Nachdem wir in der vergangenen Woche unsere Sichtweise zur Konkurrenz kundegetan haben, folgt heute unsere Einschätzung zu Borussia Mönchengladbach. Dass uns die Standortbestimmung nach der enttäuschenden Vorsaison und den durchaus unterschiedlichen Eindrücken aus der Vorbereitung nicht unbedingt leicht fällt, wird niemanden verwundern. Hier also die Einschätzung der SEITENWAHL-Redakteure:

Uwe Pirl:

Weihnachten steht vor der Tür und in Mönchengladbach sind alle happy. Nirgends ist mehr die Rede davon, dass der Trainer endlich mal ein Konzept gegen tief stehende und giftig pressende Mannschaften finden müsse. Die Vertragsverlängerung von Dieter Hecking scheint nur noch eine Formsache zu sein, wenn er denn nach der aufsehenerregenden Vorrunde von Borussia Mönchengladbach nicht längst Angebote aus England und/oder Spanien sortiert, man weiß ja nie, fragt sich die bangende Fangemeinde … Rückblick: Nach dem überzeugenden Auftritt in der ersten Runde des DFB-Pokals und den Auftaktsiegen gegen Leverkusen, Augsburg und Schalke spielt sich die Mannschaft in einen Flow. Die Neuzugänge passen: Insbesondere Plea versteht sich blendend mit seinen Sturmkollegen und schießt ein Tor nach dem anderen. Zwar hat es Michael Lang bisher noch zu keinem Startelf-Einsatz gebracht, das aber nur deshalb, weil Louis Beyer mit seinen ebenso überraschenden wie überragenden Leistungen den zu Saisonbeginn aufgrund Langs Verletzung eingenommenen Platz einfach nicht mehr hergibt. Raffael ist wieder richtig fit und sprüht vor Spielfreude, Hazard macht den nächsten Schritt in Sachen Effektivität. Das neue 3-4-3-System greift, was eine Muskelverletzung ist, weiß auch keiner mehr so richtig. Dass zwischen vielen überzeugend herausgespielten Siegen auch mal ein Unentschieden liegt und dass man bei den Niederlagen in München und Dortmund an seine Grenzen gerät, who cares? Borussia überwintert auf Platz 4 und nach oben scheinen keine Grenzen gesetzt…

Rrrrinnng! Der Wecker klingelt, ich wache auf und stelle fest: War nur ein Traum. Zwar steht Weihnachten wirklich vor der Tür, in Mönchengladbach ist aber keiner happy. Soeben ist die Vorrunde zu Ende gegangen und Borussia steht auf Platz 14. Trotz erheblicher Investitionen und der Ankündigung, dieses Mal werde sich alles ändern, haben sich bestimmte Verhaltensweisen aus der Saison 2017/18 nahtlos fortgesetzt. Die Mannschaft findet nach wie vor keine Lösung gegen tief stehende oder giftig pressende Gegner. Raffael, in der Vorbereitung mit viel Elan, wirkt zunehmend ratlos und findet keine Mitspieler, die auf seine Geistesblitze eingehen. Hofmann spielt zwar immer, wirkt aber nach wie vor wie die gesamte Mannschaft viel zu brav, wenn es Widerstände gibt. Warum Neuhaus seit dem Pokalspiel gegen den BSC Hastedt nur auf der Bank sitzt, fragen sich alle. Mindestens ebenso stark ist die Verwunderung über den neuen Wunderstürmer Plea, der in der Bundesliga an seine Grenzen zu kommen scheint und bisher torlos ist. Defensiv hat der Verein ganz offensichtlich den Abgang von Vestergaard unterschätzt. Ginter ist allein mit der Organisation der Defensive überfordert und auch in dem neuen 3-4-3 funktioniert die Balance nicht. Insbesondere über die linke Abwehrseite fliegt eine Flanke nach der anderen in den Strafraum der Borussia, was wegen Elvedis bekannten Schwächen im Stellungsspiel zu vielen Gegentoren führt. Die zweiten Bälle landen wegen der schlechten Staffelung des defensiven Mittelfelds meist beim Gegner. So gehen folgerichtig die ersten drei Saisonspiele gegen Leverkusen, den FC Augsburg und Schalke verloren, danach entwickelt sich eine negative Dynamik, die kaum aufzuhalten scheint. Zu allem Überfluss häufen sich erneut die Muskelverletzungen …

Rrrrinnng! Der Wecker klingelt, ich wache auf und stelle fest: War nur ein Albtraum. Weihnachten steht gar nicht vor der Tür, sondern ich soll eine Prognose für die kommende Saison schreiben. Das fällt mir schwer. Denn beide Szenarien sind möglich und der Grat, auf dem Borussia wandelt, ist schmal. Also lasse ich die neue Saison auf mich zukommen und bin gespannter Erwartung, ob die Ankündigungen von Trainer, Mannschaft und Management Realität werden.

