Es soll eine bewegende Rede gewesen sein, die Uli Hoeneß am Sonntag zu Ehren seines Freundes Jupp Heynckes gehalten hat. Der Ex-Präsident des FC Bayern hat auch zu anderen verdienten Borussen, wie Rainer Bonhof oder Max Eberl , einen hervorragenden Kontakt, so dass nichts dagegen spricht, dass er seine Sympathien für den Verein vom Niederrhein offen ausspricht. Ebenso sei es den genannten Borussen-Funktionären selbstverständlich vergönnt, freundschaftliche Beziehungen zu Hoeneß  zu unterhalten. Dies ist aus Fansicht ebenso zu respektieren, wie die Herren Bonhof und Eberl ebenso die Tradition ihres Vereins zu respektieren haben. Vor diesem Hintergrund wäre eine von Hoeneß offen angedachte Mitgliedschaft bei Borussia ein unverzeihlicher Sündenfall.

Trotz aller krimineller Machenschaften, in die der Wurstfabrikant verwickelt gewesen ist: Im Vergleich zu anderen Vertretern des Freistaats kann man verstehen, dass er von manchen Bayern als Mutter Theresa angesehen wird. Wer sonst nur Führungspersönlichkeiten wie Karl-Heinz Rummenigge, Matthias Sammer oder auf politischer Ebene z. B. Horst Seehofer kennt, für den muss ein bisweilen tatsächlich menschelnder Uli Hoeneß wie ein Quasi-Heiliger erscheinen. Der Ex-Manager hat zweifelsohne seine eigenen fragwürdigen Moralvorstellungen entwickelt und um Schaden von seinem geliebten Verein abzuwenden würde er alles tun - vermutlich sogar in den Knast gehen. Für seine Steuersünden wurde er zurecht bestraft. Ob angemessen oder nicht ist sekundär. Die reine Gefängnisstrafe scheint angesichts der Höhe der Verfehlung sehr milde ausgefallen zu sein. Es darf Hoeneß aber geglaubt werden, dass die letzten Jahre der öffentlichen Demütigung für ihn keine leichte Zeit gewesen sind, was ihm auch vom Gericht strafmildernd ausgelegt wurde.

Da er und sein Verein die Bundesliga seit Jahrzehnten kontrolliert und mit der finanziellen Übermacht geschickt kleinhält, muss man andererseits seine ihm vielfach zugute gehaltenen "guten Taten" gegenüber anderen Vereinen in Relation setzen und nicht überbewerten.  Es geht aber ohnehin nicht darum, den Menschen Uli Hoeneß zu diskreditieren, über den jeder nach eigenem Gusto urteilen mag. Fakt ist, dass Uli Hoeneß über Jahrzehnte hinweg der personifizierte FC Bayern gewesen ist und für viele immer noch als solcher wahrgenommen wird. Borussia wiederum pflegt seit den 1970er Jahren eine erbitterte Rivalität zum damaligen Konkurrenten, die fest im Traditionsbewusstsein des Vereins verankert ist. Man sollte solche Fußball-"Feindschaften" nicht übertreiben und sie sollten niemals in Gewalt ausarten. Ein Stück weit gehören sie aber zur Emotion dieses Sports dazu und machen dessen Besonderheit mit aus. Es wäre ein Schlag ins Gesicht aller traditionsbewusster Borussen-Fans, wenn ausgerechnet der personifizierte FC Bayern als Borussen-Mitglied honoriert würde. Man darf aber hoffen, dass dem Meister der Leitplanken und Vereinsphilosophien dies bewusst ist und er daher - bei aller persönlicher Sympathie für seinen einstigen Mentor - diesem Sündenfall nicht erliegen wird.