Die Sommerpause ist vorbei. Alles steht auf Null. Die vergangene Saison ist abgehakt und die ähnlich unerfreuliche WM wäre längst vergessen, würden nicht nach und nach die Nationalspieler aus ihren Löchern kriechen und mit einigem Zeitverzug mehr oder weniger Qualifiziertes zur Causa Özil zum Besten geben. Bei Borussia soll in der neuen Spielzeit vieles besser und anders werden. Dass die Verletzungsseuche aus der Vorsaison schon wieder ausgebrochen ist, sorgt allerdings dafür, dass keine rechte Euphorie um den Saisonauftakt ausbrechen mag. Wer weiß, wofür es gut ist. Für Borussia startet die Saison 2018/19 mit dem Pokalspiel beim BSC Hastedt in Bremen. Nachdem es in der Vergangenheit immer mal wieder auch komplizierte Auftaktpartien im DFB-Pokal gab – man erinnere sich an eine erste Halbzeit gegen den FC St. Pauli die rückblickend das Ende der Ära Favre einläutete – ist der Bremenligist wohl das, was man einen dankbaren Gegner nennt.

Dankbar, weil Borussia trotz Verletzungen und der müden Generalprobe gegen Espanyol Barcelona mit einem Gegner dieses Kalibers nach menschlichem Ermessen keine echten Probleme bekommen sollte, dankbar aber auch, weil die Hastedter tatsächlich dankbar sind, gegen Borussia Mönchengladbach spielen zu dürfen. Viele launige Einträge in den Sozialen Medien zeigen, wie man sich auf das Spiel freut. „Vorfreude, Spannung, Euphorie, Nervosität“ seien zu spüren. Trainer Gökhan Deli bezeichnet die Erstrundenpartie am Sonntag Abend als „Highlight des Lebens“ für sich und sein Team. Der Fünftligist durchlebt staunend das, was vor den Pokalspielen David gegen Goliath üblich ist – vor allem das plötzliche Medieninteresse. Dass der Trubel um die Erstrundenpartie die Mannschaft aus dem Takt bringen könnte, glaubt der Trainer allerdings nicht. Hastedt ist mit zwei Unentschieden in die Saison gestartet, gegen den OSC Bremerhaven und gegen ESC Geestemünde gab es jeweils ein 2:2, beide Spiele hätte man gewinnen können, bilanziert Trainer Deli. Dazu gab es ein 8:0 gegen den Bezirksligisten TSV Grolland im Verbandspokal. Dabei traf ein Spieler gleich fünf Mal, er eine Besonderheit im Hastedter Kader darstellt. Spielen für den Stadtteilklub ansonsten Spieler, die nur intimen Kennern des Norddeutschen Amateurfußballs ein Begriff sein dürften, hat Iman Bi-Ra sechs Länderspiele für den Iran bestritten. Zu Beginn seiner Karriere wechselte der heute 34-Jährige in das Heimatland seiner Eltern, um Profi zu werden. Nach einer Saison kehrte er aber in den deutschen Norden zurück und spielte danach dort für verschiedene Klubs in Ober- und Bezirksliga. Auch im Ligaspiel gegen Geestemünde traf der mehrfache Oberliga-Torschützenkönig in dieser Saison schon. Sein Sturmpartner heißt übrigens Horata. Sollte man nicht vergessen. Während Iman Bi-Ra eher am Ende seiner Karriere steht, beginnt die seines Mannschaftskameraden Marcel Pfaar gerade erst. Der 19-jährige Torwart gilt als eines der größten Talente im Stadtstaat, er selbst träumt von einer Profikarriere. Darüber hinaus ist auch der BSC Hastedt vor Verletzungspech nicht gefeit. Mannschaftskapitän Sedat Yücel fällt wegen eines Kreuzbandrisses aus, nicht nur gegen Gladbach sondern wohl die komplette Saison.

Gespielt wird am Sonntag auf Platz 11. Weil der Sportplatz des BSC Hastedt für ein Spiel dieser Größenordnung nicht gemacht ist, weicht der Oberligist auf das Gelände des großen SV Werder Bremen aus. Der hat einen Nebenplatz des Weserstadions zu so etwas ähnlichem wie ein Stadion ausgebaut. Zugig, mit Leichtathletik-Laufbahn und wenig Atmosphäre. Dazu passt der norddeutsch-prosaische Name. In weniger zur Nüchternheit neigenden Regionen hätte man den Platz längst nach einer Vereinslegende benannt. Nicht so in Bremen. Statt in der Kalli-Kamp-Fbahn oder der Dieter-Eilts-Arena spielt man halt auf Platz 11. Rund 5000 Zuschauer finden dort Platz. Borussia absolvierte an diesem unwirtlichen Ort schon einmal ein Pokalspiel. 1992 ging es in der zweiten Runde gegen die Amateure von Werder Bremen. Tore von Frank Schulz und Hans-Jörg Criens genügten, um den damaligen Oberligisten mit 2:1 zu besiegen.

Wer aber wird der Frank Schulz des Jahres 2018 sein und das erste Saison-Pflichtspiel-Tor für Borussia erzielen? Frisur- und stylingtechnisch gibt es im Kader der heutigen Borussia niemanden, der dem kultisch verehrten Walrossbartträger Konkurrenz machen könnte. Von den fußballerischen Fähigkeiten her ist die Borussia der Jetztzeit dagegen höher einzuschätzen als die, die vor 26 Jahren auf Platz 11 auflief. Personell kann Trainer Dieter Hecking wegen der erwähnten Verletzungsproblematik nicht annähernd aus dem Vollen schöpfen. Mit Nico Elvedi und Michael Lang steht die Hälfte der gewünschten Stamm-Viererkette nicht zur Verfügung. Lars Stindl ist noch nicht spielfit, für den mal wieder muskelverletzten Ibrahima Traoré kommt ein Einsatz gegen Hastedt auch zu früh, ebenso für Laszlo Benes, der ebenfalls wegen Morbus Mönchengladbach passen muss.

Mögliche Aufstellung

Hastedt: Pfarr- Onyeulo, Thöle, Niie, Buduar – Aziri, Kenneweg, Mehrtens, Kaloshi – Bi Ra, Horata

Borussia: Sommer – Beyer, Ginter, Jantschke, Wendt – Kramer – Hofmann, Neuhaus – Herrmann, Johnson - Raffael