Borussia hat sicher das Potential für eine Positionierung im oberen Tabellendrittel und damit für die Qualifikation zur Euro League. Das wird aber nur funktionieren, wenn das Potential ausgeschöpft wird. Nach den letzten beiden Jahren darf man da skeptisch sein.

Thomas Häcki:

Quo vadis Borussia? Wohin es für die Fohlen gehen soll, ist weitestgehend klar. Nach zwei mehr oder weniger ernüchternden Jahren, möchte man das Mittelmaß verlassen und wieder an die Pforten Europas anklopfen. Zwar wurde dieses Ziel nicht explizit ausgesprochen, Einigkeit besteht aber darüber, dass es ein „Weiter so“ nicht mehr geben darf. Dafür hat der Verein einiges erneuert, sowohl im strukturellen Bereich, wie auch in der Mannschaft selbst. Am Deutlichsten wird dies durch die Verpflichtung von Alassane Plea, dem neuen Rekordeinkauf an der Weisweiler-Allee. Eine Verpflichtung, die auf dem Papier sinnvoll erscheint, hatte man in der vergangenen Saison deutliche Defizite in der offensiven Effizienz ausgemacht. Plea ist schnell, technisch beschlagen, vielseitig einsetzbar und auf lange Sicht sicherlich ein Kandidat die Lücke zu schließen, die der Wegfall von Raffael schon aus biologischen Gründen in absehbarer Zukunft reißen wird. Doch Vorsicht! Fakt ist auch, dass Plea sich in einem komplett neuen Umfeld bewegt und die Bürde einer Rekordablöse mit sich herumträgt, so oft alle Protagonisten sich auch bemühen, dies als untergeordneten Tatbestand einzuordnen. Die Chancen, das Plea funktioniert sind hoch. Aber er wird auch Zeit brauchen. Zeit die ihm das erfolgshungrige Gladbacher Umfeld unbedingt geben muss, will man nicht ein Déjà-vu der Personalien de Jong und Drmic erleben, denen diese Zeit eben nicht gegeben wurde.

Um diesen Transfer überhaupt zu ermöglichen, verließ Jannik Vestergaard den Verein. Eine ebenso nachvollziehbare Maßnahme, handelte es sich bei Southamptons Offerte um ein Angebot, welches man schlecht ablehnen konnte. Nichtsdestotrotz reißt sein Abgang eine qualitative Lücke in Borussias Abwehrverbund. Diese soll Nico Elvedi schließen. In wieweit ihm dies gelingt, ist aufgrund seiner Fehleranfälligkeit bei allem Talent zumindest fraglich. Zudem fällt der Schweizer zu Saisonbeginn aus. Die Borussia entschied sich, dies intern mit Tony Jantschke oder Tobias Strobl aufzufangen. Ob dies gelingen wird, muss abgewartet werden. Gelingt es nicht, ist dürfte sich bereits früh Unruhe breit machen, was besonders Dieter Hecking zu spüren bekäme. Der Gladbacher Coach hatte in der vergangenen Saison nahezu seinen gesamten Kredit bei den Fans verspielt. Dessen ist er sich durchaus bewusst und regierte mit taktischen Neuerungen. Das kann funktionieren, Potential hierfür ist im Kader zweifelsohne vorhanden. Die Frage ist vielmehr, wie schnell die Mannschaft seine Ideen auch umsetzen kann. Schnelligkeit ist im erfolgshungrigen Gladbacher Umfeld bei aller langfristigen Planung derzeit ein wichtiger Faktor. Viel wird vom Start abhängen. Gelingt dieser und greifen Heckings taktische Überlegungen, müssten ihm all seine Kritiker Respekt zollen und die Borussia könnte wieder auf die Erfolgsspur zurückkehren. Geht er allerdings schief, wird sich ebenso schnell unruhig und viele Veränderungen und zuletzt auch die Transferpolitik zweifelsohne in Frage gestellt. In einem solchen Umfeld ist die Trainerfrage sehr wahrscheinlich.

