1. FC Köln

Wo kommen Sie her?

Der Effzeh ist kein normaler Aufsteiger, wie er nicht müde wird, immer wieder selbst zu betonen. Der direkte Wiederaufstieg aus der 2. Liga war nicht mehr als die selbstverständliche Reparatur eines unerwarteten Betriebsunfalls. Wie wenig überzeugend dieser sportliche „Erfolg“ war, musste Aufstiegs-Trainer Markus Anfang kurz vor Saisonende erfahren, als er trotz deutlicher Tabellenführung entlassen wurde.
Sein Nachfolger ist Achim Beierlorzer, der mit 51 Jahren seine ersten Erfahrungen in der 1. Liga sammeln wird. Lange Jahre „versteckte“ er sich als Jugendtrainer von Greuther Fürth und RB Leipzig, ehe er 2017 die Nachfolger von Heiko Herrlich antrat und Aufsteiger Jahn Regensburg ins obere Mittelfeld der 2. Liga führte. Diesen ersten Gehversuchen im Profifußball folgt nun der ganz große Sprung ins kalte Wasser des Haifischbeckens Müngersdorf.

Was passiert gerade?
Mit Simon Terodde, Jhon Cordoba und Anthony Modeste verfügten die Kölner im Vorjahr über den vermutlich besten Zweitliga-Sturm aller Zeiten. 84 eigene Treffer waren die logische Konsequenz dieser starken Offensive, die auch in Liga 1 wettbewerbsfähig sein sollte.
Dringenden Verbesserungsbedarf hat der 1.FC dagegen in der Defensive, wo zuletzt 47 Gegentore zu beklagen waren und daher das Hauptaugenmerk bei den Neuverpflichtungen lag. Die defensiven Mittelfeldspieler Ellyses Skhiri (Montpellier), Birger Verstraete (Gent) sowie der rechte Verteidiger Kingsley Ehizibue (Zwolle) sollten die Stabilität erhöhen und mit ihrer komplizierten Schreibweise gleichzeitig die nicht immer bequemen Lokaljournalisten ärgern helfen. Da sie alle drei als Stammspieler eingeplant werden, wird das Saisonergebnis sehr stark vom Erfolg dieser Einkaufspolitik abhängen.

Wo gehen Sie hin?
Wenige Bundesligisten sind so schwer einzuschätzen wie die Kölner, die viele offene Fragen zu beantworten haben werden: Gelingt Zweitliga-Torjäger Terodde endlich auch in Liga 1 der Durchbruch? Wie viel seiner Leistungsfähigkeit hat der einstige Torschützenkönig Modeste durch sein absurdes China-Intermezzo eingebüßt? Werden die Neuzugänge ihre Erwartungen erfüllen und die wacklige Defensive tatsächlich stabilisieren? Kann ein Trainer, der die vergangenen Jahrzehnte in sehr beschaulicher Atmosphäre gewirkt hat, die stets maximalen Ansprüche des Kölschen Karnevalsvereins erfüllen?
An den ersten fünf Spieltagen muss sich der Aufsteiger direkt gegen Bayern und Dortmund beweisen, auswärts in Wolfsburg und Freiburg antreten und sich am 14. September die obligatorische Derbyklatsche abholen. Es wird spannend, wie das Umfeld auf einen zu erwartenden Fehlstart reagieren wird, wo man doch bislang fest davon ausgeht, mit dem Abstiegskampf nichts zu tun zu haben. Ausgehend vom aktuellen Kader und von den Leistungen der letzten beiden Spieljahre sollten sich die Kölner nicht zu sicher wähnen, dass dies tatsächlich gelingen wird. Zunächst einmal wäre etwas mehr Demut angebracht - ein Begriff, der im Kölschen Wörterbuch allerdings nicht aufzufinden ist. Es muss vieles passen, damit die Mannschaft im Idealfall eine ähnliche Rolle spielen kann wie Vorjahresaufsteiger Düsseldorf. Realistischer erscheint, dass es „nur“ zu einem Platz im unteren Tabellenmittelfeld reicht. Ob es den Kölnern dauerhaft gelingt, ihren Mythos als Fahrstuhlmannschaft abzulegen, wird sich aber eh erst in den darauffolgenden Jahren zeigen.

