Jahre) aus Abu Dhabi entsprechend "belohnt" wird.

Der Kader des englischen Vizemeisters besteht fast ausnahmslos aus namhaften Hochkarätern. Im Tor steht Englands Nationalkeeper Joe Hart. In der Abwehr sind Vincent Kompany und der alternde Martin Demichelis (34) aus der Bundesliga bekannt. Im Mittelfeld tummeln sich u. a. Yaya Touré und David Silva sowie zukünftig wohl noch Kevin de Bruyne. Den Sturm können z. B. Raheem Sterling und Sergio Aguero bilden. Für genügend sportliche Herausforderung ist also gesorgt, Herr Favre.

Schlimm genug, dass Manchester noch nicht einmal der namhafteste Gegner ist, der Borussia bevorsteht. Dies ist nämlich der Vorjahresfinalist Juventus Turin, der sich im Mai nur knapp mit 1:3 dem FC Barcelona geschlagen geben musste. Der 31fache italienische Meister konnte auf nationaler Ebene zuletzt 4x in Folge den Titel gewinnen. In den letzten beiden Spieljahren deklassierte er die Konkurrenz mit jeweils 17 Punkten Vorsprung auf den 2. AS Rom. Ähnlich wie in Deutschland der FC Bayern hat es Juventus geschafft, die regelmäßigen Einnahmen aus der Champions League zum Ausbau der eigenen Überlegenheit zu nutzen und damit den nationalen Wettbewerb faktisch außer Kraft zu setzen.

Diese Saison begann aber mit einer kleinen Sensation, denn mit 0:1 ging der Auftakt gegen Udinese Calcio verloren, so dass sich auch Turin auf Platz 15 derzeit in "akuter Abstiegsgefahr" befindet. International sind die Ergebnisse in den letzten Jahren - mit Ausnahme der Vorsaison - erstaunlich dürftig ausgefallen. Der CL-Finaleinzug war der größte internationale Erfolg seit selbiges 2003 zuletzt gelungen war. Der letzte CL-Sieg liegt sogar schon fast 20 Jahre zurück und gelang 1996. Von den letzten 5 Europacup-Teilnahmen endeten hingegen 3 bereits nach der Gruppenphase. Welch gutes Omen für die laufende Spielzeit - zumindest aus Borussen-Sicht?! Selbst im Vorjahr ging es in der Gruppe eng zu, die man hinter Atletico Madrid als 2. abschloss. Mit 10 Punkten war Juve nur einen Zähler besser als Olympiakos Piräus, gegen die es auswärts eine 0:1-Niederlage und daheim ein knappes 3:2 gab. Auch hier also die Frage, wieso Borussia an einem guten Tag nicht Ähnliches gelingen sollte?! In der KO-Phase lief es dann deutlich besser. Der BVB war bekanntlich kein angemessener Gegner und ging daheim mit 0:3 kläglich unter. Monaco beschränkte sich zu sehr auf die Torverhinderung und schoss so selber keinen Treffer. Ein 1:0 reichte Juventus daheim zum Weiterkommen. Der größte Coup war der Erfolg über Real Madrid im Halbfinale, die mit 2:1 daheim und1:1 auswärts ausgeschaltet wurden.

Das vorherige Jahr 2013/14 verlief international weniger erfolgreich. Während in der Serie A die Rekordpunktzahl von 102 eingefahren wurde, wartete in der CL das frühe Aus hinter Real und Galatasaray. Gegen die Türken konnte dabei nur ein einziger Punkt eingefahren werden. In der Europa League konnte später immerhin noch das Halbfinale erreicht werden, wo dann aber Benfica Lissabon das Aus bedeutete.

Im Juventus Stadium coacht Erfolgstrainer Massimiliano Allegri (48) seit Juli 2014 vor bis zu 41.011 Zuschauern eine Fülle namhafter Spieler. Zuvorderst Borussen-Fan Gianluigi Buffon, der mit 37 Jahren immer noch als einer der weltbesten Torhüter gilt. Sami Khedira und Paul Pogba beleben das Mittelfeld, während im Sturm u. a. Mario Mandzukic und Alvaro Morata für Tore sorgen. In diesem Sommer wurden schlappe 116 Mio. Euro für neue Spieler ausgegeben, ein Betrag über den die Gruppengegner aus Manchester bzw. Abu Dhabi nur müde schmunzeln. Allein 69 Mio. Euro wurden in 3 neue Stürmer investiert, und zwar in Paulo Dybala, Mario Mandzukic und Simone Zaza. Daher war für Fernando Llorente kein Platz mehr, der sich nunmehr Gruppenkonkurrent FC Sevilla angeschlossen hat. Auch die einstigen Topstars Andrea Pirlo und Carlo Tevez verließen Turin - genauso wie ein gewisser Arturo Vidal, der für 37 Mio. Euro bei Bayern München anheuerte.