Viel Konjunktiv also zu Beginn der Saison. Das ist allerdings auch ganz normal bei jedem Start, insbesondere wenn er mit großen Veränderungen einhergeht. Wo die Borussia somit am Saisonende landen wird, ist somit nicht seriös prognostizierbar. Der Kader hat die Qualität um Europa mitzuspielen und genau das muss auch das Ziel sein. Ob die entsprechend gestellten Weichen dabei ausreichen werden, die Fohlen wieder auf die Erfolgsspur zu bringen, bleibt abzuwarten. In diesem Umfeld wäre Platz 6 ein Erfolg, irgendwie aber auch das Minimalziel.

Michael Heinen:

Für Optimisten war das vergangene Spieljahr ein Erfolg: Trotz einer erheblichen Verletzungsmisere wurde im 7. Jahr der Einstelligkeitsnimbus  gewahrt. Kritischere Stimmen verweisen dagegen darauf, dass Borussia seinen hart erarbeiteten Vorsprung auf einige Vereine verloren hat und  von einer Ex-Spitzenmannschaft ins graue Mittelmaß abgedriftet ist. Die  Wahrheit liegt wie so oft in der Mitte. Unstrittig ist aber, dass diese Saison besser enden muss als die letzten beiden. Noch einmal lässt sich  ein 9. Platz nicht als (Teil-)Erfolg verkaufen. Das haben auch Königs,  Eberl und Hecking bereits klar verlautbaren lassen.

Die laut Trainer gut verlaufene Vorbereitung wies wechselhafte Ergebnisse auf, denen ebenso wenig Bedeutung beigemessen werden sollte wie dem 11:1-Kantersieg beim sympathischen, aber wehrlosen BSC Hastedt im Pokal. Erst kommenden Samstag gilt es, wenn mit Bayer Leverkusen sofort ein direkter Konkurrent um die internationalen Plätze auf die Fohlenelf wartet. Nach den darauffolgenden Partien gegen Augsburg, Schalke und Berlin wird eine erste Einschätzung möglich sein, wohin der Weg in dieser Saison gehen könnte. Auch für den Trainer wird es sehr wesentlich auf einen guten Start ankommen, um die kritischen Stimmen im Umfeld verstummen zu lassen. Dieter Hecking ist es in der Vorsaison nie gelungen, seine trotz aller Verletzungen stets qualitativ hochwertig besetzte Mannschaft konstant ans Optimum zu führen. Meist wechselten sich Höhen und Tiefen sogar während einer Partie ab, was einige kurios-ärgerliche Niederlagen hervorbrachte wie z. B. das 1:5 gegen Leverkusen und München, jeweils nach 1:0-Führung.

In der Offensive scheint die Mannschaft durch Königstransfer Plea gut aufgestellt. Der Einkauf eines zuverlässigen Torjägers war zwingend nötig, denn Raffael wird nicht jünger und mit seinen 33 Jahren zudem kaum weniger verletzungsanfällig. Thorgan Hazard hatte statistisch sein bestes Jahr, war aber auch ein Symbol der Wechselhaftigkeit dieser Mannschaft. Bei ihm hat man immer das Gefühl, er stünde kurz vor dem ganz großen Durchbruch. Die Eindrücke der letzten Jahre deuten aber eher  darauf hin, dass er seine Karriere als überdurchschnittlicher Bundesliga-Kicker fortsetzen wird. Trotzdem könnten diese drei zuletzt genannten Akteure zusammen mit Lars Stindl eine Top-Offensive auf allerhöchstem Bundesliga-Niveau bilden, wenn sie es denn mal schaffen, für längere Zeit gleichzeitig gesund zu bleiben. Die Alternativen dahinter fallen im Vergleich etwas ab, genügen aber ebenfalls den Ansprüchen eines Europa-League-Kandidaten. Auch Herrmann, Traoré und  Drmic verstehen sich leider allzu gut mit Borussias medizinischer Abteilung.