 

Michael Heinen

 

Union Berlin

Wo kommen sie her?
Aus der zweiten Liga. Man hatte sich bereits so daran gewöhnt, dass die Köpenicker ein fester Bestandteil des Unterhauses sind, dass der Aufstieg nicht nur für Außenstehende etwas überraschend kam. Dabei wurde das Ziel erste Liga nicht zum ersten Mal ausgerufen, doch in der Vergangenheit scheiterte man regelmäßig an den eigenen Ansprüchen. So sah es auch diesmal aus, als man regelmäßig die sich bietenden Chancen nicht zu nutzen wusste und der Aufstieg – bei allem Respekt – auch ein wenig das Ergebnis der Schwäche der Konkurrenz war. Die Euphorie war dementsprechend groß. Es ist aber nicht so, dass man nun in Phantastereien verfällt. Bei aller Begeisterung sich nun mit Bayern, Dortmund und Mönchengladbach messen zu dürfen, sieht man im Umfeld schon die Gefahr, dass der Verein sich übernimmt, um später wie Cottbus, Unterhaching oder Braunschweig in den Niederungen des Fußballs zu verschwinden. Insofern war man in der Vergangenheit auch nicht zu enttäuscht, wenn es mal mit dem Aufstieg nicht klappte. Das bedeutet hingegen nicht, dass man mangelndes Selbstvertrauen hat. Man versteht sich als Arbeiterclub aus Tradition und das Credo heißt Kampf. Bezieht man noch die treue Anhängerschaft mit ein, ist Union Berlin eindeutig eine Bereicherung für die Bundesliga.

Was passiert grade?
Tradition, Bodenständigkeit, Zusammenhalt – darüber definiert man sich bei Union und pflegt seine Marke als ewiger Underdog mit proletarischen Wurzeln. Da kam es bei großen Teilen der Anhängerschaft nicht gut an, dass ausgerechnet ein Immobilienunternehmen als neuer Hauptsponsor präsentiert wurde. Ob diese Verbindung eine gute Wahl für beide Seiten war, bleibt dahingestellt. Fest steht, dass sich die Vereinsführung aber durchaus über den Drahtseilakt zwischen Identifikation und den wirtschaftlichen Notwendigkeiten bewusst ist. Dies sieht man auch bei der Kaderplanung. Mit Friedrich, Abdullahi und Schmiedebach wurden vornehmlich erfolgreiche Leihgaben aus der vergangenen Saison fest verpflichtet. Die fehlende Bundesligaerfahrung möchte man durch die Käufe von Ujah, aber besonders durch die von Gentner und Subotic auffangen. Diese Spieler erscheinen zwar den Zenit ihrer Schaffenskraft bereits überschritten zu haben, verfügen aber über enorm viel Erfahrung und können so im Abstiegskampf der entscheidende Faktor werden. Zudem gelten sie als Kämpfer und passen somit perfekt zum Selbstbild der Union. Trotzdem waren bei Auftakttraining weit über 30 Spieler auf dem Platz, so dass es bis zum Ende der Transferperiode noch zu einigen Abgängen kommen wird. Dass es dabei jemand aus dem Basisteam trifft, erscheint nahezu ausgeschlossen. Abgegeben werden sollen insbesondere Spieler, die bereits in der vergangenen Saison lediglich Ergänzung waren.

Wo gehen sie hin?
Das ist das große Fragezeichen. Weder der Verein noch der Kader verfügen über große Bundesligaerfahrung. Der Zukauf erfahrender aber alternder Spieler kann funktionieren, erweist sich aber oft als Rohrkrepier. Es wird sich zeigen, ob Gentner und Subotic einen Mehrwert bringen. Auf der anderen Seite ist man sich aber der Außenseiterrolle bewusst und wird von der ersten Minute um den Klassenerhalt kämpfen. Das ist ein Vorteil, den Kampf zählt zu den Tugenden des Vereins. Ein entscheidender Vorteil kann dabei die treue Anhängerschaft sein, die ihren Verein bedingungslos und leidenschaftlich unterstützt. Nicht umsonst ist die Alte Försterei eine Bastion, die schwer einzunehmen ist. In den vergangenen vier Jahren wurde man dort lediglich neunmal besiegt. Das Umfeld kann sich bei der Mission Klassenerhalt als entscheidender Faktor erweisen. Insofern ist es durchaus wahrscheinlich, dass man am Ende der Saison mindestens drei Vereine hinter sich lassen wird.