Neben diesen beiden finanziellen wie sportlichen Schwergewichtern wirken Borussia und der FC Sevilla auf dem Papier chancenlos. Die Spanier haben sich aber als Sieger der Europa-League für die Königsklasse qualifiziert - ein Titel, den sie bereits im Jahr zuvor und insgesamt bereits zum vierten Mal gewonnen hatten. Über den FC Sevilla hatten wir uns bereits zu Beginn dieses Jahres ausführlich informiert, da es dort bekanntlich zum Aufeinandertreffen in der Zwischenrunde der Europa League kam. In beiden Spielen war Borussia die in vielen Belangen bessere Mannschaft. Die Spanier waren aber deutlich abgezockter und überschritten des Öfteren die Grenzen der Fairness, wodurch sie sich in beiden Partien letztlich knapp durchsetzen konnten (1:0 und 3:2). Dabei taten sie sich in den Gruppenphasen der letzten beiden Erfolgsjahre durchaus schwer. Zuletzt reichte es nur zu einem 2. Platz hinter Feyenoord Rotterdam und erst im letzten Gruppenspiel gelang durch ein 1:0 über HNK Rijeka die Qualifikation für die Zwischenrunde. Im Jahr zuvor wurde man zwar Gruppensieger, kam aber z. B. gegen Slovan Liberec und Estoril Praia daheim jeweils nur zu einem 1:1. Sofern Borussia aus den Erfahrungen vom vergangenen Februar gelernt hat, sollte sie also auch gegen diesen Gegner nicht chancenlos sein.

Dies umso mehr als dass der beste Torschütze der letzten Jahre inzwischen den Verein verlassen hat. Carlos Bacca, der u. a. 7 Tore in der letzten EL schoss, schloss sich für 30 Mio. Euro dem AC Milan an. Mit Aleix Vidal (für 17 Mio. nach Barcelona) und Stephane Mbia (ablösefrei nach Trabzonspor) verließen zwei weitere Schlüsselspieler den Verein. Neu hinzu kam aber mit Evgen Konoplyanka ein interessanter Außenstürmer aus Dnipropetrovsk ablösefrei. Zudem wurde der Abgang von Bacca mit gleich 3 Stürmern kompensiert, die insgesamt nur knapp 10 Mio. Euro kosteten: Neben Iago Aspas und Fernando Llorente wurde nämlich auch ein gewisser Ciro Immobile ausgeliehen, der es in Dortmund verständlicherweise nicht mehr aushielt. Da selbst der teuerste Neuzugang, Steven N´Zonsi von Stoke City, nur rund 10 Mio. Euro. kostete, kann Sevilla auf einen Transferüberschuss von 18 Mio. Euro verweisen, womit sie schon jetzt als wirtschaftlicher Sieger dieser Gruppe feststehen.

Umso beeindruckender, dass dem FC Barcelona im europäischen Supercup ein episches Match geboten werden konnte, indem ein 1:4 Rückstand ausgeglichen wurde und am Ende ein höchst unglückliches 4:5 nach Verlängerung stand. Es scheint, dass die Mannschaft von Trainer Unai Emery auch in diesem Jahr ausgeglichen stark besetzt ist, ohne aber auf die ganz großen Namen zu setzen. Der Ligastart verlief mit einem 0:0 beim FC Malaga eher unbefriedigend. Am Wochenende kommt nun mit Atletico Madrid ein Spitzenteam ins Stadion Ramón Sánchez Pizjuan (45.500 Zuschauer).

Insgesamt hätte es Borussia sportlich kaum schlimmer erwischen können. Alle 3 Gegner gehören zu den absoluten europäischen Schwergewichtern, die über weit mehr internationale Erfahrung als Borussia verfügen. Dies erscheint dann auch als ein ganz wesentliches Problem, denn schon in den letzten Jahren scheiterte Borussia trotz großem Engagement und einiger guter Auftritte zumeist an den international cleveren Gegnern aus Kiew oder Sevilla. Inzwischen hat die Fohlenelf aber ebenfalls zwei internationale Jahre auf dem Buckel und es wird sich zeigen, ob sie aus den dortigen Erfahrungen ausreichend gelernt hat. Angesichts dieser Gegner wird von Borussia in der Öffentlichkeit nicht viel erwartet. Schon ein 3. Platz würde als großer Erfolg gewertet werden, den der Mannschaft derzeit nur die wenigsten zutrauen. Betrachtet man die ersten Saisonspiele so besteht tatsächlich wenig Hoffnung, in dieser Form gegen irgendeinen der drei Gegner bestehen zu können. Wenn es Lucien Favre aber gelingt, die Mannschaft frühzeitig in die Spur zu bekommen und speziell die defensive Stabilität wiederherzustellen und wenn im Idealfall sogar an die Leistungen aus der Vorsaison angeknüpft werden kann, dann kann mit etwas Glück die eine oder andere Überraschung bewirkt werden, mit der aktuell niemand rechnet. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es jedenfalls viel zu früh, um den Kopf in den Sand zu stecken. Borussia hat jahrelang hart dafür gearbeitet, um in dieser Champions League mitspielen zu dürfen. Jetzt ist dies geschafft und wurde mit einer Gruppe vierer echter Champions belohnt. Anstatt jetzt schon bittere Niederlagen vorherzuorakeln, sollten sich die Fans auf 6 hochkarätige Europacup-Partien freuen, die sie genau wie der Verein unbeschwert und in vollen Zügen genießen sollten. Dies alles ist ohnehin nur ein erfreuliches Zubrot. Ab sofort ist die allerhöchste Priorität hingegen auf die Meisterschaft zu richten, wo bereits in 3 Tagen mit dem SV Werder Bremen die nächste unangenehme Aufgabe wartet. Ehe man sich noch intensiver mit Manchester, Turin oder Sevilla beschäftigen sollte, muss zunächst einmal nämlich wieder in der Bundesliga in die Erfolgsspur zurückgefunden werden.