Der interessanteste Part in Borussias Kader bildet das Mittelfeld, wo sich die Doppel-6 vermutlich in ein 6-8-8 auflösen wird. Die Vorbereitung zeigte, dass selbst Christoph Kramer und Denis Zakaria keinen Stammplatz sicher haben. Mit Cuisance und Neuhaus bieten sich ihnen zwei hoch talentierte Alternativen bzw. Ergänzungen, mit Tobias Strobl eine zuverlässige Variante. Defensive Stabilität wird nötig sein, denn der Abgang von Vestergaard entreißt Borussias Abwehr ihren bisherigen Chef. Besonders Ginter steht jetzt in der Verantwortung, seinen bisherigen Worten Taten folgen zu lassen und die Rolle als Führungsspieler auch auf dem Platz vollumfänglich auszufüllen. An seiner Seite wird Elvedi hoffentlich reifen, nachdem er früher in der Innenverteidigung öfter durch Patzer auffiel. In seinem vierten Jahr in der Bundesliga sollte er aber inzwischen etwas mehr Reife und Abgeklärtheit entwickelt haben. Diese bringt Neuzugang Michael Lang mit, bei dem abzuwarten bleibt, ob er sich beim Sprung von der Schweizer in die Deutsche Liga eher Granit Xhaka (spät, aber gewaltig) oder Denis Zakaria (direkt von 0 auf 100) zum Vorbild nimmt. Mit Beyer, Poulsen, Egbo und vielleicht ja irgendwann sogar Mamadou „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ Doucouré hat Hecking in der Abwehr noch einige entwicklungsfähige Talente in der Hinterhand. Die Zahl der in der Bundesliga etablierten Abwehrspieler ist mit Ginter, Elvedi, Wendt und Jantschke dagegen etwas sehr dünn. Dies kann gutgehen, wenn sich die Verletzungsmisere tatsächlich eindämmen lässt, wenn sich Lang als gewünschte Verstärkung und Leitfigur entpuppt und/oder wenn mindestens ein bis zwei der Talente schon in diesem Jahr den Sprung schaffen. Für einen ambitionierten Europacup-Anwärter, der schon im Vorjahr 52 Gegentore kassiert hat und der nach zwei dürftigen Jahren unter einem gewissen Erfolgsdruck steht, ist das aber etwas sehr viel Konjunktiv. Nennen wir es mutig, wenn der Verein hier bis zum 31.8. nicht noch nachbessert.

Vom Potential der Einzelspieler gibt es nur sehr wenige Teams in der Liga, die Borussia deutlich überlegen sind. Das muss die Mannschaft aber auch als Einheit auf den Platz bringen, woran es zuletzt immer wieder haperte. Man darf gespannt sein, ob Hecking es in der neuen Saison besser umsetzen kann. Ich fürchte aber, es wird wieder eine holprige Spielzeit mit viel Auf und Ab, in der Borussia erneut um die internationalen Plätze mitspielen wird. Am Ende tippe ich auf Platz 7 und ein Tingeln über Europas Dörfer in der kommenden Sommerpause.

Christian Spoo:

Runter vom Prüfstand, rein in die Wirklichkeit.

Bei Borussia will man die Lehren aus der enttäuschenden vergangenen Spielzeit gezogen haben. Dass die Fans mit der Spielweise der Mannschaft nicht zufrieden sind, sei nicht hinnehmbar, sagte der in der Vorsaison zunehmend umstrittene Trainer Dieter Hecking – und meinte damit lobenswerterweise nicht, dass die Fans sich gefälligst loyal zu verhalten haben, egal welchen Stiefel Borussia gerade kickt. Der Verletztenseuche der Vergangenheit folgten Änderungen im medizinischen Stab, dem wiederholt angemahnten Mangel an Führungsspielern die Verpflichtung des erfahrenen Michael Lang, der Kritik an der Ausrechenbarkeit des Spiels folgte die Umstellung auf ein neues Spielsystem. Nach außen verkauft Borussia recht nachdrücklich, dass es kein „weiter so“ geben soll.

Nun bedeutet das, was auf dem Prüfstand geschieht, nicht zwangsläufig, dass sich auf der Straße etwas ändert. Man kann hoffen, dass Borussia die Problematik seriöser angeht, als der Mutterkonzern von Heckings vorherigem Arbeitgeber. Will sagen: Erst auf dem Platz und unter ernsthaften Wettbewerbsbedingungen wird man sehen, ob Borussia nach der Sommerpause tatsächlich anders auftritt als vorher. Die Liste der Ausfälle ist zu Beginn der Saison schon wieder fast so lang, wie vorher – und auch so Lang – aber bei den Verletzungen sind auch „Altlasten“ aus dem Frühsommer bei und „nur“ zwei Ausfälle beruhen auf Muskelverletzungen. Das neue 4-3-3-System wirkte bei den Tests gegen Southampton und Espanyol Barcelona gar nicht so neu – wobei Hecking selbst sagt, die Systemfrage werde zu hoch gehängt. Eher entscheidend wäre auch gerade im Hinblick auf die Fanzufriedenheit, dass die Mannschaft eine gewisse Selbstverständlichkeit in ihrem Spiel ausstrahlt, dass es Automatismen gibt, dass das Team agiert, statt zu reagieren. Der erfreuliche Auftritt im Pokalspiel beim BSC Hastedt ist ein Muster ohne großen Wert. Die Seriösität, mit der Borussia diese Aufgabe angegangen ist, nährt allerdings die Hoffnung, dass sich in den Köpfen der Spieler etwas bewegt hat.