 

Thomas Häcki

 

SC Paderborn 07

Wo kommen sie her?
Streng genommen aus den Niederungen der 3. Liga. 2017 sah es lange Zeit so aus, als würde der ehemalige Bundesligist im freien Fall bis in die Viertklassigkeit durchgereicht. Nur der Lizenzentzug von 1860 München bewahrte die bereits sportlich abgestiegen Westfalen vor diesem Los. Was folgte war ein nahezu märchenhafter Durchmarsch zurück in die Bundesliga unter Trainer Steffen Baumgart. Der Rostocker setzte auf eine verschworene Gemeinschaft und verzichtete dabei auf die großen Namen. Mit einer Ablöse von 500 T€ ist ein gewisser Marlon Ritter der teuerste Zugang in der Ägide Baumgart. Dem ehemaligen Mönchengladbacher blieb aber bislang auch bei seinem jetzigen Arbeitgeber der große Durchbruch verwehrt. Bemerkenswert: Während sich die großen Favoriten Hamburg, Kiel und Union lange Zeit ein Schneckenrennen um den Nicht-Aufstieg lieferten, nutzten die Westfalen entschlossen die Gunst der Stunde und sicherten sich letztendlich so souverän wie überraschend einen direkten Aufstiegsplatz. Der SC Paderborn war damit die beste Mannschaft der vergangenen Rückrunde.

Was passiert gerade?
Erstaunlich wenig. Die Abgänge von Tekpetey und Klement reißen sportlich eine große Lücke in die Mannschaft. Umgekehrt dürften die Neuzugänge allenfalls ausgewiesenen Experten bekannt sein. Lediglich Jannik Huth und Gerrit Holtmann verfügen über so etwas wie Bundesligaerfahrung. Der Rest wurde vornehmlich aus der 3. Liga transferiert. Viel mehr wäre auch objektiv nicht möglich gewesen, regieren doch aufgrund der Altlasten der Vergangenheit immer noch die klammen Kassen, die den Aufsteiger zu Verstärkungen quasi zum Nulltarif zwingen. Trotzdem ist der Klassenerhalt das erklärte Ziel. Nur noch fünf Spieler erinnern an das Fast-Debakel des Sommer 2017. Insofern ist es richtig zu sagen, dass Steffen Baumgart „seine Jungs“ aufs Feld schicken kann. Das Team gibt sich als eine verschworene Gemeinschaft, in der jeder für jeden kämpft. Ob das auch für die Bundesliga reicht muss abgewartet werden.

Da Not bekanntlich erfinderisch macht, ist man in Paderborn bestrebt, aus dem Abenteuer Bundesliga möglichst finanziellen Nutzen zu ziehen. Die angeblich teuerste Dauerkarte der Bundesliga ließen sich die Fans noch gefallen. Bei der Idee einer Kooperation mit dem Brause-Marketinganbieter aus Leipzig war die Liebe dann aber doch zu Ende. Diese Kooperation hätte aus dem Aufsteiger quasi ein Farmteam gemacht. Das war zu viel für die geplagte Fanseele. Es drohte ein Riss zwischen Verein und Anhängerschaft, wie er in der vergangenen Saison bereits Hannover belastet hatte. Einsichtig, wenn auch widerwillig wurden daraufhin die Kooperationspläne auf Eis gelegt.

Wo gehen sie hin?
Mittelmaß? So etwas erscheint dem Paderborner als zu langweilig. Dem Bundesligaaufstieg in 2014 folgten drei sportliche Abstiege in Folge (letzterem entging man nur am grünen Tisch) um nun wieder zwei Aufstiege folgen zu lassen. Die Achterbahnfahrt des Sportclubs sucht in der deutschen Fußballgeschichte ihresgleichen. Vieles deutet darauf hin, dass man diese liebgewonnene Tradition auch nach diesem Jahr fortzusetzen gedenkt. Vom Papier her sind die Westfalen das mit Abstand schwächste Team der Bundesliga.

Thomas Häcki