Personell hat Borussia unter dem Strich aufgerüstet. Im Mittelfeld gibt es auf allen Positionen fast schon ein Überangebot an Kandidaten für nurmehr drei Plätze, im Sturmzentrum gibt es mit Alassane Plea eine zusätzliche Alternative, falls Josip Drmic nicht doch noch verkauft wird. Allein in der Abwehr ist nach dem Abgang von Jannik Vestergaard eine Planstelle frei. Zwar gibt es durch den Zugang von Lang einen neuen Kandidaten für die Position rechts hinten, soll Nico Elvedi mit Matthias Ginter die Stamm-Innenverteidigung bilden, aber die Verletzung der beiden Schweizer zwingt Dieter Hecking schon zum Saisonstart zum Experimentieren. Jordan Beyer und Tony Jantschke sei alles Glück der Welt gewünscht, aber die Verpflichtung eines weiteren „echten“ Innenverteidigers wäre nicht die schlechteste Investition. Kandidaten geistern zahlreich durch die Medien, ob in den kommenden zehn Tagen einer davon (oder ein ganz anderer) noch kommt, liegt vermutlich nicht zuletzt daran, wie sich Beyer, Jantschke oder ggf. auch Tobias Strobl in den ersten beiden Bundesliga-Spielen schlagen.

Bei aller Mühe darum, so viele Zähler wie möglich auf null zu stellen, bleibt eine gewisse Skepsis. Die Kontinuität in Personalfragen – sowohl auf als auch neben dem Platz – birgt die Gefahr, dass die Mannschaft irgendwann doch wieder in den Trott der Vorsaison verfällt und halt irgendwie Fußball spielt. Ob die Umstellung des Systems spürbare Folgen hat, ob Alassane Plea der erste Zentralstürmer seit Arie van Lent ist, der wirklich funktioniert, all das wird hoffentlich positiv beantwortet. Die Antwort voller Optimismus zu erwarten, fällt dabei allerdings schwer. Dafür war die Sommerpause nicht lang genug.

 

Claus-Dieter Mayer:

Es ist kein Geheimnis, dass die Seitenwahlredaktion (in einem seltenen Augenblick der Übereinstimmung) es bevorzugt hätte, wenn Borussia in der Sommerpause den Übungsleiter ausgetauscht hätte. Das ist nicht geschehen; auch gab es nicht den radikalen Umbruch im Kader, den manch einer im Frühjahr gefordert hatte; zumindest “Stand Jetzt” wird die Borussia 2018/19 nicht drastisch anders aussehen als in der Vorsaison. Ok, der lange Lulatsch Vestergaard wird schon rein visuell fehlen, defensiv hat man mit Poulsen und Lang neue Optionen; der grösste Unterschied ist dass man mit Plea im Sturm nach dem Motto “Alle 3 Jahre wieder” (vgl. de Jong 2012, Drmic 2015) mal wieder einen hochkarätigen Zentralstürmer verpflichtet hat und das System auf ein 4-3-3 umstellen will. Ansonsten scheint man aber hinten weiter auf Sommer, Ginter und Elvedi zu bauen, im defensiv-zentralen MIttelfeld müssen sich Zakaria und Kramer mit der Konkurrenz durch Neuhaus, Cuisance oder auch Benes auseinandersetzen und offensiv kann man neben Plea wiederum aus  Hazard, Stindl, Raffael, Johnson, Traore und sogar dem eigentlichen schon aussortierten Herrmann auswählen.

Auf dem Papier ist dies – wie schon in den Vorjahren - auf jeden Fall eine Mannschaft, der ein Platz im oberen Tabellendrittel zuzutrauen ist. Ob sie dieses Potential aber auch wirklich umsetzen kann hängt von vielen diversen Dingen ab. Zum einen ist da das Verletzungsproblem. Auch wenn dieses in der Vergangenheit manchmal wie eine willkommene Ausrede für die Verantwortlichen, wirkte so hat es doch ganz real in der Vorsaison einige Punkte gekostet. Zum anderen ist da die spannende Frage auf Max Eberls dritter Versuch einen renommierten Zentrastürmer zu installieren endlich gelingt. Viele sehen den Trainer als DAS Problem an; meine eigene Einschätzung ist, dass eher einfach nur nicht die Lösung ist. Aber auch unter Dieter Hecking traue ich dem Team ein Abschneiden zwischen Platz 5-7 zu.